Die Digitalisierung und ihr Einfluss auf Organisationen

Die Digitalisierung und ihr Einfluss auf Organisationen

Mai 2017

Markus Mangiapane

, MAS FHO in Business Information Management

«Was der internen IT bleibt, sind die für das Business spezifischen Prozesse – die Kernprozesse also.»

Glaubt man den IT-Fachzeitschriften, so wird die Digitalisierung alle kommenden Herausforderungen von Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen lösen. Dass dies nicht ganz so einfach ist und auch Anpassungen an die Geschäftsmodelle und -prozesse mit sich bringt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Sicher ist: Der Druck auf die inter-ne IT-Organisation wächst. Sie muss vom «Business-Unterstützer» zum «Business-Enabler» mutieren.

Die Rolle der IT und ihr Einfluss auf die Geschäftsentwicklung wird in diesem Kontext neu definiert. Galt sie in der Vergangenheit vor allem als Kostenblock, ist die IT heute Türöffnerin für neue Kanäle, Kunden und Märkte.

Die interne IT-Organisation und die Marktentwicklung
In den vergangenen Jahren hat die interne IT-Organisation auf dem Markt zunehmend Konkurrenz erhalten: Externe IT-Dienstleister haben sich vermehrt auf Services konzentriert, die sie aus den eigenen Rechenzentren anbieten. Da die stark standardisierten Leistungen gleich mehreren Kunden zur Verfügung stehen, kommen Skaleneffekte zum Tragen und die Leistungen können günstiger und oft auch in besserer Qualität angeboten werden als von internen Stellen. Die bessere Qualität externer Anbieter lässt sich vor allem auf den wesentlich höheren Automatisierungsgrad bei der Installation, beim Nachführen der Patches und im Support zurückführen. Zudem können die Kunden den benötigten Service direkt und online konfigurieren – innert Minuten wird alles installiert und konfiguriert. Flugs steht der neue Datenbankserver mit allen vertraglich vereinbarten Betriebsleistungen, quasi ondemand, zur Verfügung. Und dies ohne Zutun des externen IT-Dienstleisters, der sich voll auf den Betrieb des neuen Services konzentrieren kann. Dasselbe gilt auch, wenn ein Service nicht mehr gebraucht wird. Online kündigen, und der Service wird zum gewünschten Zeitpunkt ausser Betrieb genommen. Nur die ganz grossen internen IT-Organisationen können diesen Service bieten. Für die Mehrzahl der KMU ist ein solches Service-Niveau im Alleingang unerreichbar.

Die externen IT-Dienstleister gehen nun einen Schritt weiter, denn auch sie müssen sich neu positionieren. Office 365 oder Skype for Business und Sharepoint Online ermöglichen komplette Services aus der Cloud. Diese Services werden nun direkt von Software-Herstellern angeboten, von Microsoft, Google, Amazon oder Adobe. Somit verändert sich das Geschäftsmodell der externen IT-Dienstleister, aber auch jenes der internen IT-Organisation. Jeder, der an dieser Wertschöpfungskette beteiligt ist, muss sich wiederholt überlegen, welchen Teil des Kuchens er abbekommen möchte. Externe IT-Dienstleister positionieren sich neuerdings als Integratoren; sie bringen Kunde und Microsoft zusammen, um aus den vorhandenen Möglichkeiten das Beste für den Kunden zu konfigurieren. Das ist aber zugleich auch ihr grösstes Handicap: Sie kennen die Kultur und die spezifischen Prozesse des Kunden nicht. Und hier liegt das wesentliche Alleinstellungsmerkmal der internen IT-Organisation.

Die Richtungsänderung im Unternehmen
Radikal ausgedrückt bedeutet das: Alle bisherigen Aufgaben der internen IT-Organisation gehören auf den Prüfstand. Aufgaben der IT, die keinen direkten Einfluss auf die Kernprozesse haben, sind – wo wirtschaftlich sinnvoll – auszulagern. Dabei handelt es sich um Standard-Leistungen, die kaum unternehmensspezifisches Know-how benötigen. Gerade diese Leistungen kann ein externer IT-Dienstleister inzwischen oft kostengünstiger zur Verfügung stellen, während sie die interne IT von ihrer neuen Kernaufgabe bloss ablenken.

Das heisst: Die interne IT hat die Gesamtverantwortung für den Betrieb und in diesem Sinne wird die Pflege der Lieferantenbeziehungen zur Schlüsselkomponente. Hierzu gehören auch die Planung der gesamten Unternehmensarchitektur, der Aufbau eines IT-Architekturmanagements und die geschäftsprozessspezifische Konfiguration der Systeme. Noch wichtiger aber sind die Unterstützung der Geschäftsbereiche beim Optimieren und Digitalisieren der Geschäftsprozesse, dem daraus resultierenden Datenmanagement und die Beratung der Fachbereiche für zukünftige IT-Lösungen und Technologien in Verbindung mit der Geschäftsentwicklung.

Diese Veränderung wirkt sich zuallererst auf den CIO aus. Sein Fokus geht weg vom Betreiben einer Applikation, eines Rechenzentrums oder eines Support-Teams. Sein Fokus ist die Pflege von Lieferantenbeziehungen: ob Vorevaluation einer Software, Einführung eines neuen ERP-Systems, Service Level Agreements oder Koordination der Geschäftsprozessoptimierung drei Jahre nach der Einführung eines neuen CRM-Systems. Grösser könnte ein Wandel kaum sein.

Resumé
Die fortschreitende Digitalisierung automatisiert die einfachen Büroarbeitsplätze weg. Die damit einhergehende Standardisierung von IT-Funktionen und -Prozessen ermöglicht deren Outsourcing. Da der Outsourcing-Partner die Prozesse von mehreren Kunden zusammenfassen kann, erbringt er dank Skaleneffekten die Leistung zu günstigeren Preisen. Entsprechend wandern über kurz oder lang die standardisierbaren Prozesse ab. Was der internen IT bleibt, sind die für das Business spezifischen Prozesse – die Kernprozesse also. Für den CIO bedeutet dies, dass seine IT-Landkarte in den nächsten fünf Jahren neu gezeichnet wird. Entweder von ihm selber oder von den Outsourcing-Partnern in ihren Offerten.

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