Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Nachhaltigkeit und Digitalisierung

März 2023

Orhan Sylejmani

, M.Sc. ETH Maschineningenieurwissenschaften

Wie die Aspekte der Nachhaltigkeit in der Digitalisierung verankert werden können

Befürworter der Digitalisierung argumentieren mit einer Verbesserung und Optimierung der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. So sollen digitale Prozesse und Systeme die Aufwände und Kosten reduzieren und zugleich die Nachhaltigkeit wesentlich verbessern. Dass schnelle Zugriffe und automatisierte Abläufe Zeit sparen, liegt auf der Hand; die Verbesserung von Effizienz und Effektivität werden denn auch selten in Frage gestellt. Bei der Frage der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit scheiden sich jedoch die Geister. 

 

Digitalisierungsoffensiven in Unternehmen gehen in der Regel mit Investitionen einher. Diese verteilen sich auf Hard- und Software, auf die Ausbildung oder Rekrutierung von Fachkräften sowie auf den Personalaufwand für die Realisierung der Digitalisierungsvorhaben. Demgegenüber steht eine Kostenreduktion durch schlankere Prozesse, weniger organisatorische Aufwände und die Einsparung von Sachmitteln wie Papier und anderes Büromaterial. Bis zu diesem Punkt kann ein guter Soll-IstVergleich der Kosten durchgeführt werden. Zur Wirtschaftlichkeit zählt jedoch auch der Nutzen, der sich aus der Digitalisierung ergibt, etwa Wettbewerbsvorteile, ein verbessertes Image oder die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität. Ein Nutzen lässt sich per se nur schwierig monetär beziffern, weshalb auch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit im Kontext der Digitalisierung kontrovers diskutiert wird. 

 

Wie aber sieht es mit der Nachhaltigkeit aus? 

 

Nachhaltigkeit kann grundsätzlich aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Während die ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit oft im Zentrum stehen, wird die politische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit etwas stiefmütterlich behandelt. Dies wahrscheinlich auch, weil für Unternehmen und Organisationen eher die ökonomischen und ökologischen Aspekte im Vordergrund stehen. 

 

Der Begriff Nachhaltigkeit wird oftmals mit «Langlebigkeit» oder «Zukunftsfähigkeit» synonym verwendet. Eine nachhaltige Lösung ist eine Lösung, die wahrscheinlich auch in Zukunft noch eine gute Lösung ist. Die meisten Menschen denken bei der Entwicklung nachhaltiger Produkte daran, ob sich diese denn recyceln lassen. Aber es geht um viel mehr: Zu einer nachhaltigen Produktentwicklung gehört zum Beispiel auch die Minimierung negativer Auswirkungen auf die Umwelt, wie etwa Treibhausgasemissionen und Wasserverbrauch. 

 

Der Begriff Nachhaltigkeit ist also viel breiter zu fassen und betrifft drei wesentliche Aspekte: Konsistenz, Effizienz und Suffizienz.

 

  • Konsistenz bedeutet: Produkte und Leistungen sind bei ihrer Herstellung sowie bei Betrieb und Entsorgung hinsichtlich der Ressourcen- und Umweltverträglichkeit optimiert. 
  • Effizienz umfasst allgemein den sparsamen Einsatz von Ressourcen (Geld, Zeit, Energie). 
  • Suffizienz beinhaltet die Forderung, den Energie- und Rohstoffverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren und somit auch eine Reduzierung des Lebensstandards in Kauf zu nehmen.

 

Nachhaltigkeit ist dann gewährleistet, wenn alle drei Aspekte gleichermassen erfüllt sind. 

 

Doch: Wie sieht es in der Praxis aus? Erfüllt die Digitalisierung diese Anforderungen? Kritische Stimmen sagen «Nein» und verweisen beispielsweise auf die Probleme bei der Generierung von digitalen Währungen.

 

Die für das «Mining» erforderliche Rechenleistung von Computern ist immens und belastet die Umweltbilanz in unkontrollierbarem Masse. Aktuell liegt der jährliche Verbrauch für die Erzeugung von Bitcoins, die bekannteste Währung, bei 46 Terawattstunden. Dies entspricht dem Energiebedarf von Jordanien mit seinen 11 Millionen Einwohnern. Um zu eruieren, ob die digitale Währung dennoch nachhaltig ist, müsste der Energiebedarf für Kryptowährungen mit der gesamten Infrastruktur des Bankenwesens verglichen werden. Dies ist allerdings eine abstrakte Rechnung, da das Kryptowesen aktuell und bis auf Weiteres parallel zum Bankenwesen existiert. 

 

Zwei weitere Kritikpunkte sind: Die Digitalisierung sorgt erstens nicht überall für eine Verschlankung, denn die Anforderungen an die Technologie, Betriebssysteme, Software und peripheren Hardware-Komponenten steigen – genauso wie auch die Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer. Zweitens sinkt seit Jahren die durchschnittliche Nutzungsdauer von Hardware kontinuierlich. Das ist insofern ein Problem, als bis zu 75% der Emissionen eines Gerätes im Produktlebenszyklus während der Produktion entstehen. Die Rechenkapazität in Relation zum Energieverbrauch steigt zwar auch, jedoch bleibt eine Senkung des Energie- und Materialverbrauchs aus. Mehr noch: Empirisch steigt der Energieverbrauch von elektronischen Geräten absolut aufgrund des steigenden Einsatzes. 

 

Und dennoch: Mit digitalen Lösungen lassen sich Ressourcen effizienter nutzen, Lieferketten besser nachverfolgen und die Kreislaufwirtschaft konsequenter umsetzen. Auch liefern digitale Daten die nötigen Informationen zur Transformation von Produkten, Prozessen und Zusammenarbeitund letztlich auch jene Informationen, die es zur Messung und Verbesserung der Nachhaltigkeit braucht. 

 

Deswegen ist es wichtig, Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu verbinden. So lassen sich ihr Innovations- und Nachhaltigkeitspotenzial ausschöpfen und gleichzeitig die Risiken der Digitalisierung für die Umwelt eindämmen. Die Nachhaltigkeitsstrategien der Unternehmen sind zentral und sie können auch mit den Digitalisierungsstrategien in Einklang stehen oder sogar einen wichtigen Beitrag dazu leisten. 

 

Was kann ein Unternehmen konkret tun, um die Nachhaltigkeit im Bereich der Digitalisierung zu verankern? 

 

Die Möglichkeiten sind gross und die Palette der Themen breit. Am Beispiel einer Software-Beschaffung und der nachfolgenden Checkliste lässt sich dies gut veranschaulichen. 

 

1. Notwendigkeit prüfen 

Eine neue Software bietet oftmals neue Funktionen und eine modernere Oberfläche. Prüfen Sie, ob die Ablösung der bestehenden Programme tatsächlich erforderlich ist und ob der dadurch gewonnene Nutzen verhältnismässig ist. Oftmals werden funktionsfähige Systeme abgelöst, obwohl der Lebenszyklus noch lange nicht erreicht ist. 

 

2. Downsizen 

Entscheiden Sie sich nicht für die Software mit dem grössten Funktionsumfang, sondern für diejenige, die Ihren Anforderungen am besten entspricht. Mit schlanken Programmen sparen Sie Zeit, Geld, Daten und Rechenpower. 

 

3. Daten bewusst verarbeiten, Export ermöglichen 

Achten Sie darauf, dass nur die Daten erfasst, verarbeitet und gespeichert werden, die Sie zwingend benötigen. Dadurch sparen Sie Bandbreite und Speicherplatz. Sorgen Sie zudem dafür, dass Ihnen umfassende Exportmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Wenn Sie als Nutzer Ihre Daten exportieren können, verhindern Sie eine dauerhafte Abhängigkeit von einer Software. 

 

4. Open Source einsetzen

Auch wenn es nicht immer und überall möglich ist, lohnt es sich, den Einsatz von OpenSource-Lösungen zu prüfen. Diese Software ist gemeinwohlorientiert, da sie das frei verfügbare Wissen der Welt vermehrt. 

 

5. Europäische Anbieter bevorzugen

Achten Sie bei der Lieferantenwahl darauf, dass Nachhaltigkeitsaspekte in der Unternehmenskultur verankert sind. Mit der Wahl eines europäischen Anbieters ist die Chance gross, dass sich dieser an ökologische Rahmenbedingungen und Vorgaben hält. Zudem gewährleistet ein europäischer Anbieter den bestmöglichen Schutz Ihrer personenbezogenen Daten. 

 

Sie möchten Ihre Digitalisierung nachhaltiger gestalten? Wir unterstützen Sie gerne. 

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