Es widerspricht zwar der Natur, aber dennoch scheint der Mensch eine besondere Vorliebe zu haben: Er bildet dauernd von allem Möglichen Durchschnitte. Aus Riesen und Zwergen macht man Durchschnittsgrössen; aus Zweizentnern Schwergewichtsboxern und Fünfzigkilo-Filmsternchen Durchschnittsgewichte. Säuglinge zwingt man statistisch zum Biertrinken – beim durchschnittlichen Bierverbrauch pro Kopf der Bevölkerung. Selbst kinderlosen Ehepaaren weist die Statistik vor dem Pillenknick 2.7 Kinder zu, und mit dem Kleinkind beginnt auch das Rechnen mit Durchschnitten…
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Wie sinnvoll und effizient sind Hybrid Apps?
Wir unterscheiden zwischen folgenden Varianten: Native App vs. Progressive Web Application (PWA) vs. Hybrid App Native Apps sind Anwendungen auf mobilen Endgeräten, die speziell…
Dominic Beusch
2023
Engineering und Technologiemanagement
The Belief of Knowledge
John Maynard, one of the most controversial and important economists, mathematicians and politicians of the 20th century once said that “all propositions are true or…
Felix Lämmler
2023
Engineering und Technologiemanagement
Agiler Projektvertrag – Herausforderungen für die Vertragsparteien
Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit als zentrale Vertragselemente Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sollen einen Vertrag prägen. Die Vertragsparteien wollen den…
Romeo Minini
2023
Engineering und Technologiemanagement
Digitale Transformation – Wo bleibt die Motivation?
Grundsätzlich sind immer jene, die eine Veränderung wollen, im Zugzwang. Und meistens läuft es darauf hinaus, dass sie zu erklären haben, warum man auf keinen…
Christoph J. Frick
2023
Engineering und Technologiemanagement
Transformationale Führung: Die Antwort auf die Herausforderungen kultureller Diversität
«Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die…
Svenja Schraner
2022
Organisations- und Prozessmanagement
Chatbots: Fluch oder Segen der Zukunft?
Ein Chatbot – also die Kombination aus Chat und Roboter – lässt sich als digitalen Kommunikationspartner beschreiben, dem vor allem im Umgang mit Kundinnen und Kunden…
Sina Lutz
2022
Engineering und Technologiemanagement
Nur mit einer digitalen Kultur kann die digitale Transformation gelingen
Die digitale Transformation führt dazu, dass Mitarbeitende beginnen müssen, anders zu denken, anders zu handeln und anders miteinander zu arbeiten. Dies zwingt Unternehmen dazu, sich…
Pascal Inauen
2022
Organisations- und Prozessmanagement
Kulturschwandel – Kulturwandel?!
Ein Kulturwandel ist ein Prozess, der alle Bereiche der Organisation und jeden einzelnen Mitarbeitenden betrifft. Ein Wandel, der aus der Notwendigkeit wächst und nicht top…
Josef Schmid
2022
Organisations- und Prozessmanagement
Selbstverwirklichung, Homeoffice, Entscheidungskompetenz
Die Coronakrise hat den Stellenwert von Selbstverwirklichung, neuen Arbeitszeitmodellen und Sinnhaftigkeit weiter ausgebaut. Für Arbeitgeber gilt es nun, diese Veränderungen mit entsprechenden Massnahmen aufzugreifen, damit sie…
Iwan Schnyder
2022
Organisations- und Prozessmanagement
Heterogene Kultur im Projektmanagement: Hemmschuh oder grosse Chance
Heterogene Projektteams haben sich bewährt, bringen aber auch Herausforderungen mit sich. Eine gemeinsame Vision und aktives Konfliktmanagement sind essentielle Faktoren, um zum Erfolg zu gelangen. Welchen Nutzen…
Anela Gantenbein
2022
Projektmanagement
Arbeiten Sie permakulturell?
März 2020
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH
In der Arbeitswelt zeigen aktuelle Untersuchungen: Mitarbeitende sind zunehmend gestresst. Aktuell gibt beinahe ein Viertel aller Erwerbstätigen in der Schweiz an, dass sie am Arbeitsplatz sehr oft gestresst sind. Erstaunlicherweise ist die Zunahme der Stressgeplagten bei den unter 30-Jährigen am stärksten und diese Altersgruppe weist auch den höchsten Anteil Stressgeplagter auf. Beinahe die Hälfte der gestressten Personen geben an, dass sie sich am Arbeitsplatz emotional erschöpft fühlen. Dies gilt als Zeichen für ein hohes Burnout-Risiko und damit einhergehend für einen mittelmässigen bis schlechten Gesundheitszustand. Welche Folgen diese Tatsachen auf unsere Arbeitswelt und die Leistungsfähigkeit jeder Organisation haben, ist leicht vorzustellen.
Die Anzeichen von echtem Stress – im Gegensatz zu gesundem Stress – mit seinen verschiedenen Ausprägungen sind in vielen Unternehmen feststellbar. Sie reichen von messbaren Indikatoren wie Krankheitstagen oder Fluktuationsrate bis zu zwischenmenschlichen Problemen. Dabei sind die Kommunikation und die Umgangsformen in einer Unternehmung ein untrügliches Merkmal dafür, wie es um die zwischenmenschlichen Probleme bestellt ist. Unter starkem Stress mündet die Kommunikation in ungelöste und unausgesprochene Konflikte.
Der Umgang mit dieser Situation zeigt sich in den Unternehmen sehr unterschiedlich. Viele Unternehmen implementieren einzelne Massnahmen, die kurzfristig von Erfolg gekrönt scheinen, jedoch auf die Dauer ihre Wirkung verlieren. Konkret reichen diese Massnahmen von der Einrichtung eines Kummerkastens, über Teamanlässe bis zu verbesserten Arbeitsmitteln. Obwohl die einzelnen Massnahmen meist sinnvoll sind, fehlt die ganzheitliche Problemerfassung und somit auch das Verständnis, dass man die Themen an den Wurzeln bearbeiten muss. Die fehlende ganzheitliche Problemerfassung zeigt sich in der Folge in einem unzureichenden Verständnis für das Problem, in einer mangelnden Selbstreflektion der involvierten Personen oder in der Ablenkung vom eigentlichen Problem oder Konflikt.
Machen Sie es wie die Pflanzen!
In der Pflanzenwelt zeigen sich Stressreaktionen immer dann, wenn ein Faktor zum gesunden Gedeihen überwiegt oder zu einseitig eingesetzt wird. So steigert zum Beispiel die Stickstoffdüngung zwar das quantitative Pflanzenwachstum, führt aber bei übermässigem Einsatz zur Schwächung der Pflanze gegenüber Krankheiten oder Schädlingen und letztlich zum Verlust der Widerstandskraft.
Erwägt ein Unternehmen eine ganzheitliche Problemerfassung – und somit auch eine langfristig erfolgreiche Beseitigung des Problems – bewähren sich Pflanzensysteme als Vorbilder. Eines dieser erfolgreichen Systeme für die geschilderte Problemstellung ist die Permakultur. Dabei handelt es sich um ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau, das darauf basiert, die Pflanze als Gesamtorganismus in ihrem Umfeld zu betrachten und daraus die entsprechende Kultivierung für ein optimales Gedeihen und einen nachhaltigen Ertrag abzuleiten. Die Permakultur zeichnet sich dadurch aus, dass unabhängige, widerstandsfähige und ausgewogen verteilte Lebensräume geschaffen werden. Permakulturell gestaltete Lebensräume werden als Systeme aufgefasst, in denen das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen so miteinander kombiniert ist, dass die Systeme zeitlich unbegrenzt funktionieren. Das Ziel einer permakulturellen Planung: Die geschlossenen Stoffkreisläufe schaffen langfristig stabile Ökosysteme, die sich selbst erhalten und nur noch minimaler Eingriffe bedürfen.
Übertragen in die Arbeitswelt heisst das: Die Permakultur ist die Arbeitsorganisation und die Eingriffe sind die Handlungen der Führungspersonen. Eine für die entsprechende Unternehmung adäquate Arbeitsorganisation ist die Basis eines firmeninternen Ökosystems, in dem sich wirtschaftlich widerstandsfähige Lebensräume entwickeln. Diese Arbeitsorganisation ist eingebettet in die strategische Ausrichtung, in die Unternehmenskultur, die Prozessreifegrade, in die Personalausstattung und in die Veränderungsbereitschaft der Unternehmung. In stressgefährdeten Unternehmen fehlen diese Gesamtschau und das konsequent abgestimmte Justieren aller Stellschrauben für ein funktionierendes Unternehmenssystem.
Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme. Kombinieren Führungspersonen eine adäquate Arbeitsorganisation mit Wertschätzung und Verständnis für ihre Mitarbeitenden, so sinkt der Stresspegel der Mitarbeitenden – und einem gesunden unternehmerischen Ökosystem steht nichts im Wege. Arbeiten Sie bereits permakulturell?
«Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme.»
Projektleitung = Projektleitung?
März 2023
Marco Solenthaler, M.Sc. FHO Wirtschaftsinformatik
Der vorliegende Artikel zeigt, ob und wann die Fachkenntnisse einer externen Projektleitung von Vorteil sind und inwieweit sich eine Projektleitung mit fachlich-inhaltlichen Themen auseinandersetzen muss. Diese Frage wird anhand eines Projektes im Bildungsumfeld beantwortet. Konkret handelte es sich bei diesem Projekt um die Ablösung einer alten und die Beschaffung einer neuen Schulverwaltungslösung. Die externe Projektleitung übernahm dabei folgende Aufgaben: die Vertragsauflösung mit der bisherigen Softwarelieferantin, die Durchführung der Submission, den Vollzug der Datenmigration, die Umsetzung der Konzeptionierung und letztlich die Einführung der neuen Schulverwaltungslösung.
Die «formelle» Projektleitung
Von einer formellen Projektleitung wird angenommen, dass sie zwar Erfahrungen aus komplexen Projekten mitbringt, ihr jedoch das explizite Wissen fehlt – im vorliegenden Beispiel zu Bildungsumfeld oder Schulverwaltungslösungen. Die formelle Projektleitung hat ausreichend Praxiswissen und das nachgewiesene Verständnis (bspw. durch Zertifikate), um übergeordnete Themen federführend zu leiten und die Zusammenarbeit mit den Anspruchsgruppen sicherzustellen. Zudem ermöglicht ihr Erfahrungsschatz, die Erarbeitung der Konzepte gesamthaft voranzutreiben. Mit der nötigen Neutralität kann sie die Aufgabe angehen, ohne dass sie Ziele befangen verfolgt. Dabei kann eine externe Projektleitung die Ausgangslage objektiv analysieren, anhand von Gesprächen und Workshops die unterschiedlichen Sichtweisen einholen, diese bündeln und zusammen mit dem Projektteam ergebnisoffen nach einer Lösung suchen. Aufgrund der fehlenden Vertrautheit mit dem Projektthema oder -umfeld kann es bei der formellen – unter Umständen sogar fachfremden – Projektleitung jedoch vorkommen, dass zuerst ihr fachliches oder organisatorisches Verständnis aufgebaut werden muss. Dies kann sich negativ auf Projekterfolg, Zeit und Qualität auswirken.
Die «fachlich-inhaltliche» Projektleitung
Demgegenüber steht im vorliegenden Beispiel die fachlich-inhaltliche Projektleitung mit fachspezifischem Wissen, Branchen–Know-how und entsprechenden Fähigkeiten im Bildungsumfeld. Diese Projektleitung kann sich zusätzlich zu den zuvor genannten Punkten inhaltlich tiefer in fachliche Diskussionen einbringen und somit auch das Projektteam leiten und begleiten. Die Projektleitung kann Erfahrungen und «Best Practices» aus anderen Schulprojekten teilen, sodass das Projektteam und das Projekt als Gesamtes profitieren. Die Projektleitung versteht die Prozesse im Schulbereich und kann zum Beispiel die Zusammenarbeit zwischen Schulverwaltungsangestellten und Lehrpersonen sowohl kritisch hinterfragen als auch die diesbezüglichen Chancen und Herausforderungen genauer beurteilen. So werden bestehende Abläufe minutiös geprüft, mit dem Ziel, diese zu optimieren oder gar zu transformieren.
In der Vorbereitung der Ausschreibung kann die fachlich-inhaltliche Projektleitung die Anforderungen des Auftraggebers den Lösungen am Markt gegenüberstellen und den Auftraggeber explizit beraten und unterstützen. Weiter kann sie Erfahrungen aus anderen Datenmigrationen einbringen und mögliche Stolpersteine aufzeigen und somit das Projektteam sensibilisieren, um frühzeitig entsprechende Vorleistungen zu erbringen. Mit ihrem Wissen und Mitwirken kann sie dafür sorgen, dass das Projekt inhaltlich sichergestellt ist. Die fachlich-inhaltliche Projektleitung ist gegenüber der formellen Projektleitung tendenziell in einem näheren Austausch mit dem Projektteam und der Stammorganisation und kann das Vorhaben somit auch aus prozessualer, organisatorischer und/oder technischer Sicht besser einschätzen und lenken. Und schliesslich kann sie operativ stärker agieren, ohne die tatsächlichen Projektleitungstätigkeiten zu vernachlässigen.
Wie das vorliegende Beispiel zeigt, besteht für Auftraggebende letztlich einzig die Herausforderung zu wissen, welche Beratungsunternehmen und welche Berater oder Beraterinnen die gesuchten Fähigkeiten und Fertigkeiten im Bildungsumfeld und mit Schulverwaltungslösungen mitbringen.
Schlussfolgerung
Das Verständnis für geeignete Projektmanagementmethoden und deren professionelle Umsetzung sind das Einmaleins in der Beratung. Hierin unterscheiden sich die Fähigkeiten vielfach nur marginal. Doch: Wann lohnt sich der Einsatz einer externen Projektleitung mit fachspezifischem Wissen, Branchen-Know-how und entsprechenden Fähigkeiten?
Bei der formellen Projektleitung entstehen Reibungsverluste, da die Schnittstellen nicht optimal besetzt sind, im Speziellen zwischen Projektleitung und Fachteam. Die Folgen sind ein Verlust an Effizienz und Effektivität sowie allfällige Verzögerungen im Projekt. Die fachlich-inhaltliche Projektleitung erfüllt diese Schnittstellenfunktion meist besser und sichert damit den Projekterfolg. Im vorliegenden Fall heisst das: Die fachlich versierte Projektleitung verhalf Schulen zu einer zukunftsträchtigen Position mit einer zeitgemässen Organisation, effizienten Prozessen sowie einer passenden IT-Architektur – und dies wiederum dient der erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Ämtern und Bildungsstätten.
Es gibt immer mehr Projekte und folglich braucht es immer mehr Projektleitungen. Zu Beginn eines Projektes stellt sich die Frage, ob die Projektleitung intern wahrgenommen werden kann oder extern vergeben wird. Sprich, ob intern ausreichend Ressourcen sowie genügend Know-how und Erfahrung in vergleichbaren Themenstellungen vorhanden sind. Fehlt eine oder mehrere dieser Voraussetzungen, werden Projektleitungsmandate oft extern vergeben. Ist dies der Fall, gilt es für Auftraggebende zu prüfen, welche Anforderungen und Erwartungen sie an die externe Projektleitung stellen.
Wie sinnvoll und effizient sind Hybrid Apps?
März 2023
Dominic Beusch, Wirtschaftsinformatiker, exec. MBA in Digital Transformation
Wir unterscheiden zwischen folgenden Varianten:
Native App vs. Progressive Web Application (PWA) vs. Hybrid App
Native Apps sind Anwendungen auf mobilen Endgeräten, die speziell für dessen Betriebssystem (iOS oder Android) konzipiert und entwickelt werden. Native-App-Komponenten werden verwendet, um die Benutzerschnittstelle (User Interface) so darzustellen, dass sich der Benutzer auf seinem Betriebssystem «zu Hause» fühlt. Native Apps besitzen optimierte Designs und Funktionen für das jeweilige Betriebssystem. Des Weiteren bieten sie im Rahmen der Sicherheit gute Möglichkeiten, die darin enthaltenen Daten zu schützen.
Eine Progressive Web Application (PWA) ist eine vollständig browserbasierte Anwendung, die auf einem Webserver betrieben wird und Aufgaben über das Internet unter Verwendung von Technologien wie JavaScript ausführt. User müssen auf eine Webanwendung über einen Browser zugreifen, unabhängig davon, welches Gerät beziehungsweise, welchen Browser sie verwenden. Das Benutzerinterface ist responsive, sprich, es passt sich der Grösse des Screens an. Mit dieser Variante sind grosse Einsparungen möglich, falls man nur eine Applikation bauen und die Nutzung auf unterschiedlichen Geräten anbieten möchte.
Im Wesentlichen ist eine Hybrid App eine Browseranwendung in nativem Gewand, das heisst, sie vereint beide oben genannten Technologien. Hybride Apps basieren auf gängigen Web-Technologien wie HTML5, CSS oder JavaScript. Sie laufen in einem Webview Container, in dem sie als native Apps verpackt werden und greifen somit auf native APIs (Schnittstellen) und Funktionen des Betriebssystems zu. Dies bedeutet: Die Hybrid App kann innerhalb ihres Containers ebenfalls auf eine responsive Website zugreifen, dies ist für den Anwender jedoch nicht sichtbar. Diese Variante ermöglicht es, die Vorteile beider Welten (Native App und Web App/PWA) zu nutzen.
Zum Vergleich der drei Varianten zeigt die folgende Aufstellung mögliche Vor- und Nachteile:
Der Kompromiss ist klar erkennbar: Zeit und Kosten versus Funktionen und User Experience
Einsatzzwecke und Zielgruppen – zwei Beispiele aus der Praxis
Usecase 1: Eine Applikation für Mitarbeitende mit hohen Sicherheitsanforderungen
Grobe Ziele und Anforderungen:
- Eine webbasierte Applikation, die nur Mitarbeitenden zur Verfügung stehen soll.
- Diese soll auf dem Desktop und auf dem iPhone lauffähig sein.
- Die Usability und die Performance müssen hoch sein.
- Es bestehen hohe Anforderungen an das Sicherheitslevel, da die Geräte teilweise auch privat genutzt werden.
- Das Nutzen einer Kamera und der Taschenlampe soll möglich sein.
- Die Applikation soll mit einem Mobile Device Management (MDM) in Bezug auf die Softwareverteilung verwaltet werden.
Das Kernkriterium hierbei: Die Applikation muss gewisse Sicherheitsfeatures besitzen, da die Nutzer auf personenbezogene und schützenswerte Daten zugreifen können. Einerseits war Geolocation ein Thema, andererseits musste die Möglichkeit bestehen, dass die Applikation in einem geschützten Container läuft, so dass keine Daten ausserhalb der Applikation ausgelesen und z.B. an Apple gesendet werden können. Der Kunde hat sich in diesem Fall für eine Hybrid App entschieden, da er durch diese Lösung die Sicherheitsfeatures bewerkstelligen und dennoch die responsive Version der Web–Applikation nutzen kann. Damit spart er viel Zeit, Ressourcen und Geld.
Usecase 2: Web-Applikation und native App sind bereits vorhanden, doch es sollen Redundanzen eliminiert und Kosten eingespart werden.
Grobe Ziele und Anforderungen:
- Die webbasierte Applikation soll Cross-Plattform-fähig sein und somit auf den gängigen Geräten problemlos funktionieren.
- Usability und Performance müssen hoch sein.
- Das Nutzen der Kamera und das Erhalten von Push-Notifikationen müssen möglich sein.
- Die Wiederverwendbarkeit der bestehenden Web-Applikation muss maximiert werden.
- Die Betriebskosten müssen so tief wie möglich sein.
Diese responsive Web-Applikation läuft seit ein paar Jahren, das heisst, sie ist bereits für einige Geräte optimiert. Nichtsdestotrotz gibt es aus historischen Gründen nach wie vor eine native App, die aus Kosten– und Ressourcengründen in naher Zukunft deaktiviert werden soll. Die Analyse zeigt, dass die bestehende Web-Applikation einfach in eine Progressive Web App (PWA) umgewandelt werden kann und dabei alle Anforderungen erfüllt – in diesem Fall das Kriterium, dass die Applikation auf unterschiedlichen Screen-Grössen und Geräten genutzt werden kann. Die erste Version wird im Rahmen einer Publizierung getestet und bei Erfolg die native App deaktiviert. Damit lassen sich Geld und Ressourcen für die Weiterentwicklung der App einsparen beziehungsweise anderweitig einsetzen.
Key-Take-Away
Es gibt bewährte Technologien und Methoden, um Applikationen für mehrere Anwendungsfälle effizient zu entwickeln und zu unterhalten. Dazu müssen Applikationen aber nicht zwingend für mehrere Plattformen erstellt werden, was unterschiedliches Knowhow, unterschiedliche Kompetenzen und unterschiedliche Entwicklungsarbeit bedingt. Wie «Usecase 1» zeigt, kann eine Hybrid App eine sinnvolle und effiziente Variante sein.
Sie möchten eine neue Applikation entwickeln, die sowohl desktop- als auch mobilefähig ist, aber dafür nicht zwei unterschiedliche Applikationen programmieren? Soll der Anwender lokale Hardware wie beispielsweise eine Kamera benutzen können und Push-Notifikationen, also Benachrichtigungen, erhalten oder gibt es Einschränkungen? Welche Hardwarefunktionen benötigt der Anwender im Alltag und wie steht es mit der Sicherheit? Die heutige Technologie bietet mehrere Ansätze, unterschiedliche Anforderungen effizient und kostensparend anzugehen, so dass die Anwender Freude an der Nutzung der Applikation haben.
The Belief of Knowledge
März 2023
Felix Lämmler, Dipl. El. Ing. FH / EMBA
John Maynard, one of the most controversial and important economists, mathematicians and politicians of the 20th century once said that “all propositions are true or false, but the knowledge that we have from them, depends on the circumstances in which we find ourselves […]” Not knowing is therefore not a state of emergency, but normality. Based on his quote, the economist John Kenneth Galbriath defines two types of forecasters: “[…] those who don’t know, and those who don’t know they don’t know”. In either case, it can be said that we don’t know anything about the future. To give an example, no government foresaw the war in Eastern Europe nor did the central banks foresaw the high inflation. As a result, both were completely wrong with the assessment of “short-term” or “temporary”. Ignorance is hence inevitable. Or simply: normal. But what is the use of ignorance in our knowledge-based society, in which, according to Aristotle, everyone naturally strives for knowledge? There are three use cases.
First, ignorance unleashes the power to acquire real knowledge. Looking at the past, it can be said that much of what is happening in Europe today took place in the past or with the famous words of Mark Twain “history doesn’t repeat itself, but it rhymes.”
Dealing with the unthinkable leads to the second use of not knowing; to think in scenarios. Nassim Taleb’s book The Black Swan was a catalyst of this idea. The expression “black swan” has since been used as a metaphor for unlikely but massively effective events. Interestingly, since the financial crisis in 2008, a strong movement has developed that wants to avoid such events at all costs. The central banks and supervisory authorities are crucial here: they are taking ever more aggressive action against the risk of “black swans” by flooding the market with money and rules. The side effects of “large amounts of liquidity” are accepted and thus exposed to the probability.
Probability, according to Keynes in his book A Treatise on Probability, is not mathematics, but a form of expressing ignorance. “It may happen that small differences in the initial conditions produce very great ones in the final phenomena. A small error in the former will produce an enormous error in the latter. Prediction becomes impossible, and we have the fortuitous phenomenon.”
For Keynes it is therefore not appropriate to start from a “true” economic model. He also doubts that the economic agents involved have enough knowledge or ability to forecast and optimize the well-being of an economy. “Thus the fact that our knowledge of the future is fluctuating, vague and uncertain renders, wealth a peculiarly unsuitable subject for the methods of the classical economic theory”. That is why “the theory of the future, being based on so flimsy a foundation is subject to sudden and violent changes”.
This leads us to the third benefit, which is knowing your limitations. Or to put it another way: Only those who know where this ability and their own knowledge end have the true ability to solve problems. In order to make a serious decision, it is important to understand that one does not know everything. The crucial point is though: how do you know what part of a problem you don’t see? It is often worth consulting an external consultant who can analyze the situation from the outside and offer insights about what you may not know.
The philosophical topic of knowing and forecasting has been widely discussed by a great deal of influential people.
Agiler Projektvertrag – Herausforderungen für die Vertragsparteien
März 2023
Romeo Minini, lic. iur. RA, Exec. MBA HSG
Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit als zentrale Vertragselemente
Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sollen einen Vertrag prägen. Die Vertragsparteien wollen den Vertragsinhalt und insbesondere ihre Rechte und Pflichten beim Vertragsabschluss verbindlich regeln und sich gegen mögliche Risiken absichern. Der Umgang mit Agilität verlangt von allen Beteiligten Flexibilität und den Mut, von traditionellen Bahnen abzuweichen und sich auf neue Pfade zu begeben. Als Beispiel für ein agiles Vertragsverhältnis dient der Projektvertrag im IT-Bereich. Dieser Vertragstyp, der im Obligationenrecht nicht ausdrücklich geregelt wird, ist dem Werkvertrag zuzuordnen.
Gegenstand des Vertrags
Beim Werkvertrag gemäss Obligationenrecht bestimmen die Parteien beim Vertragsabschluss einen Vertragsgegenstand als Werkleistung mit einzelnen Spezifikationen. Häufig enthält ein solcher Vertrag bereits agile Elemente wie zum Beispiel: Bestimmungen über die schrittweise Entwicklung des Vertragsgegenstandes, Zwischenabnahmen der Arbeitsergebnisse, Anpassungen an den Vertragsinhalt oder Änderungen der Leistungen und des Zeitplanes.
Beim agilen Projektvertrag wird die Werkleistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht abschliessend festgelegt. Das Ergebnis dieser Leistungen soll im Rahmen von iterativen Prozessen entwickelt und laufend verbessert werden. Die Parteien beschreiben einzelne Teilleistungen, die Schritt für Schritt zu erfüllen sind und abgenommen werden müssen. Der Abnahmeprozess muss für die Parteien praktikabel und mit einem technisch vernünftigen und wirtschaftlich vertretbaren Aufwand ausgestaltet werden. Als Vorgehensmöglichkeiten, die sich inhaltlich in der Umschreibung der Werkleistungen unterscheiden, bieten sich beispielsweise an:
Fixe Teilziele mit flexiblem Rahmen
Die fixen Teilziele werden gemäss den Anforderungen an den Werkgegenstand bestimmt und inhaltlich, zeitlich sowie mit einem Kostenrahmen festgelegt. Die Vertragsparteien nehmen diese Teilziele gestützt auf die vereinbarten Regeln ab und bestimmen danach das weitere Vorgehen. Der generelle Vertragsrahmen mit den einzelnen Teilzielen wird jedoch flexibel gestaltet. Offen bleiben demzufolge: die Anzahl der Teilleistungen, der zeitliche Ablauf und der gesamte Kostenrahmen für das Projekt. Das Vertragsverhältnis kann jederzeit beendet werden, insbesondere wenn ein Teilziel nicht erreicht wird. Dieser Ansatz wird vermehrt in IT-Projekten mit agiler Vertragsgestaltung angewendet.
Lösung mit Prototyp und agile Weiterentwicklung
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Parteien einen selbständig funktionierenden Prototyp des angestrebten Werkes festlegen. Dieser stellt aber nicht das von den Parteien angestrebte Werkergebnis dar. Da das Produkt oder die Werkleistungen noch nicht vollständig ausgearbeitet sind, lassen sich Korrekturen und Optimierungen leichter und kostengünstiger umsetzen. Zusätzlich zum Prototyp definieren die Parteien die verschiedenen Weiterentwicklungen und Zusatzfunktionen, die agil zu erarbeiten sind und in einem direkten Zusammenhang mit dem Prototyp stehen. Dieser Ansatz ist eher in Werkvertragsverhältnissen im Produktionsbereich anzutreffen.
Aufgaben und Zuständigkeiten der Schlüsselpersonen im Projekt
Die Parteien regeln im Vertrag die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten von Schlüsselpersonen und legen ihren Gestaltungs- und Verhandlungsspielraum verbindlich fest. Die Schlüsselpersonen dürfen im Verlaufe des Projekts nur in Ausnahmefällen ausgewechselt werden, weil diese Personen wesentlich zum Erfolg eines agil gestalteten Projekts beitragen.
Vergütungsmodell
In agilen Projektverträgen können Vergütungsmodelle eingesetzt werden, die von der herkömmlichen Regelung mit einem Fixpreis oder einem Kostendach abweichen und die Kostenrisiken ausgewogener auf beide Parteien verteilen. Wird nämlich ein fester Preis vereinbart, trägt der Unternehmer grundsätzlich das Kostenrisiko, wenn der vereinbarte Preis die zur Vertragserfüllung notwendigen Werkleistungen nicht abdeckt. Beim agilen Ansatz werden die vereinbarten Teilleistungen gemäss dem Stand der Projektentwicklung vergütet. Dieses Vorgehen beinhaltet für den Besteller Risiken. Er muss allenfalls Leistungen bezahlen, die sich bei einem vorzeitigen Projektabbruch nicht nutzen oder verwerten lassen.
Die Gesamtkosten eines agil abgewickelten Projekts erreichen oftmals einen Betrag, der im Voraus nicht abschliessend bestimmbar ist. Diese Unsicherheit bedeutet ein Risiko für den Besteller, der allenfalls die Budgetvorgaben nicht einhalten kann. Die Parteien sind daher gut beraten, die einzelnen Teilleistungen mit finanziellen Reserven zu planen und Entwicklungsschritte mit unvorhersehbaren Kostenfolgen zu vermeiden. Mit einer realistischen Planung und insbesondere einem effizienten Controlling lassen sich unvorhergesehene Kostenüberschreitungen vermeiden.
Vertragsbeendigung
Der Besteller kann den Werkvertrag nach Obligationenrecht nach jeder Teilabnahme beenden. Im agilen Projektvertrag kann dieses Recht ebenfalls dem Unternehmer eingeräumt werden. Eine Vertragsbeendigung muss nicht zwingend aufgrund einer mangelhaften Leistung oder wegen zeitlichen Verzögerungen erfolgen. Wenn es sich im Verlaufe der Projektentwicklung zeigt, dass die technischen Anforderungen oder der Zeitplan nicht gemäss den vereinbarten Bedingungen zu erfüllen sind, dann soll das Projekt oder Teilprojekt vor seinem Abschluss von beiden Parteien einvernehmlich beendet werden können. Langwierige Streitigkeiten, verbunden mit Klagen wegen Vertragsverletzungen, lassen sich somit grundsätzlich vermeiden.
Fazit
-
- Ein agiler Projektvertrag ist kein Wundermittel gegen eine ungenügende Projekt- und Zeitplanung oder eine unzweckmässige Projektorganisation.
- Ein agiles Vorgehen entbindet die Parteien nicht von einem straffen Projekt- und Kostencontrolling.
- Die Rollen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Schlüsselpersonen und die Mitwirkungspflichten der Vertragsparteien sind vertraglich zu regeln.
- Beide Parteien müssen über die notwendigen personellen Ressourcen mit den erforderlichen fachlichen Kapazitäten verfügen und diese gemäss der vereinbarten Planung einsetzen.
- Supportleistungen, Dokumentations-, Rapportierungs- und Mitteilungspflichten sowie die Mitwirkung in den einzelnen Projektgremien sind in der Projektorganisation festzuhalten. Die Projektorganisation muss Bestandteil des Vertrages sein.
Die Ausarbeitung und Umsetzung eines agilen Projektvertrags erfordern neben umfassenden methodischen Kenntnissen des Projektmanagements und Erfahrung in diesem Bereich insbesondere ein hohes Verständnis für die technischen, rechtlichen und organisatorischen Belange. Zentrale Grundlage für eine erfolgreiche Abwicklung und Umsetzung bildet jedoch ein von gegenseitigem Vertrauen geprägtes Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Der agile Vertragsansatz stellt kein Wundermittel für eine erfolgreiche Realisierung und Umsetzung von IT-Projekten dar, er kann jedoch einen Beitrag zum Gelingen solcher Projekte leisten.
Führungspersonen, Projektverantwortliche oder Fachkräfte sehen in agilen Ansätzen oftmals ein Wundermittel, um langwierigen Prozessen oder starren Anforderungen in Projekten entgegenzuwirken. Greift dieser Ansatz auch im Vertragsrecht? Diese Frage lässt sich nicht generell mit ja oder nein beantworten. Es gilt, stets die konkreten Tatsachen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, die ein Vertragsverhältnis prägen. Die Herausforderungen für die Vertragsparteien, die ein agiles Vorgehen für die Vertragsgestaltung wählen, werden in der Folge summarisch behandelt.
Digitale Transformation – Wo bleibt die Motivation?
März 2023
Christoph J. Frick, PhD Business Economics / Information Systems M.A. HSG Business Economics
Grundsätzlich sind immer jene, die eine Veränderung wollen, im Zugzwang. Und meistens läuft es darauf hinaus, dass sie zu erklären haben, warum man auf keinen Fall so weitermachen könne wie bis anhin. Dass Stillstand heute mehr denn je Rückschritt bedeutet, hätten inzwischen wohl alle begriffen, so der Grundtenor der Antreibenden und Veränderungswilligen. Und auch wenn die Konservativeren diesen Argumenten natürlich nicht widersprechen wollen, sehen bei der Digitalisierung die meisten oft nur, was ihnen weggenommen wird und was sie aus der Komfortzone reisst. Denn: Niemand hat ihnen ausreichend aufgezeigt, welchen Nutzen ihnen die Veränderung bringt und inwiefern sie ein persönlicher Mehrwert und eine individuelle Chance sein kann.
Ein Interesse, zwei Perspektiven
In Unternehmungen, deren zentraler Zweck nicht digitaler Natur ist, entstehen Impulse zur Digitalisierung meist nicht aus der reinen Lust an einer modernen, kreativen Weiterentwicklung. Nein, sie entspringen Überlegungen zur Kosten- und/oder Prozessoptimierung. Zwar geschieht dies durchaus zum Wohl der Unternehmung und damit letzten Endes auch zum Wohl des Einzelnen – aber, dass in der gleichen Zeit mehr erledigt werden kann und dies bei geringer Fehlerwahrscheinlichkeit, bedeutet für die Mitarbeitenden per se noch keinen Vorteil. Es bedeutet für sie in erster Linie, dass ihr bewährtes Vorgehen in eine Form gedrückt wird und allfällige Überstände abgeschnitten werden. Beschwichtigungen oder der Appell an die Logik, also der Hinweis auf das Wohl der Unternehmung und der Mitarbeitenden, können die Stimmung bestenfalls wieder asymptotisch Richtung Nullpunkt ziehen, aber definitiv nicht ins Positive. Logik hat noch selten über Ängste gesiegt. Wäre dem so, würden wir beispielweise auch deutlich öfter, beziehungsweise überhaupt, zu Vorsorgeuntersuchungen gehen.
Lust machen als zentrale Führungsaufgabe
Jedes sinnvoll geplante Projekt zur digitalen Transformation dürfte die erwähnten unternehmerischen Gründe haben. Was also vor allem benötigt wird, ist eine Storyline, die alle Beteiligten abholt. Eine Storyline, die nicht auf reiner Logik und Notwendigkeit basiert, sondern Lust auf das Neue macht. Sie muss aufzeigen, dass die Digitalisierung den Menschen nicht einfach zu einem unzuverlässigen Überbleibsel aus der Vergangenheit macht, sondern ihm zwar andere, aber durchaus attraktive Gestaltungsmöglichkeiten schafft. Hierfür kommen Führungspersonen nicht umhin, eine Extrameile zu gehen. Denn die Digitalisierung eines Ablaufes schafft in der Regel keinen neuen Raum zur Verwirklichung für die Mitarbeitenden – von der reinen Automatisierung wollen wir erst gar nicht reden. Nein, die Digitalisierung nimmt oft die Persönlichkeit, die individuelle Herangehensweise aus der Gleichung. Sich also mit einem spielerisch-kreativen Ansatz zu fragen, wie Begeisterung geschaffen werden kann, ist eine überaus ernste Angelegenheit und sollte jeder Führungskraft stets präsent sein. Der Mensch will sich einbringen und Spuren hinterlassen. Diese Tatsache zu beachten und ihr in der Folge mit Empowerment Rechnung zu tragen, zeichnet eine verantwortungsvolle Führungskraft aus. Die strategische Bedeutung der Wahl des Führungsansatzes ist längst unbestritten und in den meisten Unternehmungen in entsprechenden Papieren festgehalten. Warum sollte man dies ausgerechnet bei Projekten der digitalen Transformation ignorieren?
Punkten im Wandel
Eigentlich kann eine Führungsperson in einem Kulturwandel, und nicht weniger ist die Digitalisierung, bei den Mitarbeitenden relativ einfach punkten, denn die Erwartungen der Betroffenen sind eher überschaubar. Längst haben sie sich nämlich daran gewöhnt, dass Neuerungen zwar mit vielen und schönen Worten ausgeschmückt, aber oft in einer kommunikativen Einbahnstrasse aufgedrückt werden. Und so eröffnet sich Vorgesetzten die Chance, mit dem ernst gemeinten Einbezug aller Involvierten und mit einer klar vorgelebten Vision, einen überwältigenden Unterschied zu machen.
Die Führung und die Systeme an diesen Gedanken auszurichten, mag vielleicht nicht das gesamte Effizienzsteigerungs- und Optimierungspotenzial ausschöpfen, doch motivierte Mitarbeitende, die den Sinn hinter den Änderungen verstehen – und nicht einfach funktionierende Humanressourcen darstellen – sind langfristig mehr wert als das Ausreizen der vorgenannten Potenziale bis auf die letzte Kommastelle. Freude oder gar Spass an der Arbeit, was, so hat man oft den Eindruck, sich nur noch Start-ups laut auszusprechen getrauen, zieht die Stimmung weit ins Positive. Wer selbst den Mehrwert der neuen Herangehensweise spürt und den Spass darin gefunden hat, muss dies auch die Menschen um sich herum erleben lassen.
Manchmal gelingt einem dies selbst, und manchmal lohnt sich der Beizug eines Sparringpartners. Dieser Effort zahlt sich aus, denn genau dann lassen Mitarbeitende digitale Transformationsprojekte gelingen.
Beim Thema Digitalisierung wird gerne hochmotiviert und leidenschaftlich diskutiert. Quer durch ganze Unternehmungen hat jeder und jede eine Meinung dazu. Nur ist die Hauptmotivation aber oft, sich gegen die Digitalisierung zu wehren. Selbstverständlich herrscht auch bei der Lösungsfindung zu analogen, greifbaren Problemen nicht immer eitel Sonnenschein. Aber bei Fragen der Digitalisierung scheinen das gegenseitige Verständnis und die gemeinsame Basis oft ausserordentlich klein zu sein.
Transformationale Führung: Die Antwort auf die Herausforderungen kultureller Diversität
März 2022
Svenja Schraner, B.A. HSG Business Administration
«Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.»
Antoine de Saint-Exupéry
Die Globalisierung führt dazu, dass diverse und somit auch multikulturelle Teams in der Arbeitswelt verstärkt vorkommen. Die Folge davon ist eine Zunahme der kulturellen Diversität in Unternehmen. Doch was bedeutet «kulturelle Diversität» überhaupt? Gemäss Roy Y.J. Chua (2018) wird von kultureller Diversität oder kultureller Vielfalt gesprochen, wenn sich ein Team aus Menschen, die aus verschiedenen Kulturen stammen, zusammensetzt. Dabei wird Kultur nicht einem Herkunftsland gleichgesetzt, sondern meint mehr die kollektive Programmierung des eigenen Geistes, die Menschen voneinander unterscheidet. Aus Sicht eines Unternehmens stellt sich die Frage: Steigern kulturell diverse Teams die Performance?
Herausforderungen von diversen Teams
Kulturell diverse Teams können sich sowohl positiv auf die Kreativität, Problemlösefähigkeit und Motivation auswirken, aber im Gegensatz dazu auch zu verstärkten Kommunikationsproblemen und Konflikten führen. Die Auswirkungen sind besonders negativ, wenn sich Mitarbeitende zu verschiedenen Subgruppen zusammenschliessen. Diese Subgruppen zeichnen sich dadurch aus, dass sie in sich sehr homogen sind und eine ähnliche Meinung vertreten, gegenüber anderen Subgruppen jedoch sehr heterogen und unterschiedlich sind.
Die genannten Herausforderungen zeigen, dass es einerseits spezifische HR-Praktiken bedingt, die auf zunehmend kulturell diverse Teams ausgelegt werden, und stellen andererseits die Wichtigkeit einer inklusiven Führung in den Vordergrund. Unter einer inklusiven Führung wird das Fingerspitzengefühl verstanden, mit der Vielfalt an verschiedenen Persönlichkeiten, Meinungen, Geschlechtern, Generationen, Erfahrungen, Sprachen und Kulturen umzugehen. Dabei steht nicht der Umgang, sondern viel mehr die Inklusion jedes einzelnen Teammitglieds im Vordergrund.
Ein Beispiel eines inklusiven Führungsstils ist die transformationale Führung. Dieser Führungsstil ermöglicht, dass positive Auswirkungen von Diversität in Teams aktiv genutzt und negative Auswirkungen abgeschwächt werden können. Führungskräfte sollten die transformationale Führung deshalb als Strategie- und Interventionsinstrument verstehen, um kulturelle Diversität aktiv und erfolgreich zu managen.
Der transformationale Führungsstil
Die Grundidee transformationaler Führung basiert auf drei Bausteinen:
- Aus der Transformation, die sich auf die Veränderung der Werte und Ziele von Mitarbeitenden bezieht.
- Aus der Einsatzbereitschaft der Mitarbeitenden, die darauf ausgelegt ist, die Ziele der Organisation zu erreichen.
- Und aus der Befähigung der Mitarbeitenden, diese Ziele zu erreichen.
Konkret lassen sich vier Dimensionen ermitteln:
1. Das Vorbildhandeln von Führungskräften spielt eine zentrale Rolle, da ihr Verhalten von den Mitarbeitenden ständig beobachtet und interpretiert wird. Sie sollten deshalb versuchen, als Identifikationsperson zu wirken und integer zu handeln.
2. Des Weiteren soll das Verhalten der Führungskräfte geistig anregen, um etablierte Denkmuster aufzubrechen und neue Einsichten zu vermitteln. Hierfür sind unterstützende organisatorische Rahmenbedingungen entscheidend, wobei gezielt eine Innovationskultur ermöglicht und gefördert werden soll.
3. Mitarbeitende sollen über eine inspirierende Vision motiviert werden. Je plastischer und je packender das Zukunftsbild ist, desto stärker ersichtlich wird die Bedeutung von Zielen und Aufgaben. Ebenfalls steigt so das Zusammengehörigkeitsgefühl, während die Bildung von Subgruppen weniger wahrscheinlich ist.
4. Zuletzt gilt es, Mitarbeitende individuell zu beachten, um ihre Stärken gezielt zu erkennen und zu fördern. Begünstigende Faktoren dafür sind, wenn Führungskräfte als Mentoren agieren und das Vertrauensklima innerhalb der Firma fördern.
Ziel der transformationalen Führung ist es, den proaktiven Informationsaustausch zwischen den Mitarbeitenden zu fördern sowie soziale Kategorisierungsprozesse zu verhindern, um von kultureller Diversität profitieren zu können.
An der Motivation anknüpfen
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Leistungsvorteile eines Teams aufgrund kultureller Diversität resultieren, wenn die entsprechende Motivation der Teammitglieder für den Informationsaustausch vorhanden ist. Diese Motivation zeigt sich durch das Interesse der Mitarbeitenden an der eigenen Kompetenzentwicklung und der Aufgeschlossenheit für tiefgründige Informationen. Des Weiteren ist es entscheidend, dass Mitarbeitende unterschiedliche Ansichten akzeptieren und diese verschiedenen Perspektiven auch gezielt explorieren. Fühlen sich die Mitarbeitenden jedoch in ihrer Identität durch die verschiedenen Perspektiven bedroht oder streben sie nicht nach einem vertieften Verständnis für eine Aufgabe, kann sich dies wiederum negativ auf die Teamleistung auswirken. Aus diesen Gründen wird Unternehmen, die von kultureller Diversität geprägt sind, empfohlen, einen transformationalen Führungsstil zu verfolgen, um so die Mitarbeitenden zu befähigen, von Diversität profitieren zu können.
«Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Leistungsvorteile eines Teams aufgrund kultureller Diversität resultieren, wenn die Motivation der Teammitglieder für den Informationsaustausch sowie die Akzeptanz von unterschiedlichen Meinungen vorhanden sind. Ein transformationaler Führungsstil befähigt Unternehmen, von Diversität profitieren zu können.»
Chatbots: Fluch oder Segen der Zukunft?
März 2022
Sina Lutz, Cand. B.A. HSG Business Administration
Ein Chatbot – also die Kombination aus Chat und Roboter – lässt sich als digitalen Kommunikationspartner beschreiben, dem vor allem im Umgang mit Kundinnen und Kunden ein hohes Potenzial zugetraut wird. Momentan befinden wir uns in einer Phase, in welcher mit Chatbots viel experimentiert wird.
Chatbots sind Webapplikationen, hinter welchen Algorithmen stehen, die Aspekte des menschlichen Verhaltens kopieren, indem die im Hintergrund arbeitenden technischen Systeme die Kommunikation in natürlicher Sprache ermöglichen. Aus diesem Grund können sie dann als vermeintlich menschliche Kommunikationspartner in den Netzwerken agieren. Die Komplexität reicht dabei von einfachen Chatbots, welche anhand von Schlüsselwörtern Musterabgleiche machen, bis hin zu komplexen Chatbots, welche auf die Mimik und Gestik der Nutzer eingehen und so auf Nutzeranfragen antworten.
Chancen
Die Verwendung von Chatbots bietet die Chance, sowohl einfache und standardisierte wie auch komplexe lnteraktionsaufgaben mit Kundinnen und Kunden übernehmen zu lassen. Somit kann der Alltag für Unternehmen und Mitarbeitende erleichtert und die Effizienz gesteigert werden. Zudem können Unternehmen durch den Einsatz von Chatbots unabhängiger von der menschlichen Arbeitskraft werden, da Chatbots rund um die Uhr verfügbar sind, tiefere Fehlerquoten haben und die Personalkosten senken. Ausserdem können Unternehmen durch den Einsatz von Chatbots neue, noch nicht umgesetzte Funktionalitäten anbieten. Die durchgängige Verfügbarkeit von Chatbots kann zudem die Benutzerzufriedenheit steigern, da die Anwendenden von den schnellen und zu jeder Tageszeit verfügbaren Antworten profitieren. Des Weiteren können Kommunikationsprozesse und Serviceleistungen optimiert sowie standardisierte Prozesse von Chatbots übernommen werden, welche die Arbeitnehmer von monotonen Tätigkeiten entlasten können.
Expertinnen und Experten sind sich aus den oben genannten Gründen deshalb einig, dass komplexere Chatbots der nächste Schritt in der Entwicklung der Kommunikation mit dem Kunden sein können.
Grenzen
Zunächst gilt festzuhalten, dass die Komplexität des menschlichen Verstandes dafür sorgt, dass sich eine Maschine niemals gänzlich an den Menschen adaptieren kann. Somit stossen Chatbots an eine grundsätzliche Grenze, weil sie meistens für spezifische Situationen programmiert sind und deshalb nicht unmittelbar situationsunabhängig eingesetzt werden können.
Ob die Einführung von Chatbots für Unternehmen erfolgreich ist, hängt jedoch in erster Linie von der User-Akzeptanz ab, denn aktuell sind die Nutzerinnen und Nutzer gegenüber der Mensch-Maschinen-Interaktion «noch» skeptisch. Sie bevorzugen insbesondere bei privaten Belangen den direkten Kontakt mit einem Menschen anstelle einer Maschine. Besonders skeptisch sind Nutzende gegenüber Chatbots, welche nicht als solche erkennbar sind. Dies kann für Unternehmen besonders riskant sein, da damit ein Imageverlust einhergehen kann. Um die Akzeptanz seitens der Userinnen und User sowie die Integration von Chatbots zu ermöglichen, sind kosten- und zeitintensive Aspekte relevant: eine geeignete IT-Infrastruktur, bekannte Prozessabläufe und Personal, um Einführung, Pflege und Optimierung des Chatbots sicherzustellen.
Schlussendlich ist das Social Profiling, also das kontinuierliche Sammeln, Speichern und Auswerten von Nutzerdaten, ein weiteres Risiko für die Akzeptanz von Chatbots. Viele Konsumentinnen und Konsumenten sind verunsichert, was mit ihren Daten geschieht und ob sie gespeichert und wie diese ausgewertet werden. Die Datensicherheit ist für viele Kundinnen und Kunden nicht transparent genug, was die Erfolgschance von Chatbots weiter eindämmt.
«Auch wenn Chatbots noch in den Kinderschuhen stecken und nicht abschliessend gesagt werden kann, wohin die Entwicklung führen wird, sind die Einsatzmöglichkeiten nahezu grenzenlos. Es ist empfehlenswert, erste Gehversuche in der Welt von Chatbots zu machen. Dabei kann Erfahrung gesammelt und evaluiert werden, inwieweit Prozesse durch Chatbots optimiert werden können. Höchste Priorität sollten im Prozess durchgängig Nutzerakzeptanz und Datenschutz haben, da diese zu Image- und Reputationsschäden führen können.»
Recht haben bedeutet nicht Recht bekommen
März 2022
Romeo Minini, lic. iur. HSG; RA; Exec. MBA HSG
Rechtsansprüche aus Vertrag – ihre Durchsetzung ist ein anspruchsvoller Hindernislauf. Auf dem Rechtsweg erleben Klagende mitunter, dass Recht zu haben nicht immer bedeutet, Recht zu bekommen.
Etwas versprechen und nicht einhalten verletzt bei den meisten Menschen das Gerechtigkeitsempfinden. Im Alltag wird beispielsweise ein abgeschlossener Vertrag nicht erfüllt. Das Urteil ist rasch gefällt. Diejenige Partei, die im «Unrecht» ist, soll zur Verantwortung gezogen werden. Oftmals muss zur Durchsetzung der eigenen Ansprüche der Rechtsweg beschritten werden. Dann beginnt ein Hindernislauf, weil zahlreiche verfahrensrechtliche Fallstricke einen sicher geglaubten Erfolg in einen Misserfolg verwandeln können. Die betroffene Partei erlebt in solchen Situationen, dass sich im Recht befinden nicht zwingend auch Recht bekommen bedeutet. Wie ist vorzugehen, um solche Überraschungen zu vermeiden? Die folgenden Ausführungen zeigen praktische Möglichkeiten auf und beschreiben die Grundsätze des Beweisverfahrens.
Wie ist die Ausgangslage zu umschreiben?
Massgebend ist die Rechtsgrundlage. Wenn eine Partei ihre Ansprüche aus einem Vertrag ableitet, dann muss ein Vertrag vorliegen, der rechtsgültig zustande gekommen ist. Wird ein Vertrag nicht eingehalten, liegt eine Vertragsverletzung vor. In diesem Fall muss dem Recht zum Durchbruch verholfen werden. Der Alltag in der Vertragswelt ist aber nicht immer so eindeutig. Es bestehen offene Fragen im Zusammenhang mit den vertraglichen Pflichten. Oder es liegt eine Situation vor, bei welcher eine Vertragsverletzung zwar objektiv vorliegt, diese aber keiner Partei angelastet werden kann. Noch kniffliger wird die Angelegenheit, wenn beide Parteien einen Teil der Verantwortung an der Vertragsverletzung tragen. Die Erfahrung zeigt, dass der Ausgang eines solchen Streits oft ungewiss ist und dass nicht immer diejenige Partei obsiegt, bei der auf den ersten Blick eigentlich alles als «rechtlich klar» erscheint.
Wie kann aus einem sicher geglaubten Sieg noch eine Niederlage im Streitverfahren entstehen?
Vorab ist zu beachten, dass die allermeisten Verträge im Alltag keiner Formvorschrift unterliegen. Es gibt wenige gesetzlich vorgeschriebene Ausnahmen, bei denen ausdrücklich Schriftlichkeit verlangt wird (zum Beispiel Kaufvertrag für Liegenschaften, Ehe- und Erbvertrag). Weil der Inhalt eines mündlich abgeschlossenen Vertrags im Streitfall nicht bewiesen werden kann, wählen die Parteien im Rechtsalltag die Schriftform. Dieser Schritt allein genügt aber nicht in allen Fällen. Vielmehr muss das Vertragsdokument inhaltlich die Rechte und Pflichten der Parteien vollständig erfassen, rechtlich klar und präzise abgefasst sein und auf offene Formulierungen verzichten.
Die Parteien vernachlässigen jedoch oftmals die Beilagen zum Vertrag. Diese Dokumente leisten einen wichtigen Beitrag, um die Vertragsbestimmungen näher zu umschreiben oder die vereinbarten Leistungen konkreter zu spezifizieren.
Vertragliche Anpassungen sind schriftlich in Nachträgen zum Vertrag festzuhalten. Häufig werden vertragliche Anpassungen im Rahmen von Projektleitungssitzungen beschlossen, die zwischen den Vertragsparteien stattfinden. Es ist darauf zu achten, dass die Protokolle vollständig sind und von den Parteien akzeptiert werden. Damit die Dokumente mit Beweischarakter bewirtschaftet werden können, ist ein effizientes Ablage- und Archivierungssystem zu betreiben.
Welche Beweisregeln gilt es zu beachten?
Als Beweisregel gilt der Grundsatz, wonach jemand seinen Anspruch beweisen muss; er trägt somit die Beweislast. Unter dieser Prämisse kann eine Situation eintreten, die gegen das Rechtsempfinden verstossen und dem Gerechtigkeitssinn widersprechen kann. Eine Partei vertritt die Auffassung, dass ihr ein rechtmässiger Anspruch auf eine bestimmte Leistung zusteht, es gelingt ihr aber nicht, diesen zu beweisen.
Was bedeutet dies im Rechtsalltag?
Wenn eine Partei ihren geltend gemachten Anspruch aus einer Vertragsverletzung nicht beweisen kann, dann muss sie die rechtlichen Folgen tragen. Seine Durchsetzung kann dann sehr anspruchsvoll oder sogar unmöglich werden. Die Parteien können allenfalls einen Vergleich suchen, wenn beide Seiten an einer ausgewogenen Lösung interessiert sind, weil die rechtlichen Verhältnisse beispielsweise mit Blick auf die Beweislage für beide Parteien unklar sind. Im Streitfall wird ein Gericht jedoch zuungunsten derjenigen Partei entscheiden, welche die Beweislast für die Geltendmachung ihres Rechtsanspruchs trägt und den Beweis nicht erbringen kann.
Wie ist vorzugehen, um die eigene Position zu stärken?
Dokumente, Vertragsurkunden, E-Mail-Nachrichten usw. können als taugliche Beweismittel bezeichnet werden, um in einem Streitverfahren einen Rechtsanspruch zu beweisen. Der Beweiswert dieser Urkunden hängt insbesondere auch davon ab, ob diese klar formuliert sind, sämtliche Tatsachen erfassen und von den Parteien anerkannt werden. In einem Streitverfahren können auch weitere Beweismittel verwendet werden, um die geltend gemachten Ansprüche zu beweisen. Zu erwähnen sind neben der Urkunde Gutachten von Experten oder die Auskunft von behördlichen Amtsstellen. Unter bestimmten Voraussetzungen können Zeugen oder Auskunftspersonen als Beweismittel infrage kommen.
Welche Massnahmen bieten sich an, um ein Streitverfahren zu verhindern?
Die Parteien können sich auf ein Vorgehen einigen, das durch frühzeitige Interventionen im Sinne eines Frühwarnsystems das Eintreten von Vertragsverletzungen nach Möglichkeit verhindert. In der Praxis bewährt sich ein standardisiertes Controlling im Rahmen der Vertragserfüllung. Die vertraglichen Leistungen sind periodisch zu überprüfen. Es gilt, die Prüf- und Abnahmekriterien festzulegen und die Ergebnisse schriftlich festzuhalten. Die Parteien können auch Interventionsmöglichkeiten vereinbaren, wenn sich drohende Vertragsverletzungen abzeichnen. Jede Partei bleibt dafür verantwortlich, dass sie ihre Ansprüche im Streitfall mit geeigneten Mitteln beweisen kann.
Daher sind die Parteien gut beraten, der Beschaffung und Sicherstellung der Beweismittel die gebührende Beachtung zu schenken und bei der Festlegung ihrer Rechte stets auch an die Durchsetzung der daraus abgeleiteten Ansprüche zu denken. Jeder Schritt im Zusammenhang mit der materiellen Vertragserfüllung wird mit der Sicherstellung der geeigneten Beweismittel begleitet, die als eigentliche Rückfallposition für den Streitfall zu betrachten sind. Sie verhelfen den Parteien nicht nur zur erfolgreichen Durchsetzung ihrer Ansprüche, sondern tragen auch dazu bei, dass die Parteien im Streitverfahren nicht erfahren müssen, dass Recht haben und Recht bekommen nicht dasselbe bedeuten.
«Wenn eine Partei ihren geltend gemachten Anspruch aus einer Vertragsverletzung nicht beweisen kann, dann muss sie die rechtlichen Folgen tragen. Daher wird empfohlen, schriftliche Verträge aufzusetzen, schriftliche Beweisstücke wie E-Mails und Urkunden zu sammeln und die vertraglichen Leistungen periodisch zu überprüfen, um ein allfälliges Nicht-Einhalten frühzeitig festzustellen.»
Knigge für die digitale Kollaboration
März 2022
Patrick Bischof, MAS Business Information Management FH
Die Kommunikation mit digitalen Tools bietet viele Chancen, ist aber auch herausfordernd. Ein digitaler Knigge kann die Kollaboration effizienter machen.
Die Digitalisierung bringt eine unermessliche Anzahl neuer Tools mit, welche die Kollaboration innerhalb einer Organisation fördern sollen, aber auch einen positiven Effekt auf die Produktivität der Belegschaft haben. Diese Tools wie MS Teams, Slack, SharePoint etc. sind technisch mehr oder weniger ausgereifte Programme. Bei nicht sachgemässer und auf die Organisation angepasster Anwendung kann der Nutzen jedoch überschaubar sein.
Herausforderungen der digitalen Kollaboration
Der Einsatz digitaler Kollaboration, wie zum Beispiel Online-Sitzungen, stellen zunehmend Herausforderungen an die Mitarbeitenden, da einerseits der Umgang damit gelernt sein will, andererseits aber auch ein gemeinsames Verständnis fehlt, welche Verbindlichkeiten damit einhergehen und seitens der anderen Projektmitarbeitenden erwartet werden. So bringen beispielsweise Kollaborationslösungen wie SharePoint immer wieder Unklarheiten betreffend Dokumentenmanagement mit sich: Ausgetauschte Dokumente werden nicht im Dokumentenmanagement eingecheckt oder nicht ausreichend klassifiziert und verknüpft. Manchmal werden sie aber auch auf unterschiedlichen Plattformen verwaltet, was zwangsläufig dazu führt, dass nicht allen Projektmitarbeitenden der gleiche Versionsstand von Dokumenten zur Verfügung steht. Die Gefahr von Datenverlust oder sogar Dateninkonsistenz ist dabei nicht zu unterschätzen. Die Erfahrung zeigt insbesondere, dass es zu Beginn eines Projektes oder einer anderen Zusammenarbeit lange dauert, bis bei allen Beteiligten die Tools einwandfrei funktionieren und ein routinierter Umgang damit stattfinden kann.
Eine weitere Praxiserfahrung bei der Nutzung solcher Tools ist, dass oftmals Mitarbeitende ein unterschiedliches Verständnis zum Einsatz der Tools haben und sich fragen, wann sie welches Tool nutzen sollen und wie sie es brauchen. So versteht jemand aus Abteilung A ausschliesslich E-Mail als verbindliches Kommunikationsmittel, betrachtet Chats in MS Teams als unverbindliche Unterhaltung in einem Chat und weist infolgedessen eine geringe oder keine Verbindlichkeit zu. Andere Mitarbeitende aus Abteilung B verstehen jedoch beide Kommunikationsmittel als gleichwertig und verlangen auch in MS Teams eine verbindliche Antwort innert einer nützlichen Frist.
Möglicher Lösungsansatz
Die Entwicklung und Einführung eines digitalen Knigges ist ein möglicher und praxiserprobter Lösungsansatz. Damit kann eine Grundlage für die einheitliche Anwendung und ein gemeinsames Verständnis zur Erzielung von Verbindlichkeiten in der digitalen Kollaboration geschaffen werden.
Ein bewährtes Vorgehen zur Erarbeitung des digitalen Knigges ist die Einbindung der relevanten Anspruchsgruppen wie Mitarbeitender, Führungskräfte, Vertreter der Geschäftsleitung, Chief Digital Officer, IT-Vertreter, bei Bedarf Datenschutzverantwortlicher. Dies kann beispielsweise durch Online-Umfragen und/oder Workshops geschehen. Dabei sollen beispielsweise folgende grundlegende Fragen gemeinsam erörtert und beantwortet werden, sodass auf deren Basis der digitale Knigge erstellt werden kann.
Auf dieser Basis können Kollaborations-Tools nicht nur helfen, Projekte oder betriebliche Angelegenheiten effizienter durchzuführen, sondern entfalten eine positive Auswirkung auf die Art des Umgangs der Mitarbeitenden untereinander: Man sieht sich etwa in Online-Konferenzen oder man ergänzt sich in gemeinsamer Arbeit an einem Dokument oder an einer Präsentation. Mit dem Einbezug von Kunden und/oder Lieferanten lassen sich des Weiteren organisationsübergreifende Beziehungen vertiefen.
«Digitale Kollaboration, wie Online-Meetings oder Telefongespräche, sind ressourcenschonend, sparen Zeit und oftmals auch Kosten. Ein digitaler Knigge verhindert Missverständnisse bei der Zusammenarbeit und schafft dadurch eine Grundlage für eine verbindliche und angenehme digitale Zusammenarbeit.»
Nur mit einer digitalen Kultur kann die digitale Transformation gelingen
März 2022
Pascal Inauen, M.A. HSG Business Innovation
Die digitale Transformation führt dazu, dass Mitarbeitende beginnen müssen, anders zu denken, anders zu handeln und anders miteinander zu arbeiten. Dies zwingt Unternehmen dazu, sich mit der eigenen Kultur auseinanderzusetzen. Denn ohne die Unterstützung der Mitarbeitenden ist jeder Wandel zum Scheitern verurteilt.
Organisationen bewegen sich durch disruptive Veränderungen im Zuge der Digitalisierung zunehmend in einem komplexen und dynamischen Umfeld. Um trotzdem nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erzielen und am Markt bestehen zu können, müssen die Digitalisierung und die damit verbundene digitale Transformation zwingend strategisch und systematisch angegangen werden. Doch was beutet digitale Transformation eigentlich?
Die digitale Transformation stellt einen zielgerichteten Veränderungsprozess dar, welcher im Rahmen der Digitalisierung durch neue Technologien in allen Unternehmensbereichen (Strategie, Kultur, Geschäftsmodell etc.) und dessen Umwelt (Lieferanten, Kunden etc.) ermöglicht wird und ein neues Bewusstsein in der Organisation hervorruft.
Genau dieses neue Bewusstsein, oder anders ausgedrückt dieser digitale Kulturwandel, stellt für viele Unternehmen eine grosse Herausforderung dar. Der Grund dafür liegt darin, dass viele Unternehmen im Zuge der digitalen Transformation zwar nach Innovation und Veränderung durch intelligente Technologien und Daten streben. Jedoch wird schnell klar: Der digitale Wandel ist kein rein technischer, sondern ein kultureller Wandel im Unternehmen. Ein Unternehmen sollte sich entsprechend nicht nur auf die Technologie, sondern insbesondere auf den Menschen konzentrieren.
Zentrale Merkmale einer digitalen Kultur
Je stärker die digitale Kultur im Unternehmen verankert ist, desto eher gelingt die Digitalisierung. Die zentralen Merkmale einer solchen digitalen Kultur sind: Kundenorientierung, digitale Technologien und digitalisierte Prozesse, Entrepreneurship, Agilität, Digital Leadership, Kollaboration, Lernen und Innovation. Hinzu kommen Offenheit, Lernbereitschaft, Veränderungsfreude und Diversity im ganzen Unternehmen.
Digitalisierung strategisch angehen
Es ist zwingend erforderlich, dass die digitale Strategie und digitale Kultur zusammen gedacht und umgesetzt werden. Die Beachtung von folgenden Grundsätzen ist dabei zu empfehlen:
1. Erkennen Sie die Notwendigkeit: Ihr Unternehmen wird sich im Zuge der Digitalisierung in Zukunft massgeblich verändern. Diese Erkenntnis sollte nun damit verbunden sein, dass Sie die Notwendigkeit zur Erstellung einer Digitalisierungsstrategie erkannt haben.
2. Schaffen Sie ein einheitliches Verständnis: Nach wie vor besteht in vielen Organisationen kein einheitliches Verständnis von der Digitalisierung und der digitalen Transformation. Schaffen Sie ein einheitliches Grundverständnis von der Digitalisierung und zeigen Sie insbesondere die entstehenden Chancen für Ihr Unternehmen auf. Es ist zentral, dass Sie möglichst früh die Ängste der Mitarbeitenden nehmen können – der bevorstehende Kulturwandel betrifft sie alle.
3. Erklären Sie die Digitalisierung zur Chefsache und beziehen Sie die Mitarbeitenden früh in den Prozess mit ein: Die digitale Transformation betrifft nicht nur die IT, sondern das gesamte Unternehmen mit den Prozessen, der Organisation, der Wertschöpfung sowie den Kunden. Die Digitalisierung wird früher oder später, ob Sie wollen oder nicht, Ihre Organisation grundlegend verändern. Aus diesem Grund ist zu empfehlen, die digitale Transformation zur Chefsache zu erklären. Erstellen Sie eine Digitalisierungsstrategie mit Beteiligung Ihrer Mitarbeitenden.
4. Warten Sie nicht ab: Handeln Sie, bevor Sie dazu gezwungen werden! Warten Sie nicht ab, sondern investieren Sie jetzt in Ihre Digitalisierung und digitale Transformation – bevor es die finanzielle Lage nicht mehr zulässt oder Sie beispielsweise durch den Gesetzgeber dazu gezwungen werden.
5. Stellen Sie die Kundinnen und Kunden ins Zentrum: Die Kundinnen und Kunden sind die Königinnen und Könige – achten Sie also auf deren Bedürfnisse. Auch wenn technisch viel möglich wäre, sollte stets ein Mehrwert daraus resultieren. Setzen Sie also nichts um und investieren Ihre Mittel nicht in Lösungen, die bei Ihnen sowie dem Kunden keinen Mehrwert schaffen.
6. Fördern Sie Ihre Mitarbeitenden: Beziehen Sie die Mitarbeitenden mit ein und orientieren Sie sich an ihren Wünschen und Bedürfnissen. Dies schafft nicht nur eine gemeinsame Identifikation, sondern steigert auch Ihren Wert auf dem Arbeitgebermarkt. Zudem werden Sie erstaunt sein, welche Potenziale und Ideen in Ihren Mitarbeitenden schlummern.
7. Schaffen Sie eine Kultur des Vertrauens: Dazu gehört einerseits, dass Fehler toleriert werden, um daraus zu lernen. Andererseits sind die Ängste der Mitarbeitenden zwingend ernst zu nehmen. Am besten eignet sich dazu die Etablierung einer unternehmensweiten und offenen Feedbackkultur.
8. Kommunizieren Sie klar und offen mit Ihren Mitarbeitenden: Die Kommunikation stellt einen zentrale Erfolgsfaktor in der Umsetzung der digitalen Transformation und Etablierung einer digitalen Kultur dar. Kommunizieren Sie daher so oft wie möglich mit unterschiedlichen Kommunikationsinstrumenten (Intranet, Flyer, Podiumsdiskussionen etc.).
9. Bleiben Sie dran: Die digitale Transformation stellt einen kontinuierlichen Prozess dar. Der damit verbundene Wandel kann nicht von heute auf morgen gelingen – es braucht Zeit. Doch nutzen Sie diese Zeit, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und dazuzulernen. Unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze setzen Sie sich optimal mit dem Kulturwandel auseinander und ermöglichen dadurch die erforderliche digitale Kultur in Ihrem Unternehmen. Den Grundstein für das Gelingen der digitalen Transformation Ihres Unternehmens haben Sie damit gelegt. Setzen Sie dies nun in die Tat um.
«Infolge der digitalen Transformation muss sich ein Unternehmen zwingend mit dem damit verbundenen Kulturwandel auseinandersetzen. Unter Berücksichtigung von einigen Grundsätzen und der Schaffung einer digitalen Kultur kann der Grundstein für eine erfolgreiche digitale Transformation im Unternehmen gelegt werden.»
Glaubwürdige Strategien
März 2022
Maurus Fässler, M.A. HSG Banking and Finance
Eine Krise ist nicht selten eine der wenigen Chancen, um radikalere Veränderungen herbeizuführen. Doch nicht nur eine Krise vermag grössere Veränderungen auszulösen. Auch Strategien und deren Umsetzung können Berge versetzen, sofern sie glaubwürdig sind und konsequent verfolgt werden.
Jede Krise, sei sie eigen- oder fremdverschuldet ausgelöst, senkt bei Menschen die Hemmschwelle Gewohnheiten abzulegen und erhöht gleichzeitig die Offenheit für Neues. Fehlt diese Krise, erschwert dies den Veränderungsprozess, auch wenn allen Beteiligten die Notwendigkeit einer Veränderung klar ist. Beispielsweise kann an dieser Stelle die ausstehende Reform der Altersvorsorge hervorgehoben werden. Trotz der ungerechten und nicht nachhaltigen Umverteilung der Vorsorgegelder, ist es den Politikerinnen und Politikern nicht möglich, eine Veränderung herbeizuführen, da nicht unmittelbar eine finanzielle Krise bevorsteht.
Das Beispiel der Altersvorsorge illustriert, dass eine Veränderung aus der Komfortzone weit mehr Überzeugungskraft benötigt, als wenn ein Notstand unmittelbare Handlungen verlangt. Eine Strategie kann als Argumentationsgrundlage einen wichtigen Beitrag leisten. Dazu muss diese aber einfach aufgebaut, fassbar und glaubwürdig sein.
Elemente einer Strategie
Mit der Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre können unter einer Strategie in der Zwischenzeit unterschiedliche Definitionen und Inhalte verstanden werden. Im vorliegenden Artikel wird von der einfachen Definition des Dudens ausgegangen:
«Genauer Plan des eigenen Vorgehens, der dazu dient, ein […] wirtschaftliches oder ähnliches Ziel zu erreichen, und in den man diejenigen Faktoren, die in die eigene Aktion hineinspielen könnten, von vornherein einzukalkulieren versucht».
Eine Strategie kann in einem Strategiedokument verschriftlicht werden, beinhaltet aber zumindest die folgenden Elemente:
Vision, Prinzipien/Leitsätze, Strategische Ziele, Strategische Stossrichtungen, Roadmap/ Projektprogrammplanung (siehe PDF).
Fehlt eines dieser Elemente, wird der Weg von der Ausgangslage hin zu der Vision weniger nachvollziehbar. Die Erfahrung in Strategieprozessen zeigt leider, dass oft dem letzten Auflistungspunkt zu wenig Beachtung geschenkt wird. Es werden häufig nachvollziehbare Prioritäten mit der Vision, wenigen Prinzipien, Zielen und Stossrichtungen gesetzt, doch eine erste Projekt- oder Massnahmenplanung wird vernachlässigt.
Orientierung und Legitimationsgrundlage
Strategien mit den aufgezeigten Elementen skizzieren einen Weg in die Zukunft, der zu Veränderungen führt. Strategien geben mit den drei Elementen Vision, Prinzipien und Zielen eine Orientierung für den Zweck des Schaffens. Je kürzer, einfacher und nachvollziehbarer die zugehörigen Botschaften und Bilder sind, desto eher erhalten sie Einzug im Arbeitsalltag. Höchst bekannt ist unter anderem Googles Motto «Don’t be evil».
Neben einer widerspruchsfreien Orientierungshilfe ist bei der Ausgestaltung der einzelnen Elemente darauf zu achten, dass die Folgen der Strategieumsetzung hervorgehoben werden. So muss den betroffenen Mitarbeitenden klar sein, was die Umsetzung für sie konkret bedeutet. Beispielsweise fordert die Digitalisierung immer mehr eine Veränderung der eigenen Rolle, da Prozesse nicht mehr vom Menschen, sondern von der Maschine erledigt werden. Auch unliebsame Botschaften wie Einsparungen, Entlassungen oder weitere Massnahmen gilt es transparent aufzuzeigen. Auf diese Weise dient eine Strategie auch als Legitimationsgrundlage für Veränderungen und kann so ein Bild einer Krisensituation schaffen.
Fassbarkeit und Konsequenz
Die Fassbarkeit ist wohl eines der schwierigsten messbaren Eigenschaften einer Strategie. Nicht selten werden Strategien als Ergebnisse aus einem Elfenbeinturm mit wenig Realitätsbezug angesehen. Dabei ist für viele Mitarbeitende eine Strategie mit Bodenhaftung von grosser Bedeutung. Strategische Ziele sollen schliesslich erreichbar sein und mit konkreten Massnahmen oder Projekten erreicht werden. Es empfiehlt sich hierbei, nach der Visionsgestaltung und Prioritätensetzung Mitarbeitende bei Möglichkeit aus den betroffenen Veränderungsbereichen im Strategieprozess einzubinden. Dadurch können sowohl das Commitment erhöht, aber auch Umsetzungsrisiken reduziert werden.
Schliesslich wird eine Strategie nur glaubwürdig, wenn deren Umsetzung konkret gelebt und regelmässig weiterentwickelt wird. Führungskräften kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Sie können durch das Leben und Durchsetzen von Prinzipien die in der Strategie zugrunde liegenden Werte im Unternehmen unabhängig von den einzelnen Massnahmen fördern. Dabei ist auch ein regelmässiger, ehrlicher Austausch über die Inhalte der Strategie und die Auflösung von allfälligen Widersprüchen entscheidend für die Erhaltung der Glaubwürdigkeit
«Glaubwürdige Strategien bieten Führungskräften und Mitarbeitenden eine Orientierung. Eine nachvollziehbare Vision setzt den Zweck des Unternehmens und damit der Arbeit selbst ins Zentrum. Diese Sinnhaftigkeit des alltäglichen Schaffens der Mitarbeitenden entfacht Energie. Doch die beste Strategie auf dem Papier ist nicht viel wert, wenn die Inhalte nicht gelebt und regelmässig kommuniziert werden. Damit Inhalte auch an der Mitarbeiterbasis ankommen, braucht es eine Gestaltungsform, die leicht verständlich ist und positive Emotionen erzeugt.»
Die Chance der grünen Wiese
März 2022
Marco Solenthaler, M.Sc. FHO Wirtschaftsinformatik
Heute sind oftmals Digitalisierungsprojekte in der öffentlichen Verwaltung technologiegetrieben, obwohl Nutzen und Bedürfnisse der Menschen stärker im Zentrum des Handels und folglich im Vordergrund solcher Vorhaben stehen könnten. Es lohnt sich, Prozesse von der «grünen Wiese» aus zu analysieren.
Im vorliegenden Artikel werden einige bei Digitalisierungsprojekten in der öffentlichen Verwaltung zu berücksichtigende Faktoren – unterteilt nach einer externen und internen Sicht – aufgezeigt. Dabei treffen zwei Akteursgruppen mit unterschiedlichen Interessen und Erwartungshaltungen aufeinander: Auf Seiten der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen (externe Sicht) stehen unter anderem Bedienerfreundlichkeit und Einfachheit im Zentrum, während auf Verwaltungsseite (interne Sicht) die Verwaltungslogik und somit die strukturierte Unterstützung für die auszuführenden Arbeiten durch die Informationstechnik entscheidend ist.
Externe Sicht
Die externe Sicht der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen – als Endkunden von Verwaltungsleistungen – muss im Sinne einer höheren Serviceorientierung stärker in das Zentrum des Handelns gerückt werden. Dies bedeutet, dass die aktuellen Bedürfnisse und der potenzielle Mehrwert der unterschiedlichen Stakeholder verstanden werden müssen, um die Akzeptanz für digitale Prozesse und damit verbunden eine positivere Wahrnehmung derer zu erzielen. Dabei bedarf es einer initialen Klärung, welche Erwartungshaltung die Endkundinnen und -kunden überhaupt haben. Dies können unter anderem Zeitgewinn im Sinne von weniger Aufwand, zeitliche Unabhängigkeit in Form von jederzeit verfügbaren und nutzbaren Services, Einfachheit und erhöhte Bedienerfreundlichkeit hinsichtlich Nutzung von Anwendungen sein.
Geht man gar einen Schritt weiter, werden die Endkundinnen und Endkunden nicht nur besser abgeholt, sondern gleich in das Vorhaben eingebunden. Sprich, wo ein direkter Bezug zur Kundschaft besteht, könnten auch deren Erwartungshaltung und Bedürfnisse früher abgeholt werden. Optimalerweise werden auch zukünftige Bedürfnisse und ändernde Erwartungshaltungen regelmässig miteinbezogen. Frühzeitige und schnelle Feedbacks können beispielsweise mit Prototypen und iterativen Feedbackschleifen eingeholt werden. So können eine höhere Akzeptanz und ein erhöhter Nutzen bei gleichzeitig tieferen Kosten erreicht werden. Das Einholen von kontinuierlichen Feedbacks kann auch ausserhalb von Softwareprojekten angewandt werden.
Bei der Serviceorientierung spielt auch die End-to-End-Betrachtung von Use Cases (Geschäftsfällen) eine wesentliche Rolle. Use Cases könnten über die gesamte Prozessabwicklung hinweg analysiert und Lösungen somit vom Auslöser bis zum Resultat (zum Beispiel eine Verfügung) erarbeitet werden. Der direkte Kontakt zwischen Bürgerinnen und Bürgern/ Unternehmen und der Verwaltung kann reduziert, bestenfalls gar auf den Auslöser/Trigger (Startpunkt) und das Resultat (Endergebnis) minimiert werden.
Interne Sicht
Die Klärung der Erwartungshaltung und des Mehrwerts ist auch intern – aus Sicht der Verwaltungsangestellten – entscheidend. Trotz wandelnder Berufswelt und ändernder Tätigkeiten wird der Personalentwicklung teils nur periphere Beachtung geschenkt.
Generell werden repetitive Tätigkeiten sowie Schalter-Dienstleistungen zwar zurückgehen, womöglich aber aufgrund der Service-Public-Vorgaben nie komplett durch elektronische Dienstleistungen substituiert werden können.
Diesbezüglich bestehen unterschiedliche Ansatzpunkte, um Bürgerinnen und Bürger von den elektronischen Dienstleistungen zu überzeugen. So kann die digitale Dienstleistung (zum Beispiel die Bestellung einer Meldebescheinigung) günstiger und attraktiver gemacht werden oder aber das herkömmliche Angebot wird erschwert. So können beispielsweise Gesuche End-to-End digital erfasst, eingereicht, bearbeitet und Verfügungen elektronisch ausgestellt werden. Parallel dazu wird die analoge Gesuchstellung wie folgt angeboten: Die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller müssen zum Beispiel in der Gemeindekanzlei physisch vorbeigehen und die Angaben für ein Gesuch selbstständig manuell vor Ort eintippen. Damit werden Verwaltungsangestellte von der herkömmlichen Datenerfassung entlastet, was einer Auslagerung der manuellen Tätigkeit nahekommt. Als positiver Nebeneffekt kann die Gemeinde einen Vor-Ort-Support bieten. Damit wird der physische Weg zwar weiterhin gewährleistet, die Erfassung wird aber umständlicher resp. zeitaufwändiger. Ziel soll es damit sein, dass der Anteil auf dem physischen Weg aufgrund des grösseren Aufwandes kontinuierlich abnimmt. Dies führt bei den Endkundinnen und Endkunden zwingend zu einer verstärkten Nutzung digitaler Leistungen und zum Aufbrechen von Gewohnheiten. Je mehr Endkundinnen und Endkunden digitale Angebote nutzen, desto spannender und lukrativer wird es für öffentliche Verwaltungen und deren IT-Dienstleister, die Digitalisierung voranzutreiben und elektronische Services anzubieten.
Tätigkeitsverschiebungen betrachten
Nebst der bedeutendsten Betrachtungsweise – der prozessualen Sicht – sollte auch die organisatorische und personelle Sicht berücksichtigt werden. Insbesondere aufgrund von wegfallenden wiederkehrenden und manuellen Aufgaben finden Tätigkeitsverschiebungen statt: Es werden immer weniger Sachbearbeitende, dafür umso mehr Angestellte in den Bereichen Change-, Prozess- und Projektmanagement beansprucht. Die Entwicklung der Organisation (Rollen und Funktionen) sowie Zuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen (AKV) muss kritisch reflektiert und allenfalls neu gedacht werden. Austretende Angestellte sollten nicht automatisch «eins zu eins» ersetzt werden. Es sollte vielmehr ein Soll-Ist-Vergleich von Rollen und Tätigkeitsgebieten angestrebt werden. Zudem bedarf es aufgrund der wandelnden Berufswelt zusätzlicher Unterstützung in Personalentwicklungsmassnahmen im Rahmen von Aus- und Weiterbildungen.
Denkbar ist auch, dass in kantonalen Verwaltungen oder in grösseren Gemeindeverwaltungen neue Rollen wie die der Chief Digital Officers, Digital Engineers oder Data Scientists geschaffen werden. Dies setzt voraus, dass im Vorfeld der Nutzen solcher erkannt und die AKV definiert und beschrieben werden. Es ist erkennbar, dass heute tendenziell eher Rollen ausgeschrieben werden, die in einem Teilgebiet eine grosse Expertise aufweisen, jedoch fehlt diesen Fachkräften vielfach der übergreifende, horizontale Blick über die Verwaltung sowie das Know-how und die Erfahrung im Projektmanagement.
«Bei Digitalisierungsprojekten in der öffentlichen Verwaltung empfiehlt es sich, Prozesse End-to-End durchzudenken und die Ist-Situation ergebnisoffen und kritisch zu hinterfragen. Dabei sollten der Nutzen und die Bedürfnisse der Stakeholder in den Fokus rücken.»
Datenschutz versus Lehrauftrag
März 2022
Luca Rechsteiner, M.Sc. FHO Business Administration
Mit der Umsetzung des Lehrplans 21 rücken die Kompetenzen im Bereich Medien und Informatik in den Fokus der Deutschschweizer Schulen. Der Unterricht wird mithilfe von digitalen Lehrmitteln und anderen Anwendungen ergänzt und weiterentwickelt. Diese Entwicklung hat die Diskussion um den Datenschutz bei Schülerinnen und Schülern intensiviert – gar verschärft. Es stellt sich die Frage: Steht Datenschutz im Schulbereich über allem?
Die Einführung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) hat den Schutz der Betroffenen deutlich erhöht. Gleichzeitig haben die Bürgerinnen und Bürger umfassende Rechte wie Berichtigung, Ergänzung und Löschung ihrer Daten erhalten, die sie jederzeit ausüben können. Die EU-DSGVO hat zudem den besonderen Schutz der Daten von Kindern eingeführt, da Kinder sich der betreffenden Risiken, Folgen und Garantien sowie ihrer Rechte bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten möglicherweise nicht bewusst sind. In der Schweiz wurde das Datenschutzgesetz total revidiert. Im Zuge der Revision des Datenschutz- und Datensicherheitsrechts des Bundes sind auch die kantonalen Gesetze und Verordnungen an die Vorgaben der EU-DSGVO anzupassen. Mit dem neuen Datenschutzrecht im Bund und in den Kantonen erreicht die Schweiz eine Angleichung an die EU-DSGVO und kann so auch weiterhin als Land mit «gleichwertigem Schutzniveau» anerkannt werden.
Lern- und Lehrmöglichkeiten dank digitaler Hilfsmittel
Im Zuge der Digitalisierung haben auch Anbieter von Unterrichtsmaterialen und Lehrbüchern erkannt, dass Wissen auch digital vermittelt werden kann und soll. Allein im App-Store von Apple gibt es tausende Lernapplikationen, die im Unterricht eingesetzt werden können. Auch grosse Lehrmittelverlage haben sich mit der Digitalisierung auseinandergesetzt und bieten eigene Online-Lösungen an. Ob in einer App oder im Browser – in der Regel werden dabei Daten verarbeitet und gesammelt, die im Bezug zu den Schülerinnen und Schülern stehen. Wie jedoch einleitend erwähnt, bedürfen die Daten von Kindern eines besonderen Schutzes. Daher stehen viele Schulen vor dem Zielkonflikt, möglichst viele Lernmöglichkeiten anbieten zu können und gleichzeitig den Datenschutz einzuhalten. Natürlich ist der Datenschutz bei Kindern auch ausserhalb der Schule wichtig. Entsprechend haben die Eltern auch eine besondere Verantwortung – gerade wenn es um die Nutzung von Social Media geht. Aber in der Schule werden mitunter besonders schützenswerte Daten verarbeitet, weshalb dieser Bereich als besonders sensibel betrachtet werden muss.
Datenübermittlung in die USA vermeiden
Mit dem Schrems-II-Urteil, das im Jahr 2020 vom Europäischen Gerichtshof gefällt wurde, hat sich der Zielkonflikt, dass möglichst viele Lernmöglichkeiten angeboten werden und gleichzeitig der Datenschutz eingehalten wird, weiter verschärft. Der Name des Urteils stammt von Maximilian Schrems, der gegen Facebook klagte und Recht bekam. Mit diesem Urteil wurde der EU-US-Privacy-Shield-Beschluss für ungültig erklärt, was bedeutet, dass der Datenübermittlung in Drittstaaten die Rechtsgrundlage entzogen wurde. Somit kann eine Datenübermittlung in die USA nicht mehr auf mit dem Privacy-Shield und dessen Standardvertragsklauseln legitimiert werden. Seit diesem Urteil wird im europäischen Raum davon abgeraten, Dienste zu nutzen, die Personendaten in die USA übermitteln. Stattdessen sollen europäische Substitutionslösungen genutzt werden, die den Datenschutzansprüchen ausreichend Rechnung tragen.
Was, wenn es keine Alternative gibt?
Was aber sollen die Schulen tun, wenn es keine valable Ersatzlösung für eine US-Anwendung gibt? Als Beispiel kann Microsoft Teams genannt werden. Teams wird in vielen Schulen eingesetzt, da es erlaubt, mit den Schülerinnen und Schülern zu kommunizieren, Daten auszutauschen und Hausaufgaben zu verteilen respektive einzufordern. Aktuell gibt es auf dem Markt keine vergleichbare Standard-Applikation, die im Lizenzmodell genutzt werden kann. Die Alternative wäre eine Eigenentwicklung, die aber mit immensen Kosten verbunden ist. Es bleibt daher MS Teams als einzige Lösung, die den gewünschten Nutzen liefert. Ein Datentransfer in die USA ist bei Teams zwar nicht zwingend, denn der Datenstandort kann grundsätzlich gewählt werden. Aber auch wenn die Daten in der Schweiz oder in einem Rechenzentrum in Europa gespeichert sind, ist Microsoft aufgrund des Cloud-Acts dazu verpflichtet, US-Behörden Zugriff auf die Daten zu gewähren.
Es lässt sich also festhalten, dass bei gewissen Lösungen die Datenübermittlung in die USA nicht vollumfänglich unterbunden werden kann. Somit stehen den Schulen nebst einer nicht realistischen Eigenentwicklung zwei Optionen zur Verfügung: keine Lernanwendungen mehr nutzen, die Daten in die USA übermitteln (müssen) oder die Risiken, die damit einhergehen, mit technischen und organisatorischen Massnahmen reduzieren. Wenn die Risiken vollständig beseitigt werden sollen, sind die Personendaten der Schülerinnen und Schüler zu anonymisieren oder pseudonymisieren.
«Die Fragestellung «Steht Datenschutz im Schulbereich über allem?» kann nicht generell beantwortet werden. Der Schutz der Daten der Kinder ist wichtig und muss gewährleistet sein. Die Einhaltung des Datenschutzes sollte aber auch mit Augenmass erfolgen. Deshalb empfiehlt es sich, eine Analyse durchzuführen, die cloud-spezifische Risiken adressiert.»
Kulturschwandel – Kulturwandel?!
März 2022
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH / SCM-Coach
Ein Kulturwandel ist ein Prozess, der alle Bereiche der Organisation und jeden einzelnen Mitarbeitenden betrifft. Ein Wandel, der aus der Notwendigkeit wächst und nicht top down gelebt wird, ist eher ein «Kulturschwandel».
Die Optimierung von Geschäftsprozessen, Strukturen und Zusammenarbeitsformen in Unternehmen sind ständige Herausforderung und Notwendigkeit zugleich. Die Erreichung der Produktivitätsziele und die stringente Prozessorientierung nehmen dabei ganz besondere Stellenwerte ein. Können diese Herausforderungen nicht unternehmensintern gelöst werden, so werden vielfach Beratungsunternehmen engagiert, die mit ihrer Erfahrung und externen Sicht zur Optimierung der unternehmenseigenen Herausforderungen beitragen sollen. Diese Beratungstätigkeit ist Teil des Kerngeschäfts einer Unternehmensberatung – auch der unsrigen. Müsste ich eine retrospektivische Erfolgsbeurteilung meiner Mandate bezüglich Umsetzungserfolg in den jeweiligen Unternehmen vornehmen, so könnte ich diese auf einen wesentlichen Erfolgsfaktor reduzieren – Unternehmenskultur.
Wahrnehmung zwischen Schwulst und Schwindel
Die Unternehmenskulturen sind in der Wahrnehmung der Beteiligten sehr unterschiedlich. Kritisch werden Unternehmenskulturen, wenn sie von Beteiligten als Schwulst bis hin zu Schwindel in der Form der gelebten Umsetzung wahrgenommen werden. Diese Form der wahrgenommenen Unternehmenskultur nenne ich «Kulturschwandel». Die Unternehmenskultur ist nebst der Fähigkeit zur Veränderung ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen in der Privatwirtschaft und Organisationen im öffentlichen Dienst geworden.
Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor
Jede Person in der Arbeitswelt kann ein Lied von Optimierungen, Produktivitätsmassnahmen und Change-Projekten singen, welche nur Teilerfolge erzielten. Treten solche Erfahrungen wiederholt auf, so stellen sich unweigerlich Enttäuschungen bis zu Frustrationen ein. Die Bereitschaft eines Teils der Mitarbeitenden, weitere ständig notwendige Optimierungen der Unternehmensprozesse mitzutragen, sinkt. Dies sind normale Verhaltensweisen, die in jeder Unternehmung in unterschiedlichem Ausmass feststellbar sind. In einem VUKA-Umfeld (Volatil, Unsicher, Komplex, Ambivalent), in dem sich alle Unternehmen der Privatwirtschaft und öffentlichen Hand mehrheitlich bewegen, steigen somit die Herausforderungen massiv. Nur wer neben Strukturen, Prozessen und Technologie auch die Haltung und Kultur der Zusammenarbeit im Unternehmen verändert, wird langfristig erfolgreich sein können.
Kulturschwandel statt Kulturwandel
An der eigenen Unternehmenskultur zu arbeiten sollte deshalb eine klare und ständige Notwendigkeit sein. Ein Kulturwandel ist ein Prozess, der alle Bereiche der Organisation und jeden einzelnen Mitarbeitenden betrifft. Die Optimierung von Prozessen, Strukturen, Verantwortlichkeiten verändert immer auch die Art und Weise der Zusammenarbeit. Auch wenn ein kleiner Teil der Mitarbeitenden Kulturwandel begeistert aufnimmt, ist meist ein grösserer Teil eher abwartend und vielfach zeigt es sich sogar, dass ein weiterer, kleiner Teil in den Widerstand geht. Werden in solchen Situationen Erfolgsfaktoren für erfolgreiche Kulturwandel gesucht, so kann dies in aller Kürze auf den Satz «Der Fisch schwimmt Kopf voran» oder im negativen Falle «Der Fisch stinkt vom Kopf» reduziert werden. Ein Kulturwandel, der einfach aus der Notwendigkeit erwächst und von ganz oben nicht gelebt wird, mündet vielfach in einen Kulturschwandel.
Wandel beginnt ganz oben
Werden in der Führungsebene von Organisationseinheiten offene oder verdeckte Kämpfe ausgefochten, kommt es weiter unten in der Organisation vielfach zu Stellvertreterkriegen: Mitarbeitende von dieser Organisationseinheit liegen sich mit Mitarbeitenden von jener Organisationseinheit in den Haaren. Manchmal sind dies bewusste, oftmals jedoch subtile Dynamiken. Nicht wahrgenommene Dynamiken können leicht in einem Kulturschwandel enden. Ein transparenter Kulturwandel bezieht die Arbeit der Beteiligten und die Menschen mit ein, idealerweise sind Einzelne, Teams und letztlich auch die gesamte Organisation in der Lage, dadurch mehr der in ihnen liegenden Potenziale zu entfalten. Dies gelingt vor allem auch dadurch, dass sie eine andere Beziehungskultur miteinander aufbauen. Und das kann und muss ganz oben beginnen. Die Geschäftsleitung sollte sich mit sich selbst beschäftigen und die möglichen «Schwandelthemen» offen und kritisch bearbeiten. Dies ist nicht immer angenehm, geschweige denn einfach. Dies bedingt von Führungspersonen, dass sie selbst bereit sind, diese Verantwortung bei sich selbst wahrzunehmen und Kulturwandel als Chance zum eigenen Wandel sehen.
Kulturwandel in ähnlicher Form, wie die Natur es vormacht
Die Natur zeigt uns, dass Kulturwandel das Erfolgsgeheimnis par excellence für das lebendige Gedeihen und Spriessen ist. Jeder Samenbildungsprozess kann nur gelingen, wenn die Pflanze bereit ist, alle andere, während der Vegetationszeit erstellte Blatt- und Blütensubstanz zu wandeln oder gar abzuwerfen. Dieser Verdichtungsprozess und somit die Konzentration aufs Wesentliche im Samen ermöglicht einer Pflanze in der nächsten Vegetationsperiode, sich neu den VUKA-Herausforderungen der Umgebung und des Klimas zu stellen – erfolgreich.
Soll ein Kulturwandel in ähnlicher Form wie dies die Natur erfolgreich vormacht, gelingen, so beginnt dies in der eigenen Haltung der Führungsperson. Die aktive Führungsbereitschaft, sich von eigenen Blättern und Blüten zu trennen, mögen diese noch so liebgewonnen sein, und alles auf einen Samen zu fokussieren, ist ein wichtiger Erfolgsgarant. Aus diesem eigenen Samen – ohne von vornhinein exakt zu wissen, was genau daraus erwachsen wird – spriesst der wesentliche Impuls eines Kulturwandels.
Es braucht ein Kulturwandel-Team
Erst nach diesem Impuls von Führungspersonen, die wissen, warum sie den Kulturwandel wollen, ist es Zeit, die Verantwortlichkeit in die Organisation zu geben. Zum einen benötigt dies dann die Kommunikation an die Mitarbeitenden und zum anderen die Bereitschaft, mit den Mitarbeitenden an sich selbst zu arbeiten. Erst jetzt verstehen alle Mitarbeitenden: «Aha – die Chefs wollen den Kulturwandel» – und dadurch ist dieser Wandel legitimiert. Nun braucht es ein Kulturwandel-Team. Das ist eine Gruppe von Menschen, die sich operativ darum kümmert, dass der Kulturwandel vorangetrieben wird. idealerweise ist dieses Team interdisziplinär und hierarchieübergreifend besetzt. Suchen Sie dazu Menschen mit Drive, die idealerweise auch gut im Unternehmen vernetzt sind. Diese Gruppe darf auf keinen Fall zu einem Team werden, für die sonst gerade keine Aufgaben vorhanden sind. Im Gegenteil: Machen Sie es wie die erfolgreiche Natur. Finden Sie Personen mit Energie, die wirklich Lust auf das Thema in sich tragen. idealerweise haben Sie Mitarbeitende aus verschiedenen wichtigen Geschäftsbereichen und falls möglich auch aus der obersten Führungsriege dabei.
Gerade diese Einbindung von Personen über alle Hierarchieebenen ist vielfach ein neuralgischer Punkt während eines Kulturwandel-Prozesses und einer der Momente, bei dem eine externe Begleitung hilfreich ist. Denn zum einen muss sich dieses Team gut und schnell untereinander einig werden, was es genau erreichen will. Zum anderen braucht es verschiedene «Vereinbarungen» zwischen dem Kulturwandel-Team und der Geschäftsleitung: Wie weit darf das Team ohne Nachfrage gehen? Wie wird zwischen diesen beiden Gruppen kommuniziert? Was sind die gegenseitigen Erwartungen?
Die Klärung solcher und weiterer Fragestellungen und daraus das gepflegte Spriessen des Samens unter kundiger Begleitung eines erfahrenen Gärtners sind eine Basis für einen erfolgreichen Kulturwandel. Daraus abgeleitet sind Prozessoptimierungen und Produktivitätssteigerungen auf einem fruchtbaren, lebendigen Boden erfolgsversprechender und nachhaltiger.
«Ein Wandel, der aus der Notwendigkeit wächst und nicht top down gelebt wird, ist eher ein Kulturschwandel.»
Selbstverwirklichung, Homeoffice, Entscheidungskompetenz
März 2022
Iwan Schnyder, Dr. sc. techn. ETH / MAS FHO BAE
Die Coronakrise hat den Stellenwert von Selbstverwirklichung, neuen Arbeitszeitmodellen und Sinnhaftigkeit weiter ausgebaut. Für Arbeitgeber gilt es nun, diese Veränderungen mit entsprechenden Massnahmen aufzugreifen, damit sie nicht zum Risiko für das Unternehmen werden.
Nicht erst seit der Coronakrise gewinnt die Selbstverwirklichung eines jeden an Bedeutung. Corona und die damit angeordneten Massnahmen, wie Lockdowns und Einschränkungen, haben diesen Trend zusammen mit einem gesteigerten Sicherheitsbedürfnis weiter verstärkt und zudem bewirkt, dass jeder vermehrt in erster Linie für sein eigenes Wohl und seine eigene Sicherheit besorgt ist – sowohl privat als auch geschäftlich. Die Auswirkungen dieses Kulturwandels sind denn auch vielschichtig.
Die Selbstverwirklichung wird immer wichtiger und findet immer mehr in der Freizeit und nicht mehr im Arbeitsleben statt. Damit verbunden nimmt die Work-Life-Balance einen immer höheren Stellenwert im Leben eines Einzelnen ein. Die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Freizeit wird immer wichtiger, wodurch die Nachfrage nach Teilzeitmodellen zunimmt.
Zugleich hat die Coronakrise gezeigt, dass Dank der Digitalisierung das Arbeiten im Homeoffice in den meisten Fällen problemlos umgesetzt werden kann – selbstverständlich in Abhängigkeit von der Art der Arbeiten und den privaten Verhältnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nach diesem erfolgreichen «Testlauf» fordern mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein, dauerhaft einem Prozentsatz ihrer Arbeit im Homeoffice nachgehen zu können.
Insbesondere dort, wo Fachkräfte fehlen, hat sich ausserdem der Rekrutierungsprozess dahin verschoben, dass gute potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich ihren Arbeitgeber aussuchen und so auch deutlich mehr Forderungen stellen können. Gleichzeitig hat die Bereitschaft, alles für ein Unternehmen zu leisten, zugunsten der eigenen Gesundheit und Familie abgenommen.
Risiken und Chancen für die Wirtschaft und Unternehmen
Es stellt sich somit die Frage, was die Auswirkungen dieses Wandels und somit die Chancen und Risiken auf die Wirtschaft sind. Es lassen sich die folgenden Risiken identifizieren: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer identifizieren sich immer weniger mit ihrer Arbeit und dem Arbeitgeber, die Hemmschwelle, den Arbeitgeber zu wechseln, wird niedriger. Daraus entsteht das Risiko des Verlusts von (guten) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einer hohen Mitarbeiterfluktuation, was immer mit hohen Kosten und allenfalls gar mit Imageschäden seitens des Arbeitgebers verbunden ist. Der Mangel an Fachkräften bewirkt nicht nur aufwändige und kostenintensive Rekrutierungsprozesse, sondern resultiert ebenso in gestiegenen Lohnforderungen der spezialisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder gar darin, dass offene Vakanzen über lange Zeit nicht mehr besetzt werden können.
Gleichzeitig bestehen jedoch grosse Chancen, die ein Arbeitgeber für sein Unternehmen nutzen kann. Gelingt es, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Selbstverwirklichung bei der Arbeit suchen und auch finden, entfaltet sich daraus ein riesiges Potenzial, das sonst in der Freizeit umgesetzt wird und dem Arbeitgeber verloren geht. Gleichzeitig sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intrinsisch für ihre Arbeit motiviert und brennen für ihre Arbeit und ihren Arbeitgeber. Damit einhergehend werden nicht nur die Mitarbeiterfluktuation und die damit verbundenen Kosten reduziert, sondern die Rekrutierung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestaltet sich einfacher, auch bei Fachkräftemangel.
Wie Arbeitgeber ihre Attraktivität steigern
Es geht also darum, dass Arbeit wieder zur eigenen Berufung – im wahrsten Sinne des Wortes – werden muss. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darin einen Sinn sehen, an ihrer Tätigkeit Freude entwickeln und Befriedigung finden. Dies beginnt bei den Aufgaben, die für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sinnstiftend ausgestaltet sein sollen; wobei das Machbare stets im Auge behalten werden soll. Gleichzeitig soll die Arbeit eine «gesunde Herausforderung» darstellen, bei welcher sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beruflich und auch persönlich weiterentwickeln können und so eine Perspektive für die Zukunft entsteht.
Um dahinzukommen, gibt es eine Reihe von möglichen Massnahmen, die ein Arbeitgeber umsetzen kann, um seine Attraktivität zu steigern. Diese sind ein modernes Arbeitszeitmodell in Kombination mit der Möglichkeit für Homeoffice. Wobei Homeoffice genau dort und dann stattfinden soll, wo und wann es sinnvoll und nutzenstiftend wirkt; insbesondere aus Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zudem gilt es zu beachten, dass ein solches Modell nur dann umsetzbar ist, wenn gegenseitiges Vertrauen herrscht. Ausserdem und nicht zuletzt aus arbeitsrechtlicher Sicht ist es wichtig, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Grenzen kennen und die Arbeit von der Freizeit deutlich abgrenzen können.
Ebenso kann mit einem modernen Führungsstil den Erwartungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprochen werden. Eine Unternehmensführung, die auf Selbstverantwortung, gegenseitigem Vertrauen, Transparenz und klar definierten Prozessen aufgebaut ist, ist eine ideale Ausgangslage, um neue Arbeitszeit- und Homeoffice-Modelle einzuführen. Ansporn, Ermutigung, Förderung, Befähigung und Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ins Zentrum der Führung zu stellen, wie dies bei modernen Führungsstilen (transformationale und transaktionale Führung) der Fall ist.
Des Weiteren können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Entscheidungen, die dies erlauben, durch ein Mitbestimmungsrecht eingebunden werden, damit sie ihre Arbeit und ihr Arbeitsumfeld mitgestalten können. Zusätzlich können eine Erhöhung der Ferientage und weitere attraktive Fringe Benefits zur Attraktivitätssteigerung beitragen.
«Jedes Unternehmen - und damit verbunden jede Führungskraft - hat es selbst in der Hand, ob die Auswirkungen daraus zu bedrohlichen Risiken heranwachsen oder in zukunftsweisende Chancen überführt und nachhaltig genutzt werden.»
Arbeitsformen – Innovation und gesunder Menschenverstand
März 2022
Felix Lämmler, Dipl. El. Ing. FH / EMBA
Es liegt in der Luft: Die starren Regelarbeitszeiten am Arbeitsplatz befriedigen weder auf Arbeitgeber- noch auf Arbeitnehmerseite und dies je länger, je weniger. So verwundert es nicht, dass Unternehmen laufend nach neuen Arbeitsformen suchen, die den aktuellen Bedürfnissen besser entsprechen.
Spricht man von neuen Arbeitsformen, so kann damit die Neugestaltung des Arbeitsinhaltes oder aber der Arbeitszeit gemeint sein. Dem Arbeitsinhalt nimmt sich seit den 60er- Jahren vor allem die Bewegung der «Humanisierung der Arbeit» an. Ausgehend von den Modellformen Arbeitsplatzwechsel, Arbeitserweiterung, Arbeitsbereicherung und teilautonome Arbeitsgruppen zielt sie darauf hin, menschengerechtere Arbeitsplätze zu schaffen und Monotonie, Entfremdung, Disqualifikation sowie weiteren physischen und psychischen Gefährdungen entgegenzuwirken.
Veränderte Arbeitszeiten
Aktuell stark in Bewegung geraten sind jedoch die Arbeitsformen, die die Flexibilisierung und Individualisierung der Arbeitszeiten und damit im Gefolge auch die starren Freizeit- und Ferien- regelungen zum Inhalt haben. Dabei reichen die beiden Begriffe zum Teil weit über das hinaus, was zum Beispiel die klassische Gleitzeitsysteme oder die üblichen Teilzeitarbeitsformen bieten. Flexibilität und Individualität stehen für eine breite Palette an Wahlmöglichkeiten, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern angeboten werden. Dafür wird erwartet, dass auch sie ihrerseits bereit sind, ihre persönliche Arbeitszeit den betrieblichen Gegebenheiten stärker anzupassen (saisonale Schwankungen, Arbeitsmangel, Auslastungsnotwendigkeit, technische Kapazitäten etc.).
Warum veränderte Arbeitszeitregelungen gefragt sind
Welche Gründe sind es, die vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern flexiblere und individuellere Arbeitszeiten als attraktiv erscheinen lassen? Sie wollen das beengende und einschränkende Korsett der starren Arbeitszeitregelung loswerden, um zum Beispiel mehr freie Zeit für die Familie und auch für sich selbst zu gewinnen. Manche Ehepartnerinnen und Ehepartner wollen sich die Berufs- und Hausarbeit teilen. Die Partnerin oder der Partner, die sich entschieden haben, den Grossteil der Kinderbetreuung zu übernehmen, suchen neben Haushalt und Familie Möglichkeiten, wieder berufstätig zu sein. Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wären froh darum, aus gesundheitlichen Gründen oder mit Blick auf einen harmonischen Übergang in den Ruhestand die Arbeitszeit nach und nach verkürzen zu können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen sich neben der beruflichen Arbeit intensiv weiterbilden oder einen Leistungssport betreiben können. Insbesondere jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehen den Beruf zudem nicht mehr als Lebensmittelpunkt und möchten sich, auch wenn sie deshalb vielleicht weniger verdienen, mehr auf andere Lebensbereiche konzentrieren. Auch dieser Trend führt dazu, dass neue Arbeitsformen gefragt sind.
Teilzeitmodelle im Aufwind
Die steigende Nachfrage nach flexibleren Arbeitszeitmodellen hat Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Teilzeit- und Vollzeitarbeit: Teilzeit holt auf, wird zunehmend beliebter. Es macht sogar den Eindruck, dass sich auf dem Arbeitsmarkt ein grundlegender Wandel vollzieht: Bis anhin galt die Vollzeit als Normalfall. Dagegen sah man die in vielen Branchen recht weitverbreitete Teilarbeitszeit eher als die Ausnahme von der Regel. Heute lässt sich erkennen, dass die Teilzeit als durchaus eigenständige Arbeitsform angesehen wird, die neben der Vollzeit steht und stark auf die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie des Betriebes Rücksicht nimmt.
Neue Arbeitszeitformen
In der Teilzeitarbeit sind vor allem die Arbeitszeitformen aus dem angelsächsischen Raum im Gespräch, das Jobsharing, der Langzeiturlaub und der Jahresarbeitszeitvertrag, wobei beim Letzteren ein jährliches Mindeststunden-Soll in Verbindung mit einem garantierten Mindest- oder Jahresdurchschnittseinkommen festgelegt wird.
Als interessante Arbeitsformen für die Vollzeit sind die vor allem unkonventionellen Gleitzeitsysteme, der Überstundenausgleich durch zusammenhängende Freizeitblöcke und der Jahresarbeitsvertrag für Vollzeitbeschäftigte zu nennen. Während bis anhin angenommen wurde, Gleitzeit liesse sich ausschliesslich in Dienstleistungsunternehmen und Verwaltungsbetrieben realisieren, haben verschiedene Unternehmen die gleitende Arbeitszeit auch in der Produktion eingeführt. Dadurch haben sie nicht nur mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten gewonnen, sondern können auch die kontinuierliche Auslastung der Maschinenkapazitäten sicherstellen. Ausserdem entfallen in Kombination mit der Gleitzeitregelung zuschlagspflichtige Überstundenzahlungen und teure Leerstunden bei Maschinenausfällen.
Eine weitere Variation stellt die Gleitzeit ohne Kernzeit dar. Anstelle der Kernzeit ist für jede Abteilung eine Mindestbesetzung vorgeschrieben, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der jeweiligen Abteilung innert der Normaldienstzeit anwesend sein müssen. Als unternehmensseitige Vorteile werden die bessere Auslastung des Arbeitseinsatzes an den Arbeitskräftebedarf (beispielsweise Schwankungen des Kundenandrangs, Spitzen zu Ultimo) und die Ausweitung der Betriebszeit genannt.
Schliesslich findet man in der Vollarbeitszeit auch die Jahresarbeitsverträge. Dabei wird das im Rahmen der Gleitzeit zulässige maximale Zeitguthaben für bestimmte Monate (etwa zum Jahreswechsel) erhöht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden dazu angehalten, die Gleitzeitguthaben in auftragsschwachen Zeiten eines Kalender- oder Geschäftsjahres wieder aufzulösen.
Maximale Flexibilität
Unternehmen, die umfassende Arbeitszeitsysteme entwickelt haben, verankern die Individualisierung und Flexibilisierung der Arbeitszeit grundlegend in ihrem Alltag. Grundgedanke ihrer Arbeitszeitregelung ist es, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter bestimmt, was ihr oder ihm wichtiger ist: mehr Lohn oder mehr Freizeit. Individuelle Arbeitszeit wird hier verstanden als gleitende Arbeitszeit auf individuelle Gestaltung der Wochenarbeitszeit. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern werden Varianten für einen erhöhten Ferienanspruch angeboten, sei es durch Erhöhung der reglementarischen Wochenarbeitszeit oder sei es durch Lohnreduktion. Darüber hinaus besteht eine differenzierte Regelung für Teilzeitarbeit, die selbstredend eine Lohnreduktion zur Folge hat. Jede Wochenarbeitsstundenzahl ist möglich. Davon unabhängig sind Regelung zu erstellen, an welchem Ort und in welchem Verhältnis die Arbeitszeit zu leisten ist, im Betrieb wie im Homeoffice.
Diese schlaglichtartige Umschau zeigt, dass die lange sehr starr strukturierten Arbeitszeitregelungen vielerorts aufgebrochen wurden. Eines zeichnet sich ebenfalls in aller Deutlichkeit ab: Soll mit den neuen Arbeitszeitformen zumindest ebenso effizient gearbeitet werden wie bisher, so bedarf es seitens der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einer erhöhten Bereitschaft, die eigene individuelle Arbeitszeit, wenn nötig, den betrieblichen Gegebenheiten und Erfordernissen anzupassen. Auch unternehmensseitig steigen die Anforderungen bezüglich Führungsleistung auf allen Kaderstufen: Abgesehen vom erhöhten Zeitaufwand für die laufenden Abstimmungen und Absprachen wird es für die Vorgesetzten erheblich schwieriger, die Arbeitseinteilung im Griff zu behalten und den Überblick nicht zu verlieren. Was früher starre Arbeitszeiten automatisch bewirkten, dass nämlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ganz bestimmten Zeiten sicher anwesend waren, hängt nun weitgehend von dem Einteilungs- und Führungsgeschick der Vorgesetzten ab und setzt in jedem Fall eine gegenseitige freiwillige Bereitschaft zur Abstimmung und Anpassung zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und ihren Arbeitgebern voraus. Und es funktioniert nicht zuletzt am besten, wenn für beide Seiten die Finanzen stimmen.
«Unternehmen sind aufgrund der veränderten Arbeitszeitformen insbesondere in der Planung gefordert, können aber von diesen neuen Modellen in Sachen Produktivität finanziell profitieren.»
Erneuerung von Legacy Applikationen
März 2022
Dominic Beusch, Exec. MBA Digital Transformation
Sogenannte Legacy Applikationen (Altsysteme) müssen von Zeit zu Zeit weiterentwickelt werden. Hierbei muss man vorausschauend darauf achten, dass man die Anforderungen der Anwendenden erfüllen kann und gleichzeitig technologisch Fortschritte in die richtige Richtung macht. Dies birgt einige Herausforderungen in der Konzeptionierung und Durchführung eines Projektes, ist aber heute mit bewährten Methoden gut lösbar.
Die heutige Softwarewelt ist kompliziert und verändert sich laufend. Viele Unternehmen kämpfen mit veralteten und ursprünglich eigenentwickelten oder angeschafften Applikationen, welche aufgrund einer mittlerweile modernen IT-Architektur, Mitarbeitendenfluktuation oder des fehlenden Knowhows nicht mehr weiterentwickelt werden (können). Teilweise verlangt auch ein Betriebssystem eine solche Umstellung, da die Legacy Applikation von der neuen Betriebssystemversion nicht mehr unterstützt wird.
Daraus erwachsen eine Vielzahl von Risiken, wie zum Beispiel, dass kritische Fehler nicht mehr zeitgerecht korrigiert werden können. Oder man den Standards der abzubindenden Applikationen nicht mehr Folge leisten kann und die eigenen Applikationsverantwortlichen des Unternehmens verlieren das Interesse, die veraltete Software weiter zu betreiben. Schlussendlich können die Prozesse nicht mehr oder nurmehr ineffizient ausgeführt werden. Wenn eine solche Applikation für businesskritische Geschäftsprozesse im Einsatz steht, geht von ihr somit das Risiko aus, diese Prozesse zu verlangsamen, zu unterbrechen oder gar zu einem Stillstand im Unternehmen zu führen. So steht man spätestens dann unfreiwillig und mit einem gewissen Druck vor der Entscheidung der Modernisierung dieser Applikation.
Vorgehen zur Problemlösung
Zu Beginn muss in Abstimmung mit der Unternehmens- und der damit verknüpften Digitalisierungsstrategie geprüft werden, ob die Anforderungen und Prozesse von damals noch zeitgemäss sind. Des Weiteren ist eine exakte Abgrenzung zu parallel entstandenen Applikationen wichtig, um Redundanzen bei den zu entwickelnden Funktionen zu vermeiden. Dabei gilt es, die bestehende IT-Architektur des Unternehmens beizuziehen. Sobald diese Themen geklärt sind, macht es Sinn, mögliche Lösungen auszuarbeiten.
Schlüsselthema IT-Architektur
Eine durchdachte IT-Architektur der neuen Applikation ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Dabei helfen die heutigen Architekturgrundsätze, die je nach Branche und Unternehmen leicht variieren können:
- Flexibilität des Benutzer-Interfaces
- Geschwindigkeit der Applikation selbst und dessen Anzeige
- Zügiges Anbinden von internen und externen Services
- Hohe Releasezyklen für das Einbinden neuer Businessanforderungen und kritischer Fehlerbehebung
- Motivationssteigerung der Mitarbeitenden
- Wiederverwendbarkeit von einzelnen Services
- Einsatz von Microservices je nach Nutzen
- Die Wartung und Weiterentwicklung sollen kosteneffizient sein.
Diese Grundsätze sind mit der Geschäftsleitung, den Anwendenden und den Betreibenden gemeinsam festzulegen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Ziele der Anwenderinnen und Anwender und der IT harmonieren und in die gleiche Richtung zeigen.
«Make or Buy»-Entscheidung
Nachdem die Anforderungen und die IT-Architektur definiert sind, gilt es allfällig vorhandene Lösungen auf dem Markt zu evaluieren. Auf dieser Basis kann anschliessend eine «Make or Buy»-Entscheidung getroffen werden. Festgelegte Entscheidungskriterien, mit einer Gewichtung derjenigen und einer allfälligen SWOT-Analyse, unterstützen diesen Prozess. Wichtige Kriterien sind beispielsweise Referenzprojekte, Kosten, Risiken, Implementierungsdauer, Technologieerfahrung, Skalierbarkeit der Ressourcen oder auch die Kompetenzen der Projektmitarbeitenden.
Agile Umsetzung
Unabhängig von der «Make or Buy»-Entscheidung gibt es diverse Methoden für die anschliessende Umsetzung. Die Praxiserfahrung hat gezeigt, dass insbesondere bei einer Neuentwicklung die «agile Methode» sehr effizient sein kann. Hierbei werden aus einer visionären Beschreibung der künftigen Applikation (zum Beispiel Nutzen, Effizienzsteigerung usw.) konkrete «Use Cases» und daraus «User Stories» abgeleitet. Sobald eine erste «User Story» vorliegt, kann auf dieser Basis bereits entwickelt und getestet werden, während weitere «User Stories» parallel dazu erarbeitet werden. Damit wird das Ziel verfolgt, den Anwenderinnen und Anwendern schnellstmöglich in einer echten Umgebung erste Resultate zeigen zu können und sie eng im Prozess mit einzubinden. Das Ergebnis ist ein erster Entwicklungsstand, wobei die Anwendenden optimalerweise bereits einen Nutzen für sich ziehen können. Ein wichtiger Erfolgsfaktor bei einer agilen Umsetzung sind klare Regeln im Projektteam. Denn Agilität bedeutet nicht, dass das Projekt unkoordiniert und unstrukturiert abläuft. Die Verantwortlichkeiten und die Arbeitspakete innerhalb des definierten Sprint-Zyklus müssen definiert sein und eingehalten werden. Zum Beispiel, bis wann eine User Story erstellt ist, ab wann es einen klickbaren Prototypen mit Design gibt oder ab wann das Backlog (Arbeitsbestand) gefüllt und durch die Entwicklerinnen und Entwickler geschätzt wird. Nach der Entwicklung einer Funktion und erfolgreichem Testing inklusive einer Abnahme kann das Projektteam in Eigenregie festlegen, wann jeweils ein produktiver Release an die Anwendenden verteilt wird.
Schnelle Entscheidungen
Im Rahmen eines solchen agilen Vorgehens sind schnelle Entscheidungen von fachlicher und technischer Natur von hoher Wichtigkeit und entscheiden oft über Erfolg oder Nichterfolg. Hierfür müssen definierte Gremien und Kompetenzträger bestimmt werden, die ausreichend schnell entscheiden und schlussendlich die Verantwortung für diese Entscheidungen übernehmen. Wenn es um die Modernisierung einer Applikation geht, sind die Fach- und IT-Strategie beizuziehen, um den langfristigen Blick nicht aus den Augen zu verlieren. Software- und Hardwarearchitektur-Entscheidungen beeinflussen die Richtung des Unternehmens stark. Hier ist vor allem wichtig, die Anwenderinnen und Anwender mit einzubeziehen und sachlich die Vor- und Nachteile der jeweiligen Option darzustellen.
«Es gibt bewährte Praktiken und Methoden, Legacy Applikationen mit einem kontrollierbaren Risiko zu erneuern. Mit einem Katalog an Massnahmen, vereinbarten Spielregen im agilen Umfeld und kompetenten Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern kommt man gemeinsam zum Ziel, bevor es zu einer Verlangsamung der Prozesse oder gar einem Stillstand im Unternehmen führt.»
Heterogene Kultur im Projektmanagement: Hemmschuh oder grosse Chance
März 2022
Anela Gantenbein, EMBA, B.A. Politikwissenschaft, Verwaltungswissenschaften, Soziologie
Heterogene Projektteams haben sich bewährt, bringen aber auch Herausforderungen mit sich. Eine gemeinsame Vision und aktives Konfliktmanagement sind essentielle Faktoren, um
zum Erfolg zu gelangen.
Welchen Nutzen hat ein Projektteam, das die gleichen Werte teilt, und welche Strategien können helfen, wenn das Werte-Set sich völlig unterscheidet?
Jedes Projekt bewegt sich innerhalb der drei Faktoren Zeit, Geld, Zielerreichung, die in der Regel als so genanntes «Magisches Dreieck des Projektmanagements» bezeichnet werden. Magisches Dreieck auch darum, weil es für jedes Projekt entscheidend ist, dass sich diese Grössen in einem gewissen Gleichgewicht befinden. Ein Verändern eines der Faktoren beeinflusst immer auch die anderen Faktoren mit. Durch eine fundierte Projektmanagement-Methodik wird versucht, die Rahmenbedingungen eines Projekts so auszugestalten, dass das magische Dreieck in einem Gleichgewicht steht und das Projekt erfolgreich abgeschlossen wird. Solche Rahmenbedingungen sind beispielsweise eine realistische Projektplanung, klare Rollen und Aufgaben im Projekt sowie ein mit Fachkompetenz bestücktes Projektteam. Es hat sich bewährt, Personen mit unterschiedlichen Kompetenzen, Erfahrungen und Fertigkeiten ins Projektteam zu berufen, da so der Aufgabenkomplexität mit hoher Interdisziplinarität begegnet werden kann. Die Projektmitglieder kommen oftmals aus unterschiedlichen Bereichen der Organisation und bringen ihre Abteilungskultur, ihre Erwartungen und persönlichen Werte mit ins Team. In der Konsequenz entsteht ein heterogenes Projektteam mit einem heterogenen Mindset. Das kann problematisch werden.
Cultural-fit-Prinzip
Aber warum spielt das Mindset der Projektmitglieder überhaupt eine Rolle? Es ist doch bekannt, dass gerade unterschiedliche Perspektiven und Kompetenzen der Ausgewogenheit und dem allgemeinen Projekterfolg zuträglich sind.
Das ist auch richtig. Nur, nicht selten entstehen Konflikte in Projektteams, die sachlich oder objektiv nicht greifbar sind. Es «menschelt» immer und überall. Das Mindset der einzelnen Projektmitglieder spielt hierbei eine wesentliche Rolle.
Soll man deshalb Projektmitglieder mit denselben oder ähnlichen Werten, Einstellungen und Erwartungen für ein Projekt rekrutieren? Und wie geht man hier vor?
Die Personalauswahl anhand ähnlicher oder passender Werte vorzunehmen wird methodisch als «Cultural-fit» bezeichnet. Der Begriff Cultural-fit ist bei den Themen «Recruiting» und «Onboarding» schon lange in aller Munde. Wörtlich bedeutet dieser Begriff «kulturelle Übereinstimmung». Gemeint ist, dass die beteiligten Personen gemeinsame Wertvorstellungen und Handlungsweisen haben. Im Rekrutierungsprozess fragt sich also der Arbeitgeber, ob der Kandidat «kulturell» ins Unternehmen passt oder nicht.
Projekte sind im Unterschied zum Arbeitsalltag nur auf eine bestimmte Zeit ausgelegt. Man könnte annehmen, dass man sich um die Kompatibilität der Projektmitglieder wenig Gedanken machen müsse. Schliesslich ist die Zusammenarbeit befristet und man könne sich auch zusammenreissen, zurücknehmen oder eine Unstimmigkeit aussitzen. Sich in dieser falschen Sicherheit wiegend, wundern sich Auftraggeberinnen und Auftraggeber zunehmend, warum die Motivation bei Projektmitgliedern sinkt, die Kommunikation schlechter wird, Konflikte entstehen oder das Projekt sogar in Schieflage gerät.
Auch wenn Projekte ein klares Ziel verfolgen, sind die Ziele nicht immer kongruent mit den persönlichen Zielen der Projektmitglieder. Solange es um Sachfragen geht, können Konflikte mit guter Argumentation und Überzeugungsarbeit gelöst werden. Die Konfliktforschung zeigt jedoch, dass ein Sachkonflikt immer auch eine Beziehungsebene tangiert. Häufig geht es hierbei um Macht-/Karrierekämpfe, Antipathie, persönliche Vorurteile zwischen den Teammitgliedern und insbesondere auch verschiedene Temperamente, Arbeitsstile oder Verhaltensweisen. Vor allem Beziehungskonflikte gehen meist mit starken Emotionen einher und sind für die Beteiligten sehr belastend. Dies würde grundsätzlich dafür sprechen, die Teammitglieder anhand eines «Cultural-fit»-Prinzips auszuwählen.
Relevante Kernkompetenzen
Ein Projekt verfolgt in der Regel ein komplexes, fachlich-inhaltliches Ziel. Daher muss der Fokus auf die für das Projekt notwendigen und unterschiedlichen Kompetenzen, Erfahrungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten gelegt werden.
Damit die divergierenden Werte, Erwartungen und Mindsets den Projekterfolg nicht negativ beeinflussen, sind zwei wesentliche Kernkompetenzen des Projektleiters gefordert:
1. Gemeinsame Vision entwickeln und ein positives Zielbild vermitteln
2. Konflikte proaktiv managen.
Auch ein Projekt braucht eine Vision
Eine Vision im unternehmerischen Sinn bzw. in Zusammenhang mit einem Projekt hat den Charakter eines strategischen Ziels. Sie unterliegt aber nicht den strengen Anforderungen einer Zieldefinition (zum Beispiel SMART), sondern definiert zeit- und situationsunabhängig die strategische Ausrichtung eines Projekts oder Unternehmens. Mit einer Projektvision wird allen Beteiligten ein positives Zielbild vermittelt und der Nutzen wird in den Fokus gerückt. Insbesondere verfolgt die Projektvision folgende Ziele:
- Ausrichtung einzelner Aktivitäten und Einzelziele auf ein gemeinsames, übergeordnetes Ziel
- Förderung der Sinnstiftung
- Sicherstellung der Motivation aller Mitarbeitenden beziehungsweise Projektbeteiligten
- Marketing für das Projekt, das Unternehmen oder das Produkt
- Unterstützung bei der Kommunikation mit Dritten.
Die Vision sollte zu Beginn des Projekts von den Projektleiterinnen und Projektleitern skizziert und gemeinsam mit den Projektbeteiligten geschärft und konkretisiert werden. Denn eine gemeinsame Ausrichtung schafft Verbundenheit und zeigt auf, dass das übergeordnete Ziel bedeutender ist als etwaige Einzelinteressen. Im Verlauf des Projekts kann es naturgemäss dennoch zu Meinungsverschiedenheiten oder Konflikten kommen. Auch hier sind die Projektleiterinnen und Projektleiter gefordert.
Rolle der Projektleitung und Handlungsempfehlung bei persönlichen Konflikten
Die Projektleitung ist gegenüber den Auftraggeberinnen und Auftraggebern verantwortlich, das Projekt unter Einhaltung des «Magischen Dreiecks» zum Erfolg zu führen. Gleichzeitig ist sie aber auch für das Projektteam verantwortlich. Konflikte zu erkennen, zu lösen oder erst gar nicht entstehen zu lassen ist eine Herkulesaufgabe, die eine grosse Portion Sozialkompetenz und Einfühlungsvermögen erfordert. Abhängig von der Art des Konfliktes können verschiedene Massnahmen zur Konfliktlösung beitragen: (siehe Abbildung im PDF).
Prävention – die Bedeutung von Cultural–fit im Projekt
Konflikte können am besten gelöst oder gar vermieden werden, wenn die Projektmitglieder ein gemeinsames Verständnis und ähnliche Werte teilen. Nun sind Menschen sehr unterschiedlich und die Chance, ein Projektteam zusammenzustellen, das im Hinblick auf Werte, Verhalten und Einstellungen die gleichen Überzeugungen teilt, ist eher unrealistisch. Die Erarbeitung einer gemeinsamen Vision und aktives Konfliktmanagement können die Zusammenarbeit im Team beflügeln und sind immens wichtige Parameter im Projekt. Die Auseinandersetzung mit dem «Cultural-Fit-Aspekt» sollte dennoch nicht ganz ausser Acht gelassen werden, denn es kann helfen, Konfliktpotenzial zu erkennen und frühzeitig Massnahmen einzuleiten.
Das Wichtigste ist, dass der Projektleitung und den Teammitgliedern die unterschiedlichen Mindsets der Beteiligten bewusst sind. Dies schafft Sensibilisierung und trägt zum Verständnis füreinander bei. Darüber hinaus ist es angezeigt, dass die Projektleitung einen gemeinsamen Handlungsrahmen für das Verhalten und die Projektkultur definiert, indem z.B. die Erwartungen an Information, Kommunikation und Interaktion gemeinsam erarbeitet und festgelegt werden. Die Kommunikation spielt hierbei eine übergeordnete Rolle. So sollte neben den ordentlichen Projektsitzungen auch Raum für informellen Austausch vorhanden sein.
«Heterogene Projektteams haben sich bewährt, bringen aber auch Herausforderungen mit sich. Eine gemeinsame Vision und aktives Konfliktmanagement sind essentielle Faktoren, um zum Erfolg zu gelangen.»
BSG-Geschäftsbericht 2021
2021 – Jahr zwei der Coronapandemie – war ein weiteres herausforderndes Geschäftsjahr, sowohl für unsere Kundinnen und Kunden als auch für die BSG und unsere Mitarbeitenden. Das BSG-Ergebnis mit einem Umsatz von CHF 3’951’000.– bei 15 Mitarbeitenden ist denn auch als zufriedenstellend zu bewerten.
Nebst dieser erfreulichen Umsatzsteigerung konnten wir mit Dominic Beusch einen neuen Kollegen und mit Sina Lutz eine neue Kollegin gewinnen und damit insbesondere den Bereich
Informatik und den Schwerpunkt «Blockchain» weiter stärken. Umso mehr ist es sehr erfreulich, dass wir 2021 erste erfolgreiche Blockchain-Projekte in der Privatwirtschaft und in
der öffentlichen Hand gewinnen und
abwickeln durften. Gleichzeitig zeigt sich, dass im Zuge der Digitalisierung und der digitalen Transformation die Informations- und Cybersicherheit weiter an Bedeutung gewinnen.
Seit zwei Jahren sind die Unternehmen und öffentlichen Betriebe und Verwaltungen sowie deren Arbeitnehmende den Einschränkungen der Coronapandemie unterworfen. Nebst den klassischen Beratungsthemen wie strategische Neuausrichtungen, Entwicklung von Organisationen und Prozessen und die Abwicklung von komplexen Projekten ist in allen Organisationen ein verstärkter Kulturwandel spürbar: Homeoffice, hybride Arbeitsformen, neue Arbeitszeitmodelle sowie die Suche und Forderung nach Sinnhaftigkeit der Arbeit sind Ausprägungen dazu.
Wir haben daher im Rahmen der
vollständigen Neugestaltung des
Geschäftsberichts 2021 das Leitthema
«Kulturwandel» gewählt. Die Fachartikel unserer Beratenden greifen dieses
Leitthema mehr oder weniger stark auf
und beleuchten es von unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Bilderwelt zeigt
parallel dazu am Beispiel der noch
jungen und experimentellen Kunstform «Generative Art», wie sich Kunst
respektive Kultur wandeln können.
Unseren Kundinnen und Kunden – mit einigen arbeiten wir schon seit vielen Jahren zusammen – danken wir an dieser Stelle für ihr Vertrauen und ihre Treue.
Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl!
März 2021
Iwan Schnyder, Dr. sc. techn. Iwan Schnyder, Dipl. El.-Ing. ETH / MAS FHO BAE
Oft merkt man als Auftraggeber eines Projektes, dass es nicht so läuft, wie man es erwartet. Meist ist es erst nur ein Bauchgefühl, es kann allerdings über einen längeren Zeitraum zusehends in Gewissheit umschlagen. Was kann und soll man in einer solchen Situation tun?
Gewissheit gewinnen
In einem ersten Schritt gilt es, aus dem Bauchgefühl eine objektive Gewissheit zu machen. Sprich, zu prüfen, woran sich mit Sicherheit festmachen lässt, dass das Projekt auf gutem Weg ist, oder eben nicht. Typische und objektive Anzeichen für Probleme sind beispielsweise die folgenden: Auf Anfrage kann das Projektteam keine klaren Aussagen zu Projektstand, Kosten oder Meilensteinen machen; oder es fehlen Projektdokumentationen, wie beispielsweise Projektstatusberichte, Protokolle oder ein Projekt- und Kostencontrolling.
Ist dies der Fall, braucht es einen fundierten Überblick über die Situation. Das bedeutet: Man muss im Detail verstehen, wie es um das Projekt tatsächlich steht. Was sind die genauen Ursachen für die fehlenden Informationen und wie könnten die nächsten Schritte und Massnahmen aussehen, um das Projekt dennoch erfolgreich weiterzuführen und abzuschliessen? Eine bewährte und sehr zweckmässige Methode dazu ist eine unabhängige Lagebeurteilung. Das Projekt wird analog einem Audit systematisch durchleuchtet, die verschiedenen Ursachen und Problembereiche werden herausgearbeitet, und der Handlungsbedarf wird abgeleitet.
Mögliche Ursachen
Auch wenn jedes Projekt anders ist, zeigt sich, dass Projekte immer wieder an denselben Ursachen kranken oder gar scheitern: Das Projekt wurde nicht mit der notwendigen Sorgfalt initialisiert, so wie es beispielsweise die Projektmethodik HERMES in der eigens dafür vorgesehenen Projektinitialisierung systematisch verlangt. Vielmehr ist man zu Beginn davon ausgegangen, dass alles klar ist, und man direkt mit dem Projekt starten kann, schliesslich drängt die Zeit. Die zweite Ursache steht mit der fehlenden Projektinitialisierung in direkter Verbindung: Das Projekt wurde von Anfang an inhaltlich und von seiner Tragweite her unterschätzt. Im Projektverlauf kristallisiert sich dann sukzessive heraus, dass es sich eben doch nicht nur um ein «IT-Projekt» handelt, sondern dass es in Tat und Wahrheit in erster Linie ein komplexes Organisationsprojekt mit einer Vielzahl an heterogenen Anspruchsgruppen ist, bei dem auch noch «IT oder Software» beschafft wird.
Eine weitere, oft beobachtete Ursache für das Scheitern sind fehlende Kompetenzen beim Projektmanagement bezüglich der Anwendung von geeigneten Projektmanagement-Methodiken oder die fehlende Projekterfahrung der Projektleiter, der Projektteammitglieder oder des Auftraggebers. Dies trifft insbesondere dann mit hoher Wahrscheinlichkeit zu, wenn das Abwickeln von grösseren Projekten nicht zum Tagesgeschäft einer Organisation gehört und das dazu notwendige Wissen und die Routine fehlen. Eine ebenso wichtige Ursache sind die fehlenden personellen Ressourcen, die dem Projekt zur Verfügung gestellt werden. Dies geschieht immer dann, wenn dem Projekt keine adäquate Projekt- und Ressourcenplanung zugrunde liegt, weil man das Projekt unterschätzt hat, oder weil das Projekt trotz wissentlich fehlender Ressourcen gestartet wurde, «weil es ja schon irgendwie gehen wird».
Und was nun?
Eine möglichst frühzeitige, sorgfältige und fundierte Lagebeurteilung zeigt dem Auftraggeber nebst den Ursachen und den Bereichen mit Handlungsbedarf auch einen oder mehrere Lösungswege auf, wie das Projekt angepasst, optimiert und letztlich erfolgreich zu Ende geführt werden kann. Die Erfahrung lehrt uns zwei Dinge: Erstens bedarf es dazu in der Regel einer Reihe von Sofortmassnahmen, die zeitnah umzusetzen sind, und zweitens müssen oftmals fehlende Grundlagen von Beginn weg aufgearbeitet werden. Zudem gilt es, wegweisende Entscheide zu treffen, diese nochmals zu überdenken und, last but not least, die gesamte Projektplanung zu justieren. Im schlimmsten Fall muss ein Projekt gestoppt und abgebrochen werden, um grösseren Schaden zu vermeiden.
Fazit
Ein ungutes Bauchgefühl bei einem Projekt ist oft ein untrügliches Anzeichen dafür, dass im Projekt nicht alles nach Plan läuft und ist entsprechend ernst zu nehmen. Eine professionelle Lagebeurteilung deckt nicht nur die Ursachen auf und was alles im Argen liegt, sondern präsentiert dem Auftraggeber zugleich mindestens einen Lösungsansatz, wie er das Projekt stabilisieren, optimieren und erfolgreich zu Ende bringen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies gelingt, ist erfahrungsgemäss sehr hoch.
«Eine professionelle Lagebeurteilung deckt nicht nur die Ursachen auf und was alles im Argen liegt, sondern präsentiert dem Auftraggeber zugleich mindestens einen Lösungsansatz, wie er das Projekt stabilisieren, optimieren und erfolgreich zu Ende bringen kann.»