Es widerspricht zwar der Natur, aber dennoch scheint der Mensch eine besondere Vorliebe zu haben: Er bildet dauernd von allem Möglichen Durchschnitte. Aus Riesen und Zwergen macht man Durchschnittsgrössen; aus Zweizentnern Schwergewichtsboxern und Fünfzigkilo-Filmsternchen Durchschnittsgewichte. Säuglinge zwingt man statistisch zum Biertrinken – beim durchschnittlichen Bierverbrauch pro Kopf der Bevölkerung. Selbst kinderlosen Ehepaaren weist die Statistik vor dem Pillenknick 2.7 Kinder zu, und mit dem Kleinkind beginnt auch das Rechnen mit Durchschnitten…
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Change Management als Element der Vertragsgestaltung
Verträge werden abgeschlossen, um eine verbindliche Rechtsgrundlage zu schaffen. Für die Parteien stellen die Rechtssicherheit und die Unveränderbarkeit der vertraglichen Bestimmungen grundlegende Anforderungen an eine…
Romeo Minini
2020
Projektmanagement
Arbeiten Sie permakulturell?
In der Arbeitswelt zeigen aktuelle Untersuchungen: Mitarbeitende sind zunehmend gestresst. Aktuell gibt beinahe ein Viertel aller Erwerbstätigen in der Schweiz an, dass sie am Arbeitsplatz…
Josef Schmid
2020
Organisations- und Prozessmanagement
Produktivität und nicht Geld schafft nachhaltiges Wachstum
Der weltweite Hype um Wachstum, steigenden Umsatz und erhöhte Profitabilität erhält keinen Abbruch. Die Verbesserung von Effizienz und Effektivität lässt sich in jeder Unternehmensstrategie finden.…
Maurus Fässler
2019
Strategisches Management
Macht in Organisationen
«Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht», wird der ehemalige US-Präsident Abraham Lincoln zitiert. Menschen mit Macht zeigen also ihr wahres…
Anela Fivaz
2019
Organisations- und Prozessmanagement
Motivorientierte Organisationsentwicklung
Kaum jemand will einer Arbeit nachgehen, die aus seiner Sicht keinen sinnvollen Wert darstellt. Fakt ist jedoch: An vielen Arbeitsplätzen werden Tätigkeiten ausgeführt, die nicht…
Roman P. Büchler
2019
Organisations- und Prozessmanagement
Feuern Sie Ihren Coach!
In modernen, lernenden Organisationen mit flachen Hierarchien, Aufgabendelegation und selbststeuernden Teams sind soziale, emotionale und lernorientierte Kompetenzen ungemein gefragt. Werden die Aufgaben nicht von einem…
Felix Lämmler
2019
Organisations- und Prozessmanagement
Lohnentwicklung in der öffentlichen Verwaltung
Die öffentliche Verwaltung und die Medien führen die Diskussion über Lohnentwicklungen in der Verwaltung grundsätzlich kontrovers. Eine angekündigte Lohnerhöhung für das öffentliche Personal stösst oft…
Romeo Minini
2019
Organisations- und Prozessmanagement
Stangenbohnen, die Problemlöser
Stangenbohnen kennt man gemeinhin als gute Eiweisslieferanten in der menschlichen Ernährung und als nahrhafte Beilage in verschiedenen Gerichten, wie etwa der Gerstensuppe. Damit die Bohne…
Josef Schmid
2019
Organisations- und Prozessmanagement
Vorteile einer standardisierten Prozesslandkarte
Geschäftsprozesse – ein alter Hut? Bei Weitem nicht! Auch die Prozesse müssen sich den wechselnden Anforderungen des Marktes anpassen, im Gleichschritt mit den Produkten und…
Felix Lämmler
2019
Organisations- und Prozessmanagement
New Collaboration
Branchenführer wie Google und Microsoft stellen uns hilfreiche Tools zur Verfügung, welche die Zusammenarbeit heute und zukünftig vereinfachen können. Für einen monatlichen Betrag erhält man…
Luca Rechsteiner
2019
Organisations- und Prozessmanagement
BSG-Geschäftsbericht 2017
Auch wir von der BSG Unternehmensberatung machen sichtbar, was auf den ersten Blick oft unklar und unsichtbar ist. In enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden gehen…
BSG Unternehmensberatung AG
2018
BSG-Publikationen
Blockchain für die digitalisierte Verwaltung
Mithilfe der Blockchain-Technologie kann die vernetzte Gesellschaft gemeinsam eine transparente, dezentrale und fälschungssichere Datenbank führen. Diese Eigenschaft verleiht der Technologie ein enormes Potenzial für verschiedene…
Maurus Fässler
2018
Informationsmanagement
Compliance – ein Thema für KMU
Compliance-Themen beschäftigen heute Verwaltungsräte, Geschäftsvorsitzende international vernetzter Grosskonzerne und lokal tätiger KMU in stärkerem Masse als bisher. Bereits der Begriff Compliance löst unterschiedliche Reaktionen aus:…
Romeo Minini
2018
Strategisches Management
Die Sache mit dem Speicher
Eine der wesentlichen und oft verkannten Errungenschaften des 19. Jahrhunderts ist die lineare Verfügbarkeit von Energie, erst dank Wasserkraft und Dampfmaschinen, später dank Gas und…
Stefan Menzi
2018
Engineering und Technologiemanagement
Arbeiten Sie permakulturell?
März 2020
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH
In der Arbeitswelt zeigen aktuelle Untersuchungen: Mitarbeitende sind zunehmend gestresst. Aktuell gibt beinahe ein Viertel aller Erwerbstätigen in der Schweiz an, dass sie am Arbeitsplatz sehr oft gestresst sind. Erstaunlicherweise ist die Zunahme der Stressgeplagten bei den unter 30-Jährigen am stärksten und diese Altersgruppe weist auch den höchsten Anteil Stressgeplagter auf. Beinahe die Hälfte der gestressten Personen geben an, dass sie sich am Arbeitsplatz emotional erschöpft fühlen. Dies gilt als Zeichen für ein hohes Burnout-Risiko und damit einhergehend für einen mittelmässigen bis schlechten Gesundheitszustand. Welche Folgen diese Tatsachen auf unsere Arbeitswelt und die Leistungsfähigkeit jeder Organisation haben, ist leicht vorzustellen.
Die Anzeichen von echtem Stress – im Gegensatz zu gesundem Stress – mit seinen verschiedenen Ausprägungen sind in vielen Unternehmen feststellbar. Sie reichen von messbaren Indikatoren wie Krankheitstagen oder Fluktuationsrate bis zu zwischenmenschlichen Problemen. Dabei sind die Kommunikation und die Umgangsformen in einer Unternehmung ein untrügliches Merkmal dafür, wie es um die zwischenmenschlichen Probleme bestellt ist. Unter starkem Stress mündet die Kommunikation in ungelöste und unausgesprochene Konflikte.
Der Umgang mit dieser Situation zeigt sich in den Unternehmen sehr unterschiedlich. Viele Unternehmen implementieren einzelne Massnahmen, die kurzfristig von Erfolg gekrönt scheinen, jedoch auf die Dauer ihre Wirkung verlieren. Konkret reichen diese Massnahmen von der Einrichtung eines Kummerkastens, über Teamanlässe bis zu verbesserten Arbeitsmitteln. Obwohl die einzelnen Massnahmen meist sinnvoll sind, fehlt die ganzheitliche Problemerfassung und somit auch das Verständnis, dass man die Themen an den Wurzeln bearbeiten muss. Die fehlende ganzheitliche Problemerfassung zeigt sich in der Folge in einem unzureichenden Verständnis für das Problem, in einer mangelnden Selbstreflektion der involvierten Personen oder in der Ablenkung vom eigentlichen Problem oder Konflikt.
Machen Sie es wie die Pflanzen!
In der Pflanzenwelt zeigen sich Stressreaktionen immer dann, wenn ein Faktor zum gesunden Gedeihen überwiegt oder zu einseitig eingesetzt wird. So steigert zum Beispiel die Stickstoffdüngung zwar das quantitative Pflanzenwachstum, führt aber bei übermässigem Einsatz zur Schwächung der Pflanze gegenüber Krankheiten oder Schädlingen und letztlich zum Verlust der Widerstandskraft.
Erwägt ein Unternehmen eine ganzheitliche Problemerfassung – und somit auch eine langfristig erfolgreiche Beseitigung des Problems – bewähren sich Pflanzensysteme als Vorbilder. Eines dieser erfolgreichen Systeme für die geschilderte Problemstellung ist die Permakultur. Dabei handelt es sich um ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau, das darauf basiert, die Pflanze als Gesamtorganismus in ihrem Umfeld zu betrachten und daraus die entsprechende Kultivierung für ein optimales Gedeihen und einen nachhaltigen Ertrag abzuleiten. Die Permakultur zeichnet sich dadurch aus, dass unabhängige, widerstandsfähige und ausgewogen verteilte Lebensräume geschaffen werden. Permakulturell gestaltete Lebensräume werden als Systeme aufgefasst, in denen das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen so miteinander kombiniert ist, dass die Systeme zeitlich unbegrenzt funktionieren. Das Ziel einer permakulturellen Planung: Die geschlossenen Stoffkreisläufe schaffen langfristig stabile Ökosysteme, die sich selbst erhalten und nur noch minimaler Eingriffe bedürfen.
Übertragen in die Arbeitswelt heisst das: Die Permakultur ist die Arbeitsorganisation und die Eingriffe sind die Handlungen der Führungspersonen. Eine für die entsprechende Unternehmung adäquate Arbeitsorganisation ist die Basis eines firmeninternen Ökosystems, in dem sich wirtschaftlich widerstandsfähige Lebensräume entwickeln. Diese Arbeitsorganisation ist eingebettet in die strategische Ausrichtung, in die Unternehmenskultur, die Prozessreifegrade, in die Personalausstattung und in die Veränderungsbereitschaft der Unternehmung. In stressgefährdeten Unternehmen fehlen diese Gesamtschau und das konsequent abgestimmte Justieren aller Stellschrauben für ein funktionierendes Unternehmenssystem.
Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme. Kombinieren Führungspersonen eine adäquate Arbeitsorganisation mit Wertschätzung und Verständnis für ihre Mitarbeitenden, so sinkt der Stresspegel der Mitarbeitenden – und einem gesunden unternehmerischen Ökosystem steht nichts im Wege. Arbeiten Sie bereits permakulturell?
«Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme.»
Digitale Transformation – mit kleinen Schritten zur grossen Veränderung
März 2020
Roman P. Büchler, Master of Business Management ZfU
Digitale Transformation steht wohl auf jeder Agenda in den Führungsetagen. Doch die Veränderung ist grösser als angenommen. Viele Organisationen erkennen die Trägheit in der Umsetzung. Warum? Weil Digitalisierungsprojekte zu gross dimensioniert werden. Man bedenke: Grosse Veränderungen sind bisweilen das Ergebnis kleiner Ereignisse.
Ein grosses Projekt oder gar ein Projekt-Programm allein genügen nicht, um die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen. Zu viele Menschen in der Organisation müssen bewegt werden und zu gross ist die Gefahr von Frustrationen bei den Beteiligten. Es braucht mehrere Initiativen und kleine Schritte, um eine Organisation auf die Veränderungen vorzubereiten und den Weg für die Digitalisierung zu ebnen.
Die Träger einer Veränderung
Die erfolgreiche digitale Transformation gleicht dem Tipping-Point-Ansatz. Damit beschreibt Malcolm Gladwell jenen Moment, der eine modische oder soziale Lawine lostritt, etwa die Verbreitung von Information bei weltgeschichtlichen Ereignissen. Gladwell nennt drei Träger einer Veränderung: das „Gesetz der Wenigen“, der „Verankerungsfaktor“ und die „Macht der Umstände“.
Das Gesetz der Wenigen besagt, dass in der Regel fünf bis sieben Personen reichen, um eine Nachricht um die Welt zu senden. Durch ihre Rolle als Vermittler und ihre äusserst gute Vernetzung verbreiten sie neue Botschaften in Windeseile.
Der Verankerungsfaktor verbreitet das gewisse Etwas, im Sinne von «Ich weiss etwas, was du nicht weisst» und sorgt für hohe Aufmerksamkeit und Neugier bei den Betroffenen.
Zu guter Letzt braucht es die Macht der Umstände. Anders ausgedrückt: Jede Veränderung hängt von Zeiten und Gegebenheiten ab. Die Kunst ist es, den richtigen Zeitpunkt und die passenden Umstände zu erkennen und zu nutzen.
Folgender Merksatz von Gladwell ist in der digitalen Transformation ebenfalls entscheidend:
„Es ist sicher, dass Mundpropaganda – selbst im Zeitalter von Massenkommunikation und Multimillionen-Dollar-Werbekampagnen – immer noch die wichtigste Form menschlicher Kommunikation ist.“
Deshalb gilt es, die digitale Transformation so in der Kommunikation zu verpacken, dass die Menschen darüber sprechen wollen. Damit lässt sich eine Veränderung beschleunigen.
Eine «epidemische» Bewegung auslösen
Der Tipping Point ist also der Augenblick, in dem eine Idee oder Aufgabe die kritische Masse der Menschen erfasst. Folgende Faktoren sind gemäss diesem Ansatz wichtig, damit eine digitale Transformation Erfolg hat:
- Nur ein geringer Prozentsatz der Menschen verursacht eine Veränderung.
- Nur einige wenige sorgen für den Anschub sozialer Veränderungen.
- Es ist einfach, eine Information so zu verpacken, dass sie für die Mitarbeitenden unter den richtigen Umständen unwiderstehlich interessant wird.
- Drei Menschentypen sind die Treiber für soziale und organisatorische Veränderungen: Vermittler, Kenner und Verkäufer.
Eine digitale Transformation wird also ausgelöst durch eine lawinenartige Veränderung in der Organisation. Das Ziel: Möglichst viele Mitarbeitende sollen möglichst schnell vom digitalen Sog erfasst werden.
Wer die digitale Transformation ins Rollen bringen will, muss ein kleines, schlagkräftiges Kernteam einsetzen, das dem Vorhaben genügend Sogwirkung verleiht. Alle drei oben erwähnten Rollen – Vermittler, Kenner und Verkäufer – müssen darin vertreten sein:
- Vermittler haben ein überdurchschnittliches Geschick, sich Freunde und Bekannte in unterschiedlichen Bereichen und Subkulturen zu schaffen.
- Kenner sind vertrauenswürdige Experten, die Informationen interessant zu verpacken wissen und sie gerne mit ihrem Umfeld teilen. Kenner unterstützen ihre Kollegen, ohne belehrend zu wirken.
- Verkäufer haben ein Talent dafür, Menschen von ihrer Meinung zu überzeugen und den richtigen Zeitpunkt dafür zu wählen.
Vermittler und Kenner können zur Verbreitung sozialer Veränderungen beitragen, den Job aber nicht ohne Verkäufer erledigen. Deshalb spielen alle drei Typen in der digitalen Transformation eine Schlüsselrolle.
Die Herausforderung
Digitale Transformation braucht richtig viel Energie, insbesondere in den Anfängen. So schnell wie möglich sollen erste Piloten durchgeführt werden, um das Interesse möglichst vieler Mitarbeitender zu wecken. Die Mundpropaganda aus dem Kernteam muss schnell in Gang gesetzt werden, um die Kernbotschaften zu verbreiten und Interesse für das Neue zu wecken. Erfolgreich sind insbesondere Informationsveranstaltungen, die der Zielgruppe die aktuellen Schritte, bisherigen Erfolge und Piloten aufzeigen.
Wesentlich für den Erfolg einer digitalen Transformation ist, die Veränderung vorzubereiten und den betroffenen Mitarbeitenden aufzuzeigen, wie sie ihre Arbeit digitaler erledigen können. Dazu eignen sich unserer Erfahrung nach Begleitaktionen, die der digitalen Transformation wie Beiboote dienen. In der Schifffahrt werden Beiboote von einem grösseren Schiff mitgeführt für das Übersetzen der Schiffsbesatzung, den Transport von Gütern oder zur Rettung in Seenot. Analog dazu werden Begleitaktionen bei grossen Digital-Initiativen wie Beiboote unterstützend eingesetzt, um den Menschen in der Organisation die digitale Arbeit näher zu bringen. Zum Beispiel werden vergleichbare Best Practices aus anderen Organisationen oder aus aktuellen Forschungsprojekten aufbereitet, um möglichst früh die digitale Welt für die eigene Organisation erlebbar zu machen. Oder anders gesagt: Es geht nicht darum, den Mitarbeitenden schöne Powerpoint-Präsentationen zu zeigen, sondern Hands-on- und Praxisbeispiele, die Mut und Lust auf Veränderung machen.
Ist die digitale Transformation in Ihrer Organisation dementsprechend aufgestellt? Sehr gut. Dann gilt nur eins: Konsequent dranbleiben und nicht verzagen – der Tipping Point kommt!
«Wesentlich für den Erfolg einer digitalen Transformation ist, die Veränderung vorzubereiten und den betroffenen Mitarbeitenden aufzuzeigen, wie sie ihre Arbeit digitaler erledigen können.»
Change Management als Element der Vertragsgestaltung
März 2020
Romeo Minini, lic. iur., Rechtsanwalt, Exec. MBA HSG
Verträge werden abgeschlossen, um eine verbindliche Rechtsgrundlage zu schaffen. Für die Parteien stellen die Rechtssicherheit und die Unveränderbarkeit der vertraglichen Bestimmungen grundlegende Anforderungen an eine Vertragsbeziehung dar. Es fragt sich, ob Änderungsprozesse überhaupt in das System des Vertragsrechts passen. Change Management im Vertragsrecht konzentriert sich auf das Regeln des Verfahrens zur Vertragsanpassung mit Auswirkungen auf die Zukunft. Die nachstehenden Ausführungen zeigen rechtliche Möglichkeiten auf, wie mit Vertragsanpassungen umzugehen ist.
Die Frage nach einer Vertragsanpassung ist hinfällig, wenn der Abschluss und die Erfüllung des Vertrags zeitlich zusammenfallen. Ein solches Rechtsgeschäft liegt vor, wenn bei einem Kaufvertrag der Käufer den Preis bezahlt und der Verkäufer die Kaufsache unverzüglich aushändigt. Ist das Vertragsverhältnis auf eine längere Dauer ausgerichtet, können die Parteien ihre Bedürfnisse oftmals nicht von Beginn weg für die gesamte Vertragsdauer festlegen. Allenfalls ändern sich mit der Zeit die Vorstellungen der Parteien gegenüber den erwarteten Leistungen oder es treten veränderte Umstände ein, mit denen die Parteien beim Vertragsabschluss nicht gerechnet haben. Die Parteien stehen dann vor der Frage, wie sie mit diesen Tatsachen rechtlich umgehen sollen.
Noch heute gilt der Grundsatz nach römischem Recht, dass Verträge einzuhalten sind (pacta sunt servanda). Zugleich ist jedoch auf das Vertrauensprinzip hinzuweisen, das – gestützt auf eine gefestigte Gerichtspraxis – als Grundlage für Vertragsanpassungen zu betrachten ist. Gemäss diesem Prinzip sind Verträge inhaltlich bei wesentlich geänderten Umständen zu korrigieren. Die geänderten Umstände dürfen für beide Parteien beim Abschluss des Vertrags nicht vorhersehbar gewesen sein; die Parteien haben mit ihrem Eintritt somit nicht rechnen müssen. Als weitere Voraussetzung muss aufgrund der geänderten Umstände ein erhebliches Missverhältnis zwischen den Leistungen der Parteien eintreten, das – gestützt auf Treu und Glauben – als stossend zu bezeichnen ist. In der Praxis spielt dieser Grundsatz allerdings eine untergeordnete Rolle, weil dieser Tatbestand selten eintrifft und in der Regel kaum bewiesen werden kann.
Weil keine gesetzlichen Grundlagen für vertragliche Anpassungen bestehen, öffnet sich den Parteien ein breiter Gestaltungsspielraum für passende Lösungen. Die Parteien können grundsätzlich jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen Verträge inhaltlich anpassen. Wie sie zu diesem Ziel gelangen, bleibt ihnen überlassen. Scheitern die Bemühungen der Parteien um einen Konsens, kann das Vertragsverhältnis einvernehmlich oder gestützt auf eine Kündigung beendet werden. Dieses Vorgehen ist einem Streitverfahren mit ungewissem Ausgang und hohen Kostenfolgen stets vorzuziehen.
In langjährigen Vertragsverhältnissen sind die Parteien daher gut beraten, wenn sie Anpassungen im Voraus vertraglich regeln und insbesondere folgende Fragen klären:
- Welches sind die Auslösungsgründe für nachträgliche Änderungen des Vertragsinhalts?
- Welche inhaltlichen Vertragspunkte können geändert werden und welche bleiben unverändert?
- Welche vertragsrechtlichen Anpassungsmöglichkeiten stehen für die Parteien im Vordergrund?
- Wie ist das Verfahren zu regeln?
Soviel vorab: Die eine richtige Antwort gibt es nicht. Vielmehr müssen die Parteien einen Weg suchen, der ihren Bedürfnissen und Anliegen gerecht wird. In der Praxis haben sich etwa folgende formellen und materiellen Vertragspunkte bewährt.
Formelle und materielle Vertragspunkte
Zu den formellen Vertragspunkten gehören die Formvorschriften. Die notwendige Schriftform jeder Vertragsanpassung ist eine Selbstverständlichkeit. Die Parteien beachten bei der Formulierung ihrer Willensäusserungen und verbindlichen Stellungnahmen oftmals zu wenig, dass jede schriftliche Nachricht Beweisqualität aufweist – ob als E-Mail oder unterzeichnetes Schriftstück. Die Parteien können sich in einem Gerichtsverfahren auf diese Unterlagen abstützen, wenn sie Tatsachen begründen, Ansprüche geltend machen oder ihre Position vertreten wollen.
Die vertraglichen Regelungen über die Informations- und Kommunikationsabläufe im Vertragsanpassungsprozess dienen der Transparenz im Verfahrensablauf. Diese Bestimmungen sind auch deswegen von Bedeutung, weil die Mitteilungen der Parteien nicht nur in der korrekten Form ergehen müssen, sondern auch an die zuständigen Stellen. Daher sind die verantwortlichen Instanzen, die Entscheide im Änderungsprozess treffen können, vertraglich festzuhalten.
Zudem sind in den Änderungsprozessen die zeitlichen Verhältnisse zu klären. Die Abläufe im Verfahren müssen terminiert sein, und es gilt für die Parteien, verbindliche Fristen festzulegen. Diese ermöglichen einen strukturieren Ablauf im Zusammenhang mit dem Antrags- und Annahmeverfahren von Änderungsbegehren oder den Stellungnahmen der Parteien. Standardisierte Vorgaben, beispielsweise in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, erleichtern den praktischen Vollzug.
Die Kostenverteilung zwischen den Parteien im Zusammenhang mit den vertraglichen Anpassungen bildet oftmals Gegenstand von Meinungsdifferenzen. In formeller Hinsicht ist festzulegen, welche Partei die Kosten für das Verfahren der Vertragsanpassung trägt. In der Regel teilen die Parteien diese Kosten hälftig. In materieller Hinsicht ist zu klären, welche Kostenfolgen aufgrund der Anpassung der vertraglichen Leistungen eintreten und wie diese Kosten zwischen den Parteien aufzuteilen sind. Ausgangspunkt der Kostenregelung bildet der ursprünglich vereinbarte Vertragsgegenstand. Bestehende Abweichungen sind von derjenigen Partei aufzuzeigen, die sich auf sie beruft. Die Parteien haben den Inhalt und den Umfang der Leistungsänderungen einvernehmlich zu bestimmen. Gestützt auf diesen Konsens, teilen die Parteien die mit diesen Änderungen verbundenen Kosten. Dabei hat grundsätzlich diejenige Partei, die eine Leistungsänderung verlangt, die daraus entstehenden Kosten zu tragen. Oftmals legen die Parteien von diesem Grundsatz abweichende Regelungen über die Kostenteilung fest, namentlich, wenn besondere Umstände in der Vertragsbeziehung ein solches Vorgehen rechtfertigen.
Die Überprüfung der Leistungserfüllung erfolgt allenfalls im Rahmen eines (Vertrags-)Controllings. Mit Hilfe dieser Massnahme sind Differenzen zwischen der Ist-Situation und dem erwarteten Soll-Zustand in Bezug auf die Vertragserfüllung festzustellen. Das Ergebnis dient als Grundlage für die Vertragsanpassungen. Die Parteien haben Folgendes einvernehmlich zu vereinbaren: die Abläufe der Kontrollen, die Abwicklung der Prüftätigkeiten, die Beschreibung der Prüfergebnisse und die Berichterstattung.
Fazit
Vertragliche Bestimmungen, die sich mit Anpassungen des Vertragsinhalts befassen, gehören zwingend in einen Vertrag mit einer längeren Laufzeit. Solche Bestimmungen berücksichtigen die seit Vertragsabschluss eingetretenen veränderten Umstände sowie die angepassten oder erweiterten Anforderungen der Parteien an den ursprünglich vereinbarten Vertragsgegenstand. Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Rechtssicherheit und zum Vertrauen der Parteien in ihre Willensäusserungen, zu denen auch die Regelungen über das Change Management im Vertragsrecht zählen.
«Vertragliche Bestimmungen, die sich mit Anpassungen des Vertragsinhalts befassen, gehören zwingend in einen Vertrag mit einer längeren Laufzeit.»
Arbeiten Sie permakulturell?
März 2020
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH
In der Arbeitswelt zeigen aktuelle Untersuchungen: Mitarbeitende sind zunehmend gestresst. Aktuell gibt beinahe ein Viertel aller Erwerbstätigen in der Schweiz an, dass sie am Arbeitsplatz sehr oft gestresst sind. Erstaunlicherweise ist die Zunahme der Stressgeplagten bei den unter 30-Jährigen am stärksten und diese Altersgruppe weist auch den höchsten Anteil Stressgeplagter auf. Beinahe die Hälfte der gestressten Personen geben an, dass sie sich am Arbeitsplatz emotional erschöpft fühlen. Dies gilt als Zeichen für ein hohes Burnout-Risiko und damit einhergehend für einen mittelmässigen bis schlechten Gesundheitszustand. Welche Folgen diese Tatsachen auf unsere Arbeitswelt und die Leistungsfähigkeit jeder Organisation haben, ist leicht vorzustellen.
Die Anzeichen von echtem Stress – im Gegensatz zu gesundem Stress – mit seinen verschiedenen Ausprägungen sind in vielen Unternehmen feststellbar. Sie reichen von messbaren Indikatoren wie Krankheitstagen oder Fluktuationsrate bis zu zwischenmenschlichen Problemen. Dabei sind die Kommunikation und die Umgangsformen in einer Unternehmung ein untrügliches Merkmal dafür, wie es um die zwischenmenschlichen Probleme bestellt ist. Unter starkem Stress mündet die Kommunikation in ungelöste und unausgesprochene Konflikte.
Der Umgang mit dieser Situation zeigt sich in den Unternehmen sehr unterschiedlich. Viele Unternehmen implementieren einzelne Massnahmen, die kurzfristig von Erfolg gekrönt scheinen, jedoch auf die Dauer ihre Wirkung verlieren. Konkret reichen diese Massnahmen von der Einrichtung eines Kummerkastens, über Teamanlässe bis zu verbesserten Arbeitsmitteln. Obwohl die einzelnen Massnahmen meist sinnvoll sind, fehlt die ganzheitliche Problemerfassung und somit auch das Verständnis, dass man die Themen an den Wurzeln bearbeiten muss. Die fehlende ganzheitliche Problemerfassung zeigt sich in der Folge in einem unzureichenden Verständnis für das Problem, in einer mangelnden Selbstreflektion der involvierten Personen oder in der Ablenkung vom eigentlichen Problem oder Konflikt.
Machen Sie es wie die Pflanzen!
In der Pflanzenwelt zeigen sich Stressreaktionen immer dann, wenn ein Faktor zum gesunden Gedeihen überwiegt oder zu einseitig eingesetzt wird. So steigert zum Beispiel die Stickstoffdüngung zwar das quantitative Pflanzenwachstum, führt aber bei übermässigem Einsatz zur Schwächung der Pflanze gegenüber Krankheiten oder Schädlingen und letztlich zum Verlust der Widerstandskraft.
Erwägt ein Unternehmen eine ganzheitliche Problemerfassung – und somit auch eine langfristig erfolgreiche Beseitigung des Problems – bewähren sich Pflanzensysteme als Vorbilder. Eines dieser erfolgreichen Systeme für die geschilderte Problemstellung ist die Permakultur. Dabei handelt es sich um ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau, das darauf basiert, die Pflanze als Gesamtorganismus in ihrem Umfeld zu betrachten und daraus die entsprechende Kultivierung für ein optimales Gedeihen und einen nachhaltigen Ertrag abzuleiten. Die Permakultur zeichnet sich dadurch aus, dass unabhängige, widerstandsfähige und ausgewogen verteilte Lebensräume geschaffen werden. Permakulturell gestaltete Lebensräume werden als Systeme aufgefasst, in denen das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen so miteinander kombiniert ist, dass die Systeme zeitlich unbegrenzt funktionieren. Das Ziel einer permakulturellen Planung: Die geschlossenen Stoffkreisläufe schaffen langfristig stabile Ökosysteme, die sich selbst erhalten und nur noch minimaler Eingriffe bedürfen.
Übertragen in die Arbeitswelt heisst das: Die Permakultur ist die Arbeitsorganisation und die Eingriffe sind die Handlungen der Führungspersonen. Eine für die entsprechende Unternehmung adäquate Arbeitsorganisation ist die Basis eines firmeninternen Ökosystems, in dem sich wirtschaftlich widerstandsfähige Lebensräume entwickeln. Diese Arbeitsorganisation ist eingebettet in die strategische Ausrichtung, in die Unternehmenskultur, die Prozessreifegrade, in die Personalausstattung und in die Veränderungsbereitschaft der Unternehmung. In stressgefährdeten Unternehmen fehlen diese Gesamtschau und das konsequent abgestimmte Justieren aller Stellschrauben für ein funktionierendes Unternehmenssystem.
Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme. Kombinieren Führungspersonen eine adäquate Arbeitsorganisation mit Wertschätzung und Verständnis für ihre Mitarbeitenden, so sinkt der Stresspegel der Mitarbeitenden – und einem gesunden unternehmerischen Ökosystem steht nichts im Wege. Arbeiten Sie bereits permakulturell?
«Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme.»
BSG-Geschäftsbericht 2018
Juli 2019
BSG Unternehmensberatung AG, St.Gallen
Unsere Beratungsthemen waren im Jahr 2018 ausnahmslos spannend und anspruchsvoll. Wir stellen fest: Das Risikomanagement in Projekten und auf Konzernstufe gewinnt an Bedeutung. Ebenfalls erwähnenswert sind die verschiedenen Mandate für Interimsmanagement. Sei es als Leiter Informatik, stellvertretender Geschäftsleiter oder Betriebsleiter – BSG-Berater kommen in unterschiedlichen Bereichen zum Einsatz.
Neben langjährigen und treuen «Stammkunden» hat in diesem Jahr eine ganze Reihe neuer Klienten unsere Dienste in Anspruch genommen. So ergab sich erneut eine vielfältige Produktpalette – vom Aufbau und Einsatz neuer Technologien wie der Blockchain bis zur Organisationsentwicklung mit Führungsunterstützung des Kaders. Das klassische Projektgeschäft, das wir sowohl für die öffentliche Hand als auch für KMU und Industrie erbringen, war eine grosse Stütze, wie eh und je. Mit einem Umsatz von CHF 3.3 Millionen und einem Personalbestand von 11 Mitarbeitenden am Jahresende sind wir zufrieden.
Ein starkes Gewicht in unserem Beratungsalltag hat nach wie vor die öffentliche Hand. Vor zusätzliche und neuartige Aufgaben gestellt und mit laufenden Optimierungen konfrontiert, suchte sie vor allem die BSG-Kompetenzen bei den Schnittstellen zwischen Technik, Informatik und Betriebswirtschaft.
«Die Leidenschaft für das Beratungsmetier treibt uns täglich an – weil es an uns stets neue Herausforderungen stellt.»
Produktivität und nicht Geld schafft nachhaltiges Wachstum
Mai 2019
Maurus Fässler, M.A. HSG Banking & Finance
Der weltweite Hype um Wachstum, steigenden Umsatz und erhöhte Profitabilität erhält keinen Abbruch. Die Verbesserung von Effizienz und Effektivität lässt sich in jeder Unternehmensstrategie finden. Auf volkswirtschaftlicher Ebene dominieren ebenfalls reine Wachstumskennzahlen: Vergleiche der Umsatzzahlen zu Vorjahren, vorherigen Quartalen und die Meinung von Finanzanalysten. Und selbst Notenbanken richten ihre Geldpolitik zunehmend nach der Beschäftigungs- und Wachstumssituation ihrer Volkswirtschaften statt nach ihrem Kernauftrag, der Preisstabilität.
Der Umsatz, also die verkauften Einheiten multipliziert mit dem Verkaufspreis, bildet die Basis der Budgets von Unternehmen und öffentlicher Hand. Sind die Einnahmen am Ende eines Jahres höher als die Ausgaben, wurde ein Überschuss oder ein Gewinn erwirtschaftet. Insbesondere Start-ups und kleinere KMU möchten durch ein Umsatzwachstum die mengenunabhängigen Fixkosten auf eine höhere Menge produzierter Güter oder Dienstleistungen verteilen und so Skaleneffekte erzielen. Die industrielle Revolution wird oft als gutes Beispiel für solche Effekte herangezogen und hat unsere Sicht-weise nachhaltig geprägt. Die Erfolgsformel lautet also: Je mehr Umsatz generiert wird und damit Grössen- oder Skaleneffekte zum Tragen kommen, desto besser ist das Unternehmen aufgestellt oder desto höher ist der Wohlstand in einem Staat. Dieses Bild ist sehr trügerisch und wird dennoch oft von renommierten Medien rezitiert. So wird seit der letzten Finanzkrise regelmässig davor gewarnt, dass einige Länder in eine Rezession schlittern oder sich in einer solchen befinden. Dabei ist eine Rezession lediglich die Abnahme des Umsatzes eines Staates, also des Bruttoinlandprodukts, während ei-nes halben Jahres.
Ist Wachstum der richtige Fokus?
Fakt ist: Wachstum allein führt noch nicht zu Wohlstand. Der Umsatz einer Volkswirtschaft kann beispielsweise manipuliert werden, indem der Staat als Abnehmer von Produkten und Dienstleistungen auftritt. Dies kommt im Grunde einer Subvention der betroffenen Unternehmen gleich. Die Finanzierung solcher Staatsausgaben erfolgt dabei oft über die Aufnahme von Schulden. Letzteres ist die Ursache für die Warnrufe einiger Wirtschaftsmedien. Seit einer Dekade hat auf Ebene der Unternehmen und Staaten die Aufnahme von Schulden stark zugenommen, weil die Schuldzinsen durch die Notenbanken auf ein Minimum festgelegt wurden. Die niedrigen Refinanzierungskosten für die Bedienung der Zinsen erlaubt den Schuldnern die Aufrechterhaltung des Staats- oder Wirtschaftsbetriebs – an die Rückzahlung der Schulden wollen die Schuldner gar nicht denken, weil das Schuldenmachen so bequem und billig ist. Welcher Politiker möchte nicht seine Wiederwahl durch grosszügig an seine Wähler verteiltes Geld sichern? Diese Entwicklung zeigt, dass die rein umsatzbezogene Betrachtungsweise sehr irreführend ist und leider nicht die nachhaltige Entwicklung von Unternehmen und Staaten wiedergibt.
Produktivität setzt den Output dem Input gegenüber
Im Gegensatz zur reinen Wachstumsbetrachtung setzt die Produktivität dem Output stets den dafür benötigten Input gegenüber. Um die Produktivität zu steigern, muss entweder derselbe Output mit weniger Inputfaktoren erbracht, oder mehr Output mit denselben Inputfaktoren erwirtschaftet werden. So wird heute mit der Unterstützung von Technik versucht, den Menschen über automatische Workflows zu entlasten oder ihn im Arbeitsprozess gänzlich überflüssig zu machen. Die Zunahme der Produktivität trägt so wesentlich zur Steigerung des Lebensstandards in einem Staat bei. Das Lohnwachstum ist zum Beispiel häufig die Folge von Produktivitätsgewinnen. Je höher die Produktivität eines Unternehmens oder eines Staates ist, je mehr Produktivitätswachstum also erzielt wird, desto weniger kritisch wird für diese Schuldner die künftige Bedienung der Schulden und Schuldzinsen. In der Vergangenheit nahm das Produktivitätswachstum insbesondere während der industriellen Revolution deutlich zu und führte zu einem Wohlstandsschub in den betroffenen Nationen.
Heute jedoch ist das Produktivitätswachstum in vielen entwickelten Volkswirtschaften in gewissen Branchen seit Jahren rückläufig. In der Schweiz betraf dies beispielsweise die Energieversorger. Das Bundesamt für Statistik bestätigt dies, zeigt aber gleichzeitig auf, dass andere Branchen, etwa die Pharmazie oder der Grosshandel, Produktivitätswachstum insbesondere mit dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien erzielen. Aufgrund dieser Ergebnisse kann heutzutage in Anlehnung an die industrielle Revolution von einer IT-Revolution hinsichtlich der Produktivitätssteigerung gesprochen werden. Viele Unternehmen haben in der IT-Revolution beziehungsweise der Digitalisierung eine zentrale Opportunität für die Steigerung ihrer Produktivität entdeckt; die Praxis zeigt indessen, dass sich die meisten Unternehmen noch mitten im Entwicklungsprozess befinden. Folglich ist die Produktivitätssteigerung durch die IT-Revolution längst nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Heute bietet die Digitalisierung allen Wirtschaftszweigen eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung.
Die Produktivität mit der Digitalisierung gezielt erhöhen
Digitalisierung heisst: Informationen werden elektronisch verfügbar gemacht und standardisierte Prozesse laufen automatisiert ab. Im Wesentlichen bedeutet Digitalisierung die Fokussierung auf das Kerngeschäft. Oder anders ausgedrückt: Es steht mehr Zeit für Tätigkeiten zur Verfügung, die direkt einen Erfolgsbeitrag an das Kerngeschäft leisten. Unproduktive Arbeiten, der Ballast, wird abgeworfen und als Folge davon erhöht sich die Freiheit der Mitarbeitenden für kreative Arbeiten, aus denen wiederum Innovationen entspriessen können.
Das Revolutionäre an der Digitalisierung ist, dass die Produktivität auf viele Stakeholder in- und ausserhalb des Unternehmens verteilt wird und gemeinsam mit Lieferanten und Kunden die Prozessbetrachtung end-to-end stattfindet. Damit wird unabhängig vom Wirtschaftssektor eine Produktivitätssteigerung möglich. Die Digitalisierung ermöglicht im ersten und zweiten Sektor, die Wertschöpfungskette nachzuvollziehen und zu optimieren. Im dritten Sektor werden vermehrt Prozessschritte automatisiert, und das Arbeitsumfeld verändert sich grundlegend. Die Digitalisierung führt aber auch zu einer veränderten Zusammenarbeit über Organisationsgrenzen hinweg: Die zunehmend kritische inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Kerngeschäft und die erhöhte Mobilität der Mitarbeitenden erfordern eine Weiterentwicklung der Organisation sowie die Etablierung einer Vertrauenskultur aufgrund der neu geschaffenen Freiheiten und Transparenz.
Arbeitsweise und Organisation müssen sich also ändern, um sich wieder auf das Kerngeschäft fokussieren zu können. Dies bedingt neue Führungskompetenzen wie Kommunikation, Menschlichkeit, Vernetzungsfähigkeit, Medienkompetenz, Teamfähigkeit und Veränderungsfähigkeit. Für Fachwissen dient das Internet als Bibliothek. Nur wenn die technischen Möglichkeiten genutzt werden und in der Unternehmenskultur ihren Platz finden, lassen sich die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Wie oft verweilen wir in unproduktiven Sitzungen, die aufgrund der Formalität und der unkritischen Auseinandersetzung mit dem Kerngeschäft zu keinem Fortschritt führen? Wie oft haben wir lange Anreisezeiten, um schliesslich nur den veralteten sozialen Gepflogenheiten nachzukommen?
Fazit
Nachhaltiges Wachstum und die damit verbundene Produktivität stellen die eingesetzten Mittel dem generierten Output gegenüber. Insbesondere die Digitalisierung ermöglicht eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität, sofern sie gezielt erfolgt und sofern ein Unternehmen mit der neu gewonnenen Flexibilität und Transparenz umzugehen weiss. Dazu braucht es eine starke Vertrauenskultur sowie neue Führungskompetenzen. Ein Umdenken, das sich lohnt, denn so lassen sich die neu gewonnenen Freiheiten der Mitarbeitenden in produktive Arbeiten ummünzen.
«Nachhaltiges Wachstum und die damit verbundene Produktivität stellen die eingesetzten Mittel dem generierten Output gegenüber.»
Das papierlose Büro
Mai 2019
Marco Solenthaler, B.Sc. FHO Business Administration
Die Themen Digitalisierung und Automatisierung sind omnipräsent und bestimmen je länger je stärker den Alltag: Daten werden online ausgetauscht, Notizen am Laptop erstellt, Zahlungen via E-Banking getätigt, Auswertungen automatisch generiert – die Beispiele sind vielfältig. Die Digitalisierung soll Prozesse beschleunigen, erleichtern, automatisieren, fehler- und papierlos machen. Doch wie sieht die Realität aus?
Tablets und Softwarelösungen ermöglichen heutzutage das papierlose Büro. Nun stellt sich die Frage, ob und wie diese Möglichkeiten genutzt werden. Die digitale Transformation wird nur zu einem kleinen Teil von technologischen Entwicklungen angetrieben, einen viel grösseren Einfluss haben das Verhalten und die Arbeitsweise des Einzelnen. Der Mensch tut sich schwer mit Veränderungen, und so fällt es ihm nicht einfach, mit der rasanten Entwicklung der Technologie Schritt zu halten. So werden beispielsweise Notizen auch heute noch vermehrt handschriftlich gemacht, obwohl mit Tablets und Convertibles ein digitaler Ersatz bestünde. Welchen konkreten Nutzen hat die Digitalisierung überhaupt? Und welche konkreten Vorteile könnten Menschen dazu bringen, die digitalen Ersatzlösungen zu nutzen?
Werden Notizen digital erfasst, sind sie im Vergleich zu handschriftlichen Notizen leserlicher, schneller sortiert, beständiger, sicherer, einfacher wiederzufinden und somit zugänglicher. Im Vergleich dazu sind handschriftliche Notizen schneller erfasst und bleiben effektiver im Gedächtnis, weil sich der Schreibende stärker mit dem Inhalt auseinandersetzen muss. Eine hybride Lösung mit Stift und Tablet vereint somit die Vorteile beider Varianten.
Was braucht es wirklich?
Bis Ende 2016 verunmöglichten Gesetze das papierlose Büro bei bestimmten Rechtsgeschäften, da sie eine eigenhändige Unterschrift verlangten. Seit dem 1. Januar 2017 ist die qualifizierte elektronische Unterschrift nach ZertES in Verbindung mit einem qualifizierten Zeitstempel der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt. Sie wird jedoch (noch) nicht flächendeckend eingesetzt. Grund dafür ist der zusätzliche organisatorische und technische Aufwand für die Anerkennung der elektronischen Unterschrift. Für ein komplett papierloses Büro allerdings bedarf es dieses Aufwands.
Die Vorteile des papierlosen Arbeitens liegen auf der Hand: Es erhöht die Übersichtlichkeit in Unternehmen. Beteiligen sich an einem Projekt mehrere (Teilzeit-)Mitarbeitende, ist ein elektronischer Daten- und Informationsaustausch unumgänglich. In der Wertschöpfungskette müssen auch Lieferanten und Kunden in den Prozess des papierlosen Arbeitens einbezogen werden: von der unverbindlichen Anfrage, über die Offerte, den gesamten Informationsaustausch bis hin zur abschliessenden Rechnungsstellung. Soweit es die Zugriffsberechtigung erlaubt, müssen die Daten für alle Beteiligten zugänglich sein.
Digitalisierung ist zudem eine Frage der Qualität, die sich aus Effektivität, Effizienz und Verlässlichkeit zusammensetzt. Effektivitäts- und Effizienzsteigerung sind unter anderem durch Analysen und Optimierungen von Prozessen möglich. In puncto Verlässlichkeit ist es wichtig, dass Daten jederzeit, orts- und geräteunabhängig abrufbar sind. Mit anderen Worten: Die Verlässlichkeit muss so hoch sein, dass keine physischen Dokumente mehr nötig sind. Dies gelingt, wenn eine möglichst standardisierte und zentrale Datenverwaltung vorhanden ist. Eine einheitliche, gut aufgebaute Datenverwaltung ermöglicht zudem Echtzeit-Auswertungen.
Der Wandel von der manuellen Tätigkeit hin zum vollumfänglich digitalen Bewusstsein bedarf mehr als nur des Wechsels des Mediums. Essentiell ist die Überarbeitung (nicht zu verwechseln mit der Optimierung) der eigenen Prozesse. Dieses Verständnis teilen heute noch wenige Unternehmen. Tatsache ist: Ein schlecht durchgeführter Prozess wird durch die Digitalisierung nicht besser, nur digital. Um eine Verbesserung zu erzielen, ist die Nutzung des technischen Fortschritts sowie ein Wandel des Arbeitsverhaltens notwendig. Die Unternehmensführung muss bzw. die Führungspersonen im Unternehmen müssen den Wandel fördern, indem sie ihn aus innerer Überzeugung vorleben.
Erst die Anpassung und Optimierung der angewendeten Mittel, verbunden mit neuen Arbeitsmethoden, ermöglichen ein papierloses, effizienteres Büro. Durch die Digitalisierung bieten sich Unternehmen ganz neue Chancen zur Veränderung, wie der Aufbau neuer Geschäftsfelder oder die effektive Nutzung vorhandener Daten. Umgekehrt treibt der Wille zur Veränderung digitale Ideen voran, was sich wiederum positiv auf das papierlose Büro auswirkt.
«Die digitale Transformation wird nur zu einem kleinen Teil von technologischen Entwicklungen angetrieben, einen viel grösseren Einfluss haben das Verhalten und die Arbeitsweise des einzelnen Menschen.»
Macht in Organisationen
Mai 2019
Anela Fivaz, B.A. Politik-, Verwaltungswissenschaften und Soziologie / Exec. MBA
«Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht», wird der ehemalige US-Präsident Abraham Lincoln zitiert. Menschen mit Macht zeigen also ihr wahres Gesicht. Aber muss das per se etwas Schlechtes sein?
Macht verbinden wir mit Herrschaft, Stärke und Einfluss, aber auch mit Machtmissbrauch, Machtwahn oder einem unguten Gefühl von Machtlosigkeit und Ohnmacht. Macht ist jedoch ein wichtiger positiver Faktor, um unser gesellschaftliches Miteinander zu regeln. Wir bevollmächtigen jemanden, der unsere Interessen vertreten soll und auch eine Organisation, die keinerlei hierarchische Strukturen aufweist, ist zweifellos nicht vorstellbar. So sind klare Über- und Unterstellungsverhältnisse, die Regelung von mehr oder weniger Kompetenzen und Verantwortung die Basis für einen geordneten Betrieb. Führungspersonen haben ohne Zweifel Macht. Sie können ihre Mitarbeitenden sanktionieren, beurteilen und deren Entwicklung fördern oder behindern. Gleichwohl braucht es Schranken, damit Macht nicht missbraucht wird. Diese Schranken können institutioneller Art (z.B. Gewaltenteilung) oder aber soziokultureller Art sein (Werte, Moral, Normen, Kultur).
Im Rahmen unserer Beratungstätigkeit stossen wir auf Organisationen, deren Machtverhältnisse im Ungleichgewicht sind. Indikatoren hierfür sind beispielsweise, dass um Mitarbeitende «herum» organisiert wird, Interessen einzelner Mitarbeitender stark im Vordergrund stehen oder die Führungsperson trotz vieler Versuche keine Änderungen oder Innovationen durchsetzen kann. Wie kann das sein? Verfügt die Führungsperson doch allein aufgrund ihrer Stellung über eine hierarchisch gestützte Macht.
Zu einer Asymmetrie der Kräfteverhältnisse kommt es dann, wenn sich unabhängig von der formalen Organisation in der Interaktion der Organisationsmitglieder informelle Machtstrukturen herausbilden, die das Geschehen in mindestens ebenso starkem Masse beeinflussen wie die formale Hierarchie.
Die Wissenschaftler Crozier und Friedberg haben dieses Phänomen untersucht und erkannt, dass es in Organisationen vier wichtige Ressourcen gibt, die den Organisationsmitgliedern Macht verleihen. Diese Macht ist zum Teil noch bedeutender als die formal-hierarchische.
Machtressource: Expertenwissen
Erläuterung: Hier ist der Besitz einer nur schwer ersetzbaren funktionalen Fähigkeit gemeint, die für die Organisation von entscheidender Bedeutung ist. Dank diesem «Monopol» lassen sich Vorteile und Privilegien aushandeln.
Machtressource: Nutzung der Umweltkontakte/Netzwerke
Erläuterung: Umweltkontakte und Netzwerke sind Beziehungsgeflechte zu Verbündeten und Gleichgesinnten. Sie ermöglichen die Bildung von Allianzen und bevorteilen Mitglieder eines solchen Netzwerks.
Machtressource: Kontrolle über Kommunikations- und Informationskanäle
Erläuterung: Die Weitergabe oder Zurückhaltung wichtiger Informationen ist eine sehr bedeutende Machtressource. Auch die Streuung falscher Informationen zählt hier dazu.
Machtressource: Benutzung organisatorischer Regeln
Erläuterung: Organisatorische Regeln reduzieren den Freiraum von Untergebenen. Gleichzeitig bieten sie Untergebenen aber auch Schutz vor der Willkür des Vorgesetzten. Dieser Schutz kann von Mitarbeitenden zu ihren Vorteilen ausgenutzt werden.
Beispiele aus der Praxis
Machtressource Expertenwissen: Ein Mitarbeitender missachtet ständig die Regeln und verbreitet schlechte Stimmung. Er hat jedoch über Jahre hinweg eine eigene, individuelle Softwarelösung entwickelt, die für das Unternehmen von grosser Bedeutung ist. Sein Vorgesetzter sanktioniert ihn nicht, weil er dessen Kündigung und den Wissensverlust fürchtet.
Machtressource Umweltkontakte/Netzwerke: Eine Mitarbeitende der Verwaltung erbringt nicht die gewünschte Leistung. Es wird darüber hinweggesehen, da sie Mitglied eines politischen Gremiums ist und dort grosses Gewicht hat.
Machtressource Kontrolle über Informations- und Kommunikationskanäle: Die Chefsekretärin wird von allen Abteilungsleitern besonders bevorzugt behandelt. Sie hat die Befugnis, den Kalender des Geschäftsführers zu verwalten und entscheidet, wer wie schnell einen Termin erhält.
Machtressource Benutzung organisatorischer Regeln: Ein wichtiger Auftrag kann nicht bearbeitet werden. Der Grund: Der zuständige Mitarbeiter ist nicht gewillt, Überstunden zu leisten und verweist auf die Regelung in seinem Arbeitsvertrag. Eine andere Mitarbeiterin will die Aufgabe nicht übernehmen und verweist auf ihre Stellenbeschreibung.
Machtressourcen können somit auch als Trümpfe bezeichnet werden. Verfügen Mitarbeitende über einen oder mehrere Trümpfe, können sie die Spielregeln in der Organisation zu ihren Gunsten verändern und sich damit gewünschte Freiräume schaffen. Doch: Was kann eine Führungsperson tun, damit das Kräfteverhältnis wieder ausbalanciert ist?
Wer nun ein Patentrezept, ein passendes Instrument oder eine Methodik erwartet, wird an dieser Stelle enttäuscht. Eine Möglichkeit der Führungsperson, aktiv und zielgerichtet zu reagieren, ist, sich der Trümpfe ihrer Mitarbeitenden bewusst zu sein. Hierzu ist es erforderlich, die Mitarbeitenden mit ihrem Reifegrad, ihrer Motivation und ihrem Wertekonstrukt genau zu kennen, um entsprechende Massnahmen einleiten zu können. Massnahmen können organisatorischer Art sein: Das Expertenwissen wird auf mehrere Personen verteilt und die Zuständigkeiten, Kompetenzen und Verantwortung im Team weiterentwickelt. Als sehr erfolgsversprechend gilt auch das gemeinsame Entwickeln von Werten. Sind die Werte der Mitarbeitenden und der Führungsperson (oder gar des Unternehmens) konform oder zumindest kompatibel, ist eine Machtasymmetrie eher selten.
Asymmetrischen Machstrukturen kann also begegnet werden. Konkret heisst das: Bereits bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden muss auf deren Wertekonstrukt geachtet werden. Zudem empfiehlt es sich, die Werte gemeinsam zu entwickeln und jedes Handeln nach innen und aussen daran auszurichten. Unabhängig davon empfiehlt es sich jedoch immer, die Organisation im Hinblick auf Aufgaben, Zuständigkeiten und Kompetenzen weiterzuentwickeln.
«Führungspersonen haben ohne Zweifel Macht. Sie können ihre Mitarbeitenden sanktionieren, beurteilen und deren Entwicklung fördern oder behindern. Gleichwohl braucht es Schranken, damit Macht nicht missbraucht wird.»
Motivorientierte Organisationsentwicklung
Mai 2019
Roman P. Büchler, Master of Business Management ZfU
Kaum jemand will einer Arbeit nachgehen, die aus seiner Sicht keinen sinnvollen Wert darstellt. Fakt ist jedoch: An vielen Arbeitsplätzen werden Tätigkeiten ausgeführt, die nicht zum intrinsischen Wertesystem des beauftragten Mitarbeitenden passen. Das ist fatal und wirkt sich enorm auf die Wertschöpfung einer Organisation aus. Hier liegt viel Optimierungspotenzial brach, das sich mit einer schlanken Methode adressieren lässt – der Motivorientierten Organisationsentwicklung.
Führungskräfte und ihre Organisationseinheiten schaffen es oft nicht, ihre Potenziale in positive Energie umzuwandeln. In vielen Fällen beschäftigen sich die Menschen in Organisationen mit Aufgaben, die nicht zu ihnen passen oder für die sie nicht geschaffen sind. Dies geschieht meistens, weil Aufgaben an die vermeintlich besten Fachkräfte übertragen werden, obwohl deren Arbeitsmotive nicht den zugewiesenen Aufgaben entsprechen. Dies führt dazu, dass Mitarbeitende nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen können oder wollen.
Führen heisst: Menschen mit den passenden Aufgaben beauftragen
Oft werden die Besten ihres Fachs so lange weiterbefördert, bis sie das Höchstmass ihrer Inkompetenz erreicht haben. Die These lautet, dass eine Organisation kompetente Menschen so lange befördert, bis sie eine Position besetzen, für die ihr Kompetenzniveau nicht mehr ausreicht. Ist dies der Fall, gibt es für die betroffenen Mitarbeitenden zwei mögliche Szenarien: Die einen erkennen das Problem und ziehen daraus die richtigen Schlüsse, andere wiederum erfassen selbst nach einer externen Organisationsanalyse nicht, dass sie ihre Position und ihre Aufgaben kritisch beleuchten oder gar einen entscheidenden Schritt zurück machen sollten – zum Wohle aller.
Die Erfahrung zeigt: Selten werden die täglichen Aufgaben systematisch hinterfragt, weder von den Führungskräften, noch von den ihnen unterstellten Mitarbeitenden. Daraus entsteht in der Regel mittel- bis langfristig das, was «Dienst nach Vorschrift» genannt wird. Die Gefahr dabei: Mitarbeitende können sich nicht entfalten, sehen kaum einen Sinn in ihren täglichen Aufgaben und ziehen abends frustriert von dannen – viel gearbeitet, wenig Brauchbares generiert.
Lebensmotive als Grundlage für Leistungssteigerung
Es ist eine entscheidende Führungsaufgabe, die Menschen ihren Lebensmotiven entsprechend in der Organisation einzusetzen. Das bedingt, sich mit den Motiven der Mitarbeitenden zu beschäftigen. Denn: Wer weiss, warum die Mitarbeitenden zur Arbeit kommen und was sie antreibt, kann sie entsprechend einsetzen und erzielt damit einen höheren Wirkungsgrad. Dieser Wirkungsgrad dient sowohl der Führungskraft, als auch dem Mitarbeitenden. Mehr noch: Er prägt die Gesamtorganisation und somit die Wahrnehmung des Kunden.
Die Methode des Reiss Motivation Profile2, kurz RMP, ist eine detaillierte Beschreibung des grundlegenden Wertesystems eines Menschen. Es weist die spezifischen Zusammenhänge zwischen Motiven, Wertvorstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen nach. Zusammen bilden sie das Wertesystem eines Menschen, das erfüllt sein muss, damit er im Einklang mit seinen Motiven leben und arbeiten kann.
Die Wirkung
Die Motivorientierte Organisationsentwicklung setzt somit auf die intrinsische Motivation von Führungskräften und Mitarbeitenden. Um diese zu erkennen, dient das RMP. Motivation und somit erfolgreiche Aufgabenerfüllung hängen insbesondere von der Erfüllung der eigenen Lebensmotive ab. Sind diese Motive bekannt, lassen sich Prozesse, Organisation und Teamzusammensetzung deutlich effektiver und effizienter gestalten. Weit effektiver ist jedoch: Bereits bei der Besetzung von Führungskräften und Mitarbeitenden zu prüfen, ob die Motive der Kandidaten zur Organisation und insbesondere zu den massgebenden Kernaufgaben passen.
«Es ist eine entscheidende Führungsaufgabe, die Menschen ihren Lebensmotiven entsprechend in der Organisation einzusetzen. Das bedingt, sich mit den Motiven, Wertvorstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen der Mitarbeitenden zu beschäftigen.»
Blockchain ganzheitlich umgesetzt
Mai 2019
Iwan Schnyder, Dipl. El.-Ing. ETH / MAS FHO BAE
Blockchain ist eigentlich nur eine Datenstruktur. Dennoch kann sie als disruptive Innovation mit enormem Potenzial verstanden werden – und einem Unternehmen vielseitigen Mehrwert bringen.
Das Internet und die Digitalisierung haben die Disintermediation – also den Wegfall von Intermediären entlang der Wertschöpfungskette – in fast alle Geschäftsprozesse gebracht. Dadurch entstanden neue Marktteilnehmer und neue Konzepte, bei denen es keine scharfe Trennung von Produzenten und Konsumenten mehr gibt. Eine Wertschöpfungskette wird zum Wertschöpfungsnetz oder Wertschöpfungskreislauf. Konsumenten und Produzenten werden zu Prosumern; das heisst, sie sind gleichzeitig Produzent und Konsument. So sind Solarzellenbetreiber in der Stromproduktion sowohl Produzenten als auch Konsumenten. Und die Benutzer von Mobiltelefonen sind einerseits Konsumenten von Geodaten, und produzieren gleichzeitig fortlaufend – gewollt oder ungewollt – Informationen über den Zustand der Welt.
Grosse Macht hat folglich, wer die Informationen über alle diese Ökosysteme besitzt und verwaltet. Fakt ist: Die Marktteilnehmer sind von zentralisierten, globalen Informationsverwaltern abhängig geworden. Man ist auf diese Intermediäre angewiesen und muss ihnen vertrauen, um seine digitalen Besitz- und Zugangsrechte zu organisieren.
Was aber, wenn man Geschäftsprozesse ohne diese Intermediäre abwickeln möchte? Kann man dadurch vielleicht sogar effizienter werden? Und kann man sogar Prozesse erstellen, die es in dieser Form bis dato gar nicht gab?
Alles nur Bitcoin?
Bitcoin ist das wohl bekannteste Beispiel für eine Blockchain-Anwendung, nämlich als Währungsalternative. Der Währungsaspekt der Blockchain-Technologie ist jedoch bei Weitem nicht die einzige Anwendung, ganz im Gegenteil. Die Organisation und der Handel von Nutzungsrechten aller Art sowie Identifikationslösungen sind prädestinierte Einsatzgebiete für die Blockchain. Oder ganz generell gesagt: Überall dort, wo Transparenz und Nachverfolgbarkeit einen Mehrwert generieren, lohnt es sich, den Einsatz von Blockchain bei bestehenden Geschäftsfeldern und Prozessen zu prüfen. Zudem ermöglicht die grundsätzlich neue Datenstruktur disruptive Geschäftsfelder resp. Geschäftsmodelle. Das heisst, Geschäftsfelder oder -modelle, die den Status Quo komplett umstrukturieren beziehungsweise «zerschlagen» und in ihrer Form komplett neu sind.
Herausforderung Umsetzung
Da es sich bei Blockchain allerdings nicht um eine sogenannte inkrementelle Innovation handelt, also um eine stetige und schrittweise Verbesserung von bestehenden Prozessen oder Geschäftsmodellen, hadern viele Organisationen mit der Implementierung und Umsetzung der Technologie.
Bei der Evaluation, ob und wie Blockchain für eine Organisation Mehrwert generieren kann, ist ein umfassender respektive systemischer Ansatz Grundvoraussetzung für den Erfolg. Das bedeutet: Es ist notwendig, nicht nur das eigene Unternehmen und Geschäftsfeld, die eigene Branche und den eigenen Markt zu analysieren, sondern auch die bestehenden Strukturen zu hinterfragen und neue zu skizzieren.
So ist die Schweizer Nationalbank aufgrund der Blockchain-Technologie nicht mehr die einzige Emittentin von Schweizer Franken. Es gibt den privaten digitalen Schweizer Franken und Blockchain-basierte Anleihen in Schweizer Franken, die als sichere Kryptowährung oder sichere Anlagen gebraucht werden können. Ebenso nutzen mittlerweile etliche Firmen Blockchain-basierte Lieferketten, beispielsweise der WWF, der an einer transparenten, direkten und deshalb Blockchain-basierten Spendenplattform arbeitet.
3B-M-Methodik
Um eine effektive und zugleich effiziente Realisierung von neuen Blockchain-Anwendungen zu gewährleisten, haben die BSG Unternehmensberatung AG und die Blockchain Trust Solutions AG gemeinsam das «Blockchain-BSG-BCTS-Modell» (3B-M) entwickelt. Seine erprobte Methodik ermöglicht die fundierte und systemische Evaluation von Potenzialen und Lösungsansätzen sowie eine markt- und kundenorientierte Unterstützung bei der Realisierung und Einführung.
In einer ersten intensiven Initialisierungsphase werden mit dem Kunden die wesentlichen Fragen evaluiert und mögliche Visionen entwickelt. Zum Beispiel: Kann die Blockchain-Technologie Aufgaben im Unternehmen und im Umfeld lösen und erlaubt sie neue Geschäftsmöglichkeiten für den Kunden? Dazu kommt ein praxiserprobtes Set an Werkzeugen zum Einsatz, was gleichzeitig den Knowhow-Transfer zum Kunden fördert.
Die Konzeptphase basiert auf den entwickelten Visionen und ist ein iterativer Prozess. Dabei werden Firmenstrategie, -prozesse, -organisation sowie weitere Aspekte der betriebswirtschaftlichen Aufgaben mit den Möglichkeiten der Blockchain-Technologie verknüpft. Die so erarbeitete Geschäftsinnovation ist die Grundlage für einen konkreten Business Case. In der Folge werden Entscheidungskriterien mit den Risikobetrachtungen bezüglich möglicher Blockchain-Infrastrukturen und -Architekturen sowie Applikationen und Schnittstellen (beispielsweise zu bestehenden ERP-Systemen) entwickelt.
In der Realisierungsphase werden die eigentliche Blockchain sowie die entsprechenden Blockchain-Applikationen umgesetzt, wobei eine handwerklich fundierte Programmierung von zentraler Bedeutung ist, da getätigte Blockchain-Einträge unveränderlich sind. Darüber hinaus muss die Blockchain-Anwendung in der Organisation mit den erforderlichen Prozessanpassungen und der Schulung aller Beteiligten stattfinden.
Zu Beginn der Einführungsphase werden im ersten Schritt anhand eines Piloten die Blockchain, die verwendeten Applikationen und Schnittstellen sowie die Funktionsweise mit allen Beteiligten unter realen Bedingungen geprüft. Identifizierter Verbesserungsbedarf, beispielsweise bei der Bedienung der Applikationen, oder Details in den Prozessabläufen werden ausgearbeitet, bevor die gesamte Einführung stattfindet.
Fazit
Die Blockchain-Technologie erlaubt als disruptive Innovation nicht nur eine Verschlankung bestehender Prozesse, sondern ermöglicht komplett neue Geschäftsmodelle und -prozesse. Ihr Einsatz bedingt allerdings oftmals einen Paradigmenwechsel in der Organisation und hinsichtlich der Abwicklung von Geschäftsprozessen. Weder Blockchain- noch Berater-Expertise vermögen den nötigen Gesamtblick auf Problemlösungsoptionen und Chancen für neue Geschäftsmodelle zu schärfen. Es braucht die Synthese von beidem: Management und Technologie.
Toni Caradonna ist CTO, Partner und Gründer der Blockchain Trust Solutions AG und prägt seit mehreren Jahren die Schweizer Blockchain-Szene mit. So hat er als erster den digitalen Schweizer Franken auf der Blockchain realisiert und den ersten Smart-Contract für Vereinigten Nationen (UNO) implementiert.
«Die Blockchain-Technologie erlaubt als disruptive Innovation nicht nur eine Verschlankung bestehender Prozesse, sondern ermöglicht komplett neue Geschäftsmodelle und -prozesse. Ihr Einsatz bedingt allerdings oftmals einen Paradigmenwechsel in der Organisation und in den Prozessen.»
Feuern Sie Ihren Coach!
Mai 2019
Felix Lämmler, Dipl. El.-Ing. FH / Exec. MBA
In modernen, lernenden Organisationen mit flachen Hierarchien, Aufgabendelegation und selbststeuernden Teams sind soziale, emotionale und lernorientierte Kompetenzen ungemein gefragt. Werden die Aufgaben nicht von einem autoritär agierenden Chef erteilt, soll man selbst in der Lage sein zu verhandeln, zusammenzuarbeiten und «zu erspüren», ob die Dinge richtig laufen. Das angepriesene Rezept für diese Herausforderung lautet Selbstanalyse und Selbstfindung, zwei weit verbreitete Begriffe in westlichen Kulturen. Wir sollen hören, was unser «inneres Selbst» uns mitteilt. Und der Coach soll helfen, die Antworten in uns selbst zu finden.
Das Coaching zählt zu einem stark wachsenden Wirtschaftszweig. Es hat sich zu einer Art «Religion des Selbst» entwickelt: Lebens-, Mitarbeiter-, Studien- und Führungs-Coaching, um nur einige zu nennen. Insbesondere der Bedarf an Persönlichkeitsentwicklung ist gross. Es scheint, als habe das Coaching viele Funktionen einer Religion übernommen: Die Rolle des Priesters übernimmt der Coach und die Glaubensbekenntnisse haben Coaching oder Therapien Platz gemacht. Selbstverwirklichung, Kompetenzerweiterung und lebenslanges Lernen haben den religiösen Sinn des Daseins abgelöst. Theorien und Methoden zur Selbstanalyse und Selbstfindung spriessen, obwohl wir im Grunde genommen keine Ahnung haben, was «das eigene Selbst» überhaupt ist.
Die Suche nach «dem eigenen Selbst» hat in problematischer Weise auch Bereiche der Erziehung, des Unterrichts und des Managements erfasst, samt den ihnen zugrunde liegenden Theorien. Fast alles wurde im Laufe der letzten Jahre therapiert. Der moderne Lehrer ist ein Coach, der die ganzheitliche Entwicklung der Schüler oder Studenten begleitet. Er bedient sich verschiedener sozialpädagogischer und gruppentherapeutischer Kompetenz-Übungen, welche die Selbstverwirklichung unterstützen sollen. Auch der moderne Manager ist nicht mehr die unnahbare Autorität, die sich auf Einstellung, Administration und Entlassung beschränkt. Vielmehr ist er ein zuhörender, sich einlassender Therapeut. Einer, der an Mitarbeitergesprächen oder in Coaching-Situationen die Entwicklung der persönlichen und beruflichen Kompetenzen seiner Angestellten mitgestaltet.
Eine noch problematischere Tendenz beim Coaching besteht darin, dass es als Allheilmittel angepriesen wird, sobald man sich festgefahren, erschöpft, depressiv oder leer fühlt. Indes: Vielleicht resultieren Erschöpfung und Leere aus der Forderung nach permanenter Selbstentwicklung und Selbstoptimierung? Coaching birgt in diesem Fall die Gefahr, exakt jene Schwierigkeiten zu verstärken, für die eine Lösung gefunden werden soll. Ärzte nennen dies «Gesundheitsparadox»: Je besser einem Patienten geholfen wird und je kritischer er gleichzeitig seinen Gesundheitszustand beobachtet, desto schlechter fühlt er sich. Das dauernde «In-sich-selbst-Hineinblicken» und Entscheidungen aufgrund des Bauchgefühls zu treffen, ist offensichtlich schädlich für die Gesundheit.
Anthony Ribbins, in seiner Art ein Coaching-Guru für das Erreichen von Spitzenleistungen sowie persönliche, geschäftliche und organisatorische Veränderungen, schreibt: «Erfolg ist, zu tun, was du willst, wann du es willst, wo du es willst, mit wem du es willst, so viel du es willst». Abgesehen davon, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen den erforderlichen Freiheitsgrad und das Umfeld nicht hat, dergestalt «erfolgreich zu handeln», lautet seine Botschaft, dass alles erreicht werden kann, wenn ich es nur will. Oder anders ausgedrückt alles dem eigenen Handeln zu unterwerfen ist, «was immer erforderlich ist, um zu erreichen, was immer ich möchte». Weder bei der Erziehung von Kindern noch bei der Führung eines Unternehmens ist dieser absolutistische Ansatz ein tauglicher Ratschlag. Die Bruchlandung ist garantiert.
Erfolgsversprechender ist es, jene Rahmenbedingungen zu vermitteln, die Gesellschaft und Wirtschaft setzen wie bspw. die gegebenen Rechts- und Gesellschaftsverhältnisse, ordnungspolitische Aufgaben für Flexibilität und Risikobereitschaft im Bereich der Spitzentechnologie sowie hochwertiger Dienstleistungen. Rahmenbedingungen, die zu akzeptieren hat, wer sich weiterentwickeln will. Dieses Verständnis beruht auf der Idee, dass «ausserhalb des Selbst» etwas existiert, das kennenzulernen wertvoll ist. Die Aufgabe der Unternehmensführung besteht somit darin, Berufseinsteigern wie langjährigen Arbeitskräften die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln, um im Leben klar zu kommen, trotz und mit den «äusseren» Bedingungen. Anders ausgedrückt: als Coach nicht darauf fokussiert zu sein, das «Innere zu spiegeln», sondern vielmehr die äusseren Werte und Begrenzungen zu definieren.
Coaches sind gute Menschen, die sich für ihre Arbeit entschieden haben, weil sie Menschen mögen und ihnen helfen wollen. Möglicherweise kann man sich mit seinem Coach anfreunden und gemeinsam entdecken, dass bestimmte Dinge «da draussen» einen Wert besitzen. Seit Platon und Aristoteles betrachten nämlich Philosophen die Freundschaft als eine fundamentale Bedingung für ein glückliches menschlichen Daseins. Eine Freundschaft ist eine Beziehung, die einen Eigenwert besitzt: Ein wahrer Freund ist jemand, dem man das Beste wünscht und dem man auch ohne eigenen Vorteil hilft. Es ist also Zeit und das Beste, einem wahren Freund oder Freundin etwas Gutes zu tun. Ohne ihn oder sie wissen zu lassen, dass man selbst dahintersteckt. Ein Beweis, dass das «innere Erleben» nicht dafür entscheidend ist, ob etwas einen Wert hat oder nicht.
Haben Sie Ihren Coach schon gefeuert?
«Das Coaching zählt zu einem stark wachsenden Wirtschaftszweig. Es hat sich zu einer Art "Religion des Selbst" entwickelt. Der Coach soll helfen, die Antworten in uns selbst zu finden.»
Lohnentwicklung in der öffentlichen Verwaltung
Mai 2019
Romeo Minini, lic. iur. RA, Exec. MBA HSG
Die öffentliche Verwaltung und die Medien führen die Diskussion über Lohnentwicklungen in der Verwaltung grundsätzlich kontrovers. Eine angekündigte Lohnerhöhung für das öffentliche Personal stösst oft auf Unverständnis. Teilweise hält sich die Auffassung hartnäckig, in der öffentlichen Verwaltung gebe es Jobs, die keinem besonderen Leistungsdruck ausgesetzt seien und dennoch gut entschädigt würden. Wenn also solche „Beamten“ mehr Lohn erhalten sollen, dann werden kritische Stimmen laut, die nach einem effizienteren Einsatz der öffentlichen Gelder rufen. Die Öffentlichkeit nimmt aber auch wahr, dass sich das Bild der Verwaltung stark verändert hat, und setzt heute voraus, dass die Verwaltung ihre Aufgaben kunden- und dienstleistungsorientiert erledigt. Aufgrund dieser geänderten Verhältnisse erwartet das Verwaltungspersonal einen angemessenen Lohn. Die Lohnbedingungen beeinflussen oftmals den Entscheid, ob jemand den beruflichen Weg in der Verwaltung aufnehmen oder fortsetzen will.
Die öffentliche Verwaltung ist in ihrer gesamten Tätigkeit an die gesetzlichen Grundlagen gebunden, dieser Grundsatz betrifft auch die Umsetzung des Lohnsystems. Zu Recht stellen Personalverantwortliche fest, dass das Lohnsystem der Verwaltung starren gesetzlichen Regeln unterworfen ist und einen geringen Handlungsspielraum offen lässt. Diese pauschale Aussage ist zu erläutern. Jede Verwaltungsfunktion wird einer bestimmten Lohnklasse oder Funktionsstufe zugeordnet. Dieser Prozess erfolgt im Rahmen der Einstufung bei der Anstellung in den öffentlichen Dienst. Die Aufgaben einer Verwaltungsstelle bilden die Grundlage und sind in einem Stellenbeschrieb festgehalten. Dieser bestimmt die fachlichen Voraussetzungen bezüglich Ausbildung, beruflicher Weiterbildung und praktischer Erfahrung. Die Zuordnung zu einer Lohnklasse ist somit entscheidend für die Festlegung des Anfangslohnes. Eine Lohnentwicklung erfolgt ebenfalls im Rahmen der Lohngrenzen einer Lohnklasse. Der Gesetzgeber bestimmt die Anzahl der Lohnklassen, ihren Minimal- und Maximalbetrag und ordnet bestimmte Funktionen einzelnen Lohnklassen zu.
Ohne genügend finanzielle Mittel kann kein Lohnsystem umgesetzt werden. Daher muss das zuständige Gremium, in der Regel das Parlament, die erforderlichen finanziellen Mittel für die Lohnkosten jedes Jahr von neuem beschliessen. Die Höhe der bewilligten finanziellen Mittel bestimmt den Rahmen der Lohnentwicklung. Im politischen Alltag kann die Situation eintreten, dass das Parlament in einem Jahr finanzielle Mittel für den ordentlichen Lohnaufwand und für zusätzliche Lohnentwicklungen für das Personal beschliesst. In einem anderen Jahr kann dieses Gremium wiederum nur die absolut notwendigen finanziellen Mittel bewilligen. Diese reichen dann nicht mehr für zusätzliche Leistungen aus. Das Personal muss in einem solchen Jahr auf eine Lohnentwicklung verzichten.
Jedes Jahr beurteilen die Vorgesetzten ihre Mitarbeitenden. Dieser Bewertungsprozess wird verwaltungsintern festgelegt und entspricht den Grundsätzen einer modernen Verwaltungsführung. In jeder Verwaltungseinheit übertreffen einzelne Mitarbeitende die Anforderungen hinsichtlich Leistung und Verhalten deutlich. Diese gut oder sehr gut qualifizierten Mitarbeitenden stehen denjenigen gegenüber, welche die Ziele knapp erreichen, die Anforderungen nicht vollumfänglich erfüllen und Leistung sowie Verhalten verbessern müssen. Das Ergebnis der Beurteilung ist massgebend für eine Lohnentwicklung. Fehlen die finanziellen Mittel, gehen aber auch die gut oder sehr gut beurteilten Mitarbeitenden leer aus. Damit werden diese Angestellten lohnmässig gleichbehandelt, wie diejenigen, welche leistungs- und verhaltensmässig die Anforderungen nicht oder nur knapp erfüllen. In der öffentlichen Verwaltung tritt diese Situation nicht selten ein und Angestellte der Verwaltung suchen in solchen Fällen oftmals ausserhalb der Verwaltung eine neue berufliche Herausforderung mit attraktiveren Bedingungen. Dennoch dürfen Führungsverantwortliche nicht der Versuchung erliegen und von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Entscheide treffen. Diese würden zwar die Wünsche der betroffenen Angestellten erfüllen, doch sie verletzen das Prinzip der Gesetzmässigkeit.
Die Attraktivität einer Stelle hängt allerdings nicht allein vom Lohn und der Lohnentwicklung ab, wie die Ergebnisse von Personalbefragungen zeigen. Neben den Möglichkeiten einer individuellen Gestaltung der Arbeitszeit begrüssen es die Angestellten, wenn der Arbeitgeber ein breites Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Daher kann den Angestellten anstelle einer individuellen Lohnentwicklung die Gelegenheit geboten werden, eine Weiterbildung zu besuchen oder eine zusätzliche Ausbildung zu absolvieren. Solche Leistungen können aus finanzieller Sicht für die Angestellten attraktiv sein. Dies trifft sicher immer dann zu, wenn der Arbeitgeber einen erheblichen Teil der Kosten übernimmt und dem Angestellten Arbeitszeit zur Verfügung stellt, die dieser nicht ausgleichen muss. Weiterbildungsmassnahmen schaffen zudem eine Win-win-Situation: Die Angestellten werden dadurch befähigt, zusätzliche Aufgaben oder eine Führungsfunktion innerhalb der Verwaltung zu übernehmen und können ihren Marktwert steigern. Und der Verwaltung steht vermehrt qualifiziertes Personal zur Verfügung.
Die Mitarbeitenden kritisieren die Regierung oder Verwaltungsführung oftmals wegen einer ungenügenden Kommunikation im Zusammenhang mit Lohnthemen. Informationen über das Einfrieren von Löhnen oder über Lohnsparmassnahmen sind per se unattraktiv. Daher versuchen die Kommunikationsverantwortlichen, die personalrechtliche Brisanz dieser Themen herunterzuspielen. Dieses Vorgehen widerspricht jedoch den Grundsätzen einer zeitgemässen Kommunikation. Wenn das Verwaltungspersonal die Informationen über Lohnentwicklungsmassnahmen aus den Medien erfährt, führt dies zu erheblichen Irritationen und wird zu Recht als Vertrauensbruch wahrgenommen. Heute erkennen zahlreiche Verwaltungsorganisationen den Wert und die Chancen einer offenen, transparenten Kommunikation und gewinnen aufgrund ihrer Informationspolitik das Vertrauen ihrer Mitarbeitenden.
Fazit
Die politischen Gremien sind gut beraten, beim Thema Lohn mit gebührendem Feingefühl vorzugehen und die populistische Tendenz zu meiden, beim Verwaltungspersonal generell zu sparen. Angemessene Lohnmassnahmen tragen wesentlich zur Arbeitgeberattraktivität bei und helfen mit, dass der öffentliche Dienst gut qualifiziertes Personal einstellen und behalten kann.
«Beim Thema Lohn gilt es mit gebührendem Feingefühl vorzugehen und die populistische Tendenz zu meiden, beim Verwaltungspersonal generell zu sparen.»
Totale Digitalisierung – weg mit den Mitarbeitern?
Mai 2019
Iwan Schnyder, Dipl. El.-Ing. ETH / MAS FHO BAE
Wie weit lässt sich die Digitalisierung treiben? Wie verändert sie ein Unternehmen? Was bedeuten diese Veränderungen für die Mitarbeiter? Digitalisierung ist derzeit in aller Munde, die Medien prognostizieren regelmässig hunderttausende Arbeitsplätze, die inskünftig wegfallen. Und wie vor 40 Jahren, als die ersten Roboter in den Produktionshallen der Firmen installiert wurden, stellen sich viele Fragen.
Gilt in Zukunft tatsächlich: Mensch oder Maschine? Und was genau wird eigentlich digitalisiert? Grundsätzlich können alle Prozesse und Abläufe digitalisiert werden, die standardisiert und automatisiert sind und deren Schnittstellen in digital nutzbarer Form vorliegen. Typische Beispiele sind:
- Datenverarbeitung (Erfassung, Bearbeitung und Auswertung)
- Einzelne oder mehrere Produktionsschritte oder ganze Produktionsprozesse
- Zeiterfassung, Projektabrechnung und Leistungsverrechnung
- Interaktion mit Ansprechstellen von Kunden und Lieferanten
Konkret bedeutet dies: Künftig werden wir massiv weniger Daten abtippen, Exceltabellen ausfüllen und hin- und her kopieren; wir werden weniger Handeingaben an Maschinen machen oder sonstige repetitive Prozesse händisch abarbeiten. Dies führt erwartungsgemäss zu kleinen und grossen Effizienzsteigerungen in den Prozessen und zu tieferen Fehlerquoten.
Indes: Es gibt eine Vielzahl an Tätigkeiten, die trotz umfassender Digitalisierung nur der Mensch ausführen kann sowie Tätigkeiten, die der Mensch schlicht besser erledigt als eine Maschine, weil dazu typisch menschliche Fähigkeiten notwendig sind:
- Strategische und taktische Überlegungen und Entscheidungen für die Gegenwart und die Zukunft
- Breit vernetztes Denken zur Schaffung neuer Lösungen und Ansätze
- Kreativität, Schaffens- und Innovationskraft
- Zusammenarbeit und Umgang mit Menschen und Emotionen
- Umgang mit unplanbaren Situationen und mit Unsicherheiten, die eine Einschätzung der Lage inklusive Entscheidung verlangen.
Interessanterweise haben die beschriebenen Tätigkeiten allesamt einen direkten Einfluss auf die Wertschöpfung eines Unternehmens, sowohl kurz-, mittel als auch langfristig.
Aufgrund der erwähnten Effizienzsteigerungen werden mit der Digitalisierung für jeden Mitarbeiter neue Freiräume geschaffen. Und diese Freiräume können die Mitarbeiter nun nutzen, um sich vermehrt um die wertschöpfenden Tätigkeiten zu kümmern.
Wettbewerbsvorteil Digitalisierung?
Inwieweit lassen sich mit der Digitalisierung Wettbewerbsvorteile erzielen? Mittelfristig müssen Unternehmen bezüglich Digitalisierung zwangsläufig auf einem vergleichbaren Stand sein wie ihre Mitbewerber. Dies wird zur Grundvoraussetzung, um fortbestehen zu können. Das bedeutet: Unternehmen werden sich in ihren digitalisierten Prozessen und Arbeitsschritten sehr ähnlich. Unterschiede wird es vermehrt nur noch in der Ausübung der oben genannten wertschöpfenden Tätigkeiten geben, also jenen, die von Menschen ausgeführt werden. Konkret heisst das: Unternehmen unterscheiden sich in Zukunft durch die Qualität ihrer Mitarbeiter.
- Wie sie die strategischen und taktischen Entscheidungen treffen
- Ob sie breit und vernetzt denken können, um neue Lösungen und Ansätze zu kreieren
- Wie gross ihre Kreativität, Schaffens- und Innovationskraft ist
- Wie die emotionale Zusammenarbeit und der Umgang mit Kunden, Lieferanten oder anderen Mitarbeitern erfolgt
- Wie sie mit ungeplanten Situationen und Unsicherheiten umgehen und ob sie die richtigen Entscheide treffen.
Die Digitalisierung ist also künftig kein Wettbewerbsvorteil, sondern eine Grundvoraussetzung für den Unternehmenserfolg. Wettbewerbsvorteile schaffen Unternehmen in erster Linie durch die Art, wie ihre Mitarbeiter die nicht digitalisierten Aufgaben und Tätigkeiten lösen.
Erfolgsfaktor Mensch
Wie gut die Mitarbeiter solche Aufgaben und Tätigkeiten meistern, hängt nicht ausschliesslich davon ab, wie sie das Handwerk verstehen, für das ausgebildet und letztlich auch angestellt sind. Ebenso wichtig sind das Engagement, die Leidenschaft und das Herzblut, die sie für ihr Unternehmen einsetzen. Denn nur weil ein Mitarbeiter über einen hervorragenden Abschluss und lange Erfahrung in seinem Fachbereich verfügt, heisst das bei Weitem nicht, dass er mit dem nötigen Engagement und der nötigen Leidenschaft im Sinne des Unternehmens handelt. Dies trifft übrigens auf alle Positionen in der Hierarchie eines Unternehmens zu, denn jeder ist in seiner Aufgabe wichtig und trägt zum Gesamterfolg bei.
Motivierte und engagierte Mitarbeiter werden somit genau wegen der Digitalisierung noch wichtiger und wertvoller für ein Unternehmen, als sie es bis anhin schon waren. Denn dank ihnen kann sich ein Unternehmen gegenüber seinen Mitbewerbern abheben und Alleinstellungsmerkmale schaffen.
Fazit
Mit der Digitalisierung kann im Unternehmen Ballast in Form von unnötigen oder repetitiven Prozessschritten und Arbeiten abgeworfen werden. Das steigert die Effizienz und schafft Freiräume für die Mitarbeiter. Der Mitarbeiter als Mensch mit seinen fachlichen Fähigkeiten und persönlichen Qualitäten rückt mit der Digitalisierung noch mehr ins Zentrum des Unternehmens. Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens hängen nun noch stärker von den Menschen im Unternehmen ab, als dies bereits vor der Digitalisierung der Fall war. Wer also im Markt bestehen will, ist digital – aber vor allem menschlich.
«Mit der Digitalisierung kann im Unternehmen Ballast in Form von unnötigen oder repetitiven Prozessschritten und Arbeiten abgeworfen werden. Der Mitarbeiter als Mensch mit seinen fachlichen Fähigkeiten und persönlichen Qualitäten rückt dabei noch mehr ins Zentrum des Unternehmens.»
Stangenbohnen, die Problemlöser
Mai 2019
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH
Stangenbohnen kennt man gemeinhin als gute Eiweisslieferanten in der menschlichen Ernährung und als nahrhafte Beilage in verschiedenen Gerichten, wie etwa der Gerstensuppe. Damit die Bohne in unserem Suppenteller landen kann, muss sie von Beginn des Keimens bis zur Reife verschiedene Fähigkeiten an den Tag legen. Eine ihrer wesentlichen Fähigkeiten ist die gezielte Problemlösung.
Stangenbohnen wachsen zwei bis vier Meter hoch. Dazu sind entsprechende Stangen oder aufgehängte Seile nötig, an denen sich die Bohne hochranken kann. Das Platzieren der Stange löst der Gärtner für die Bohne. Doch: Wie löst die Bohne ihre Aufgabe, die Stange zu finden?
Durch ihre Standortgebundenheit ist die Bohne zum Überleben darauf angewiesen, ihre Umwelt sehr genau wahrzunehmen und sich den Herausforderungen eines statischen Daseins zu stellen. So wetteifert sie mit der Konkurrenz um Nährstoffe im Boden oder um das Sonnenlicht auf ihren Blättern. Dies ganz im Gegensatz zum Menschen, der mit seiner Beweglichkeit die Möglichkeit hat, bei Problemen und Herausforderungen die Flucht zu ergreifen oder sich einem Problem zu stellen. Diese Wahlfreiheit hat die Bohne nicht und muss somit Strategien entwickeln, sich mit Problemen gezielt auseinanderzusetzen. So nimmt sie ihre ganze nähere Umgebung wahr und fokussiert sich mit ihrem Wachstum gezielt in die Richtung einer höhergelegenen Haltemöglichkeit, ohne diese vorher berührt zu haben – einfach so.
Im Gegensatz zur Bohne nehmen wir Menschen im Arbeitsumfeld vielfach unsere aktuelle Situation gar nicht so genau wahr – oder wollen sie gar nicht so genau wahrnehmen. Daraus resultiert eine verzerrte Wahrnehmung der äusseren Gegebenheiten, so dass die Herausforderungen im Umfeld unbemerkt weiter wachsen können. Tritt dann ein echtes Problem auf, lassen sich vier Verhaltensweisen feststellen: Totstellen, Angriff, Flucht und Problem lösen. Jede dieser Reaktionen ist in Teams und zwischen Mitarbeitenden sehr häufig erkennbar und erlebbar. Die grosse Herausforderung: Mit diesen verschiedenen Verhalten arbeiten rund ¾ der Personen nicht an einer echten Lösung.
Die «Problem-Totsteller» erkennt man daran, dass sie mehrfach darauf hinweisen, das entsprechende Problem betreffe sie gar nicht und für sie sei alles in bester Ordnung. Die «Problem-Angreifer» machen andere für das Problem verantwortlich und weisen zudem meist vehement darauf hin, dass die anderen das Problem lösen müssen. Die «Problem-Flüchter» suchen sich ein Betätigungsfeld, in dem alles in ihrem Sinne läuft. Und nur die «Problem-Löser» stellen zuerst einmal fest, worin das Problem besteht, um dann zielgerichtet und konsequent auf die mögliche Lösung hinzuarbeiten.
Jede der vier beschriebenen Verhaltensweisen ist in einem Unternehmen an der Tagesordnung und ihre Ausprägungen hängen stark von der Unternehmenskultur ab. Eine vertrauensvolle Basis, auf der die Mitarbeitenden Themen sowohl auf sachlicher wie auch auf emotionaler und persönlicher Ebene ansprechen können, ist ein wesentlicher Schritt, um Probleme echt zu lösen. Konfrontation im konkreten Thema und Klarheit in der Wahrnehmung und Aufgabenstellung helfen auch uns beweglichen Menschen, Probleme effizient und nachhaltig zu lösen – wie die Bohne.
«Tritt im Arbeitsumfeld ein echtes Problem auf, lassen sich vier Verhaltensweisen feststellen: Totstellen, Angriff, Flucht und Problem lösen.»
Vorteile einer standardisierten Prozesslandkarte
Mai 2019
Felix Lämmler, Dipl. El.-Ing. FH / Exec. MBA
Geschäftsprozesse – ein alter Hut? Bei Weitem nicht! Auch die Prozesse müssen sich den wechselnden Anforderungen des Marktes anpassen, im Gleichschritt mit den Produkten und Dienstleistungen. Hier einige Vorteile, welche durch die Standardisierung der Prozesslandkarte entstehen.
Das Geschäftsprozessmanagement beschäftigt sich mit dem strategiekonformen Gestalten, Umsetzen, Führen und Verbessern von Geschäftsprozessen. Der Fokus liegt dabei auf Qualitätsverbesserung, Prozessbeschleunigung, Kostensenkung, Flexibilisierung und Risikooptimierung. Prozesslandkarten geben im Generellen eine Übersicht über Geschäftsprozesse und deren Vernetzung, sowohl innerhalb des Unternehmens, als auch mit Kunden und Lieferanten. Sie sind somit ein Hilfsmittel für das Geschäftsprozessmanagement. Üblicherweise teilt sich eine Prozesslandkarte in drei Bereiche auf: Führungs-, Kern- und Unterstützungsprozesse. Andere Strukturierungsmerkmale werden je nach Bedarf zur Verdeutlichung eingefügt, so zum Beispiel die Priorisierung oder der Beitrag zur Wertschöpfung im Unternehmen. In der nachfolgenden Grafik wird beispielhaft eine stark vereinfachte Prozesslandkarte dargestellt, die im Rahmen eines Kundenprojektes verwendet wurde. Diese Karte beschreibt ein Unternehmen, das in vier Werken unterschiedliche Produkte produziert und diese von dort in verschiedene Märkte liefert.
Solche Prozesslandkarten zeigen die Potenziale für Prozess-Standardisierungen auf. Daraus ergeben sich für das Unternehmen folgende Vorteile:
- Standardisierung verbessert die Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern:
Für die Kunden und Lieferanten vereinfacht sich die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen, wenn die Prozesse einheitlich gestaltet sind. Die externen Prozesse können auf eine standardisierte Schnittstelle ausgerichtet werden. - Standardisierung erleichtert das Intercompany-Geschäft:
Bietet ein Unternehmen Systemlösungen, deren Teile in mehreren Geschäftseinheiten erstellt werden, reduziert die Standardisierung den internen Koordinationsaufwand. - Standardisierung ermöglicht Benchmarking:
Die Vergleichbarkeit und Transparenz von Kennzahlen lässt sich mit Hilfe von Standardisierung üblicherweise markant steigern. Dies kommt nicht nur dem Controlling zu Gute, sondern ebnet auch den Weg zur Prozessoptimierung. - Standardisierte Prozesse fördern Synergien:
Ähnliche Prozesse lassen sich leicht zusammenfassen, sei es temporär zum Brechen von Spitzen, bleibend zur besseren Lastverteilung oder strukturell durch Shared Service Centers. Natürlich wirken die Skaleneffekte nicht nur intern, sondern lassen sich dar-über hinaus auch beim Outsourcing bestens umsetzen. - Standardisierung ist das Fundament für die IT:
Das Customizing der geschäftstragenden IT-Applikationen verschlingt in den meisten Unternehmen einen erheblichen Teil des ERP-Etats. Durch die Standardisierung lassen sich Einsparungen erzielen, indem ähnliche Prozesse nur einmal abgebildet oder Formulare nur einmal erstellt werden müssen. Zwar ist der Einigungsprozess hin zum firmenweit vereinheitlichten Monatsrapport nicht immer einfach, doch zahlt sich die Mühe später beim monatlichen Konsolidieren der Zahlen aus. Auch die Schulung wird einfacher und lässt sich vereinheitlichen. Mehr noch: Ganz nebenbei fördert eine einheitliche Schulung die Zusammenarbeit zwischen den Werken und vereinfacht den werksübergreifenden Austausch von Mitarbeitenden. Durch die firmenweite Standardisierung der Prozesse lassen sich bei der Einführung und Pflege des ERP-Systems einerseits Implementierungsaufwand und -zeit sowie anderseits Wartungskosten sparen. Gleichzeitig lassen sich die betriebsinternen Kennzahlen besser vergleichen. Es lohnt sich also, beim Customizing das Standardisierungspotenzial auszunutzen. Auch hier gilt: Weniger ist mehr.
Die Optimierung der Prozesslandkarte kann meistens ohne grosse Aufwände initiiert werden. Oftmals liegen Potenziale auf der Hand, und durch eine geschickte Kommunikation lassen sich auch die üblichen Umsetzungsbarrieren überwinden.
«Prozesslandkarten geben im Generellen eine Übersicht über Geschäftsprozesse und deren Vernetzung, sowohl innerhalb des Unternehmens, als auch mit Kunden und Lieferanten.»
New Collaboration
April 2019
Luca Rechsteiner, B. Sc. FHO Business Administration
Branchenführer wie Google und Microsoft stellen uns hilfreiche Tools zur Verfügung, welche die Zusammenarbeit heute und zukünftig vereinfachen können. Für einen monatlichen Betrag erhält man Zugriff auf hochverfügbare und gut abgesicherte Tools. Will ein Unternehmen mit Collaboration-Tools wie etwa Microsoft Teams arbeiten, gibt es bei der Einführung einige Dinge zu beachten. Nachfolgend ein Erfahrungsbericht.
Eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Projekts ist die Zustimmung der Führungsebene. Um dieses Commitment zu erhalten, sind den Führungspersonen Nutzen und Mehrwert von Collaboration in kurzer prägnanter Form aufzuzeigen. Ob dabei nun das zeit-, orts- und geräteunabhängige Arbeiten ins Feld geführt wird oder die Möglichkeit zum gleichzeitigen Bearbeiten von Dokumenten durch mehrere Involvierte, ist auf das jeweilige Unternehmen abzustimmen. Wenn der Projektauftraggeber den Nutzen und Mehrwert bestätigt, empfiehlt sich ein Projektauftrag – und die konkrete Arbeit beginnt.
Mit der Unterstützung der Führungsebene fällt der Startschuss. Als Erstes gilt es herauszufinden, welche Tools für die Mitarbeitenden in Frage kommen. Dazu werden ihre Anforderungen, Ansprüche und Wünsche in Interviews erhoben. Diese Interviews geben Einblick in die aktuelle Arbeitsweise der Mitarbeitenden und zeigen zudem, was sie sich zukünftig wünschen. Die Interview-Struktur gliedert sich bewusst in Themenblöcke wie Datenmanagement, Kommunikation und Organisation. Aus den Antworten der Befragten lassen sich im Nachgang die Anforderungen formulieren. Über die Anzahl Nennungen der Anforderungen wird die Priorisierung erstellt. Danach gilt es zu prüfen, welche Tools die evaluierten Anforderungen am besten erfüllen. Sind die entsprechenden Tools selektiert, hält man dies am besten in einer kurzen Lagebeurteilung fest. Die Ausgangslage und der Zielzustand sind definiert; nun geht es an die Umsetzung.
Widerstände ernst nehmen
Ein Vorhaben, das viele Mitarbeitende tangiert, birgt die Gefahr von Widerständen. Darauf sollte man gut vorbereitet sein und den Widerständen offen begegnen. Während der Interviews und in der Umsetzungsphase müssen die Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen. Das Projektteam nimmt diese Fragen ernst und bearbeitet sie systematisch. Mit diesem Vorgehen erreicht das Projektteam zwei wichtige Dinge: die Akzeptanz in der Belegschaft und neue Erfahrungswerte in der Beratung. Indes: Selten lassen sich alle Widerstände eliminieren. Doch wenn das Projektteam gewissenhaft und einfühlsam arbeitet und die Mitarbeitenden sich ernst genommen fühlen, können sie allfällige «Mängel» eher akzeptieren.
Um Collaboration einzuführen, gibt es verschiedene Lösungen: Es gibt die Möglichkeit, ein Abonnement zu lösen, z.B. bei Microsoft. Mit diesem Abonnement erhält das Unternehmen die Werkzeuge «out of the box». Das heisst: Die eigene IT oder der Projektleiter müssen sich mit den Tools auseinandersetzen und überlegen, wie sie die Collaboration-Ziele mit den Tools am besten erfüllen. Der Vorteil dieser Variante: Nebst den Abonnementskosten fallen keine weiteren Kosten an. Es gibt aber auch die Möglichkeit, einen Implementierungspartner zu wählen. Dieser bietet ein vorgefertigtes Paket mit Vorlagen und hinterlegten Prozessen. Auch diese Variante hat Vorteile: Die Implementierungspartner haben die nötige Erfahrung mit Collaboration-Projekten; dadurch verkleinert sich der Aufwand für die interne IT oder das Projektteam. Die Entscheidung, ob mit einem Implementierungspartner gearbeitet wird, fällt wiederum auf der Führungsebene.
Zusammengefasst lässt sich sagen: Collaboration bringt einem Unternehmen und seinen Mitarbeitenden viele Vorteile. Ihre Einführung stellt den Projektleiter aber vor verschiedene Herausforderungen. Höhen und Tiefen gehören dazu – wie zu den meisten Projekten. Doch die Erfahrung zeigt: Mit einer positiven Einstellung und einem versierten Partner an der Seite gelingt das Unterfangen.
«Will ein Unternehmen mit Collaboration-Tools wie etwa Microsoft Teams arbeiten, gibt es bei der Einführung einige Dinge zu beachten.»
BSG-Geschäftsbericht 2017
September 2018
BSG Unternehmensberatung AG, St.Gallen
Auch wir von der BSG Unternehmensberatung machen sichtbar, was auf den ersten Blick oft unklar und unsichtbar ist. In enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden gehen wir Probleme an – analysieren offen und unvoreingenommen. Wir machen Zusammenhänge, Prozesse und Schnittstellen sichtbar, damit optimale Lösungen gefunden werden können.
Verbunden mit einem herzlichen Dankeschön für Ihr Vertrauen, möchten wir Ihnen mit diesem Geschäftsbericht Augenblicke der Leichtigkeit – voller Harmonie und Dynamik – schenken.
Lassen Sie sich zu eleganten Höhenflügen inspirieren – wir begleiten Sie mit Freude!
Mit dem Bildthema „Möwen im Flug“ zeigen wir auf, was vom menschlichen Auge nicht erfasst werden kann. Erst durch das fotografische Einfrieren eines Sekundenbruchteils in einem Bild wird die Schönheit und Eleganz der schwungvollen Bewegungen der Möwen im Flug sichtbar.
Blockchain für die digitalisierte Verwaltung
September 2018
Maurus Fässler, M.A. HSG Banking & Finance
Mithilfe der Blockchain-Technologie kann die vernetzte Gesellschaft gemeinsam eine transparente, dezentrale und fälschungssichere Datenbank führen. Diese Eigenschaft verleiht der Technologie ein enormes Potenzial für verschiedene Anwendungsfelder. Zum Beispiel bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung.
Was ist Blockchain?
Durch kryptografische Methoden kann eine Kette von Nachrichten erstellt werden, wobei die Kryptografie sicherstellt, dass nachträglich keine Nachrichten eingefügt, entfernt oder verändert werden können. Diese Blockchain wird in einer verteilten Datenbank auf sehr vielen Computern gespeichert. Durch Mehrheitsentscheid ist allzeit gewährleistet, dass auf all den vielen Computern nur eine gültige Fassung existiert. Um die Blockchain zu verändern, ist nur eine Operation zulässig: Eine neue Nachricht wird am Ende angefügt. Dabei wird die neue Nachricht mit einem Hash-Wert der letzten Nachricht verbunden. So entsteht die Kette, die sich nachträglich nicht ändern lässt, ohne dass Inkonsistenzen in der Kette entstehen oder die bearbeitete Kopie nicht mehr mit den Kopien auf den anderen Rechnern übereinstimmt.
Zur Anwendung: Für jede Transaktion wird ein neues Kettenglied an die bestehende Kette angefügt und die so entstandene erweiterte Kette auf sehr viele Rechner verteilt. Folglich kann die Blockchain-Technologie für jede Art von Transaktion genutzt werden.
Dies kann eine Kryptowährung wie Bitcoin sein, um einen schnellen und kostengünstigen Austausch von Geld ohne das Mittun einer Bank zu ermöglichen. Der Zahlungsverkehr ist jedoch nur ein Beispiel für mögliche Transaktionen. Das Eingehen von Verträgen, Teilen von persönlichen Informationen, der Kauf von Gütern und damit verbundene Eigentumsverhältnisse sind weitere mögliche Ausprägungen. So wäre auch ein auf Blockchain basiertes Personen- und Unternehmensregister eines Staats denkbar. Durch den Einsatz von «Smart Contracts», bei denen durch bestimmte Inputs automatisch Aktionen mit vordefiniertem Ergebnis ausgelöst werden, werden bürokratische Prozesse digital automatisiert abgewickelt. Beispielsweise könnte vorgegeben werden, dass ein Kunde, der über einen Online-Händler Wein erwerben möchte, ein Mindestalter von 18 Jahren aufweisen muss, bevor die Transaktion bestätigt wird. Die Blockchain prüft dabei, ob der Kunde dies erfüllt und ob die beiden Parteien über das Geld bzw. den Wein verfügen, um das Kaufgeschäft abzuwickeln.
Obwohl der Blockchain-Technologie ein dezentraler Ansatz zugrunde liegt, kann sie privat oder öffentlich ausgestaltet sein. Es ist sogar möglich, einen hybriden Ansatz zu verfolgen und beispielsweise die neu generierte Nachricht von einem privaten Netzwerk zu validieren und das verschlüsselte Anketten an die Blockchain einem öffentlich zugänglichen Netzwerk zu überlassen. Insbesondere bei gesetzlich vorgegebenen Prüfungen, wie der Beglaubigung der Identität durch den Staat, ermöglicht der hybride Ansatz die zentrale Beglaubigung durch die zuständige Amtsstelle und somit das Einhalten des gesetzlichen Rahmens. Gleichzeitig werden alle an der Transaktion beteiligten Stellen, wie etwa der Bürger, nahtlos integriert.
Blockchain als Digitalisierungsgarant in der öffentlichen Verwaltung
Der öffentlichen Verwaltung stellt sich oft die Herausforderung, alle beteiligten und gesetzlich vorgesehenen Stellen einzubinden, ohne dafür grosse und langsame bürokratische Prozesse aufzugleisen. Blockchain hat das Potenzial, viele dieser umständlichen Prozesse zu digitalisieren und zu vereinfachen.
In mehreren Bereichen der Digitalisierung kann Blockchain Abhilfe schaffen.
1 Zentral validierte elektronische Identität
Analog zum Pass oder der Identitätskarte lässt sich eine zentrale elektronische Identität einer Person erstellen. Vor der Generierung dieser Identität muss diese durch die öffentliche Hand validiert werden. Dabei kann die Blockchain-Infrastruktur sowohl von der öffentlichen Institution selbst bereitgestellt werden als auch von einem privaten Dienstleister, wie es in der aktuellen Botschaft des Bundesrats vorgesehen ist. Als Vorreiter hat die Stadt Zug im Herbst 2017 die Einführung der digitalen Identität für ihre Bürger ab 2018 angekündigt.
2 Zentrale Registerführung mit Datenhoheit beim Identitätsträger
Durch die Nutzung einer zentralen elektronischen Identität auf Basis der Blockchain können alle zu der Identität zugehörigen Informationen durch eine natürliche oder juristische Person verwaltet werden. Die Erfassung und Freigabe erfolgt auf der Blockchain als zentrales anonymisiertes und verschlüsseltes Register mit Zuordnung zu der Identität. Dabei kann die natürliche oder juristische Person selbst die Freigabe seiner Informationen und Güter verwalten. Die Übertragung von Eigentum wie Liegenschaften wäre so mit einer zentralen Überprüfung durch die zuständige Amtsstelle ebenfalls über die Blockchain denkbar.
3 Gewährleistung von Datenschutz und Informationssicherheit
In der öffentlichen Verwaltung gehören das Einhalten der Datenschutzbestimmungen und das Gewährleisten der Informationssicherheit zu den Voraussetzungen für die Digitalisierung. Bis anhin waren die Einschränkungen in diesen beiden Bereichen wesentliche Treiber dafür, dass jede Amtsstelle die für sich benötigten Informationen vom Bürger oder der juristischen Person selbstständig einforderte. Das heisst: Der Bürger muss zum Teil dieselben Informationen über seine Person, Finanzen, Eigentumsverhältnisse etc. separat, in Papierform und zum Teil persönlich am Schalter der Verwaltung einreichen. Welcher Kunde ist heute noch bereit, in einem Online-Bestellportal sein Profil bei jedem neuen Auftrag zu aktualisieren?
Die erst teilweise erfolgte Digitalisierung der Informationsbeschaffung und -nutzung hat häufig eine komplizierte IT-Architektur zur Folge, da amtsspezifische Fachanwendungen über Schnittstellen miteinander verbunden und gleichzeitig die jeweiligen Berechtigungen pro Fachanwendung seitens der Verwaltung vergeben werden mussten. Je nach Architektur existiert pro Fachanwendung eine Datenbank, in welcher die Informationen gespeichert und weiterverarbeitet werden. Neben dem gestiegenen Bedarf an Speicherkapazitäten birgt dies ein höheres Risiko, dass die Informationen in falsche Hände geraten. Aus Sicht des Bürgers gibt es somit nur wenige Indizien dafür, dass seine Daten nicht trotz der gesetzlichen Grundlagen anderweitig verwendet werden, weil die Hoheit nicht bei ihm liegt.
Die Blockchain kann technisch gewährleisten, dass die erfassten Informationen vollständig, richtig und verfügbar sind. Zudem bleibt die Hoheit der Datenfreigabe beim Eigentümer. Die Blockchain würde so als eine Art zentrale Datendrehscheibe für den Bürger oder das Unternehmen fungieren und den beschränkten Informationszugang der Amtsstellen oder weiterer Dritter mittels Kryptografie sicherstellen. Eine komplizierte Architektur mit Berechtigungsvergaben und umständlichen Abläufen entfällt.
Fazit
Vom aktuellen Hype einmal abgesehen: Heute verwenden wir die Bank oder die amtliche Stelle für viele Transaktionen als Garant oder Stelle des impliziten Vertrauens. Die Blockchain-Technologie erlaubt es, diese wichtige Aufgabe durch eine grosse Zahl von Computern zu ersetzen, zu «demokratisieren» könnte man sagen. Im Weiteren erlaubt die Technologie, komplexe Abläufe innerhalb der Verwaltung unter Berücksichtigung der Datenschutzvorgaben zu digitalisieren.
Wem trauen Sie mehr? Einem kryptografischen Verfahren oder Ihrer Bank?
«Blockchain hat das Potenzial, viele umständlichen Prozesse in der öffentlichen Verwaltung zu digitalisieren und zu vereinfachen..»
Compliance – ein Thema für KMU
September 2018
Romeo Minini, lic. iur. RA, Exec. MBA HSG
Compliance-Themen beschäftigen heute Verwaltungsräte, Geschäftsvorsitzende international vernetzter Grosskonzerne und lokal tätiger KMU in stärkerem Masse als bisher. Bereits der Begriff Compliance löst unterschiedliche Reaktionen aus:
Die einen stellen einen Auswuchs staatlicher Regulierungsbestrebungen fest, um private Geschäftstätigkeiten vermehrt zu kontrollieren. Diese Gruppe ist sich bewusst, dass der Staat im Falle einer Verletzung von Compliance-Vorschriften hart durchgreift. Die anderen wiederum sehen in dieser Thematik einen Kniefall des schweizerischen Gesetzgebers vor den Drohgebärden internationaler Organisationen und politischer Grossmächte. Einige wiederum setzen Compliance mit einem attraktiven Geschäftsfeld für spezialisierte Beratungsfirmen und Wirtschaftskanzleien gleich.
Die folgenden Ausführungen richten den Fokus auf die rechtlich und wirtschaftlich relevanten Fragestellungen von Compliance.
Allgemein formuliert bedeutet Compliance die Einhaltung von Gesetzen, Standards und national wie international anerkannter Regeln. In einem etwas erweiterten Rahmen wird Compliance nicht nur auf die Respektierung von Normen und Vorschriften bezogen, sondern umfasst auch ein sozial verantwortliches, ethisch vertretbares und integres Geschäftsverhalten gegenüber der Umwelt, den Kunden sowie den Mitarbeitenden. Allein diese begriffliche Umschreibung zeigt, dass das Thema alle Unternehmen betrifft, und nicht nur Grosskonzerne oder Unternehmen der Finanz- und Versicherungsbranche. Selbst KMU mit lokaler Geschäftstätigkeit sehen sich mit Compliance-Themen konfrontiert. Die firmeninterne Ausgestaltung von Weisungen und Reglementen ist bei diesen KMU jedoch unternehmensspezifisch vorzunehmen. Genügen bei einer KMU in der Regel wenige Anweisungen und Verhaltensvorgaben des Firmeninhabers, braucht es in international tätigen Konzernen ein Regelwerk zu verschiedenen Compliance-Themen, verbunden mit einem eigentlichen Compliance-Management-System.
Noch vor kurzer Zeit wurden Compliance-Themen dem Aufgabenbereich einzelner Stellen oder bestimmter Fachpersonen zugeordnet. Dies trifft vor allem auf KMU zu. Oftmals waren diese Fachpersonen zugleich für das Riskmanagement, den Datenschutz und die Datensicherheit sowie für weitere IT- und Sicherheits-Themen verantwortlich. Heute besteht die feste Überzeugung, dass die Überwachung der Einhaltung von Compliance-Vorschriften zum Aufgabenbereich des Verwaltungsrates einer Firma gehört und als zentrale Aufgabe von ihm wahrzunehmen ist. Eine strengere Gerichtspraxis bei Verantwortungsklagen gegenüber Verwaltung, oberster Geschäftsleitung und Revisionsstellen trägt zu diesem Verständnis gegenüber Compliance bei. Verletzungen von Compliance-Vorschriften stellen keine Kavaliersvergehen mehr dar, die firmenintern einfach „ausgesessen“ werden können. Im Gegenteil. Als Folge von Verletzungen von Compliance-Vorschriften müssen Grossfirmen gleichermassen wie KMU einen Reputationsverlust in der Geschäftswelt, verbunden mit finanziellen Folgen, in Kauf nehmen. Oftmals werden auch drakonische Strafen verhängt, die sich in hohen Geldbussen ausdrücken. Gelegentlich werden Firmen auch in langwierige und kostspielige Prozesse verwickelt, insbesondere, wenn die Verletzung von Regeln des Wettbewerbs oder eine Verletzung der Firmenreputation Streitgegenstand bilden. Die Verwaltungsräte sämtlicher Firmen sind sich verstärkt bewusst, dass die Anordnung von Compliance-Vorschriften, verbunden mit entsprechenden Kontrollen, zu den unübertragbaren Aufgaben der obersten Leitung jeder Firma gehören muss. Der Verwaltungsrat kann zwar die operative Umsetzung innerhalb der Firma an die Geschäftsleitung oder an eine Fachperson delegieren, bleibt aber stets in der Verantwortung für die Einhaltung von Compliance. Kommt hinzu, dass die Compliance-Vorschriften von der Gerichtspraxis als bekannt vorausgesetzt werden. Kein Verantwortungsträger einer Unternehmung kann sich aus dieser Verantwortung befreien, indem er beispielsweise Unkenntnis über den Bestand und die Rechtsfolgen dieser Bestimmungen vorgibt.
Für die KMU stellt sich hier allenfalls die Frage, ob nicht alter Wein in neuen Schläuchen verkauft wird und die Compliance-Diskussion nicht eine seit Langem bekannte Thematik aufgreift und neu verpackt. Dieses Argument ist zum Teil berechtigt. Heute darf grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Verwaltungsrat die Oberaufsicht über die Geschäftsleitung wahrnimmt, auch im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente oder internen Weisungen. Ob allerdings sämtliche Mitarbeitenden auf allen Hierarchiestufen im Geschäftsleben wissen, welche Vorschriften gelten und zu befolgen sind, steht in einem anderen Kapitel.
Werden KMU auf Compliance im Zusammenhang mit den Prozessen im Geschäftsalltag angesprochen, wird sofort auf die betriebsinterne Organisation und die einzelnen Abläufe hingewiesen. Ergänzend wird betont, dass die Geschäftstätigkeiten im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und firmeninternen Reglemente und Weisungen regelmässig kontrolliert werden. Diese Aussagen treffen in der Regel beispielsweise auf die Buchführung, die gesetzeskonforme Abrechnung der Mehrwertsteuer oder die Aktenaufbewahrung zu. Weder der Verwaltungsrat noch die Geschäftsleitung sprechen bei diesen Themen von Compliance.
Hingegen rücken Compliance-Themen in den Vordergrund, wenn die Frage im Raum steht, ob der Verwaltungsrat beispielsweise die firmeninterne korrekte Abrechnung gegenüber den Sozialversicherungen überprüft und allfällige Mängel korrigiert hat. Es ist allgemein bekannt, dass die Gerichte im Falle von Unregelmässigkeiten bei der Abrechnung gegenüber den Sozialversicherungen den Verwaltungsrat eines Grosskonzerns gleichermassen wie den einer KMU zur Rechenschaft ziehen. Das fehlbare Verhalten besteht darin, dass die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften nicht überprüft wird und keine Massnahmen ergriffen werden, falls ein Fehler festgestellt wird. Es handelt sich hier um ein Compliance-Thema, das im Geschäftsalltag jedoch kaum als solches bezeichnet wird.
Spätestens seit spektakuläre Fälle im Zusammenhang mit Datenklau, Cyberkriminalität oder Datenschutzverletzungen in den Medien aufgegriffen werden, erschallt der Ruf nach vermehrter Sicherheit und Kontrolle. Die Politik glaubt, mit rigorosen gesetzlichen Bestimmungen ein wirksames Heilmittel gegen Verletzungen der Persönlichkeit, des Datenschutzes oder der Geschäftsgeheimnisse gefunden zu haben. Der Gesetzgeber befasst sich in der EU und in der Schweiz zurzeit mit der Revision der Datenschutz- und Datensicherheitsgesetzgebung. Somit rücken zentrale Fragen von Compliance ins politische und mediale Rampenlicht.
Bei der Auswahl der Massnahmen und deren Umsetzung in Weisungen und Vorschriften im Zusammenhang mit Compliance gilt es, das Augenmass zu behalten. Compliance wirkt in präventiver Hinsicht, schliesst aber auch die Kontrollen ein. Dieser Grundsatz prägt zum Beispiel die künftige Datenschutz- und Datensicherheitsgesetzgebung. Betroffen sind sämtliche Unternehmen, Organisationen oder die öffentliche Verwaltung. KMU müssen sich mit diesen Themen ebenfalls befassen, wenn sie Daten von Personen bearbeiten.
Die Compliance-Anforderungen im Bereich des Persönlichkeitsschutzes, worunter der Datenschutz fällt, sind hoch. Es braucht also ein firmeninternes Regelwerk, das mit den gesetzlichen Vorschriften übereinstimmt. Von den datenbearbeitenden Firmen werden wirksame Schutz- und Sicherheitsmassnahmen verlangt, um Datenschutzverletzungen zu vermeiden. Für die Firmen bedeuten diese Entwicklungen neue Herausforderungen an ihr Risiko- und Sicherheitsmanagement. Gestützt auf diese Rechtsgrundlagen sind auch die internen Kommunikationskanäle, die Nutzung des Internets oder der Gebrauch von Social-Media-Instrumenten firmenintern zu überprüfen und allenfalls zu reglementieren. Diese Themen werden prioritär den Compliance-Massnahmen zugeordnet.
Im Weiteren zählen auch die Verhaltensvorschriften der Mitarbeitenden gegenüber Kunden und Konkurrenten zur Compliance. Verfehlungen, beispielsweise wegen Bestechung, Korruption, unlauteren Wettbewerbs oder Rufschädigung des Konkurrenten, können sich negativ auf die Reputation und die finanzielle Situation eines Unternehmens auswirken und zudem rechtliche Sanktionen zur Folge haben. Im Rahmen von Compliance müssen somit zusätzlich zu den gesetzlichen Bestimmungen auch firmeninterne Reglemente und Weisungen zu diesen Themen erlassen werden.
Wie aber lassen sich Compliance-Massnahmen wirksam umsetzen? Diese Frage stellen sich heute alle Firmen. Der Erlass von Reglementen und Weisungen ist eine zwingend notwendige Voraussetzung, um den Compliance-Anforderungen zu entsprechen. Die Sensibilisierung aller Mitarbeitenden und eine zweckdienliche Instruktion stellen einen weiteren Schritt zur erfolgreichen Anwendung dar. Wichtig und letztlich entscheidend ist, dass Compliance auf allen Hierarchiestufen echt gelebt wird. Zu erwähnen ist beispielsweise die Rolle des Geschäftsinhabers, des Patrons einer KMU, der eine Vorbildfunktion im Compliance-Bereich wahrnimmt. Das Verhalten der Führungspersonen prägt dasjenige der Mitarbeitenden. Dies ist eine Binsenwahrheit, trifft aber auf die Respektierung von Compliance vollumfänglich zu.
Jeder Verwaltungsrat ist gut beraten, wenn er Compliance-Themen ernst nimmt und die notwendigen firmeninternen Massnahmen anordnet und durchsetzt. Eine erfolgreiche Umsetzung von Compliance darf nicht an internen Ressourcen, ungenügendem Fachwissen, fehlender Erfahrung oder einem Führungsfehlverhalten scheitern. Die ComplianceVorschriften sind auch regelmässig auf ihre Aktualität hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Compliance befasst sich zu einem grossen Teil mit präventiv wirkenden Schutz- und Verhaltensregeln. Eine umfassende Compliance schliesst aber auch Massnahmen für den Krisenfall ein. Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn Compliance-Vorschriften verletzt werden und ein Gerichtsverfahren bevorsteht.
KMU haben sich in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit den Herausforderungen von Compliance zu stellen. Die staatlichen Interventionen, verbunden mit einer drastischen Zunahme von Vorschriften, engen die Handlungsfreiheit ein und fördern ein eher wirtschaftsfeindliches Klima.
Die KMU reagieren mit Augenmass auf diese neue Situation und schaffen die notwendigen internen Grundlagen, um die staatlichen Vorschriften zu erfüllen. Andernfalls drohen drakonische Geldbussen. Besondere Beachtung wird dem Schutz der Persönlichkeit und der Personendaten zu widmen sein. Es lohnt sich für alle Firmen, welche Personendaten bearbeiten, Compliance präventiv zu betreiben, um Verletzungen von gesetzlichen Vorschriften zu vermeiden.
Die Massnahmen zur Einhaltung von Compliance legen Unternehmen selber fest. Indes können sie in gewissen Themen dank externen Beratungsleistungen den zweckmässigen und gesetzeskonformen Weg effizienter finden. Die Planung, Umsetzung und Kontrolle sowie die Anordnung von Massnahmen im Compliance-Bereich stellen heute wichtige Themen für jede Unternehmung dar. Die Verantwortung dafür trägt der Verwaltungsrat eines jeden Grosskonzerns – und einer jeden KMU.
«Die Planung, Umsetzung und Kontrolle sowie die Anordnung von Massnahmen im Compliance-Bereich stellen heute wichtige Themen für jede Unternehmung dar.»
Die Sache mit dem Speicher
September 2018
Stefan Menzi, Dipl. El.-Ing. ETH
Eine der wesentlichen und oft verkannten Errungenschaften des 19. Jahrhunderts ist die lineare Verfügbarkeit von Energie, erst dank Wasserkraft und Dampfmaschinen, später dank Gas und elektrischem Strom. Diese stete Verfügbarkeit war eine wesentliche Voraussetzung für die industrielle Revolution, heute gilt sie als selbstverständlich. Wir haben uns daran gewöhnt, dass sich der Lift auf Knopfdruck augenblicklich in Bewegung setzt und ohne längeren Unterbruch im dritten Stock ankommt. Nach der Energiewende werden wir uns erneut mit dem Pragma der linearen Verfügbarkeit von Energie beschäftigen müssen, insbesondere was den Strom betrifft.
Die Erzeugung und Verteilung der elektrischen Energie ist in der Schweiz darauf ausgerichtet, dass die Erzeuger die Energiemenge regeln, die ins Netz gelangt. Die Regelung geschieht einerseits langsam durch das Ein- und Ausschalten ganzer Anlagen oder einzelner Turbinen, andererseits schnell, indem einige grosse Anlagen eine Leistungsreserve vorhalten und innert weniger Millisekunden auf Lastschwankungen reagieren können. Durch eine stete Überproduktion wird also allzeit genügend Energie bereitgestellt, damit kurzfristige Leistungsschwankungen im Netz ausgeglichen werden können. Es muss zu jeder Zeit exakt gleich viel Energie ins Netz eingespeist wie entnommen werden, ansonsten wird das Netz instabil und schaltet automatisch aus.
Das Stabilitätskriterium ist durch die Energiestrategie 2050 in mehrfacher Hinsicht in Frage gestellt:
- Die kurzfristige Regelung der Energiemenge lässt sich nach Abschaltung der grossen Werke (AKW) nicht mehr zentral bewerkstelligen. Wie die Energiemenge dezentral durch die vielen kleinen Erzeuger geregelt werden soll, ist bis heute nicht bekannt, geschweige denn grossflächig erprobt.
- Die Photovoltaik und der Windstrom liefern im Tages- und Jahresverlauf unregelmässig Strom und der Verlauf ist schlecht planbar. Dieser variable Verlauf muss durch eine Kombination von Überkapazität und Speicher ausgeglichen werden. Die benötigten Speicherkapazitäten für den Ausgleich des Tagesverlaufs sind gross. Wollen wir mit Sommerstrom im Winter heizen, dann brauchen wir noch viel grössere Speicher.
- Die fehlgeleiteten Öko-Subventionen und die Abnahmeverpflichtung für Solarstrom führen zu einer Preisverzerrung im Strommarkt. Das so entstandene Preisgefüge verlängert die Abschreibedauer von Speicherkraftwerken und hemmt damit die Investition in die dringend benötigten Speicher. Die unsicheren politischen Rahmenbedingungen machen die Sache nicht besser. Kurz: Niemand investiert heute in neue Kraftwerke oder Speicher ohne massive Subventionen.
Gemäss verschiedener Studien sind der Nachfrageelastizität enge Grenzen gesetzt. Das zeigt auch unser eingangs erwähntes Beispiel mit dem Lift. Es gibt schlicht nur wenige Anwendungen, deren Stromverbrauch sich ohne Konsequenzen über Minuten, Stunden oder gar Tage verschieben lässt. Wenn aber Strom unregelmässig produziert wird, muss der Verbrauch gesteuert oder die Energie in einem Zwischenspeicher kurzfristig gelagert werden. Damit das funktionieren kann, braucht es einen Markt, bzw. eine Handelsplattform für «verzögerten Verbrauch» oder für kurzfristige Speicher.
Da die Marktteilnehmer aller Voraussicht nach Maschinen und nicht Menschen sein werden, wären die Regeln für diesen Markt zu programmieren und im kleinen, mittleren und grossen Netz auf Stabilität zu prüfen. Aus meiner Sicht ist das eine Aufgabe für eine ganze Generation von Ingenieuren, die sich nicht in zehn Jahren bewältigen lässt.
Oder heisst die Lösung Sparen, wie es die Energiestrategie 2050 flächendeckend und für jeden von uns vorsieht? Der Energieverbrauch pro Kopf oder BIP ist ein Mass für die Entwicklung einer Gesellschaft: Wenig entwickelte Länder und Regionen haben einen geringeren Energieverbrauch. Vor diesem Hintergrund sei die Frage erlaubt: Wirft uns die Energiestrategie 2050 zurück ins 19. Jahrhundert?
«Nach der Energiewende werden wir uns erneut mit dem Pragma der linearen Verfügbarkeit von Energie beschäftigen müssen, insbesondere was den Strom betrifft.»
Die Unternehmensnachfolge – ein Praxisbeispiel
September 2018
Felix Lämmler, Dipl. El.-Ing. FH / Exec. MBA
Die SwissKMU(1) ist ein mustergültiger Schweizer Familienbetrieb und eines von rund 75‘000 kleineren und mittleren Unternehmen (KMU), die sich in den kommenden Jahren mit ihrer Unternehmensnachfolge beschäftigen müssen. Für den einzelnen Betrieb geht es um nichts weniger als seine Existenz. Volkswirtschaftlich betrifft der Generationenwechsel geschätzte 400‘000 Schweizer Arbeitnehmer.
Der Inhaber, Herr Schweizer, kennt die anstehenden Herausforderungen:
Es gilt, rechtliche, steuerliche und finanzielle Themen zu bearbeiten. Das akkurate Lösen dieser Aufgaben ist zentral für den Projekterfolg. Gleichermassen sind seine ganz persönlichen Bedürfnisse mit den externen Ansprüchen in Einklang zu bringen. Diesem Balanceakt der Nachfolgeplanung kommt die Schlüsselrolle zu.
Herr Schweizer entscheidet sich, die Nachfolge mit einer externen Beratung in Angriff zu nehmen. Im Team lässt sie sich effektiver und effizienter lösen. Gemeinsam wird der Prozess in sechs Phasen unterteilt: Vorbereitung, Suche, Auswahl, Einführung, Aufbau und Übergabe an den Nachfolger.
Die Vorbereitungsphase ist die erste und zugleich grösste Herausforderung. Herr Schweizer muss bereit sein, sich aktiv mit der Unternehmensnachfolge auseinanderzusetzen. Erfahrungsgemäss braucht es Zeit, um die Emotionen zu bändigen und mit sich selbst ins Reine zu kommen. Persönliche Fragen wie «Bin ich soweit, dass ich mich vom Geschäft lösen kann?», «Habe ich Freude daran, einem Nachfolger Platz zu machen?» oder «Werde ich allfällige Fehler meines Nachfolgers akzeptieren können?» sind eine kleine Auswahl von wichtigen Fragen, die nur der Inhaber beantworten kann und muss. Ebenso ist zu klären, welchen Routinen, Traditionen oder Geschichten das Unternehmen folgen soll. Abgestützt auf diese fundierte Analyse mit klaren Zielen und Werten, ist sich Herr Schweizer seiner Sache sicher. Die Suche nach einem Nachfolger kann beginnen.
Der Einbezug der Familie ist für den Inhaber selbstverständlich, also beginnt die Suche im engeren Familienkreis. Herr Schweizer weiss, dass Kinder häufig sehr geeignete Nachfolger sind, unter der Voraussetzung, dass der Aufbau der nächsten Führungsgeneration strukturiert und konsequent erfolgt. Bei der SwissKMU werden auch die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat frühzeitig über die anstehende Nachfolge informiert. Diese Führungsspitzen wissen, dass das richtige Timing mit Einbezug der Mitarbeitenden sowie der gemeinsame Wille zum Fortbestand der Belegschaft spielentscheidend sind. Gleichwohl, die Realität zeigt, dass das eine Familienmitglied nicht alle massgebenden Kriterien erfüllt und ein anderes sich unverhofft zurückzieht.
Nun richtet sich der Fokus in absteigender Priorität auf die teilhabenden Partner, das Management, fähige Mitarbeitende und Externe. Die Letztgenannten sind Teil des Plans B: Eine frühzeitige Suche nach geeigneten externen Nachfolgern kann eine wundersame Fügung für die gelungene Unternehmensnachfolge sein. Im Falle der SwissKMU fällt die Wahl indes auf ein Führungsgespann aus Mitarbeitenden.
Mit der erfolgreich abgeschlossenen Auswahlphase startet bei der SwissKMU die Einführungsphase. Diese wird massgebend dadurch bestimmt, welche Bedingungen die Nachfolger bereits erfüllen. In der SwissKMU verfügen die designierten, führungswilligen Mitarbeitenden über die notwendigen Fertigkeiten und Fähigkeiten; sie sind in der Lage, das Unternehmen in seinem kulturellen Umfeld «abzuholen». Unter diesen Gegebenheiten ist die Geschäftsübernahme unter einem Jahr zu schaffen.
Herr Schweizer entscheidet sich trotz erfolgsversprechender Aussichten für ein konkretes Aufbauprogramm. Es sieht vor, den Nachfolgern mit einer schrittweisen Übergabe der operativen Verantwortung die besten Chancen einzuräumen. Das schrittweise Aneignen der fachlichen und technischen Qualifikationen erleichtert zudem den Einstieg sowie den Aufbau der operativen Unternehmensführung.
In der letzten Phase, der vollständigen Übergabe, werden die neuen Zuständigkeiten an die Kunden und Lieferanten kommuniziert. Mit diesem Meilenstein zieht sich Herr Schweizer von den operativen Aufgaben zurück; die notwendigen Entscheidungs- und Handlungsspielräume werden von den Nachfolgern übernommen. Ob die weitere Beschäftigung des bisherigen Inhabers oder aber sein finaler Rückzug dem Unternehmen mehr dienen, ist situativ zu entscheiden. In jedem Fall nützt es der Sache, wenn der Rücktritt unwiderruflich ist und die Zukunftspläne des Inhabers geschmiedet sind.
Die Wege zu einer gelungenen Nachfolgeregelung sind individuell und situationsbezogen. Ein Prozess, der einiges an Fingerspitzengefühl erfordert, unabhängig davon, ob es die familieninterne oder externe Nachfolgeform betrifft. Dabei bestimmt die Zusammensetzung des Teams in hohem Mass den Projekterfolg. Ob die Nachfolge hingegen langfristig ein Erfolg wird, hängt von den gemeinsamen ideellen Werten der Beteiligten ab.
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(1 ) Die natürlichen und juristischen Personen sind zufällig benannt.
«Eine gelungene Nachfolgeregelung ist ein Prozess, der einiges an Fingerspitzengefühl erfordert, unabhängig davon, ob es die familieninterne oder externe Nachfolgeform betrifft.»