Die Unternehmensnachfolge – ein Praxisbeispiel

Die Unternehmensnachfolge – ein Praxisbeispiel

September 2018

Felix Lämmler

, Dipl. El.-Ing. FH / Exec. MBA

«Eine gelungene Nachfolgeregelung ist ein Prozess, der einiges an Fingerspitzengefühl erfordert, unabhängig davon, ob es die familieninterne oder externe Nachfolgeform betrifft.»

Die SwissKMU(1) ist ein mustergültiger Schweizer Familienbetrieb und eines von rund 75‘000 kleineren und mittleren Unternehmen (KMU), die sich in den kommenden Jahren mit ihrer Unternehmensnachfolge beschäftigen müssen. Für den einzelnen Betrieb geht es um nichts weniger als seine Existenz. Volkswirtschaftlich betrifft der Generationenwechsel geschätzte 400‘000 Schweizer Arbeitnehmer.

Der Inhaber, Herr Schweizer, kennt die anstehenden Herausforderungen:
Es gilt, rechtliche, steuerliche und finanzielle Themen zu bearbeiten. Das akkurate Lösen dieser Aufgaben ist zentral für den Projekterfolg. Gleichermassen sind seine ganz persönlichen Bedürfnisse mit den externen Ansprüchen in Einklang zu bringen. Diesem Balanceakt der Nachfolgeplanung kommt die Schlüsselrolle zu.

Herr Schweizer entscheidet sich, die Nachfolge mit einer externen Beratung in Angriff zu nehmen. Im Team lässt sie sich effektiver und effizienter lösen. Gemeinsam wird der Prozess in sechs Phasen unterteilt: Vorbereitung, Suche, Auswahl, Einführung, Aufbau und Übergabe an den Nachfolger.

Die Vorbereitungsphase ist die erste und zugleich grösste Herausforderung. Herr Schweizer muss bereit sein, sich aktiv mit der Unternehmensnachfolge auseinanderzusetzen. Erfahrungsgemäss braucht es Zeit, um die Emotionen zu bändigen und mit sich selbst ins Reine zu kommen. Persönliche Fragen wie «Bin ich soweit, dass ich mich vom Geschäft lösen kann?», «Habe ich Freude daran, einem Nachfolger Platz zu machen?» oder «Werde ich allfällige Fehler meines Nachfolgers akzeptieren können?» sind eine kleine Auswahl von wichtigen Fragen, die nur der Inhaber beantworten kann und muss. Ebenso ist zu klären, welchen Routinen, Traditionen oder Geschichten das Unternehmen folgen soll. Abgestützt auf diese fundierte Analyse mit klaren Zielen und Werten, ist sich Herr Schweizer seiner Sache sicher. Die Suche nach einem Nachfolger kann beginnen.

Der Einbezug der Familie ist für den Inhaber selbstverständlich, also beginnt die Suche im engeren Familienkreis. Herr Schweizer weiss, dass Kinder häufig sehr geeignete Nachfolger sind, unter der Voraussetzung, dass der Aufbau der nächsten Führungsgeneration strukturiert und konsequent erfolgt. Bei der SwissKMU werden auch die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat frühzeitig über die anstehende Nachfolge informiert. Diese Führungsspitzen wissen, dass das richtige Timing mit Einbezug der Mitarbeitenden sowie der gemeinsame Wille zum Fortbestand der Belegschaft spielentscheidend sind. Gleichwohl, die Realität zeigt, dass das eine Familienmitglied nicht alle massgebenden Kriterien erfüllt und ein anderes sich unverhofft zurückzieht.
Nun richtet sich der Fokus in absteigender Priorität auf die teilhabenden Partner, das Management, fähige Mitarbeitende und Externe. Die Letztgenannten sind Teil des Plans B: Eine frühzeitige Suche nach geeigneten externen Nachfolgern kann eine wundersame Fügung für die gelungene Unternehmensnachfolge sein. Im Falle der SwissKMU fällt die Wahl indes auf ein Führungsgespann aus Mitarbeitenden.

Mit der erfolgreich abgeschlossenen Auswahlphase startet bei der SwissKMU die Einführungsphase. Diese wird massgebend dadurch bestimmt, welche Bedingungen die Nachfolger bereits erfüllen. In der SwissKMU verfügen die designierten, führungswilligen Mitarbeitenden über die notwendigen Fertigkeiten und Fähigkeiten; sie sind in der Lage, das Unternehmen in seinem kulturellen Umfeld «abzuholen». Unter diesen Gegebenheiten ist die Geschäftsübernahme unter einem Jahr zu schaffen.

Herr Schweizer entscheidet sich trotz erfolgsversprechender Aussichten für ein konkretes Aufbauprogramm. Es sieht vor, den Nachfolgern mit einer schrittweisen Übergabe der operativen Verantwortung die besten Chancen einzuräumen. Das schrittweise Aneignen der fachlichen und technischen Qualifikationen erleichtert zudem den Einstieg sowie den Aufbau der operativen Unternehmensführung.

In der letzten Phase, der vollständigen Übergabe, werden die neuen Zuständigkeiten an die Kunden und Lieferanten kommuniziert. Mit diesem Meilenstein zieht sich Herr Schweizer von den operativen Aufgaben zurück; die notwendigen Entscheidungs- und Handlungsspielräume werden von den Nachfolgern übernommen. Ob die weitere Beschäftigung des bisherigen Inhabers oder aber sein finaler Rückzug dem Unternehmen mehr dienen, ist situativ zu entscheiden. In jedem Fall nützt es der Sache, wenn der Rücktritt unwiderruflich ist und die Zukunftspläne des Inhabers geschmiedet sind.

Die Wege zu einer gelungenen Nachfolgeregelung sind individuell und situationsbezogen. Ein Prozess, der einiges an Fingerspitzengefühl erfordert, unabhängig davon, ob es die familieninterne oder externe Nachfolgeform betrifft. Dabei bestimmt die Zusammensetzung des Teams in hohem Mass den Projekterfolg. Ob die Nachfolge hingegen langfristig ein Erfolg wird, hängt von den gemeinsamen ideellen Werten der Beteiligten ab.

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(1 ) Die natürlichen und juristischen Personen sind zufällig benannt.