Es widerspricht zwar der Natur, aber dennoch scheint der Mensch eine besondere Vorliebe zu haben: Er bildet dauernd von allem Möglichen Durchschnitte. Aus Riesen und Zwergen macht man Durchschnittsgrössen; aus Zweizentnern Schwergewichtsboxern und Fünfzigkilo-Filmsternchen Durchschnittsgewichte. Säuglinge zwingt man statistisch zum Biertrinken – beim durchschnittlichen Bierverbrauch pro Kopf der Bevölkerung. Selbst kinderlosen Ehepaaren weist die Statistik vor dem Pillenknick 2.7 Kinder zu, und mit dem Kleinkind beginnt auch das Rechnen mit Durchschnitten…
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Homeoffice – Big Brother is watching you?
Homeoffice und New Work, flexible Arbeitszeiten und Digitalisierung sind fraglos auf dem Vormarsch. Sie werden oft synonym oder in einem Atemzug verwendet, als ob sie…
Anela Fivaz
2021
Organisations- und Prozessmanagement
Geschäftsprozesse aufnehmen ohne BPMN
Mithilfe von Prozessmodellierungen können private Unternehmen und öffentliche Verwaltungen ihre Aktivitäten einfacher verwalten und optimieren. Auch für Ausschreibungen ist es zielführend, Prozesse zu dokumentieren. Gerade…
Marco Solenthaler
2021
Organisations- und Prozessmanagement
Fehlerkultur: Lernen aus Fehlern
Viele Unternehmen bekräftigen, aus Fehlern zu lernen, fördern dies aber zu wenig effektiv. Zwar reagieren Führungspersonen auf Fehler, aber aus Zeitgründen meist nicht in einer…
Svenja Schraner
2021
Organisations- und Prozessmanagement
Agilität – neue Ansätze in der Entwicklung und Umsetzung von Digitalisierungsstrategien
Digitalisierungsstrategien, wie auch andere Strategien eines Unternehmens, werden oft nach klassischen Vorgehensweisen durch die Führungsebene erarbeitet und alle paar Jahre einem Review unterzogen. Vielerorts werden…
Pascal Inauen
2021
Strategisches Management
BSG-Geschäftsbericht 2019
Das Geschäftsjahr 2019 – und 40 Jahre BSG. Mit 13 Mitarbeitenden haben wir 2019 die Vorjahreswerte leicht übertroffen und einen Jahresumsatz von Fr. 3’844’000.- erwirtschaftet. …
BSG Unternehmensberatung AG
2020
BSG-Publikationen
Ein klarer Fokus auf das eigene Profil schafft Glaubwürdigkeit
Informationen fliessen immer schneller, News werden im Akkord produziert. Dabei kann man leicht den Überblick verlieren. Um anschlussfähig zu bleiben, müssen Organisationen ein klares Profil…
Christian Jentsch
2020
Organisations- und Prozessmanagement
Arbeiten Sie permakulturell?
März 2020
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH
In der Arbeitswelt zeigen aktuelle Untersuchungen: Mitarbeitende sind zunehmend gestresst. Aktuell gibt beinahe ein Viertel aller Erwerbstätigen in der Schweiz an, dass sie am Arbeitsplatz sehr oft gestresst sind. Erstaunlicherweise ist die Zunahme der Stressgeplagten bei den unter 30-Jährigen am stärksten und diese Altersgruppe weist auch den höchsten Anteil Stressgeplagter auf. Beinahe die Hälfte der gestressten Personen geben an, dass sie sich am Arbeitsplatz emotional erschöpft fühlen. Dies gilt als Zeichen für ein hohes Burnout-Risiko und damit einhergehend für einen mittelmässigen bis schlechten Gesundheitszustand. Welche Folgen diese Tatsachen auf unsere Arbeitswelt und die Leistungsfähigkeit jeder Organisation haben, ist leicht vorzustellen.
Die Anzeichen von echtem Stress – im Gegensatz zu gesundem Stress – mit seinen verschiedenen Ausprägungen sind in vielen Unternehmen feststellbar. Sie reichen von messbaren Indikatoren wie Krankheitstagen oder Fluktuationsrate bis zu zwischenmenschlichen Problemen. Dabei sind die Kommunikation und die Umgangsformen in einer Unternehmung ein untrügliches Merkmal dafür, wie es um die zwischenmenschlichen Probleme bestellt ist. Unter starkem Stress mündet die Kommunikation in ungelöste und unausgesprochene Konflikte.
Der Umgang mit dieser Situation zeigt sich in den Unternehmen sehr unterschiedlich. Viele Unternehmen implementieren einzelne Massnahmen, die kurzfristig von Erfolg gekrönt scheinen, jedoch auf die Dauer ihre Wirkung verlieren. Konkret reichen diese Massnahmen von der Einrichtung eines Kummerkastens, über Teamanlässe bis zu verbesserten Arbeitsmitteln. Obwohl die einzelnen Massnahmen meist sinnvoll sind, fehlt die ganzheitliche Problemerfassung und somit auch das Verständnis, dass man die Themen an den Wurzeln bearbeiten muss. Die fehlende ganzheitliche Problemerfassung zeigt sich in der Folge in einem unzureichenden Verständnis für das Problem, in einer mangelnden Selbstreflektion der involvierten Personen oder in der Ablenkung vom eigentlichen Problem oder Konflikt.
Machen Sie es wie die Pflanzen!
In der Pflanzenwelt zeigen sich Stressreaktionen immer dann, wenn ein Faktor zum gesunden Gedeihen überwiegt oder zu einseitig eingesetzt wird. So steigert zum Beispiel die Stickstoffdüngung zwar das quantitative Pflanzenwachstum, führt aber bei übermässigem Einsatz zur Schwächung der Pflanze gegenüber Krankheiten oder Schädlingen und letztlich zum Verlust der Widerstandskraft.
Erwägt ein Unternehmen eine ganzheitliche Problemerfassung – und somit auch eine langfristig erfolgreiche Beseitigung des Problems – bewähren sich Pflanzensysteme als Vorbilder. Eines dieser erfolgreichen Systeme für die geschilderte Problemstellung ist die Permakultur. Dabei handelt es sich um ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau, das darauf basiert, die Pflanze als Gesamtorganismus in ihrem Umfeld zu betrachten und daraus die entsprechende Kultivierung für ein optimales Gedeihen und einen nachhaltigen Ertrag abzuleiten. Die Permakultur zeichnet sich dadurch aus, dass unabhängige, widerstandsfähige und ausgewogen verteilte Lebensräume geschaffen werden. Permakulturell gestaltete Lebensräume werden als Systeme aufgefasst, in denen das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen so miteinander kombiniert ist, dass die Systeme zeitlich unbegrenzt funktionieren. Das Ziel einer permakulturellen Planung: Die geschlossenen Stoffkreisläufe schaffen langfristig stabile Ökosysteme, die sich selbst erhalten und nur noch minimaler Eingriffe bedürfen.
Übertragen in die Arbeitswelt heisst das: Die Permakultur ist die Arbeitsorganisation und die Eingriffe sind die Handlungen der Führungspersonen. Eine für die entsprechende Unternehmung adäquate Arbeitsorganisation ist die Basis eines firmeninternen Ökosystems, in dem sich wirtschaftlich widerstandsfähige Lebensräume entwickeln. Diese Arbeitsorganisation ist eingebettet in die strategische Ausrichtung, in die Unternehmenskultur, die Prozessreifegrade, in die Personalausstattung und in die Veränderungsbereitschaft der Unternehmung. In stressgefährdeten Unternehmen fehlen diese Gesamtschau und das konsequent abgestimmte Justieren aller Stellschrauben für ein funktionierendes Unternehmenssystem.
Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme. Kombinieren Führungspersonen eine adäquate Arbeitsorganisation mit Wertschätzung und Verständnis für ihre Mitarbeitenden, so sinkt der Stresspegel der Mitarbeitenden – und einem gesunden unternehmerischen Ökosystem steht nichts im Wege. Arbeiten Sie bereits permakulturell?
«Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme.»
Resilientes Kreisdenken – eine Quadratur des Kreises?
März 2021
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH
Der Mensch funktioniert linear, durch sein Denken und Sprechen, durch sein ganzes Unterwegssein vom Morgen bis zum Abend, von der Geburt bis zum Tod. Kann ein derart konditionierter Mensch den aktuellen Herausforderungen adäquat begegnen?
Es ist ein Cartoon, der treffender als jede textliche Einleitung verdeutlicht, an welchem Punkt wir im Umgang mit den aktuellen Herausforderungen stehen: Ursprünglich wurde er von dem kanadischen Zeichner Graeme MacKay publiziert. Der Comic zeigt das Festland Kanadas. Eine Sprechblase ruft die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, ihre Hände zu waschen, «und alles wird gut». Vom Meer rollt eine riesige Welle auf das Land zu: die Corona-Pandemie. Dahinter baut sich eine zweite, grössere Welle auf: die von der Pandemie und ihren Folgekosten verursachte Rezession. Weitere mächtige Wellen, die wir heute in ihrer Wucht noch nicht abschätzen können, könnten folgen.
Corona, Quarantäne, Rezession, Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise – das ist kein Cartoon, sondern Tatsache. Dazu kommen jeden Tag neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Meldungen, meist unangenehme, ob in den Medien oder im eigenen Umfeld. Die Krisen sind real. Genauso real sind die anderen Probleme, die uns im Hamsterrad des Alltags beschäftigt halten: veränderte Arbeitswelt, erodierende Konsensfähigkeit, Identitätskämpfe, wirtschaftliche Herausforderungen wie Schuldentilgung, persönliche Orientierungslosigkeit bis hin zu einem veränderten gesellschaftlichen Zusammenleben in grösserer physischer Distanz und abnehmenden Sozialkontakten. Es folgt Krise auf Krise. Wie kommen wir aus diesem Teufelskreis heraus?
Machen Sie es wie der Apfelbaum.
Die Schlagworte Nachhaltigkeit, Resilienz und Kreisdenken sind grosse Worte. Das Problem: Wir sind endliche, subjektbezogene und lineare Wesen. Von Geburt an auf den Tod ausgerichtet, ist ein Menschenleben wesentlich ein Leben der Ziele, der Pläne, der Biografie, der Identität, des Eigentums, der Erfahrungen aus eigenen Handlungen. Wer «Ich» sagt, kann gar nicht anders als linear denken und handeln. Sind also alle Herausforderungen, die vom «Ich» ein resilientes Kreisdenken verlangen, im Kern eine Selbstüberforderung?
Wir können es nun drehen und wenden, wie wir wollen: Die menschliche Subjektivität ist ein Teil im Kreislauf des Systems Natur. Wir können die Subjektivität nachhaltig und resilient in den Kreislauf einbauen. Dazu brauchen wir keinen neuen Umgang mit den Naturprinzipien, sondern mit uns selbst. Wir brauchen ein anderes Selbst-Verständnis. Ein Selbst-Verständnis, das auf dem bewussten Erleben unseres Umfeldes basiert, ein bewusstes Erkennen der eigenen Linearität im Kreislauf der Natur. Resilienz und Linearität, resilientes Kreisdenken und lineare Subjekterfahrung – eine Quadratur des Kreises?
Apfelbäume haben diese Aufgabe gelöst. Das lineare Aufwärtsstreben im Stamm und das Hineinwachsen der Krone in eine kreis- und kugelförmige Gestalt ist die Quadratur des Kreises. Das zielgerichtete Wachsen des Stammes in die Höhe ermöglicht erst die Ast-, Blatt- und Blütenbildung. In der kreisförmigen Baumkrone reifen die runden Äpfel jedes Jahr aufs Neue – ganz im Einklang mit dem Jahreszyklus und dem Umfeld.
Ist das resiliente Handeln eines Menschen die viel zitierte Quadratur des Kreises? Ja, solange der Mensch den «Imperativ für ein Umdenken» auf andere Menschen richtet. Nein, sobald er beginnt, sein Denken als Kreisdenken mit seinem Selbst im Zentrum zu nutzen – zum eigenen individuellen Reifen und Kreishandeln in Einklang mit dem Umfeld. Ein schwieriges Unterfangen. Im Bild des oben genannten Cartoons könnten wir unsere Fähigkeiten statt zum Händewaschen für das eigene, bewusste Erkennen der herannahenden Wellen gebrauchen. Sind die Wellen im Sinne von Kreisdenken erfasst – Wellen kommen und werden auch ganz natürlich wieder gehen – können verschiedene resiliente Lösungen gefunden werden. Die entsprechende Handlung ist Kreishandeln. Wir können unser lineares Denken hin zu einem Kreisdenken entwickeln und jedes Jahr runde Äpfel reifen lassen, ganz im Sinne eines Apfelbaumes. Und ja: Wir schaffen die Quadratur des Kreises.
«Wir können unser lineares Denken hin zu einem Kreisdenken entwickeln und jedes Jahr runde Äpfel reifen lassen, ganz im Sinne eines Apfelbaumes.»
Projektitis und wie Sie immun werden gegen diese Krankheit
März 2021
Maurus Fässler, M.A. HSG Banking and Finance
Die Welt dreht sich aufgrund der Digitalisierung immer schneller. Täglich kommen ohne grosse Hürden neue Angebote auf den Markt, die unter Umständen auch die eigenen Produkte und Dienstleistungen konkurrieren oder substituieren. Um dieser Gefahr Herr zu werden, behelfen sich viele Unternehmer und Manager damit, zahlreiche neue Projekte aus dem Boden zu stampfen und überfordern damit nicht selten die eigene Organisation. Wie kann ein Unternehmen verhindern, dass diese «Projektitis» überhand gewinnt und gleichzeitig den zeitkritischen Wandel meistern?
Die Fähigkeit, auf verändernde Marktgegebenheiten zu reagieren, war schon immer eine Bedingung für den Unternehmenserfolg. Nicht zuletzt haben die einschneidenden politischen Massnahmen aufgrund der Covid-19-Pandemie gezeigt, dass schnelles Reagieren auf sich ändernde Marktbedingungen überlebensnotwendig ist. Beispielhaft sei hier die stationäre Gastronomie erwähnt, die in einem verordneten Lockdown mobile, zum Kunden ausgerichtete Dienstleistungen wie Take-away-Mahlzeiten entwickelt hat, um ihre Umsatzeinbussen wenigstens teilweise zu kompensieren.
Bereits vor der Digitalisierungswelle und der Covid-19-Pandemie war die Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens ausserhalb des Tagesgeschäfts ein Bestandteil der täglichen Arbeit. Allerdings begnügen sich Führungskräfte in vielen Fällen damit, aufgrund der wahrgenommenen Marktbedingungen Ideen zu entwickeln, diese als Projekte zu klassifizieren und weiterzuverfolgen. Dabei weisen Projekte spezifische Charakteristiken auf und unterscheiden sich grundlegend vom Tagesgeschäft.
Konflikt zwischen Tages- und Projektgeschäft
Im Gegensatz zum Tagesgeschäft mit bekannten Aufgaben innerhalb der definierten Linienorganisation zeichnet sich ein Projekt durch einen gewissen Neuheitsgrad, einen klaren Umfang inklusive Zielvorgabe, durch eine eigene Organisation, eine Einmaligkeit, eine Interdisziplinarität sowie eine zeitliche Begrenztheit aus. Dabei ist Letzteres hervorzuheben: Jedes Projekt hat einen definierten Start und ein Ende und sollte schliesslich einen Mehrwert für das Tagesgeschäft und die Linienorganisation bringen.
Die Erfahrung zeigt: Unabhängig von den Vorgaben zum Projektmanagement führen insbesondere die Übergänge zwischen Tages- und Projektgeschäft zu Schwierigkeiten. Bei einer Projektinitialisierung (von der reinen Idee zum effektiven Projekt) stehen in vielen Fällen ausschliesslich finanzielle Ressourcen im Zentrum. Personelle Kapazitäten werden dabei nur selten berücksichtigt, was bei einer Häufung von Vorhaben insbesondere im KMU-Umfeld zwangsläufig zu einer Überlastung der Projektverantwortlichen oder zu einer Vernachlässigung des Tagesgeschäfts führt. Ebenfalls zeigen Projektabschlüsse, dass neben den eigentlichen Ergebnissen aus den Projekten, wie neue Produkte/Dienstleistungen oder organisatorische Abläufe, die Projekterfahrungen selten in der Linienorganisation etabliert werden und deshalb weder das Tagesgeschäft noch künftige Projekte davon profitieren.
Die richtigen Antikörper in der Organisation aufbauen
Um eine nachhaltige Projektkultur in der eigenen Organisation zu fördern, ist ein gemeinsames einheitliches Verständnis eines Projekts, dessen Zweck sowie des generellen Projektablaufs unabdingbar. Dazu eignet sich in den meisten Fällen ein einfaches, übersichtliches und umsetzbares Projektmanagement-Framework, das sich in einem kurzen Handbuch und mit wenigen Vorlagen dokumentieren lässt. Auch die Umsetzung muss schlank, sprich, ressourcenschonend erfolgen – schliesslich soll das Tagesgeschäft nicht zu stark durch Projektarbeiten eingeschränkt werden.
Neben Vorgaben für die Projektabwicklung (inklusive Projektstart und Projektabschluss) ist die Führung und Steuerung der Projekte und des gesamten Projektportfolios zentral, um mit den vorhandenen Ressourcen den grössten Nutzen für die eigene Organisation zu erzielen. Zum Projektportfoliomanagement gehört, dass Projekte anhand der strategischen Relevanz gezielt organisatorisch aufgehängt sind und regelmässig neu priorisiert werden. Dazu gehört auch der Mut, den Projekten mehr Ressourcen zuzuteilen, Projekte zurückzustellen oder sogar abzubrechen. Je besser die Projektsteuerung mit den Führungskräften der Linienorganisation abgestimmt ist, desto einfacher und schneller lassen sich in der Regel die für das Tagesgeschäft relevanten Informationen teilen und Entscheide treffen. Beispielsweise ist auf diese Weise die Überwachung der intern verfügbaren Personalressourcen und Stellvertretungen für das Projekt- und Tagesgeschäft möglich, da die direkten Vorgesetzten regelmässig über die Arbeiten in beiden Geschäftsbereichen informiert werden.
Es gilt, die formalisiert vorgegebenen Abläufe eines Projektmanagement-Frameworks zu leben und stetig weiterzuentwickeln, damit sich eine Projektkultur im Unternehmen etabliert. Schnell ändernde Rahmenbedingungen im Marktumfeld verlangen nach Agilität als höchste Form der Anpassungsfähigkeit im Projektmanagement. Ein Unternehmen erreicht Agilität ausschliesslich durch definierte, schnell zu durchlaufende und sich wiederholende Prozesse. Nur so lassen sich Projektergebnisse laufend hinterfragen und bei Bedarf anpassen. Konkret bedeutet das: Projekte durchlaufen regelmässig definierte Schritte, um mit den vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen das Erreichen der zentralen Unternehmensziele zu unterstützen. Da sich Unternehmensziele aufgrund des schnelllebigen Marktumfelds laufend ändern, zahlt sich die Schnelligkeit dieser Prozesse der Reflexion und Anpassung aus.
Fazit
Ein Projektmanagement-Framework ist nur eine Rahmenbedingung für die interdisziplinäre Abwicklung von Vorhaben neben dem Tagesgeschäft. Erst ihre gezielte Etablierung in der Linienorganisation führt zu einer nachhaltigen Integration von Projekten in der Unternehmenskultur. Mit regelmässiger Prüfung und Priorisierung der beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen können sich Unternehmen zu einer lernenden Organisation entwickeln und sich damit fit machen für die ständig wechselnden Ansprüche des eigenen Marktumfelds – und immun gegen krankmachende Projektitis.
«Jedes Projekt hat einen definierten Start und ein Ende und sollte schliesslich einen Mehrwert für das Tagesgeschäft und die Linienorganisation bringen.»
Homeoffice – Big Brother is watching you?
März 2021
Anela Fivaz, B.A. Politik-, Verwaltungswissenschaften und Soziologie / Exec. MBA
Homeoffice und New Work, flexible Arbeitszeiten und Digitalisierung sind fraglos auf dem Vormarsch. Sie werden oft synonym oder in einem Atemzug verwendet, als ob sie zusammengehörten und sich gegenseitig bedingten. Mit Recht: Es ist der Verbreitung digitaler Tools zu verdanken, dass aus theoretischen Konzepten eine reale Arbeitswelt geworden ist. Tools wie Skype, Zoom oder Teams haben im Jahr 2020 einen Aufschwung erfahren und sind aus der täglichen Arbeit nicht mehr wegzudenken. Doch mit der Ausweitung von Homeoffice und New Work, und der damit einhergehenden räumlichen Trennung von Mitarbeitenden und Unternehmen, kommen neue Herausforderungen zu Tage: Wie können Führungspersonen Mitarbeitende virtuell führen und ihre Leistung aus der Ferne beurteilen?
Auch dafür hat die fortschreitende Digitalisierung eine Lösung: Der Softwaremarkt liefert Applikationen und Tools, um Mitarbeitende und ihre Leistung auch im Homeoffice zu kontrollieren und zu überwachen. Das Kernproblem hierbei: New Work funktioniert nicht mit Kontrolle.
Eigenverantwortung versus Kontrolle und Überwachung
Die Grundidee flexibler Arbeitsformen stellt den Menschen ins Zentrum. New Work und Homeoffice setzen auf die Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Mitarbeitenden. Die Kontrolle durch digitale, automatisierte Verfahren steht in einem radikalen Widerspruch zu diesem Ansatz. Wie lassen sich nun aber der Führungsanspruch, die Performance der Mitarbeitenden zu überwachen und zu optimieren, vereinbaren mit der Grundidee von Homeoffice? Und: Wie kann eine Führungsperson die Leistung ihrer Mitarbeitenden beurteilen, wenn diese gar nicht vor Ort sind? Oder ganz konkret:
Wie beurteilt eine Führungskraft persönliche Kompetenzen der Mitarbeitenden wie etwa ihre Kundenorientierung, Teamfähigkeit, Belastbarkeit etc., wenn sie die Mitarbeitenden aufgrund der räumlichen Trennung nicht oder nur eingeschränkt beobachten und wahrnehmen kann? Wie kann eine Führungsperson ihre Mitarbeitenden führen, ohne sie zu sehen, ihr Verhalten wahrzunehmen oder ihre Motivation zu spüren?
In der Praxis sind zwei Trends erkennbar:
1. Die Beurteilung und Führung der Mitarbeitenden fokussiert sich auf ihren Output (z.B. Umsatzzahlen, bearbeitete Fälle oder Anträge).
- Persönliche und Sozialkompetenzen rücken in den Hintergrund
- Gefahr von Wahrnehmungs-/Beurteilungsfehlern
- Talente sind schwieriger zu identifizieren
- Eine gezielte Personalentwicklung ist nur eingeschränkt möglich
- Die Mitarbeiterzufriedenheit sinkt tendenziell
2. Unternehmen nutzen automatisierte Verfahren, um Mitarbeitende und ihre Leistung zu tracken und zu kontrollieren.
- Überwachung vs. Selbstverantwortung
- Gestörtes Vertrauensverhältnis
- Innovationshemmend
- Kostenfaktor: Investitions- und Betriebskosten für Tracking-Software
Unsere Empfehlung:
- Etablieren Sie fixe Online-Meetings mit Videofunktion.
Eine objektive Wahrnehmung der Mitarbeitenden ist wichtig, um ihre Leistung und ihr Entwicklungspotenziale zu erkennen. Auch bei einer räumlichen Trennung ist es möglich, die Arbeitsergebnisse qualitativ und quantitativ zu beurteilen. Es wird jedoch empfohlen, einen regelmässigen Austausch – auch informell – zu ermöglichen, indem feste Zeitfenster für Online-Meetings etabliert werden und hierzu auch die Kamera-/Bildübertragungsfunktion genutzt wird. Denn: Menschen kommunizieren zu einem Grossteil nonverbal und die Kamera erlaubt der Führungskraft eine bessere Wahrnehmung der Mitarbeitenden.
- Definieren Sie Methoden zur Bewertung der persönlichen und der Sozialkompetenzen.
Abhängig von den Anforderungen der einzelnen Stelle, muss eine Führungskraft Überlegungen anstellen, wie sie diese Anforderungen überprüfen kann. Wird beispielsweise eine starke Kundenorientierung vom Mitarbeitenden gefordert, kann die Führungskraft Rückfragen bei einzelnen Kunden durchführen und die Kundenzufriedenheit überprüfen. Für eine Anforderung wie «Teamfähigkeit» kann die Führungskraft spezielle Aufträge an das Team erteilen und den Lösungsweg der Gruppe bzw. der einzelnen Teammitglieder aktiv nachverfolgen.
- Entwickeln Sie die Führungskompetenzen im Unternehmen.
Durch Homeoffice und New Work steigen die Anforderungen an Führungspersonen. Es sind Veränderungen des Mindsets und vertrauensbildende Massnahmen erforderlich. Zudem rückt die Kommunikation ins Zentrum und erfordert Fähigkeiten wie aktives Zuhören und eine klare Ausdrucksweise. Die Führungskraft muss durch spezifische Aktionen die Wahrnehmungslücke schliessen, welche die fehlende Präsenz der Mitarbeitenden mit sich bringt. Dies erfordert neben kreativen Ansätzen wie beispielsweise der Einführung von gemeinsamen virtuellen Kaffeepausen insbesondere auch Ressourcen der Führungskraft. Denn Fakt ist: Das Führen von virtuellen Teams und Mitarbeitenden ist aufwendiger, anspruchsvoller und erfordert zusätzliche Zeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Führungspersonen.
Das Spannungsfeld zwischen dem Überwachen von Mitarbeitenden und dem Stärken ihrer Eigenverantwortung wird uns über das Krisenjahr 2020 hinaus beschäftigen. Angesichts der steigenden Bedeutung des Homeoffice ist ein Wandel des Mitarbeitermanagements unumgänglich. Es lohnt sich, sich heute schon damit auseinanderzusetzen.
«New Work funktioniert nicht mit Kontrolle.»
Geschäftsprozesse aufnehmen ohne BPMN
März 2021
Marco Solenthaler, B.Sc. FHO Business Administration
Mithilfe von Prozessmodellierungen können private Unternehmen und öffentliche Verwaltungen ihre Aktivitäten einfacher verwalten und optimieren. Auch für Ausschreibungen ist es zielführend, Prozesse zu dokumentieren. Gerade wegen der grossen Vielfalt an Dokumentationsmethoden und den damit verbundenen unterschiedlichen Flughöhen resp. Detailierungsgraden, fällt es vielen Unternehmen und Organisationen schwer, Prozesse aufzunehmen.
Ein im Bereich der Geschäftsprozessmodellierung viel verwendeter Standard ist Business Process Model and Notation 2.0, besser bekannt als BPMN 2.0. Dieser Standard gibt im Prozessmanagement klare Vorgaben zu grafischen Elementen, wie Tasks, Ereignissen, Gateways oder Datenobjekten, sowie zu deren Anwendung. Durch das Abbilden der Elemente nach ihrer zeitlichen Abfolge in Pools und Lanes werden Rollen und Verantwortlichkeiten ersichtlich. Mit BPMN 2.0 wird ein branchenunabhängiges, einheitliches Verständnis für Prozessmodelle geschaffen. Die Prozesse lassen sich zusätzlich als Basis für weitere Softwareentwicklungen nutzen.
Obwohl BPMN einen De-facto-Standard darstellt, wird es bei weitem nicht überall verstanden und angewendet. Hinzu kommt: Mit Prozessmodellen wird eine Optimierung und Standardisierung von Prozessen angestrebt, die unter Umständen von den am Markt verfügbaren Fachapplikationen schlecht oder gar nicht unterstützt werden. Gerade in Ausschreibungen kann die BPMN-Modellierung von konkreten Prozessschritten zu ungewollten Resultaten führen, indem Lösungsanbieterinnen die modellierten Prozesse als zwingende Sollprozesse verstehen, die es eins-zu-eins umzusetzen gilt. Es ist zwar möglich, dass die Sollprozesse in dieselben Ergebnisse und Zielzustände münden, jedoch von gängigen Standardsoftwares in einer anderen Art und Weise verarbeitet werden. Mit anderen Worten: Man sollte es den Lösungsanbieterinnen überlassen, die Prozesse in ihrer Lösung abzubilden, wie sie es für richtig halten. Entscheidender ist der Zielzustand resp. das Ergebnis des Prozesses.
Um bei Software-Evaluationen und damit verbundenen Ausschreibungen den Funktionsumfang und die Anforderungen nicht ungewollt einzugrenzen, können Prozesse auch in anderer Form dokumentiert werden. Eine Alternative bildet ein Use-Case-Beschrieb (siehe nachfolgende Tabelle), der zwar die grundlegenden Elemente des BPMN beinhaltet, jedoch ein fallbezogenes Darstellen ohne konkrete Schritt-für-Schritt-Anleitung ermöglicht. Unter einem Use Case wird ein Anwendungsfall verstanden, der beschreibt, was von einem System zur Erreichung eines Business-Ziels erwartet wird. Entscheidend hierbei ist eine möglichst produktneutrale Sicht. Die Aufnahme von Use Cases will erreichen, dass offen über Ziele und Ergebnisse gesprochen wird, ohne diese auf die einzelnen Prozessschritte herunterzubrechen.
Wie die Tabelle (siehe PDF zum Download) erkennen lässt, wird im Vergleich zur klassischen Prozessmodellierung nach BPMN 2.0 ein erweiterter Blick auf einen Prozess bzw. Use Case eingenommen. Zwar verliert die Dokumentation auf Prozessebene an Detailinformationen, da der Prozess an sich auf einer höheren Flughöhe betrachtet wird, doch andere Aspekte wie Technologie, Optimierungsbedarf und Anforderungen gewinnen an Bedeutung. Um an die notwendigen Informationen zu gelangen, müssen – gleich wie bei klassischen BPMN-Prozessworkshops – die verantwortlichen und ausführenden Stellen involviert sein.
Im vorliegenden Projekt hat die Methodik bei den involvierten Personen ein gutes Verständnis und eine hohe Zufriedenheit erzielt. Nebst der Erstellung der Use Cases erwies sich auch die kooperative Überarbeitung als verständlich und erfolgreich.
«Obwohl BPMN einen De-facto-Standard darstellt, wird es bei weitem nicht überall verstanden und angewendet.»
Fehlerkultur: Lernen aus Fehlern
März 2021
Svenja Schraner, B.A. HSG Business Administration
Viele Unternehmen bekräftigen, aus Fehlern zu lernen, fördern dies aber zu wenig effektiv. Zwar reagieren Führungspersonen auf Fehler, aber aus Zeitgründen meist nicht in einer konstruktiven Art und Weise. Da der Mensch dazu tendiert, bei Fehlern einen Schuldigen zu suchen, ohne dem Fehler wirklich auf den Grund zu gehen, stellt sich die Frage: Wie lässt sich mit Fehlern richtig umgehen, um aus ihnen zu lernen?
Beim Lernen handelt es sich um einen Prozess, bei dem Informationen in Wissen umgewandelt werden, was letztlich die Entscheidungen, Handlungen und das Verhalten von Menschen beeinflusst. In Bezug auf das Lernen aus Fehlern gilt es, zwischen verschiedenen Fehlertypen zu unterschieden. Denn nicht jeder Fehler ist vorteilhaft. Ein Beispiel dafür sind Fehler, die auf fahrlässiges Verhalten zurückzuführen sind. Bei Fehlern wird deshalb zwischen entschuldbaren und nicht entschuldbaren Fehlern unterschieden. Diese lassen sich in drei Kategorien einteilen: vermeidbare, unvermeidbare und intelligente Fehler.
Vermeidbare Fehler beschreiben Abweichungen von Routine-Prozessen und lassen sich auf Unachtsamkeit zurückführen. Diese Fehler sind «schlecht», da sie durch eine konzentrierte und fokussierte Arbeitsweise vermeidbar sind. Unvermeidbare Fehler entstehen durch Unsicherheit und komplexe Bedingungen. Bei ihnen wird zwischen ernsthaften und weniger gravierenden Fehlern unterschieden. Während ernsthafte Fehler unbedingt zu vermeiden sind, etwa durch ein adäquates Risiko-Management, sind weniger gravierende Fehler unabdingbar und helfen Unternehmen, sowohl zu lernen als auch, sich selbst zu verbessern. Die dritte Kategorie beschreibt intelligente Fehler. Sie sind positiv zu bewerten, weil sie die Möglichkeit bieten, wertvolles Wissen aufzubauen – und sich damit gegenüber der Konkurrenz einen Vorsprung zu verschaffen. Intelligente Fehler entstehen vor allem durch gezielte Experimente. Bei diesen Fehlern ist es entscheidend, sie schnell und gezielt zu skalieren, um grössere Fehler zu vermeiden.
Wie lernt man aus Fehlern?
Entdecken von Fehlern: Zuerst müssen Fehler überhaupt erst zum Vorschein kommen. Hierfür ist es im organisationalen Kontext wichtig, dass eine Kultur geschaffen wird, in der sich die Mitarbeitenden getrauen, Fehler zu machen. Dabei spielt die Führungsperson eine entscheidende Rolle.
Analysieren von Fehlern: Nachdem der Fehler entdeckt worden ist, muss er analysiert werden. Bei dieser Analyse muss sich das betroffene Team fragen: «Warum ist der Fehler aufgetreten?». In der Praxis wird diesem Schritt häufig zu wenig Beachtung geschenkt, was in einer kurzen, limitierten und ineffektiven Fehleranalyse resultiert. Um eine nachhaltige Fehleranalyse-Kultur aufzubauen, sind Führungspersonen und Mitarbeitende deshalb angehalten, Fehlern mit Geduld, Offenheit und Toleranz zu begegnen.
Experimentieren und Fördern: Intelligente Fehler können sich beim Ausprobieren neuer Geschäftsideen ergeben. Sie sollten gezielt gefördert werden, um die richtigen Fehler zur richtigen Zeit zu machen. Dies zuzulassen, bedingt ein Arbeitsplatzklima, in dem die Zeit zum Experimentieren – und die Toleranz, Fehler zu machen, vorhanden ist.
Tipps zum Lernen aus Fehlern in der Praxis
Fördern statt akzeptieren: Unternehmen begegnen der Angst vor Fehlern, indem sie Fehler gezielt fördern und eine Kultur schaffen, in der das Fehlermachen kein Tabu ist. Ein vertrauensvolles und wertschätzendes Klima gibt den Mitarbeitenden die Sicherheit, dass sie nicht rund um die Uhr wie perfekte Maschinen funktionieren müssen.
«Was ist passiert?» statt «Wer war es?»: Das Team soll Fehlern auf den Grund gehen, um im Detail zu verstehen, warum diese entstanden sind, und wie sie sich in Zukunft vermeiden lassen. Dabei gilt es, eine wertende Perspektive zu vermeiden und das Melden von eigenen Fehlern zu belohnen.
Offenheit statt Perfektion: Sowohl Führungspersonen als auch Mitarbeitende sollen offen mit ihren Fehlern umgehen und aufzeigen, wo und wann sie an ihre Grenzen stossen. Eine offene Fehlerkultur ermutigt Mitarbeitende, Fehler zu entdecken, dazu zu stehen und daraus zu lernen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Vor allem der Arbeitsplatz bzw. das Klima am Arbeitsplatz wirkt sich auf den Lernprozess aus. Ein optimales Klima schafft bei den Mitarbeitenden das Vertrauen, dass sie nicht an den Pranger gestellt werden, sollten sie Fehler machen. Im Gegenteil: In diesem Klima werden Fehler toleriert und Mitarbeitende zur Entdeckung und Analyse von Fehlern ermutigt. Analysiert das Team seine Fehler darüber hinaus, ohne einen «Sündenbock» dafür zu suchen, können negative Gefühle vermieden und ein konstruktiver Lernprozess gestartet werden.
«Wie lässt sich mit Fehlern richtig umgehen, um aus ihnen zu lernen?»
Digital Workplace: erfolgreiche und effiziente Evaluation
März 2021
Luca Rechsteiner, M.A. FHO Business Administration
Die Corona-Krise hat es deutlich gemacht: Wer seinen Mitarbeitenden ermöglichen will, von zu Hause aus zu arbeiten, benötigt eine dafür ausgelegte IT-Infrastruktur oder einen sogenannten Digital Workplace. Wenn sich ein Unternehmen für einen Digital Workplace entscheidet, stellt sich als erstes die Frage: Welche Lösung eignet sich für unser Unternehmen?
Ein Digital Workplace ermöglicht Kollaboration zwischen zwei oder mehr Personen in einer Organisation und über ihre Grenzen hinaus. Kollaboration ist die engste Form der Zusammenarbeit und bedeutet, dass gemeinsam und zeitgleich am gleichen Artefakt gearbeitet wird. Ein Beispiel für Kollaboration ist das gemeinsame Bearbeiten eines Berichts in einem Textverarbeitungsprogramm. Ein Digital Workplace ermöglicht nicht nur das gleichzeitige Bearbeiten von Dokumenten, sondern bietet eine Vielzahl von anderen Funktionen, die helfen sollen, die Arbeitszeit möglichst effektiv und effizient zu nutzen. Mit einem Digital Workplace lässt sich zudem orts-, zeit- und geräteunabhängig arbeiten. Um herauszufinden, welcher Digital Workplace sich für das eigene Unternehmen am besten eignet, empfiehlt es sich eine strukturierte Evaluation in fünf Schritten.
Der Evaluationsprozess
In einem ersten Schritt sollte ein Kollaborationsteam gebildet werden, in dem sämtliche Abteilungen resp. Bereiche und Hierarchiestufen vertreten sind. Anschliessend definiert das Team gemeinsam die Ziele, die es mit Hilfe des Evaluationsprojekts erreichen will. Im dritten Schritt entwickelt das Projektteam Kollaborationsszenarien. Dabei stellen sich folgende Fragen:
- Welche Tätigkeiten/Prozesse erfordern bei uns Kollaboration?
- Welche Abteilungen/Hierarchiestufen sind an diesen Tätigkeiten/Prozessen beteiligt?
- Wie sollen diese Tätigkeiten/Prozesse zukünftig funktionieren?
Im vierten Schritt leitet das Team anhand der Kollaborationsszenarien Anforderungen an den Digital Workplace ab. Diese Anforderungen werden in einem Katalog abgebildet, der die Anforderungen in zwei Kategorien unterteilt: zwingend und «nice-to-have». Im letzten Schritt vergleicht das Team die erhobenen Anforderungen mit Kollaborationslösungen resp. -tools. Die Wahl sollte auf eine Lösung fallen, die sämtliche zwingenden und am meisten Nice-to-have-Anforderungen abdeckt.
Zurück zu Schritt vier dieses Vorgehens: Es kann sein, dass eine Vielzahl von unterschiedlichen Anforderungen zusammenkommt und eine Priorisierung oder Gewichtung der Nice-to-have-Anforderungen nötig wird. Auch für diese Herausforderung gibt es ein pragmatisches Vorgehen: Man ordnet die verschiedenen Nice-to-haves einer Kategorie zu. Beispiele für solche Kategorien sind: Anforderungen aus Sicht der Mitarbeitenden, Anforderungen aus technischer Sicht und Anforderungen aus organisatorischer Sicht. Diese verschiedenen Perspektiven widerspiegeln Anforderungen aus allen Bereichen der Organisation und können oftmals auch einem bestimmten Mitarbeitenden-Kreis zugeordnet werden. Anhand dieser Einordnung entscheidet das Kollaborationsteam gemeinsam, welche Anforderungen das grösste Gewicht erhalten. In der Regel werden die Anforderungen aus Sicht der Mitarbeitenden leicht höher gewichtet als die übrigen. Diese höhere Gewichtung basiert auf der Tatsache, dass die Mitarbeitenden in den meisten Fällen die grösste Anspruchs- resp. Nutzergruppe darstellen. Die Anwendung dieser Gewichtung hilft, sich für eine Lösung zu entscheiden, falls mehrere Lösungen die zwingenden Anforderungen abdecken.
Auf dem Markt findet sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, um innert kurzer Zeit einen Digital Workplace zu erwerben resp. zu lizenzieren. Wer die Evaluation strukturiert abwickelt, behält den Überblick. Das vorgeschlagene Vorgehen hilft, einen geeigneten Digital Workplace zu evaluieren und einzuführen. Und auch wenn das Vorgehen einige Zeit in Anspruch nimmt – es lohnt sich.
«Auf dem Markt findet sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, um innert kurzer Zeit einen Digital Workplace zu erwerben resp. zu lizenzieren. Wer die Evaluation strukturiert abwickelt, behält den Überblick.»
Die Revision des Beschaffungsrechts stärkt den Wettbewerb
März 2021
Romeo Minini, lic. iur. Rechtsanwalt, Exec. MBA HSG
Die rechtlichen Grundlagen des öffentlichen Beschaffungswesens sind in Staatsverträgen geregelt. Diese gelten auch für die Schweiz. Das Beschaffungsrecht des Bundes und der Kantone muss daher mit dem Staatsvertragsrecht übereinstimmen und nötigenfalls revidiert werden. Wegen der internationalen Weiterentwicklung in den letzten Jahren musste das einheimische Beschaffungsrecht angepasst werden. Der Gesetzgeber hat den Revisionsprozess 2020 abgeschlossen. Das Beschaffungsrecht des Bundes tritt am 01. Januar 2021 in Kraft. Gleichzeitig werden die kantonalen Rechtsgrundlagen mit den bundesrechtlichen Bestimmungen harmonisiert. Die Kantone bestimmen die Inkraftsetzung ihres Beschaffungsrechts.
Die Revision der gesetzlichen Grundlagen stärkt den Wettbewerb und trägt einer nachhaltigen Beschaffung Rechnung. Die tragenden Pfeiler des Beschaffungsrechts, wie wirtschaftlicher Einsatz der öffentlichen Mittel, Gleichbehandlung der Anbieterfirmen sowie Transparenz der Verfahren bleiben auch im revidierten Recht verankert.
Die nachfolgenden Ausführungen greifen einzelne Themen des revidierten Beschaffungsrechts auf. Die öffentlichen Auftraggeber (Bund, Kantone, Gemeinden) müssen neben dem wirtschaftlichen auch den ökologisch und sozial nachhaltigen Einsatz der öffentlichen Mittel gewährleisten. Die Fokussierung im Beschaffungsprozess verschiebt sich vom Preiswettbewerb zum Qualitätswettbewerb. Diese Entwicklung äussert sich auch in der Terminologie. Gemäss dem revidierten Beschaffungsrecht erhält nicht mehr das wirtschaftlich günstigste, sondern das vorteilhafteste Angebot den Zuschlag. Den Vergabestellen stehen neu Zuschlagskriterien zur Auswahl, die in der Anwendung hohe Anforderungen an die Transparenz und Gleichbehandlung stellen. Als Kriterien können neben der Nachhaltigkeit namentlich die Zweckmässigkeit, Ästhetik, Plausibilität des Angebots, Kreativität, Innovation oder Effizienz der Methodik aufgezählt werden. Der Preis ist als Zuschlagskriterium in jeder Submission einzubeziehen.
Für die Vergabestellen wird mit der Nachhaltigkeit eine neue Türe geöffnet, insofern als beispielsweise eine sozial verantwortungsvolle Produktion oder eine Corporate-Social-Responsibility-Strategie bei der Beschaffung belohnt werden dürfen. Massnahmen zur Korruptionsbekämpfung sind bei jeder Beschaffung zu berücksichtigen.
Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen bleiben im revidierten Recht nahezu unverändert. Neu werden die nicht dem Vergaberecht unterstehenden Beschaffungen geregelt (sog. In-House- und In-State-Privileg). Die öffentlichen Auftraggeber können Leistungen ohne Submission direkt von andern öffentlichen Rechtsträgern (Verwaltungsstellen, öffentlich-rechtliche Institutionen, Zweckverbände, usw.) beschaffen. Vergaberechtsfreie Beschaffungen sind jedoch als Ausnahmen im Submissionsrecht zu betrachten und müssen insbesondere im öffentlichen Interesse liegen sowie ausserhalb des Marktes wettbewerbsneutral erfolgen.
Was ist neu?
Ein innovatives Instrument stellt der im revidierten kantonalen Beschaffungsrecht vorgesehene Dialog dar, der im Bundesrecht bereits seit 2010 geregelt ist. Die Vergabestellen können bei komplexen Aufträgen oder bei intellektuellen und innovativen Dienstleistungen einen Dialog durchführen. Dieser findet zwischen den Vergabestellen und den zum Dialog zugelassenen Anbieterfirmen statt. Im Rahmen eines Dialogs werden der Leistungsgegenstand konkretisiert und die Lösungswege festgelegt. Preisverhandlungen sind jedoch ausgeschlossen. In der Ausschreibung sind die Kriterien für die Auswahl der Dialogpartner festzulegen, zudem ist der Verfahrensablauf abzubilden. Die Anbieterfirmen reichen zu Beginn des Dialogs keine verbindlichen Offerten, sondern Lösungsvorschläge ein. Die Vergabestellen können im Verlauf des Verfahrens auf das spezifische Fachwissen der Dialogpartner zurückgreifen und mit diesen in einem festgelegten Prozess zusammenarbeiten. Die Vergabestellen ändern im Verlaufe des Submissionsverfahrens den Beschaffungsgegenstand und passen diesen an neue innovative Lösungen an. In diesem dynamischen Vorgehen besteht der Vorteil des Dialogverfahrens. In Submissionsverfahren ohne Dialog dürfen weder der Beschaffungsgegenstand noch die verlangten Leistungen abgeändert werden.
Für die Beschaffung von standardisierten Leistungen steht neu das Instrument der elektronischen Auktion zur Verfügung. Beschaffungen mit Auktionen müssen sich für eine automatische Bewertung auf elektronischem Weg eignen und die zu bewertenden Eigenschaften müssen quantifizierbar sein. Im Vordergrund stehen daher Preisauktionen. Komplexe, intellektuelle Leistungen fallen für Auktionen ausser Betracht. Geplante Auktionen sind in den Ausschreibungsbedingungen anzukündigen. In einem ersten Schritt haben die Vergabestellen die geeigneten Anbieterfirmen für die Auktionsphase auszuwählen. Dieses Vorgehen ist mit einer Präqualifikation zu vergleichen. In den Auktionen können die zugelassenen Anbieterfirmen neue Preise anbieten. Darin besteht der innovative Ansatz dieses Instruments, weil Anpassungen der Offertpreise in Submissionsverfahren ohne Auktionen nicht zulässig sind.
Die Vergabestellen schliessen in der Praxis oftmals Rahmenverträge ab. Die Rahmenvertragspartner erhalten einen Zuschlag für bestimmte Leistungen. Bisher fehlte dazu eine gesetzliche Grundlage, diese wird im revidierten Beschaffungsrecht geschaffen. Im Rahmenvertrag werden insbesondere der Vertragsgegenstand, die Leistungen der Parteien, die Vertragsdauer und die Bedingungen für den Abschluss von Einzelverträgen geregelt. Die Rahmenvertragspartner haben jedoch keinen Anspruch auf den Abschluss von Einzelverträgen.
Im Einzelvertrag werden die konkreten Leistungen, vor allem die Termine, die Lieferbedingungen und allenfalls die Kontaktpersonen in Projektverträgen festgehalten. Die vereinbarten Leistungen dürfen gegenüber dem ausgeschriebenen Beschaffungsgegenstand weder erweitert noch wesentlich geändert werden. Die im Rahmen der Submission offerierten Preise sind nicht verhandelbar und werden weder in den Rahmen- noch in den Einzelverträgen angepasst. Gestützt auf definierte Auswahlkriterien, können die Vergabestellen aus dem Kreis der Rahmenvertragspartner ein Konkurrenzverfahren durchführen, um die Vertragspartner für die Einzelverträge auszuwählen (sog. Mini Tender).
Mit diesem neuen Instrument schliessen die Vergabestellen nach einem Submissionsverfahren mit ausgewählten Anbieterfirmen Rahmen- und Einzelverträge ab und wählen für bestimmte Leistungen die vorteilhaftesten Angebote aus. Dieses Instrument fördert zwar den Wettbewerb, schränkt allerdings die Rechtssicherheit für die Anbieter ein, weil ein Rahmenvertragspartner trotz seiner Auswahl im Submissionsverfahren nicht automatisch mit dem Abschluss von Einzelverträgen rechnen kann.
Fazit
Die Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts ist ein notwendiger Schritt, damit das einheimische Recht mit dem Staatsvertragsrecht übereinstimmt. Die innerstaatliche Harmonisierung zwischen dem öffentlichen Beschaffungsrecht des Bundes und der Kantone trägt zur Rechtssicherheit bei. Die neu eingeführten Instrumente, namentlich der Dialog und die elektronische Auktion, sind als submissionsrechtliche Innovationen zu betrachten. Die gesetzliche Verankerung der Rahmenverträge schliesst eine Lücke. Die Grundsätze der öffentlichen Beschaffung bleiben unverändert. Sie gewährleisten auch in Zukunft einen wirksamen Einsatz der öffentlichen Mittel, eine Gleichhandlung der Anbieterfirmen sowie Transparenz im Verfahren. Mit dem revidierten Beschaffungsrecht wird der Wettbewerb gestärkt. Innovative Instrumente im Beschaffungsprozess leisten dazu einen wesentlichen Beitrag.
«Die Revision der gesetzlichen Grundlagen stärkt den Wettbewerb und trägt einer nachhaltigen Beschaffung Rechnung. Die tragenden Pfeiler des Beschaffungsrechts, wie wirtschaftlicher Einsatz der öffentlichen Mittel, Gleichbehandlung der Anbieterfirmen sowie Transparenz der Verfahren bleiben auch im revidierten Recht verankert.»
Die Gaming-Industrie: Technologie- und Innovationstreiber
März 2021
Patrick Bischof, MAS Business Information Management FH
Die Gaming-Branche ist eine technologiegetriebene Branche und wäre ohne bestimmte technologische Voraussetzungen gar nicht möglich. Galt das Gaming lange Zeit als leicht anrüchiges Hobby junger Männer mit wenigen Sozialkontakten, so hat es sich mittlerweile zu einer boomenden Branche mit stetig steigenden Gewinnen entwickelt. Es werden immer neue Technologien in die Spiele eingebunden, um sie zu verbessern und ihre Attraktivität zu erhöhen. So werden die Technologien einer grossen Nutzerbasis bekannt und gewinnen auch über das Gamen hinaus an Bedeutung. Tatsächlich sind viele neue Technologien zuerst in der Gaming-Industrie entwickelt und eingesetzt worden und haben erst danach in den anderen Branchen Anwendung gefunden.
Ein Beispiel dafür ist Augmented Reality. Hierbei handelt es sich um einen Realitätszustand, bei dem eine vollständig reale Umgebung mit künstlichen Elementen gemischt wird und die in einigen Spielen zu verschiedenen Zwecken verwendet wird. So kombinierte das Spiel Pokémon Go die Realität vor der eigenen Haustür mit Elementen einer künstlichen Welt und liess Pokémons in der direkten Umgebung des Spielers, an Sehenswürdigkeiten von Städten oder zu bestimmten Ereignissen auftreten. Durch die vielen spielenden Nutzer, die sich plötzlich an bestimmten Orten einfanden, wurde das Spiel und die Technik dahinter sehr schnell einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Auch wenn die öffentlichen Reaktionen sehr gemischt waren, erkannten die Unternehmen die Anwendungsmöglichkeiten recht schnell. So ist es beispielsweise mittlerweile möglich, seine Wohnungseinrichtung via AR App von IKEA einzurichten. Aber auch wissenschaftliche Forschung und medizinische Anwendungen wie beispielsweise die anatomieüberlagernde Anzeige von dreidimensionalen Bild- und Planungsdaten im Operationssaal sind mit Augmented Reality bereits möglich und werden erfolgreich eingesetzt.
Auch das Cloud-Gaming basiert auf einer Technologie, deren Möglichkeiten erst im Gaming deutlich werden; eine Technologie, welche die Grenzen und Hürden der bisherigen Speichermöglichkeit aufhebt. Es handelt sich dabei um eine Art von Gaming, die es erlaubt, Games oder Komponenten daraus in der Cloud zu speichern sowie Rechenleistung aus der Cloud zu beziehen. Dies ermöglicht zum einen eine verbesserte Qualität der Grafik und zum anderen die Nutzung einer Vielzahl von Daten, ohne die eigenen Rechnerressourcen zu belasten. Die Daten und das Spiel selbst bleiben vollständig in der Cloud, es erfolgt keine Installation des Spiels mehr. Mittlerweile ist die Latenz der Daten so gering, dass auch komplexe Spiele in der Cloud gespielt werden können.
Dies hat den Weg bereitet für Anwendungen, die nicht in der Gaming-Industrie stattfinden, aber auf ähnlichen Grundlagen basieren und enormen technischen und wirtschaftlichen Mehrwert generieren – beispielsweise für technische Simulationen von Produkten, um ihre reale Erscheinung zu simulieren, bevor sie gefertigt werden, oder für Simulationen komplexer Systeme, etwa in der Stadtentwicklung.
Mit Spannung erwartet werden darf auch die nächste, wirklich grosse technologische (Weiter-)Entwicklung, die Virtual Reality. Hierbei handelt es sich um die Generierung einer vollständig anderen Welt, die mit allen Sinnen wahrgenommen werden kann. Sensoren, beispielsweise in Ganzkörperanzügen, die alle Wahrnehmungen und Körperreaktionen messen und aufzeichnen, diese in das Spiel zurückgeben und ein Spiel, das auf das individuelle Erleben des Spielers reagiert, wären der nächste Schritt und liessen eine Spieleerfahrung entstehen, die heute noch gar nicht vorstellbar ist. Aber auch diese Entwicklung könnte in anderen Bereichen zielführend eingesetzt werden, sei es in medizinisch-therapeutischen oder pädagogischen Zusammenhängen, etwa in Rehabilitation, Tourismus oder Geschichtsunterricht, oder in Usability-Simulationen neuer technischer Konstruktionen. Mögliche Grenzen der Anwendung von virtueller Realität sind kaum erkennbar, während die Chancen auf der Hand liegen.
An diesen Beispielen lässt sich erkennen, dass es sich bei der Gaming-Branche nicht nur um eine weitere, wenn auch wachsende, Branche im Unterhaltungsbereich handelt, sondern dass hier die Technologien entwickelt und getestet werden, die später in anderen Branchen ein enormes Innovations- und Wachstumspotential entfalten können.
«Tatsächlich sind viele neue Technologien zuerst in der Gaming-Industrie entwickelt und eingesetzt worden und haben erst danach in den anderen Branchen Anwendung gefunden.»
Agilität – neue Ansätze in der Entwicklung und Umsetzung von Digitalisierungsstrategien
März 2021
Pascal Inauen, B.A. HSG Business Administration
Digitalisierungsstrategien, wie auch andere Strategien eines Unternehmens, werden oft nach klassischen Vorgehensweisen durch die Führungsebene erarbeitet und alle paar Jahre einem Review unterzogen. Vielerorts werden die Strategiepapiere für Präsentationszwecke genutzt und verschwinden dann in der Schreibtischschublade. Was häufig fehlt, ist die konsequente und nachhaltige Umsetzung der definierten Strategie. Gerade in der heutigen, digitalen Wirtschaft verlieren daher die klassischen Strategieprozesse an Bedeutung. Viel wichtiger sind Strategien, die gelebt und laufend weiterentwickelt werden. Die Digitalisierungsstrategie ist prädestiniert dafür.
Digitalisierung, digitaler Wandel oder digitale Transformation sind Begriffe, die nach wie vor aktuell und «in aller Munde» sind. Und dies mit gutem Grund: Nie zuvor wurde das traditionelle Verständnis von Geschäftsmodellen und Unternehmensprozessen derart revolutioniert wie in den vergangenen Jahren. Deshalb treibt die Digitalisierung disruptive Veränderungen in jeder Branche voran, zu jeder Zeit und überall auf der Welt. Umwälzende Veränderungen unserer Gesellschaft, die alle Lebensbereiche der Menschen erfassen, sind Folgen davon. Dies erklärt auch, wieso sich viele Organisationen mit veränderten Kundenbedürfnissen konfrontiert sehen, auf die sie reagieren müssen. Da sich die Art und Weise, wie Unternehmen im Wettbewerb erfolgreich sind, substanziell verändert hat, ist die Digitalisierung längst ein strategischer Erfolgsfaktor. Darum müssen Unternehmen die Digitalisierung zwingend strategisch angehen – mit der digitalen Transformation auf Grundlage der Unternehmensstrategie. Nur so lassen sich nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielen. Dazu ist eine Strategie erforderlich, die eine Wegbeschreibung in und durch die Digitalisierung beinhaltet. Üblicherweise werden solche Strategien in einem klassischen Strategieprozess entwickelt und im Mehrjahresrhythmus überarbeitet. Doch dieses lineare und oft träge Vorgehen stösst in der digitalen Wirtschaft zunehmend an seine Grenzen. Um in einem dynamischen Umfeld adäquat auf ständig neue Informationen und Erkenntnisse reagieren zu können, ist Agilität erforderlich.
Was bedeutet Agilität?
Unter Agilität werden die Gewandtheit, Beweglichkeit und Flexibilität von Organisationen und Personen in ihren Strukturen und Prozessen verstanden. Agiles Handeln erlaubt eine proaktive Reaktion auf Veränderungen in der Umwelt, wie etwa ändernde Kundenbedürfnisse, Marktanforderungen oder neue Technologien. Für ein Unternehmen bedeutet Agilität also, besser, beziehungsweise effektiver auf ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können. Doch wozu ist das sinnvoll?
Unternehmen bewegen sich zunehmend in einem komplexen und dynamischen Umfeld und gerade die digitale Wirtschaft ist geprägt durch ihre Schnelllebigkeit. Dieser Umstand wird mit dem Akronym «VUCA» beschrieben: Volatility (Unbeständigkeit/Schwankungen), Uncertainty (Unsicherheit/Ungewissheit), Complexity (Komplexität) und Ambiguity (Mehrdeutigkeit). Wie Unternehmen mit dieser VUCA-Welt umgehen können, lässt sich durch das gleiche Akronym ableiten: Klare Vision formulieren (Vision), Unternehmensumfeld verstehen (Understanding), Klarheit schaffen (Clarity) und eben: agiles Handeln (Agility). Agilität gilt daher als Grundlage für die digitale Transformation – sie sichert die Überlebensfähigkeit eines Unternehmens in einer volatilen, ungewissen, komplexen und mehrdeutigen Wirtschaft. Um dieser VUCA-Welt zu begegnen, empfiehlt sich ein agiler Strategieprozess als geeignete Methode.
Agiler Strategieprozess zur Digitalisierungsstrategie
Ein agiler Strategieprozess gilt als lernender, dynamischer Prozess, bei dem die Strategieentwicklung Hand in Hand mit den Umsetzungsaktivitäten geht. Grundsätzlich unterteilt sich der Prozess zur Digitalisierungsstrategie in die zwei Phasen Strategieentwicklung und Strategieumsetzung.
Für die Entwicklung der Digitalisierungsstrategie gelten die folgenden neuen Ansätze:
- Die Digitalisierungsstrategie wird nicht allein durch die Führungsebene entwickelt, sondern zusammen mit digital affinen Mitarbeitenden. Durch ein kleines heterogenes Team lassen sich bessere Resultate erzielen.
- Durch agile Methoden wie Design-Sprint oder Design-Thinking kann die Digitalisierungsstrategie auf eine neue und teilweise kreative Art und Weise angegangen werden. Ausgelöst durch die geforderte neue Denkart, resultieren unerwartete und doch ausgesprochen zielführende Ergebnisse.
- Die Design-Sprint-Methode fördert im Gegensatz zur klassischen Strategieentwicklung nicht das «Denken in Problemen», sondern das «Denken in Lösungen». Hauptziel der Methode ist es, möglichst schnell greifbare Lösungen zu entwickeln und diese in einem schnellen Prozess zu testen.
- Aus der Entwicklung der Digitalisierungsstrategie resultiert kein 20-seitiges Strategiepapier, sondern ein prägnanter Massnahmenkatalog mit priorisierten Lösungen für eine schnelle Umsetzung.
- Die Digitalisierung wird nicht alle paar Jahre einem Review unterzogen, sondern kontinuierlich im Rahmen der Umsetzung weiterentwickelt.
Indes: Um zielgerichtet auf die VUCA-Welt zu regieren und nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erzielen, reicht eine agile Entwicklung der Digitalisierungsstrategie allein nicht aus – eine agile Strategieentwicklung bedingt auch eine agile Umsetzung.
Folgende neuen Ansätze eignen sich für die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie:
- Die einzelnen Lösungen werden nach dem iterativen Prozess des SCRUM-Ansatzes realisiert. Es wird kontinuierlich Feedback von den Anwendern eingeholt und zudem sichergestellt, dass auch während der Strategieumsetzung auf ändernde Rahmenbedingungen reagiert werden kann.
- Die Realisierung der Lösungen findet in mehrtägigen Sprints statt. Der Zeitraum eines Sprints wird nicht verlängert, auch wenn die eingeplante Zeit nicht für alle Aufgaben gereicht hat. Stattdessen wird am Ende des Sprints reflektiert, was zum Scheitern geführt haben könnte, um gleiche Fehler in Zukunft zu vermeiden.
- Im Rahmen des Sprint-Review wird der abgelaufene Sprint inhaltlich und in der Sprint-Retrospektive prozessual reflektiert. Die Erkenntnisse aus diesem Rückblick fliessen in die Planung des nächsten Sprints ein. Dieser iterative Prozess zeichnet sich durch die kontinuierliche Kontrolle und die entsprechenden Anpassungen aus.
- Im iterativen SCRUM-Prozess findet eine Reihe von Meetings statt und dabei arbeiten kleine und flexible Teams zusammen. Dies fördert eine effektive und effiziente Umsetzung, beziehungsweise Zielerreichung.
Für die neuen Ansätze zur Entwicklung und Umsetzung der Digitalisierungsstrategie ist Agilität gefordert. Diese lässt sich jedoch nicht von heute auf morgen in einem Unternehmen etablieren. Das Unternehmen als Ganzes muss agiler werden. Dazu ist unternehmensweit ein agiler Mindset zu fördern, der die Offenheit gegenüber Veränderungen, transparenter Kommunikation, kontinuierlichem Lernen, Selbstorganisation und der Übernahme von Verantwortung für Produkte und Prozesse beinhaltet. Warum nicht diesen Kulturwandel gleich mit den neuen Ansätzen des agilen Strategieprozesses für die Entwicklung und Umsetzung der Digitalisierungsstrategie anstossen?
«Agilität hilft, um in einem dynamischen Umfeld auf neue Informationen und Erkenntnisse reagieren zu können. Auch bei der Strategieentwicklung.»
BSG-Geschäftsbericht 2020
März 2021
BSG Unternehmensberatung AG, St.Gallen
Das Geschäftsjahr 2020. Es ist ein erfreulicher Jahresabschluss geworden, dieses Berichtsjahr 2020: Viele unserer Kunden schlossen das Jahr erfolgreich ab. Auch die BSG-Resultate bewegen sich
im zufriedenstellenden Bereich mit einem Umsatz von CHF 3 772 000.– bei 13 Mitarbeitenden.
Indes: Verbesserungspotenzial gibt es immer. Die Probleme in einigen Unternehmen sind offenkundig und Lösungsideen vorhanden. Entscheidend aber ist die Umsetzung: BSG-Mitarbeitende liefern nicht nur die Konzepte, sondern helfen auch aktiv mit bei deren Realisierung – beispielsweise mit der interimsweisen Übernahme von Führungsverantwortung.
In einigen Projekten sind es vor allem IT-Innovationen, die uns beschäftigen. Ihre Implementierung
in Unternehmen und öffentlichen Betrieben und Verwaltungen ist anspruchsvoll, und Projektleiter
mit einschlägigen Fachkenntnissen und -erfahrungen sind rar. Hier sind die BSG-Berater besonders gefragt. Einige Beiträge in dieser Jahresdokumentation befassen sich denn auch mit IT-Themen.
Das Abstimmen von Strategie, Organisation und IT-Technologie scheint ein «Renner» in vielen Organisationen zu sein: Damit lassen sich relativ schnell sichtbare Resultate in den Bereichen Kundennutzen und Kostensenkung erzielen. Häufig wird uns in diesem Zusammenhang die Frage gestellt: Ist für Schlüsselstellen in Unternehmen Kontinuität oder Erneuerung vorteilhafter?
Die Antwort: Am vorteilhaftesten ist die Persönlichkeitsentwicklung bestehender Mitarbeitenden
und damit Kontinuität mit persönlicher Weiterentwicklung. Die Beratungsleistung hierfür?
Das Erkennen von Entwicklungspotenzialen und das Implementieren von organisatorischen Massnahmen zu deren Förderung.
Unseren Klienten – mit einigen arbeiten wir schon seit vielen Jahren zusammen –
danken wir an dieser Stelle für ihr Vertrauen und ihre Treue.
«Am vorteilhaftesten ist die Persönlichkeitsentwicklung bestehender Mitarbeitenden und damit Kontinuität mit persönlicher Weiterentwicklung.»
BSG-Geschäftsbericht 2019
März 2020
BSG Unternehmensberatung AG, St.Gallen
Das Geschäftsjahr 2019 – und 40 Jahre BSG. Mit 13 Mitarbeitenden haben wir 2019 die Vorjahreswerte leicht übertroffen und einen Jahresumsatz von Fr. 3’844’000.- erwirtschaftet.
Die operative Ertragskraft des Unternehmens ist unverändert hoch, und auf der Gewinnerseite steht das «BSG-Konzept»: Wir bieten qualitativ hochstehende Beratungsleistungen in Betriebswirtschaft, Informatik und Technik für kleinere, mittlere und grosse Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Unsere Hauptaktivität fokussiert auf Beratungsleistungen in der Industrie, im Handel, in der öffentlichen Verwaltung und in Dienstleistungsunternehmen.
Im Geschäftsjahr 2019 konnten wir neue Kollegen an Bord holen und mit ihnen unser Beratungsangebot und unser Know-how weiter ausbauen – mit Patrick Bischof und Christian Jentsch verstärken wir unsere Beratungskapazität in der Informatik sowie in der Betriebswirtschaft. Zudem haben wir unsere Beraterstruktur den neuen Ansprüchen und Bedürfnissen unserer Kunden angepasst und decken beispielsweise die folgenden Themen noch besser ab: Digitale Innovation und Transformation, Praktische Blockchain, KI-Sicherheit und Organisationsentwicklung.
Nach langjähriger Tätigkeit bei der BSG will sich Roman Büchler neu orientieren und verlässt unser Unternehmen. Wir bedanken uns herzlich für seine langjährigen Verdienste und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg und Freude in seiner neuen Aufgabe.
Im diesjährigem Geschäftsbericht zeigen wir Ihnen einige Highlights aus unserem Beratungsalltag. Wir wünschen Ihnen eine anregende und inspirierende Lektüre.
«Wir bieten qualitativ hochstehende Beratungsleistungen in Betriebswirtschaft, Informatik und Technik für kleinere, mittlere und grosse Unternehmen unterschiedlicher Branchen.»
Warum wir Dinge nutzen, die wir uns nie gewünscht haben
März 2020
Felix Lämmler, Dipl. El. Ing. FH / Exec. MBA
Vor nicht allzu ferner Zeit nutzten Menschen fast ausschliesslich Dinge, die sie in der Natur fanden, die sie selbst herstellten oder deren Herstellung sie aus eigener Anschauung kannten. Man baute sich sein eigenes Haus, holte Wasser am Brunnen, dessen Leitung ab und zu repariert werden musste, man hatte den Wagner als Nachbarn in der Strasse, der die Wagen und Räder baute, der Schmied beschlug die Reifen, der Hufschmied die Pferde usw. Jeder konnte dabei zusehen. Das war die «gute alte Zeit». Die Zeit vor rund zweihundert Jahren, bis zum Beginn der Industrialisierung.
In dieser Zeit wünschten sich die Menschen so allerlei: Erleichterung beim Kochen, beim Waschen, beim Personen- und Gütertransport. Und so wurden Dinge entwickelt wie die Waschmaschine, der Gas- und Elektroherd, das Auto und die Eisenbahn. Sogar der Traum vom Fliegen wurde wahr. Auch das Rechnen fiel dem Menschen nicht immer leicht. Es entstanden Maschinen dafür, später auch Maschinen für das Speichern von Zahlen – die Geburtsstunde der Computer.
Alle diese Hilfsmittel nutzen die Menschen heute mit viel Vertrauen, auch wenn sie sie zumeist nicht im gleichen Mass wie jene selbst gemachten Dinge «der guten alten Zeit» verstehen: Wir knipsen das Licht an – und es funktioniert. Doch wie der Strom produziert und ins Haus übertragen wird, muss man nicht wissen. Und die meisten wissen es auch nur ungefähr. Irgendwie mit Watt und Volt, mit Spannung oder so. Das ist die Neuzeit.
Die Neuzeit könnte man definieren als jene Zeit, in der man zunehmend Dinge nutzt, die man nicht versteht, denen man aber dennoch vertraut. Die Neuzeit ist die Geburtsstunde einer neuen Erscheinung in der Menschheitsgeschichte: Die Wünsche der Menschen führen zu technischen Entwicklungen, die zwar gerne genutzt, aber im Einzelnen nicht mehr verstanden werden. Gewiss gab und gibt es Widerstände gegen das Neue, gegen die Eisenbahn zum Beispiel, das Automobil oder das künstliche Licht – doch nur vorübergehend, weil eine Mehrheit sich einen über Generationen gehegten Wunsch erfüllen konnte und die Vorteile der Entwicklungen über kurz oder lang offensichtlich waren. Nun ist indessen etwas völlig Neues eingetreten: Wir nutzen im Alltag vermehrt Dinge, die wir uns gar nie gewünscht haben und deren grundlegenden Konzepte wir nicht einmal im Ansatz verstehen. Das ist das digitale Zeitalter.
Selbst in ihren Ansätzen lagen kühne Prognostiker vor etwas mehr als dreissig Jahren nicht richtig hinsichtlich der Tätigkeiten, die wir heute am PC verrichten. Auch als Elektroingenieur konnte ich mir dazumal nicht vorstellen, mehr als eine oder zwei Stunden pro Tag an einem solchen Gerät zu verbringen. Und Hand aufs Herz: Hat sich jemand gewünscht, allen Freunden und Bekannten im Internet seine Ferienfotos oder die Bilder vom jüngsten Spross bis zur eigenen Geburtstagsfeier zu zeigen? Oder die elektronische Agenda, die sich Berufsleute nie gewünscht haben, aber heute nicht mehr hergeben würden? Wohl kaum. Erst durch das Ausprobieren entdeckte die Mehrheit den Nutzen. Dies galt für das Internet ebenso wie für alle anderen digitalen Angebote, die nicht auf unserer Wunschliste standen. Und heute nutzen wir sie täglich. Was neu daran ist: Es ist die Entwicklung von Angeboten, nach denen der Markt nicht verlangt hat und die er trotzdem sehr viel schneller und umfassender aufnimmt als «handfeste» Innovationen wie die Waschmaschine oder das künstliche Licht.
Interessant ist, dass die nützlichen Gegenstände selten konkrete Dinge sind, sondern in der Regel Programme, geläufiger unter dem Begriff «App», die man nicht verstehen und schon gar nicht anfassen oder selbst reparieren kann. Und trotzdem vertrauen wir darauf, dass sie funktionieren. Wir vertrauen dem elektronischen Bankauszug und der EC-Karte mit aufgeladenem Barbetrag. Selbst wenn sie zwischendurch abstürzen.
Mit diesem Verhalten kehren wir Erwachsene in unsere Kindheit zurück: Wir lernen wieder wie die Kinder, indem wir etwas Neues in Betrieb setzen und durch Ausprobieren dessen Nutzen entdecken. Oft weniger mit dem Verstand, vorausdenkend und bewertend, als intuitiv, ausprobierend. Erst mit dem Probieren erfahren und erkennen wir die Nützlichkeit des Neuen. Die digitale Zukunft ist damit weniger bedürfnisgerecht getrieben als vielmehr angebotsgelenkt: Was angeboten wird, wird gekauft und ausprobiert.
Und was bedeutet das für Unternehmen?
Die hohe Verfügbarkeit von Informationen, von Wissen aller Art, der leichte Austausch von Bildern und Sprache, also die Kommunikation und Unterhaltung über Distanzen und zu jeder Zeit – das sind die Treiber grosser Veränderungen im individuellen und sozialen Verhalten. Gleichwohl sind Information und Kommunikation gemeinschaftsbildende Faktoren. Wo sie nicht vorhanden sind, gibt es keine lebende Gemeinschaft; und wo sie sich verändern, verändern sich die Gemeinschaften, die Familien, das Gemeinwesen, die Unternehmen. Gefestigte und anerkannte Strukturen lösen sich auf und formieren sich neu, neue Grenzen des Möglichen werden gesucht, getestet und verschoben, Zugehörigkeitsmuster verändern sich. Geschäftsmodelle und -prozesse werden globalisiert, neues Wissen entsteht durch intensive Information und Interaktion. Gegenüber früher findet diese Transformation nicht mehr in erster Linie durch persönliche Kontakte statt, sondern durch organisierte Information und Kommunikation mit technischen Hilfsmitteln. Stärker als früher werden Kunden und Lieferanten in diese Interaktion einbezogen. Wenn jedoch das Angebot die Entwicklung mehr als bisher steuert, dann gilt es, durch schnelle Innovation neue Produkte zu schaffen, die den Kunden anregen, sie auszuprobieren und ihren Nutzen zu entdecken. Dies gestaltet unsere Produkte-Märkte.
Es gehört zu einer anerkannten Merkwürdigkeit der Realität, dass ein Zusammenführen neuer «Subsysteme» in ein komplexes Gesamtsystem zu neuen, unvorhersehbaren Eigenschaften des Gesamtsystems führen kann. Beispiele dafür sind die digitalen Neobanken, die digitalen Währungen auf Basis der Blockchain-Technologie oder die neusten Entwicklungen bei der digitalen Aktienübertragung (Distributed-Ledger-Technologie). Das digitale Zeitalter erschafft solche «Subsysteme» – und damit unvorhersehbare Entwicklungen. Die daraus entstehenden Produkte kommen unaufgefordert. Und wir nutzen sie, ob herbeigewünscht oder nicht.
«Die Wünsche der Menschen führen zu technischen Entwicklungen, die zwar gerne genutzt, aber im Einzelnen nicht mehr verstanden werden.»
Quantencomputer – Segen oder Fluch?
März 2020
Iwan Schnyder, Dipl. El.-Ing. ETH / MAS FHO BAE
Gegenwärtig existiert ein Wettlauf mit der Zeit, wer den ersten komplett funktionsfähigen Quantencomputer besitzt. Denn: Quantencomputer werden nicht nur sehr leistungsfähig sein, sondern haben auch grosses Potenzial, fast alle heute üblichen Verschlüsselungsalgorithmen zu lösen.
Quantencomputer sind viel leistungsfähiger als heutige Computer, weil sie im Gegensatz zu diesen nicht auf den Gesetzen der traditionellen Halbleiterphysik basieren, sondern quantenmechanische Effekte nutzen. Dabei spielen die sogenannten Qubits als Mass für die Leistungsfähigkeit von Quantencomputern eine massgebende Rolle. Diese Qubits entsprechen den einzelnen Bits von konventionellen Computern.
Vieles ist ähnlich wie bei den konventionellen und uns bekannten Computern. Doch aufgrund der quantenmechanischen Effekte können die einzelnen Qubits nicht nur einen, sondern mehrere Zustände gleichzeitig speichern. Damit steigt die theoretische Anzahl der Operationen, die ein System aus mehreren Qubits gleichzeitig durchführen kann, exponentiell, wie die einfache Formel 2(Anzahl Qubits) zeigt. Konkret bedeutet dies: Bei einem Quantenregister mit 10 Qubits sind dies 1’024 Operationen, bei 32 Qubits 4’294’967’296 Operationen und bei 64 Qubits 18’446’744’073’709’551’616 Operationen – in derselben Zeit.
Die zwei Seiten der Medaille
Die aktuelle Theorie zu Quantencomputer besagt: Dank dieser Effekte und der riesigen Rechenleistung lassen sich gewisse Probleme der Informatik erheblich effizienter und damit schneller lösen, etwa die Suche in extrem grossen Datenbanken oder die Faktorisierung grosser Zahlen. In einer Disziplin haben Quantencomputer sogar das Potenzial, die digitale Welt nicht nur weiter zu beschleunigen, sondern regelrecht zu revolutionieren: Verfügen sie über eine ausreichende Anzahl Qubits und somit über genügend Rechenleistung, ist es möglich, dass diese Computer die Verschlüsselungsalgorithmen der heute sicheren Kommunikation im Internet und in der Datenverschlüsselung mit Leichtigkeit aushebeln.
Was bedeutet das?
Die aktuell vorherrschende Meinung «Quantencomputer könnten gar alle Verschlüsselungsverfahren lösen» trifft heute unglücklicherweise zu. Denn betroffen sind alle heute üblichen Verfahren wie beispielsweise das RSA-Krypto-System. Diese Verfahren beruhen auf zwei unterschiedlichen asymmetrischen Rechenoperationen, die in der einen Richtung einfach auszuführen sind, in der anderen aber nur sehr schwer. Die eine der beiden Rechenoperationen ist die Zerlegung grosser Zahlen in ihre Primfaktoren. Die zweite ist die Berechnung eines diskreten Logarithmus einer ganzen Zahl. Beide Verfahren eignen sich für die Public-Key-Verschlüsselung, weil man die codierten Nachrichten nur lesen kann, wenn sich die öffentlich sichtbare Zahl zerlegen lässt. Etwas, was nur die Kommunikationspartner können, die über den privaten Schlüssel verfügen. Für beide Operationen hat der Mathematiker Peter Shor bereits 1994 nachgewiesen, dass Quantencomputer mit ausreichend Qubits die Berechnungen in beide Richtungen in überschaubarer Zeit lösen können.
Wie der Gefahr begegnen?
Es gibt bereits erste neue Verschlüsselungsverfahren, die auch vor der Rechenleistung eines Quantencomputers sicher zu sein scheinen. Verschiedene Algorithmen gelten als quantensicher, wobei das lediglich heisst: Derzeit ist noch kein Quantenverfahren bekannt, das sie knacken kann. Denn eine mathematisch unterlegte Sicherheit existiert nicht. Welches Verfahren die beste Alternative ist, diskutieren Forscherinnen und Forscher immer noch und auch die US-amerikanische Standardisierungsbehörde NIST prüft verschiedene neue Verschlüsselungsverfahren. Die Chancen stehen also gut, sich vor der Quantenapokalypse auf neue, sicherere (Internet)Kommunikation und Methoden zur Datenverschlüsselung zu einigen.
Unglücklicherweise ist der Wechsel von Verschlüsselungsverfahren jedoch eine komplexe und aufwändige Angelegenheit, müssen doch ganze IT- und Kommunikationssysteme quantencomputerresistent gemacht werden. Das sind Umstellungen, die lange dauern. Dabei müssen viele sensitive Daten, die wir heute erzeugen, wie beispielsweise Gesundheitsdaten, für lange Zeit vor Zugriffen und Manipulation Dritter sicher sein und nicht rückwirkend von einem Quantencomputer «geknackt» werden können.
Bis diese Verbesserungen implementiert und wirksam sind, können die einzelnen Unternehmen nicht viel mehr tun, als die eigenen ICT-Systeme auf dem aktuellsten Stand der Technik zu halten, periodische Backups der wichtigsten Daten zu erstellen und diese physisch an einem anderen Ort zu speichern, am besten getrennt vom Internet. Zudem sollten sehr sensible Daten nicht in einer Cloud, sondern in einer eigenen kontrollierten ICT-Umgebung aufbewahrt sein. Der Vorteil: Die Daten – verschlüsselt oder nicht – lassen sich auf diese Weise nicht von Dritten kopieren, um sie dann zu entschlüsseln und zu verwerten, sobald die erforderliche Rechenleistung von Quantencomputern für die Entschlüsselung verfügbar ist.
«Quantencomputer werden nicht nur sehr leistungsfähig sein, sondern haben auch grosses Potenzial, fast alle heute üblichen Verschlüsselungsalgorithmen zu lösen.»
Project Leadership
März 2020
Pascal Inauen, B.A. HSG in Business Administration
Immer wieder ist von Projekten zu lesen, die massiv mehr Zeit beanspruchen, die gewünschte Funktionalität nicht erfüllen oder deren Kosten aus dem Ruder laufen – insbesondere bei grossen und komplexen Vorhaben. Die Gründe für solch gescheiterte Projekte liegen vielfach nicht im klassischen Projektmanagement, sondern im «Project Leadership».
Projekte sind in der heutigen Arbeitswelt an der Tagesordnung und ein wesentliches Mittel, um strategische Initiativen, neue Produkte, Infrastrukturvorhaben oder IT-Erneuerungen umzusetzen. Das Projektmanagement hat dabei in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark an Professionalität gewonnen, beispielsweise durch die Verbreitung von Projektmethoden wie HERMES oder IPMA. Und doch ist der Anteil an nicht erfolgreichen Projekten relativ hoch geblieben, insbesondere, wenn es sich um grosse und komplexe Vorhaben handelt. Erfahrungen haben gezeigt, dass die Probleme weniger in der operativen Projektleitung liegen, als beim Auftraggeber und dem Steuerungsausschuss.
Was heisst Project Leadership?
Project Leadership geht über das klassische Projektmanagement-Verständnis hinaus und beinhaltet, im Rahmen der Projektsteuerung, die Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen und Vorgaben bezüglich Projektbudget, Zeit, Funktion und Nutzen. Diese Perspektive geht von einem engen Zusammenwirken zwischen Auftraggeber und Umsetzer (Projektleiter) aus. Zu den wichtigsten Aufgaben des Project Leaderships gehören:
- Sinnvolle und umsetzbare Vorgaben und Anforderungen an das Projekt stellen und sie anhand des Risikomanagements überwachen und allenfalls Korrekturmassnahmen einleiten
- Geeignete (personelle) Rollen und Verantwortlichkeiten schaffen
- Project Governance und strategische Ausrichtung der Stammorganisation sicherstellen
- Stakeholder-Interessen beachten
- Führende Rolle im Change Management einnehmen
- Entscheidungen treffen.
Um die Aufgaben des Project Leaderships erfolgreich zu erfüllen, sind drei Kompetenzarten erforderlich. Die Basis von Project Leadership stellt die Kontextkompetenz dar. Ein Projekt steht nie für sich allein, sondern stets in einem Rahmen – oder eben: in einem Kontext – wodurch Wechselwirkungen zwischen Projekt, Auftraggeber, Stakeholdern und externen Faktoren entstehen. Diese gilt es, mit Project Leadership richtig zu adressieren und entsprechende Massnahmen einzuleiten, wie etwa die kontextbezogene Schaffung von Rollen und Verantwortlichkeiten oder die Anpassung von Vorgaben und Anforderungen. Ein weiterer Grundstein von Project Leadership stellt die Verhaltenskompetenz dar, die das Verhalten der einzelnen Projektbeteiligten oder den Umgang mit der Veränderung in der Organisation (Change Management) berücksichtigt. Nicht zuletzt sind im Project Leadership technische Kompetenzen erforderlich. Die technischen Kompetenzen stellen sicher, dass geeignete Instrumente und Methoden für das Controlling, die Führung und Steuerung in einem Projekt eingesetzt werden.
Probleme durch fehlendes Project Leadership
Fehlendes oder ungeeignetes Project Leadership kann zu folgenden Problemen führen:
- Erst nach Abschluss des Projekts bzw. bei der Einführung der Lösung wird bemerkt, dass das Ziel verfehlt wurde.
- Die Kommunikation zu und zwischen den Projektbeteiligten sowie Stakeholdern ist nicht zielführend.
- Die ganzheitliche Sicht wird nicht wahrgenommen und wichtige Stakeholder gehen vergessen.
- Die Rahmenbedingungen «Zeit, Budget und Umfang» werden bei Projektbeginn nicht klar definiert und vorgegeben.
- Die strategische Ausrichtung des Projekts ist nicht kompatibel mit der Strategie der Stammorganisation.
- Ungeeignete Methoden und Instrumente zur Führung von Akten, Dokumentationen und Protokollen werden angewendet.
- Unzureichende Zielvereinbarungen, Aufgaben- sowie Rollenzuweisungen werden getroffen.
- Den Projektbeteiligten fehlen die wesentlichen Kompetenzen.
- Das Risikomanagement wird vernachlässigt.
- Die Führung, aktive Steuerung und Aufsicht (Controlling) der Auftraggeberin und des Steuerungsausschusses sind mangelhaft.
Diese Liste ist nicht abschliessend. Doch sie macht eines offensichtlich: Die aufgeführten Probleme bringen ein Projekt zum Scheitern. Ein Scheitern, das sich mit Project Leadership verhindern lässt.
Es liegt in der Natur von Projekten, dass unerwartete Ereignisse eintreten und daher nicht alles bis ins kleinste Detail planbar oder errechenbar ist. Project Leadership aber hilft, gravierende Kosten- und Zeitüberschreitungen zu verhindern. Zudem minimiert Project Leadership die Gefahr, an den Anforderungen an das Projekt und an dessen Nutzen für das Unternehmen vorbeizuschiessen. Geeignetes Project Leadership ist daher nicht nur dringlich, sondern auch von grosser Wichtigkeit. Denn nur wer die nötigen Aufgaben in die Tat umsetzt, dazu gehören die Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen oder die Führung und Steuerung, kann dem Scheitern von Projekten entgegenwirken. Darum sollte Project Leadership in der Praxis mehr Beachtung finden.
«Nur wer die nötigen Aufgaben in die Tat umsetzt, dazu gehören die Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen oder die Führung und Steuerung, kann dem Scheitern von Projekten entgegenwirken.»
Wann ist ein Stellenbedarf angemessen?
März 2020
Anela Fivaz, B.A. Politik-, Verwaltungswissenschaften und Soziologie / Exec. MBA
Modelle der Personalbedarfsbemessung – Theorie, Praxis und die grosse Lücke dazwischen
Es ist allseits bekannt, dass die Personalkosten in Dienstleistungsunternehmen und der öffentlichen Verwaltung eine sehr gewichtige Budget-Position einnehmen. Stellenmehrungen werden daher in Unternehmen, in Gemeinde- und Kantonsräten sowie von der Bevölkerung kontrovers diskutiert. So ist sich ein jeder zwar bewusst, dass die Qualität und der Output massgeblich von einer adäquaten Personalausstattung abhängen, was jedoch als adäquat anzusehen ist, da scheiden sich die Geister.
Damit dieses meist emotionale Thema versachlicht werden kann, werden in der Theorie zahlreiche Methoden und Instrumente angepriesen. Weit verbreitet sind hier Benchmarks oder Kennzahlen-Analysen, die zu den «summarischen Verfahren» zählen, sowie das System der Grundlastbestimmung, das heisst, Bestimmung der mittleren Bearbeitungszeit je Fall, das dem «analytischen Verfahren» der Stellenbemessung zuzuordnen ist.
Beide Verfahrensarten haben ein Ziel: die Schaffung von verlässlichen und nachvollziehbaren Berechnungen des Stellenbedarfs, um gegenüber Entscheidungsgremien eine Legitimation für die beantragte Stellenmehrung auszuweisen.
Indikatoren für eine Analyse des Stellenbedarfs
- Ein Mehrbedarf wird dann vermutet, wenn
- neue Aufgaben hinzukommen,
- sich das bestehende Aufgabenportfolio massgeblich verändert, z.B. aufgrund steigender Fallzahlen oder einer starken Zunahme an Komplexität,
- regelmässig sehr viele Überstunden geleistet werden und sich die Arbeitsrückstände trotzdem nicht aufarbeiten lassen oder
- Mitarbeitende Überlastungserscheinungen zeigen.
In der Praxis erfolgt die Stellenbedarfsermittlung meist auf Grundlage der aktuellen Organisation. Dies ist insofern problematisch, als mögliche organisatorische oder prozessuale Optimierungen unerschlossen bleiben. So wird oftmals vorgehend nicht überprüft, ob die Aufgaben in dem aktuell geleisteten Umfang überhaupt erforderlich sind oder ob etwaige Produktivitätsverluste aufgrund unnötiger Prozessschleifen vorliegen.
Eine weitere Lücke, die sich in der Praxis zeigt: Oftmals fehlen Informationsgrundlagen in der Organisation, um einen Stellenbedarf valide zu ermitteln. So werden die Aufgabenentwicklungen und Aufwände nicht immer durchgängig dokumentiert und aktuelle Stellenbeschreibungen und Leistungsaufträge fehlen, um daraus Berechnungen abzuleiten.
Hinzu kommt ein wichtiger Aspekt, der oftmals gänzlich unberücksichtigt bleibt: die qualitative Personalausstattung. Gut qualifiziertes Personal kann die Aufgaben effektiv und effizient wahrnehmen und somit den tatsächlichen Stellenbedarf reduzieren. Im Umkehrschluss führt nicht hinreichend qualifiziertes Personal automatisch zu einem Stellenmehrbedarf.
Um diese Lücken in der Praxis zu schliessen, ist es empfehlenswert, eine Organisationsüberprüfung durchzuführen und erst anschliessend den Stellenbedarf zu ermitteln. Bei der Organisationsanalyse sollte Folgendes im Fokus stehen: Überprüfen des Aufgabenportfolios hinsichtlich Umfangs und Intensität sowie Erkennen von Potenzialen in der Prozesslandschaft, z.B. durch den Einsatz geeigneter IT-Software. Zudem kann eine Organisationsüberprüfung allfällige Entwicklungsreserven im Koordinationsaufwand (Führungs- und Steuerungsmechanismen) oder beim Einsatz von IT-Tools aufzeigen.
Ein weiterer Vorteil einer Organisationsentwicklung: Auch die Lücke der qualitativen Personalausstattung lässt sich damit oftmals schliessen. Dazu gilt es, Anforderungen (fachliche, methodische, persönliche) für die vorhandenen Stellen zu definieren und mit den vorhandenen Stelleninhabern abzugleichen. Bei Abweichungen wird der spezifische Weiterbildungsbedarf ersichtlich und es können gezielte Massnahmen initiiert werden.
Fazit: Die Stellenbedarfsanalyse sollte auf Grundlage der Soll-Organisation erfolgen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass durch eine vorgängig durchgeführte Organisationsanalyse Stellenbedarfsmeldungen eine viel höhere Legitimation erhalten und den Genehmigungsprozess beschleunigen. Als positiver Nebeneffekt werden damit – unabhängig vom Stellenbedarf – weitere Entwicklungsreserven struktureller, prozessualer oder steuernder Art in der Organisation erkannt. Das Realisieren des ermittelten Potenzials erhöht auch die Zukunftsfähigkeit der Organisation.
Empfehlungen für die Praxis
- Dokumentieren Sie Ihr Leistungsportfolio und dessen Entwicklung.
- Klassifizieren Sie die Aufgaben nach Pflicht- und freiwilligen Aufgaben.
- Halten Sie die Stellenbeschreibungen Ihrer Mitarbeitenden aktuell – insbesondere die Stellenziele und die zu erbringenden Leistungen.
- Beschreiben Sie die Prozesse der Kernaufgaben.
- Prüfen Sie den erweiterten Einsatz von Software und automatischen Verfahren.
- Erstellen Sie Anforderungsprofile für die einzelnen Stellen Ihrer Organisation und gleichen Sie diese periodisch mit Ihrem Personal ab.
Mit diesen Rahmenbedingungen schaffen Sie gute Grundlagen, um einen allfälligen Stellenmehrbedarf plausibel und nachvollziehbar zu ermitteln. Zudem wird aufgrund des erweiterten Informationsumfangs die Steuerungsfähigkeit Ihrer Organisation massgeblich verbessert.
«Die Stellenbedarfsanalyse sollte auf Grundlage der Soll-Organisation erfolgen.»
Mit Blockchain zum Kooperationserfolg
März 2020
Luca Rechsteiner, B. Sc. FHO Business Administration
Die Blockchain ist nach wie vor in aller Munde. Die Diskussionen drehen sich aber mehrheitlich um Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Ripple. Indes: Die Blockchain kann in anderen Bereichen genauso gewinnbringend eingesetzt werden. In Kooperationsverhältnissen, zum Beispiel, kann die Blockchain das gegenseitige Vertrauen der Geschäftspartner stärken.
Die Blockchain ist, kurz erklärt, ein dezentrales Speichersystem, das Daten und Transaktionen mit einem Zeitstempel abspeichert. Ein Datensatz wird nur dann auf der Blockchain abgespeichert, wenn ein Konsens über die dezentral verteilten Rechner erzielt wird. Diese Regel bringt einen grossen Vorteil: Das Gegenparteirisiko wird eliminiert und Transaktionen lassen sich rückwirkend nicht mehr verändern. Da jede Transaktion einen Zeitstempel erhält, hat die Blockchain den positiven Nebeneffekt, dass jegliche bereits durchgeführten Transaktionen lückenlos zurückverfolgt werden können.
In Kooperationsverhältnissen entlang einer Wertschöpfungskette hat die Blockchain aufgrund ihrer Eigenschaften gleich mehrere Vorteile, wie sich am Beispiel der Lebensmittelbranche zeigen lässt.
Ein Landwirt, der Äpfel züchtet und verkauft, hat die gesetzliche Pflicht, Massnahmen wie Düngen, Schneiden und Spritzen aufzuzeichnen. Diese Informationen benötigt er, um darzulegen, ob ein Apfel dem Bio-Label entspricht oder nicht. Liefert der Landwirt seine Äpfel nun seinem Abnehmer, müssen zeitgleich alle diese Daten mitgeliefert werden. Der Abnehmer braucht die Sicherheit, dass die Äpfel auch wirklich den Anforderungen des Labels entsprechen, da er sie unter diesem weiterverkauft. Nebst der Produktsicherheit, die dadurch garantiert wird, sind die erfassten Daten auch die Basis für die Direktzahlungen des Bundes. Speichert der Landwirt die erhobenen Daten auf der Blockchain, kann er sie den verschiedenen Stakeholdern wie beispielsweise Abnehmer, Bund und Zertifizierungsstellen zugänglich machen, ohne die Hoheit über die Daten zu verlieren. Zudem lassen sich rückwirkend alle Lieferungen eines Landwirts einsehen, was eine faire Abrechnung gewährleistet.
Nicht zuletzt hat diese Transparenz entlang der Wertschöpfungskette auch einen kommerziellen Aspekt: Der Endkonsument kann beim Apfelkauf einsehen, wo die Äpfel gezüchtet wurden und dementsprechend auch, wie viele Kilometer das Nahrungsmittel von der Produktion bis in den Laden zurückgelegt hat. Der Landwirt wiederum sieht, wo seine gelieferten Äpfel verkauft werden. Zusammengefasst: Die Blockchain ermöglicht Transparenz und Rückverfolgbarkeit für alle Beteiligten über den ganzen Wertschöpfungsprozess hinweg.
Blockchain bildet Vertrauen
Fehlt das Vertrauen zwischen Landwirt und Abnehmer, kann die Blockchain einen weiteren Nutzen stiften: Sicherheit. Mit sogenannten Smart Contracts lassen sich Vertragskonstruktionen auf der Blockchain abbilden. Bei einem Smart Contract werden Vertragsbedingungen auf der Blockchain hinterlegt und die Liefer- und Zahlungsflüsse digital abgebildet. Am Beispiel des Apfels könnte ein Smart Contract wie folgt aussehen: Landwirt A liefert zu einem vordefinierten Zeitpunkt 100 Kilo Äpfel mit den Spezifikationen des Labels Bio. Trifft die Lieferung zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge und Qualität ein, wird die Zahlung des vordefinierten Betrags automatisch ausgelöst. Dies bedeutet konkret: Ein Vertrag kommt nur dann zustande, wenn sämtliche Bedingungen erfüllt sind. Die Parteien müssen keine rückwirkenden Verhandlungen führen. Dies sorgt sowohl beim Landwirt als auch beim Abnehmer für Planungssicherheit und festigt das gegenseitige Vertrauen.
Die Blockchain bringt also Transparenz und Rückverfolgbarkeit in Kooperationsverhältnisse. Zudem lässt sich das Gegenparteirisiko in Form von Smart Contracts eliminieren. Diese Vorteile der Blockchain können sich vertrauensstiftend auf Kooperationsverhältnisse auswirken. Erste Lebensmittelhändler setzen für die Transparenz und Rückverfolgbarkeit bereits auf die Blockchain-Technologie. Es wird sich zeigen, welche anderen Branchen zukünftig auf die Vorteile der Blockchain-Technologie setzen – und ob wir bald nicht mehr allein über Kryptowährungen lesen, wenn es um Blockchain geht.
«Die Blockchain bringt Transparenz und Rückverfolgbarkeit in Kooperationsverhältnisse.»
Innovationstreiber Digitalisierung?
März 2020
Patrick Bischof, MAS Business Information Management FH
Ob Industrie, IT-Dienstleistungen, Finanzbranche oder Detailhandel – der Markt verändert sich in allen Branchen immer schneller. Neue Technologien sollen Unternehmen dabei unterstützen, gegenüber der Konkurrenz zu bestehen oder ihre Marktposition gar auszubauen. Gleichzeitig drängen neue, intelligent vernetzte Unternehmen auf den Markt und setzen die etablierten Unternehmen zunehmend unter Druck – durch ihre höhere Effizienz, Vernetzung und dem damit zusammenhängenden zielgerichteten Angebot für Kunden. Wie kann ein Unternehmen kompetitiv bleiben? Oder anders gefragt: Ist Innovation der Schlüssel zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und hilft die Digitalisierung bei der Förderung von Innovationen?
Innovation ist darauf ausgerichtet, Unternehmensziele auf neuartige Weise zu erfüllen, um im verschärften globalen Wettbewerb zu bestehen und den Anforderungen der Gesellschaft gerecht zu werden. Innovation kann dabei verschiedene Ausprägungen haben: ein neues Produkt, ein neuer Service, neue digitale Geschäftsmodelle. Während die ersten beiden Themen als klassische Disziplinen des Innovationsmanagements anzusehen sind, bedarf die Erschliessung neuer digitaler Geschäftsmodelle zusätzlicher Anstrengung – mit Auswirkungen auf das ganze Unternehmen.
Eine Abgrenzung gilt es zur digitalen Transformation zu machen: Während die Digitalisierung neue Geschäftsmodelle fördern soll, dient die digitale Transformation dem Lösen von Problemen mit digitalen Hilfsmitteln. Als Beispiel für die Digitalisierung dient der Prozess des Supply Chain Managements: Ganze Lieferketten entlang der Wertschöpfungskette werden durchgehend digital gemanagt, vom Produzenten bis zum Endkunden. Dadurch lassen sich Lieferfristen verkürzen und die Wertschöpfung erhöhen.
Im Gegensatz zum Innovationsmanagement, das häufig pro Departement/Abteilung betrieben wird, erfasst die Digitalisierung das ganze Unternehmen. Damit Digitalisierung einen konkreten Nutzen stiften kann, braucht es eine für das Unternehmen passende Digitalisierungsstrategie und passende Rahmenbedingungen:
Strategie
- Unterstützung des Topmanagements: Die Digitalisierung soll dem Unternehmen helfen, neue (digitale) Innovationen zu fördern. Dies bedeutet: Das Topmanagement konkretisiert die Ziele einer Digitalisierung, stärkt die Bereitschaft für neue Geschäftsmodelle in der Belegschaft und minimiert die Vorbehalte der Mitarbeitenden.
- Die Digitalisierungsstrategie muss sich der Unternehmensstrategie anpassen und mit ihr übereinstimmen.
- Förderung neuer Geschäftsmodelle durch Einbezug des Innovationsmanagements
- Definieren von KPIs: Wann gilt die Digitalisierungsstrategie als erfolgreich?
- Verstärkte Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen und IT
Kultur
- Veränderungsmanagement: Mitarbeitende müssen aktiv in den Veränderungsprozess involviert werden und die Konsequenzen einer Digitalisierung des Unternehmens kennen.
- Verabschieden von alten Denkmustern: Durch die Durchdringung des gesamten Unternehmens müssen neue Formen der Zusammenarbeit etabliert werden. Gefordert ist Agilität, auch abseits der klassischen Aufbauorganisation.
Prozesse
- Aktive Kommunikation: Was wird von der Belegschaft erwartet? Weshalb wird das Unternehmen digitalisiert?
- Schaffen der notwendigen Strukturen: Gefordert ist eine hohe Agilität in den Entscheidungsprozessen sowie den Prozessen entlang der Wertschöpfungskette.
Mit der Schaffung dieser Rahmenbedingungen existieren die Voraussetzungen, um das Unternehmen im Bereich der Innovation zu unterstützen. Dank neuer, digitaler Möglichkeiten können neue Geschäftsfelder erschlossen werden. So zum Beispiel Servicemodelle mit Internet of Things, in denen fehlerhafte Servicekomponenten über die Anbindung ans Internet automatisch dem Hersteller gemeldet werden. Das spart Kosten im Bereich des Kundenservices.
Abschliessend lässt sich sagen: Die Digitalisierung eines Unternehmens allein fördert weder Innovation noch Wettbewerbsfähigkeit. Es bedarf einer starken Abstimmung zwischen dem Innovationsmanagement und der Digitalisierungsstrategie. Denn letztlich muss das Innovationsmanagement zusammen mit der Geschäftsleitung die Entscheide fällen, welche Innovationen gefördert und welche Geschäftsfelder erschlossen werden sollen – und: inwiefern die Digitalisierung dabei unterstützend wirken kann. Erst wenn Digitalisierung und Innovationsmanagement zu einer Symbiose verschmelzen, ist ein erster Schritt gemacht, das Unternehmen für die Zukunft zu rüsten.
«Die Digitalisierung eines Unternehmens allein fördert weder Innovation noch Wettbewerbsfähigkeit. Es bedarf einer starken Abstimmung zwischen dem Innovationsmanagement und der Digitalisierungsstrategie.»
Ein klarer Fokus auf das eigene Profil schafft Glaubwürdigkeit
März 2020
Christian Jentsch, M.A. HSG International Affairs & Governance
Informationen fliessen immer schneller, News werden im Akkord produziert. Dabei kann man leicht den Überblick verlieren. Um anschlussfähig zu bleiben, müssen Organisationen ein klares Profil aufweisen und ihre Botschaften und Werte verständlich vermitteln; sonst droht die Bedeutungslosigkeit in einer Welt voller Möglichkeiten.
Der Informationsfluss in unserer Gesellschaft ist ungebremst und in den Medien herrschen bisweilen erratische Zustände. In einer von Informationen überschwemmten, globalisierten Welt sind Visibilität und ein klarer Fokus auf die strategischen Ziele wichtig. Dies gilt in der Aussenwirkung und als interne Leitlinie gleichermassen. Für Organisationen – gewinnorientiert oder nicht – ist es zentral, ihren strategischen Fokus auf die Ziele und das eigene Profil zu schärfen und ihn als Kommunikationsplattform zu nutzen. Dies stärkt das Vertrauen und die Bindung der Anspruchsgruppen und breiten Öffentlichkeit an die Organisation.
Die Innensicht
Den eigenen strategischen Fokus zu finden, bedarf einer eingehenden Analyse. Stärken, Schwächen, Ziele und Möglichkeiten sind konsequent zu durchleuchten. Ein einprägendes Differenzierungsmerkmal zu anderen Akteuren ist ein zentraler Aspekt für den nachhaltigen Erfolg. Es erhöht nicht nur den Wiedererkennungswert einer Organisation, sondern sorgt dank der Bündelung der Kompetenzen auch dafür, dass das strategische Kerngeschäft gestärkt und dadurch Ressourcen frei werden. Zentral ist, dass eine Organisation ihre Stärken zur Geltung bringen kann, ohne einzelne Teilbereiche zu vernachlässigen. Leuchtturmprojekte sind ein sehr gutes Mittel, um dank eines klaren Fokus erhöhte Visibilität zu schaffen. In der aktuellen Klimadebatte ist das Beispiel der energienetz GSG AG spannend: Sie nimmt die Abwärme lokaler Unternehmen auf und speist damit anliegende Betriebe, mittelfristig sogar auch Privathaushalte, in der Ostschweiz. Das Potential und die Dimensionen dieses Wärmenetzes, das mit industrieller Abwärme versorgt wird, sind für nationale Verhältnisse beeindruckend.
Das Fundament einer Organisation ist ebenso zu pflegen. Häufig vergessen Organisationen durch einen starken Kundenfokus, dass auch intern sehr viele „Kunden“ adressiert werden müssen. Ein aktiver Einbezug der Mitarbeitenden, die im Idealfall als Treiber den strategischen Fokus einer Organisation verinnerlichen und dementsprechend handeln, ist vital. Verschiedene Methoden können den Mitarbeitenden zur verstärkten Partizipation an die Hand gegeben werden: Agile Methoden wie Sprints sind zum Beispiel ein gutes Mittel. Mit Sprints schärfen die Mitarbeitenden die Strategie auf Abteilungsebene und identifizieren sich dadurch stärker mit ihr. Durch die iterativen Prozesse können Voten und Vorschläge zu den persönlichen Ambitionen der Mitarbeitenden oder jenen der Gesamtorganisation fassbar formuliert und verabschiedet werden. Dieses Vorgehen stärkt das Profil der Organisation und wirkt dank der klaren, nachvollziehbaren Schritte auf die Mitarbeitenden durchaus stimulierend. Nicht bloss in der Schifffahrt gilt: Im Maschinenraum sind reibungslose Abläufe unabdingbar, damit auf der Kommandobrücke der Kurs gehalten werden kann.
Die aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Organisationskultur und den etablierten Routinen ist akribisch zu tätigen. Schliesslich «lebt» der strategische Fokus massgebend von der Einstellung der Mitarbeitenden. Kongruenz in ihrem Handeln hilft, das Ziel zu erreichen und den gemeinsamen Erfolg zu sichern. Denn eines ist beim strategischen Fokus zentral: Nur auf einer soliden Organisationskultur kann die Strategie gedeihen.
Die Aussenwirkung
Eine intakte Organisationskultur ermöglicht es, den strategischen Fokus innerhalb einer Organisation zu verankern. Auch in der Aussenwirkung ist der strategische Fokus zentral. Während früher Branding vornehmlich um der Kommunikation Willen betrieben wurde, ist es mittlerweile ein relevanter strategischer Baustein. Branding führt, adäquat eingesetzt, zu mehr Autorität und einer höheren Glaubwürdigkeit einer Organisation.
Die Glaubwürdigkeit ist ein hohes Gut, das es zu pflegen gilt. Mit einem klaren strategischen Fokus auf die eigenen Kernwerte und Ziele, stellt eine Organisation ihre Stärken in den Vordergrund und agiert gezielt und langfristig. Das ist ein grosser Vorteil und führt zu einem nachhaltigen Erfolg. Denn: Eine Organisation steht mit einem klaren Profil, das aktiv gepflegt und fassbar gemacht wird, auf einem solideren Fundament, als wenn sie stets auf die neusten Trends und Hypes schielt. Vor lauter Digitalisierungsinitiativen haben schon einige Organisationen vergessen, wofür sie eigentlich stehen; sie navigieren bisweilen schlicht an ihren Werten vorbei.
Die goldene Mitte
Und doch: Eine Organisation darf sich trotz allem den Innovationen nicht verschliessen. Denn die Komplexität durch die Vernetzung wächst stetig. Vielmehr gilt es, behutsam eine Balance zwischen Stabilität und Erneuerung zu finden. Heute wird oft unter dem Deckmantel der Digitalisierung viel «strategisches Management» betrieben. Statt sich gezielt mit dem strategischen Fokus einer Organisation auseinanderzusetzen, wundert man sich im Nachgang, weshalb diese oder jene strategische Initiative nicht den erwarteten – oder vielmehr: erhofften – Erfolg gebracht hat. Eine zentrale Bedeutung hat das Abwägen, welche Innovationen zu den eigenen Organisationswerten passen und welche Massnahmen kongruent sind mit den internen Leitlinien und der Aussenwirkung.
Diese «passenden» Innovationen und Botschaften, verknüpft mit den eigenen Werten, sorgen für ein klares, glaubwürdiges Profil – gegen innen und gegen aussen. Dies ist zwar kein Garant für eine erfolgreiche Zukunft, aber ein solides Fundament.
«Passende Innovationen und Botschaften, verknüpft mit den eigenen Werten, sorgen für ein klares, glaubwürdiges Profil – gegen innen und gegen aussen.»
Ausschreiben – durchdacht und effizient
März 2020
Marco Solenthaler, B.Sc. FHO in Business Administration
Effizient ausschreiben bedeutet viel mehr, als dass am Ende das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhält. Denn: Ausschreibungen generieren insbesondere in der Konzeptphase einen immensen Aufwand, sowohl für den Auftraggebenden als auch für die offerierenden Unternehmen. Unter Zeitdruck entstehen oft unscharfe Ausschreibungsunterlagen und diese führen zu ungenauen Angeboten. Die Folge: Zwist zwischen Auftraggeber und Submittenten.
Mitarbeitende, die mit der bestehenden Infrastruktur unglücklich sind, oder die Angst gegenüber den Mitbewerbern den Anschluss zu verpassen – vielfach wird ad hoc und nicht aus strategischen Überlegungen ausgeschrieben. Ein weiterer Grund für überstürzte Ausschreibungen ist das baldige Erreichen der End-of-Life einer Technologie oder eines Produkts. Insbesondere der Prozess zur Definition des Ausschreibungsgegenstandes wird aufgrund fehlender Zeit oft unsauber durchgeführt und zieht unscharfe Ausschreibungsunterlagen nach sich. Diese wiederum führen zu ungenauen Angeboten und einem Dissens zwischen Auftraggeber und Submittenten.
Eine weitere Problematik: Eine Ausschreibung dient oft dazu, sich im Markt umzusehen, also eine Art Marktanalyse durchzuführen. Unsere Erfahrung zeigt, dass der Fokus dabei teils zu stark auf dem Produkt statt auf den Anforderungen liegt. Dadurch orientiert sich die Ausschreibung an der aktuell eingesetzten Hard- und Software sowie den dazugehörenden Dienstleistungen und schliesst so zwangsläufig auch Medienbrüche und Doppelspurigkeiten der bestehenden Lösung mit ein.
Ein gut geplantes Vorgehen sowie ausreichend und sinnvoll investierte Zeit im Vorfeld sparen viel Aufwand für spätere Phasen, sowohl auf Seiten Auftraggeber als auch bei Submittenten. Mit der akribischen Erarbeitung der Unterlagen wird der Grundstein für eine erfolgreiche Ausschreibung gelegt. Der Submittent kann dank der transparenten Ausgangslage besser einschätzen, welche Inhalte das Projekt umfasst und ob er das Projekt überhaupt in der vorgegebenen Zeit erfolgreich abwickeln kann. Mit anderen Worten: Je besser die Ausschreibung, desto inhaltlich detaillierter und preislich genauer die Angebote. Dies wiederum vereinfacht die Vergleichbarkeit und Auswertung für den Auftraggebenden.
Ausschreibungen sollten also vielmehr in der Langzeitplanung angesiedelt werden, denn in der Regel wird eine Lösung für die nächsten fünf bis acht Jahre evaluiert. Führt ein Auftraggeber eine Ausschreibung ad hoc und damit verbunden oftmals nicht mit der nötigen Sorgfalt durch, trägt er die negativen Auswirkungen für mehrere Jahre. Planen Sie also genügend Zeit ein, um Ihre Ausschreibungsunterlagen zusammenzustellen. Diesbezüglich ist es zielführend, Mitarbeitende mit verschiedenen Rollen und aus unterschiedlichen Abteilungen zu Beteiligten zu machen. Damit holen Sie nicht nur die Anforderungen umfassender ab, sondern erzielen auch ein höheres internes Commitment der Mitarbeitenden gegenüber der neuen Lösung.
Wurde der Zuschlag dem wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt, beginnt die Vertragserstellung, die nicht zu vernachlässigen ist. Denn was in der Ausschreibung definiert wurde, soll auch in den Verträgen Bestand haben. Erfahrungsgemäss steht und fällt eine Ausschreibung mit dem Vertragsabschluss.
Folgende Fragestellungen helfen Ihnen bei der Definition des Ausschreibungsgegenstandes bis und mit Vertragsabschluss:
- Scope/Umfang festlegen
- Was soll ausgeschrieben resp. mit der Ausschreibung erzielt werden?
- Bestandsaufnahme durchführen
- Welche Produkte und Lösungen sind auf dem Markt vorhanden (Marktanalyse)?
- Welches sind Ihre wertschöpfenden Prozesse?
- Wo liegen Herausforderungen und Probleme?
- Was kann/soll harmonisiert werden? (Vor- und Nachteile vergleichen)
- Welchen Mehrwert resp. welche Veränderung bringt uns die Ausschreibung?
- Bedarf analysieren
- Welche Anforderungen haben die Anwender an die zukünftige Lösung?
- Führen Sie Interviews/Workshops durch.
- Welche Anforderungen sind relevant? Wählen Sie den 80/20-Ansatz.
- Können/müssen Prozesse harmonisiert, digitalisiert oder automatisiert werden?
- Lassen sich Schnittstellen und Medienbrüche reduzieren?
- Wie können Sie ein hohes Commitment erreichen? Holen Sie alle ins Boot.
- Varianten erarbeiten
- Welche Ansätze sind denkbar und sinnvoll?
- Welche Gewichtung wünschen Sie sich punkto Leistung, Usability, Konfiguration, Kosten?
- Bevorzugen Sie Standard- statt Individuallösungen.
- Umsetzung vollziehen und kommunizieren
- Arbeiten Sie Verträge sauber und auf Basis der Ausschreibungsunterlagen aus.
- Welche Aufwände entstehen Ihnen in der Migration- und Einführungsphase?
- Planen Sie finanzielle Reserven ein.
- Ist ein phasenweiser Umstieg möglich und sinnvoll?
- Konzentrieren Sie sich aufs Wesentliche.
- Wer muss informiert werden?
- Kommunizieren Sie das Vorgehen und den Stand der Dinge transparent.
Wenn Sie die aufgeführten Schritte seriös durchführen, wird Ihre Ausschreibung effizienter – Sie machen nicht nur den Submittenten einen grossen Gefallen, sondern vor allem auch sich selbst.
«Wenn Sie die aufgeführten Schritte seriös durchführen, wird Ihre Ausschreibung effizienter – Sie machen nicht nur den Submittenten einen grossen Gefallen, sondern vor allem auch sich selbst.»
Digitalisierung heisst: die eigene Wertschöpfung neu erfinden
März 2020
Maurus Fässler, M.A. HSG Banking and Finance
Digitalisierung beinhaltet das Umwandeln und Weiterverarbeiten von analogen Werten in digitaler Form. Der Hype um die Digitalisierung scheint ungebrochen, obwohl sie mit dem Internet und technischen Komponenten wie dem Desktop PC oder dem ersten Notebook schon vor über 30 Jahren Einzug gehalten hat. Warum verliert die Digitalisierung nicht an Bedeutung? Mehr noch: Warum taucht sie in immer neuen Gewändern wie Industrie 4.0, Arbeitswelt 4.0, New Work etc. immer wieder auf?
Mit dem Einzug der Informationstechnologien vor rund drei Dekaden begann sich die Informatik als Geschäftszweig innerhalb der Unternehmen zu entwickeln. Wie einst die Waschmaschine als technische Revolution Abhilfe im Haushalt schaffte, gelang es der Informatik vor der Jahrtausendwende, für Erleichterung zu sorgen, insbesondere im Bereich der ERP-Software. Statt manueller Tätigkeiten, die in Papierbergen endeten, wurden Daten erstmals manuell in ein System eingepflegt und erste Auswertungen generiert.
Wie für Waschmaschinen gilt auch für Informatiksysteme: Sie müssen für die Nutzer zum gewünschten Zeitpunkt verfügbar sein. Ist dies nicht der Fall, muss manuelle Arbeit geleistet werden, was beim Mitarbeitenden zu Unzufriedenheit führt. Diese Wahrnehmung der Informatik als Hygienefaktor scheint sich auch nach 30 Jahren nicht gross verändert zu haben. Dass die Informatik bei den Mitarbeitenden nicht in erster Linie positiv wahrgenommen wird, führte in der Vergangenheit in vielen Betrieben dazu, dass sich die Informatik auf die operationelle Qualität und damit auf die Aufrechterhaltung eines hochverfügbaren IT-Betriebs konzentrierte.
Die Omnipräsenz des Digitalisierungsbegriffs
Doch seit der Jahrtausendwende wurde immer offensichtlicher: Das World Wide Web kann nicht nur für elektronische Visitenkarten oder als Kommunikationsplattform genutzt werden, sondern mit Inhalten und hinterlegten Abläufen wie Algorithmen für weit mehr. Durch die erweiterte Nutzung des Webs gab es zwei wichtige Entwicklungen für die IT: Zum einen erhielt das IT-Image mit der Einbindung des Marketings in die Onlinewelt eine Auffrischung; zum anderen wurde die bis dato durch die ERP-Systeme geprägte Innensicht des Unternehmens um die Aussensicht des Kunden erweitert; denn der Kunde erwartete nun mehr vom Unternehmen als nur eine effiziente interne Prozessabwicklung. Und schliesslich kam mit dem Smart Phone das mobile, internetgebundene Endgerät für jedermann.
Alle diese Entwicklungen haben eines gemeinsam: Sie sind wesentliche Technologiesprünge, die Auswirkungen auf die Prozesse und die Organisation eines Unternehmens haben können. Oft sind es jedoch nur wenige Unternehmen, die technologische Entwicklungen gezielt verfolgen und mögliche Konsequenzen für ihr Geschäftsmodell ableiten, also für der Art und Weise, wie sie Gewinne erwirtschaften. Welches Unternehmen hinterfragt schon gerne die eigenen wertschöpfenden Prozesse, die heute den Gewinn einbringen?
Doch mit zunehmenden Technologiesprüngen, wie etwa dem Mobilfunkstandard 5G, steigt die Vernetzung exponentiell – und mit ihr die Möglichkeiten, wie ein Unternehmen seine Wertschöpfung neu gestalten kann. Und weil der Markt in jüngster Zeit vermehrt Unternehmen als positive Beispiele für den Wandel oder die Entwicklung ihres Geschäftsmodells hervorbringt, zwingt dies die restlichen Wettbewerber zum Handeln. Dies ist wohl der Grund, warum bis heute der Begriff der Digitalisierung in verschiedensten Formen präsent ist. Doch: Welches sind die Voraussetzungen für ein Unternehmen, damit es mit diesen technologischen Entwicklungen erfolgreich mithalten kann?
Von der Informatik zum digitalisierten Geschäftsmodell
Die reine Aufrechterhaltung des Informatikbetriebs wird auch künftig von hoher Bedeutung sein, da die Mitarbeitenden eine hohe Verfügbarkeit und eine verlässliche Performance ihrer Informatikumgebung fordern. Doch für Unternehmen gilt ebenso, den möglichen Einfluss von technologischen Neuerungen im Strategieprozess stärker zu berücksichtigen.
Eine Digitalisierungsstrategie ist Teil der Geschäftsstrategie. Sie beschreibt die möglichen Auswirkungen der technologischen Entwicklungen auf die eigenen wertschöpfenden Prozesse und Unternehmensbereiche. Eine Digitalisierungsstrategie richtet die Unternehmensarchitektur, also die unternehmensinterne Organisation und deren Prozesse, auf die technischen Möglichkeiten des Unternehmens aus. So gilt es unter anderem zu definieren, welche Bereiche der Wertschöpfung ganz weggelassen werden und welche Bereiche durch Informationstechnologien, den Lieferanten, den Mitarbeitenden oder den Kunden zu verrichten sind.
Sofern die geschäftliche Ausrichtung eines Unternehmens klar ist, lässt sich daraus eine geeignete IT-Architektur ableiten. IT-Hilfsmittel müssen die Prozesse effektiv und effizient unterstützen. Zudem gilt es, die Organisation abzubilden und beispielsweise die zugehörigen Berechtigungen zu hinterlegen. Im heutigen Zeitalter der Datenerfassung spielen jedoch vermehrt die effektive und effiziente Speicherung und Verarbeitung von Daten eine zentrale Rolle, um aus dieser Sammlung automatisiert weiteren Nutzen zu gewinnen.
Doch auch wenn sich ein Unternehmen dazu entscheidet, die Unternehmens- und IT-Architektur an das neue Geschäftsmodell anzupassen, ist es nicht von weiteren externen Technologie-Schocks gefeit. Aus diesem Grund ist es von zentraler Bedeutung, sowohl die Unternehmens- als auch die IT-Architektur flexibel auszugestalten. Nur wenn die Organisation und die Informatik fähig sind, auf neue Entwicklungen mit einer zeitnahen klaren neuen Ausrichtung ihres Geschäftsmodells zu reagieren, ist ein nachhaltiger Erfolg am Markt möglich. Die Automobilbranche hat mit der sehr modularen Gestaltung und Weiterentwicklung ihrer Plattformen gezeigt, dass ihr die Schaffung der notwendigen Flexibilität im industriellen Sektor gelungen ist.
Fazit
Obwohl sich Digitalisierung von «digitus» (lat. für Finger) ableitet, lässt sich die unternehmensweite Transformation im Bereich der Informationstechnologie nicht mit einem Fingerschnipp erreichen. Heute entscheidet eine flexible Unternehmensarchitektur, ob ein Unternehmen zeitnah seine eigene Wertschöpfungskette an die neuen technologischen Rahmenbedingungen anpassen kann. Insbesondere im technischen Bereich erfordert dies ein aktives Monitoring der Entwicklungen sowie eine systematische Pflege der Unternehmens- und IT-Architektur. Wenn ein Unternehmen beide Architekturen genügend flexibel gestaltet, kann es nachhaltig Wettbewerbsvorteile schaffen und Marktchancen ohne Verzögerung nutzen.
«Heute entscheidet eine flexible Unternehmensarchitektur, ob ein Unternehmen zeitnah seine eigene Wertschöpfungskette an die neuen technologischen Rahmenbedingungen anpassen kann.»