Projektleitung = Projektleitung?

Projektleitung = Projektleitung?

März 2023

Marco Solenthaler

, M.Sc. FHO Wirtschaftsinformatik

Es gibt immer mehr Projekte und folglich braucht es immer mehr Projektleitungen. Zu Beginn eines Projektes stellt sich die Frage, ob die Projektleitung intern wahrgenommen werden kann oder extern vergeben wird. Sprich, ob intern ausreichend Ressourcen sowie genügend Know-how und Erfahrung in vergleichbaren Themenstellungen vorhanden sind. Fehlt eine oder mehrere dieser Voraussetzungen, werden Projektleitungsmandate oft extern vergeben. Ist dies der Fall, gilt es für Auftraggebende zu prüfen, welche Anforderungen und Erwartungen sie an die externe Projektleitung stellen.

Der vorliegende Artikel zeigt, ob und wann die Fachkenntnisse einer externen Projektleitung von Vorteil sind und inwieweit sich eine Projektleitung mit fachlich-inhaltlichen Themen auseinandersetzen muss. Diese Frage wird anhand eines Projektes im Bildungsumfeld beantwortet. Konkret handelte es sich bei diesem Projekt um die Ablösung einer alten und die Beschaffung einer neuen Schulverwaltungslösung. Die externe Projektleitung übernahm dabei folgende Aufgaben: die Vertragsauflösung mit der bisherigen Softwarelieferantin, die Durchführung der Submission, den Vollzug der Datenmigration, die Umsetzung der Konzeptionierung und letztlich die Einführung der neuen Schulverwaltungslösung. 

 

Die «formelle» Projektleitung

 

Von einer formellen Projektleitung wird angenommen, dass sie zwar Erfahrungen aus komplexen Projekten mitbringt, ihr jedoch das explizite Wissen fehlt – im vorliegenden Beispiel zu Bildungsumfeld oder Schulverwaltungslösungen. Die formelle Projektleitung hat ausreichend Praxiswissen und das nachgewiesene Verständnis (bspw. durch Zertifikate), um übergeordnete Themen federführend zu leiten und die Zusammenarbeit mit den Anspruchsgruppen sicherzustellen. Zudem ermöglicht ihr Erfahrungsschatz, die Erarbeitung der Konzepte gesamthaft voranzutreiben. Mit der nötigen Neutralität kann sie die Aufgabe angehen, ohne dass sie Ziele befangen verfolgt. Dabei kann eine externe Projektleitung die Ausgangslage objektiv analysieren, anhand von Gesprächen und Workshops die unterschiedlichen Sichtweisen einholen, diese bündeln und zusammen mit dem Projektteam ergebnisoffen nach einer Lösung suchen. Aufgrund der fehlenden Vertrautheit mit dem Projektthema oder -umfeld kann es bei der formellenunter Umständen sogar fachfremdenProjektleitung jedoch vorkommen, dass zuerst ihr fachliches oder organisatorisches Verständnis aufgebaut werden muss. Dies kann sich negativ auf Projekterfolg, Zeit und Qualität auswirken. 

 

Die «fachlich-inhaltliche» Projektleitung 

 

Demgegenüber steht im vorliegenden Beispiel die fachlich-inhaltliche Projektleitung mit fachspezifischem Wissen, BranchenKnow-how und entsprechenden Fähigkeiten im Bildungsumfeld. Diese Projektleitung kann sich zusätzlich zu den zuvor genannten Punkten inhaltlich tiefer in fachliche Diskussionen einbringen und somit auch das Projektteam leiten und begleiten. Die Projektleitung kann Erfahrungen und «Best Practices» aus anderen Schulprojekten teilen, sodass das Projektteam und das Projekt als Gesamtes profitieren. Die Projektleitung versteht die Prozesse im Schulbereich und kann zum Beispiel die Zusammenarbeit zwischen Schulverwaltungsangestellten und Lehrpersonen sowohl kritisch hinterfragen als auch die diesbezüglichen Chancen und Herausforderungen genauer beurteilen. So werden bestehende Abläufe minutiös geprüft, mit dem Ziel, diese zu optimieren oder gar zu transformieren. 

 

In der Vorbereitung der Ausschreibung kann die fachlich-inhaltliche Projektleitung die Anforderungen des Auftraggebers den Lösungen am Markt gegenüberstellen und den Auftraggeber explizit beraten und unterstützen. Weiter kann sie Erfahrungen aus anderen Datenmigrationen einbringen und mögliche Stolpersteine aufzeigen und somit das Projektteam sensibilisieren, um frühzeitig entsprechende Vorleistungen zu erbringen. Mit ihrem Wissen und Mitwirken kann sie dafür sorgen, dass das Projekt inhaltlich sichergestellt ist. Die fachlich-inhaltliche Projektleitung ist gegenüber der formellen Projektleitung tendenziell in einem näheren Austausch mit dem Projektteam und der Stammorganisation und kann das Vorhaben somit auch aus prozessualer, organisatorischer und/oder technischer Sicht besser einschätzen und lenken. Und schliesslich kann sie operativ stärker agieren, ohne die tatsächlichen Projektleitungstätigkeiten zu vernachlässigen. 

 

Wie das vorliegende Beispiel zeigt, besteht für Auftraggebende letztlich einzig die Herausforderung zu wissen, welche Beratungsunternehmen und welche Berater oder Beraterinnen die gesuchten Fähigkeiten und Fertigkeiten im Bildungsumfeld und mit Schulverwaltungslösungen mitbringen. 

 

Schlussfolgerung

 

Das Verständnis für geeignete Projektmanagementmethoden und deren professionelle Umsetzung sind das Einmaleins in der Beratung. Hierin unterscheiden sich die Fähigkeiten vielfach nur marginal. Doch: Wann lohnt sich der Einsatz einer externen Projektleitung mit fachspezifischem Wissen, Branchen-Know-how und entsprechenden Fähigkeiten? 

 

Bei der formellen Projektleitung entstehen Reibungsverluste, da die Schnittstellen nicht optimal besetzt sind, im Speziellen zwischen Projektleitung und Fachteam. Die Folgen sind ein Verlust an Effizienz und Effektivität sowie allfällige Verzögerungen im Projekt. Die fachlich-inhaltliche Projektleitung erfüllt diese Schnittstellenfunktion meist besser und sichert damit den Projekterfolg. Im vorliegenden Fall heisst das: Die fachlich versierte Projektleitung verhalf Schulen zu einer zukunftsträchtigen Position mit einer zeitgemässen Organisation, effizienten Prozessen sowie einer passenden IT-Architekturund dies wiederum dient der erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Ämtern und Bildungsstätten. 

© 2023 BSG - All rights reserved

Made with ❤ by Kernbrand AG​