Die Mitwirkungspflicht des Kunden

Die Mitwirkungspflicht des Kunden

März 2024

Marco Solenthaler

, M.Sc. FHO Wirtschaftsinformatik

Zur federführenden Umsetzung oder zur Unterstützung von Projekten werden oft externe Beratungsunternehmen und weitere Dienstleister wie bspw. Softwarelieferanten beigezogen. Dadurch kann beim Auftraggeber eine Erwartungshaltung entstehen, dass kundenseitig keine oder nur wenige interne Aufwände anfallen. Der vorliegende Artikel beleuchtet die Massnahmen und Vorteile der Mitwirkungspflicht des Kunden sowie deren Bedeutung für den Projekterfolg.

In einem Projekt arbeiten mehrere Personen mit unterschiedlichen Rollen zusammen, die typischerweise in eine Steuerungs-, Führungs- oder Ausführungsebene unterteilt sind. Daraus entstehen auf der einen Seite Rollen und Aufgaben, die eher an Externe ausgelagert werden, wie etwa Projektleitung, Projektunterstützung, Business Analyst oder Testverantwortliche. Auf der anderen Seite bestehen Rollen, die vielfach oder gar in jedem Fall intern vom Kunden wahrgenommen werden (sollten): u.a. Auftraggeber, Tester, Anwendervertreter. 

 

Bedeutung 

 

Damit die externen Rollen ihre Beratungsleistungen im Rahmen eines Mandatsverhältnisses unter Einhaltung der Leistungs-, Qualitäts-, Zeit- und Kostenvorgaben erbringen können, sind sie auf die Mitwirkung des Kunden angewiesen. Die Mitwirkungspflicht des Kunden bezieht sich auf die aktive Beteiligung resp. auf konkrete Aufgaben in allen Projektphasen. Die Rollen und Aufgaben in einem Projekt werden zu Beginn festgehalten und können je nach Projekttyp und Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Kunde variieren. 

 

Der Mandatierte übernimmt nach der Projektfreigabe und der Kick-off-Veranstaltung vielfach den Lead, führt Analysen durch oder erarbeitet Lieferergebnisse wie Ausschreibungsunterlagen oder Projektmanagementpläne. Kundenseitig kann die Mitwirkung an diesem Punkt bereits abnehmen. Dies ist teils auf die begrenzten Ressourcen des Kunden oder die mangelnde Erfahrung in der Projektumsetzung zurückzuführen – was ohnehin vielfach die Gründe für den Beizug von Externen sind. Zu Beginn ist dieser Umstand noch nicht weiter hinderlich, doch obschon ein Mandatierter Leistungen erbringt, bedeutet dies im Projektverlauf nicht, dass alle Leistungen vollständig ausgelagert sind. So ist der Mandatierte angewiesen auf: 

 

  • die fachlichen und technischen Rückmeldungen (bspw. beim Review von Dokumenten oder der Verifizierung von Anforderungen) 

 

  • das Vorhandensein und das Anwenden des spezifischen Know-hows resp. die Qualifikationen des Kunden (bspw. beim Mitwirken in der Datenmigration oder in der Testphase) 

 

  • das Verständnis des Kunden der eigenen Organisation und der Abläufe (bspw. beim Erwirken von Freigaben). 

 

Obwohl teils Aufgaben mit wenig kundenseitigem Aufwand verbunden sind, ist es entscheidend, dass der Kunde über die gesamte Projektlaufzeit hinweg die nötige Zeit und Aufmerksamkeit aufbringt, damit das Projektteam effektiv und effizient zusammenarbeiten kann. Eine Nichterfüllung der Mitwirkungspflicht kann zu Projektverzögerungen oder Qualitätsverlusten führen, was mit zusätzlichen externen Kosten oder erhöhtem internen Aufwand verbunden ist. Um die terminlichen Vorgaben zu erfüllen und um im Verlaufe des Projekts eine konsistent hohe Qualität zu gewährleisten, ist eine hinreichende Mitwirkung des Kunden einzuhalten. 

 

Massnahmen und Vorteile 

 

Die aktive Mitwirkung des Kunden lässt sich mit verschiedenen Massnahmen fördern und einfordern. Diese Massnahmen können vor, während und nach einem Projekt umgesetzt und angewendet werden und bieten zahlreiche Vorteile für den Projekterfolg: 

 

  • Klar kommunizieren: Wenn der Kunde seine Anforderungen und Erwartungen an das Projekt klar kommuniziert, können die Projektmitglieder und die Mandatierten besser verstehen, was im Projekt erreicht werden soll und was dazu benötigt wird. Der Auftraggeber spielt bei der Festlegung des Projektsetups wie Zielsetzung, Projektumfang, Aufgaben und Bewertung des Projekterfolgs eine Schlüsselrolle. Weiter umfasst seine Mitwirkung typischerweise die rechtzeitige Bereitstellung von Informationen und Ressourcen sowie die Entscheidungsfindung im Verlauf des Projekts. Der Mandatierte wiederum hat die Aufgabe, den Kunden ausreichend anzuleiten und auf die Mitwirkung hinzuweisen, damit der Kunde seiner Pflicht nachkommen kann. Dies ist insbesondere bei fehlender Projekterfahrung ein zu berücksichtigender Faktor. Zu Beginn eines Projekts müssen die Rollen und Aufgaben besprochen und klar verteilt werden. Sowohl der Mandatierte als auch der Kunde müssen von Beginn weg eine klare Kommunikation etablieren und sowohl Erwartungen als auch Ziele abgleichen (u.a. mit regelmässigen Meetings/Workshops, Projektstatusberichten). 

 

  • Projektplanung abstimmen: Die Projektplanung muss den internen Ressourcen gegenübergestellt und auf deren Kapazitäten abgestimmt sein. Es ist wenig zielführend, wenn die kundenseitigen Arbeiten auf eine ohnehin hektische Phase des Kunden fallen (bspw. sollten eine Testphase und die Erstellung eines Endproduktes zeitlich nicht zusammenfallen). Damit sie ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können, müssen sowohl anbieter- als auch kundenseitig die benötigten Ressourcen reserviert bzw. die Key User gar vom laufenden Tagesgeschäft entlastet werden. Nebst der abgestimmten Projektplanung sollte dem Kunden bewusst sein oder gemacht werden, dass sein Engagement und seine Entscheidungen und Zwischenentscheide (bspw. zur Phasenfreigabe, zur Abnahme) zeitnah benötigt werden. So lassen sich Verzögerungen im Projekt vermeiden. 

 

  • Probleme frühzeitig erkennen: Wenn der Kunde eng in den Prozess eingebunden ist, lassen sich mögliche Probleme oder Hindernisse frühzeitig erkennen und beheben, bevor sie sich zu grösseren Herausforderungen entwickeln. Dies soll aber nicht bedeuten, dass der Mandatierte die Verantwortung an den Kunden überträgt, sondern, dass der Mandatierte und der Kunde einen gemeinsamen und lösungsorientierten Weg gehen und Probleme in enger Kooperation beheben – und zwar bis das Endergebnis, etwa eine IT-Anwendung, den Bedürfnissen des Kunden entspricht. 

 

  • Kollaborationsmöglichkeiten bereitstellen: Nebst der tatsächlichen Mitarbeit benötigt eine zielführende Zusammenarbeit weitere Grundlagen: So muss zu Beginn bspw. eine Kollaborationsplattform zur Verfügung stehen. Über diesen einheitlichen Kanal werden Dokumente und Informationen bereitgestellt und ausgetauscht. Weiter werden Zugriffsberechtigungen auf Programme (bspw. auf eine Testumgebung) erteilt, damit das Projektteam aktiv und uneingeschränkt mitarbeiten kann. Fragen rund um die Projektkollaboration sollten bereits zu Beginn eines Projektes geklärt werden. 

 

  • Eigenverantwortliches Handeln fördern: Durch seinen Einbezug fühlt sich der Kunden stärker in den Projektverlauf eingebunden und hat die Möglichkeit, das Ergebnis, zum Beispiel eine IT-Anwendung, seinen Wünschen entsprechend zu gestalten. Dies führt grundsätzlich zu einer höheren Zufriedenheit. Es liegt aber auch im Interesse und in der Verantwortung des Kunden, dass der Betrieb nach Abschluss des Projekts sichergestellt und das eigenverantwortliche Handeln gestärkt ist. Denn spätestens mit dem Projektabschluss und dem Ende der Zusammenarbeit mit dem Mandatierten geht die Verantwortung an den Betrieb über. Der Betrieb und die dazu notwendigen Vorleistungen müssen also frühzeitig aufgegleist und sichergestellt sein. 

 

Fazit 

 

Unsere Berater und Beraterinnen sind bestrebt, ihre Kunden bestmöglich zu unterstützen und ihnen bei der Erreichung ihrer Ziele zu helfen. Die erfolgreiche Umsetzung von Projekten erfordert jedoch nicht nur das Engagement und die Leistung der Mandatierten, sondern auch die aktive Beteiligung und Mitwirkung der Auftraggeber. Diese Mitwirkungspflicht ist für den Projekterfolg entscheidend, denn sie fördert die Zusammenarbeit zwischen internem Projektteam und Mandatiertem. Sollte die Mitwirkung nicht wie gewünscht erbracht werden, ist es die Aufgabe der Projektleitung, das Projektteam frühzeitig zu sensibilisieren und entsprechende Massnahmen einzuleiten. Eine klare Kommunikation, rechtzeitige Entscheidungen und eine engagierte Zusammenarbeit führen zu einem effizienten Projektverlauf – und zu einem erfolgreichen Projekt. 

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