Es widerspricht zwar der Natur, aber dennoch scheint der Mensch eine besondere Vorliebe zu haben: Er bildet dauernd von allem Möglichen Durchschnitte. Aus Riesen und Zwergen macht man Durchschnittsgrössen; aus Zweizentnern Schwergewichtsboxern und Fünfzigkilo-Filmsternchen Durchschnittsgewichte. Säuglinge zwingt man statistisch zum Biertrinken – beim durchschnittlichen Bierverbrauch pro Kopf der Bevölkerung. Selbst kinderlosen Ehepaaren weist die Statistik vor dem Pillenknick 2.7 Kinder zu, und mit dem Kleinkind beginnt auch das Rechnen mit Durchschnitten…
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Schon neugierig?
Alle Welt schreit nach Innovation, Disruption und «sich neu erfinden». Viele Experten sind sich inzwischen einig: So weitermachen wie bisher, hilft nicht bei der vierten…
Roman P. Büchler
2018
Strategisches Management
Size matters
Immer, wenn ein Unternehmen reorganisiert wird, wenn neue Organisationseinheiten gebildet oder bestehende Einheiten zusammengelegt werden, stellt sich die Frage nach den Strukturen. Die Grösse der…
Anela Fivaz
2018
Organisations- und Prozessmanagement
Systemisch – Bestehen in einer dynamischen Umwelt
In einer Welt, die von Unbeständig- und Mehrdeutigkeit geprägt ist, sind Problemlösungsansätze gefragt, die so robust wie möglich gegenüber ungenauen, unvollständigen oder gar falschen Annahmen…
Luca Rechsteiner
2018
Organisations- und Prozessmanagement
Telekom-Trends von denen man spricht. Oder doch nicht?
Digitalisierung, ITaaS, IoT, M2M und Industrie 4.0 – dies sind die Megatrends, die heutzutage in aller Munde sind. Doch es gibt einen mindestens ebenso wichtigen…
Iwan Schnyder
2018
Engineering und Technologiemanagement
BSG-Geschäftsbericht 2016
Im Zeitalter vor Internet, Facebook und Snapchat war man bei der Arbeit, wenn man im Büro physisch anwesend war und nicht gerade schlief. Heute ist…
BSG Unternehmensberatung AG
2017
BSG-Publikationen
Unternehmertum in der Milchproduktion: Betriebsleiter mit Kopf, Herz und Hand
Die Herausforderungen, aber auch der Handlungsbedarf in der Betriebsleitung der Milchwirtschaftsbetriebe sind gross. Josef Schmid sieht neben der Freude an Vieh und Arbeit einen weiteren…
Josef Schmid
2017
Strategisches Management
Datenschutz und Datensicherheit: ein Ansatz zur begrifflichen Klärung
Sprechen Informatikspezialisten, IT-Sicherheitsfachleute und Datenschutzexperten über Datenschutz und Datensicherheit, treten oft Missverständnisse auf. Als wäre das nicht verwirrend genug, wird in der öffentlichen Verwaltung die…
Romeo Minini
2017
Strategisches Management
Der Hey-Joe-Effekt – verdeckte Kosten in der Informatik
Der Kostendruck in der IT ist in allen Unternehmen spürbar. Die Folge: gleichbleibende oder gar abnehmende Budgets – und das bei der Forderung nach immer…
Anela Fivaz
2017
Organisations- und Prozessmanagement
Arbeiten Sie permakulturell?
März 2020
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH
In der Arbeitswelt zeigen aktuelle Untersuchungen: Mitarbeitende sind zunehmend gestresst. Aktuell gibt beinahe ein Viertel aller Erwerbstätigen in der Schweiz an, dass sie am Arbeitsplatz sehr oft gestresst sind. Erstaunlicherweise ist die Zunahme der Stressgeplagten bei den unter 30-Jährigen am stärksten und diese Altersgruppe weist auch den höchsten Anteil Stressgeplagter auf. Beinahe die Hälfte der gestressten Personen geben an, dass sie sich am Arbeitsplatz emotional erschöpft fühlen. Dies gilt als Zeichen für ein hohes Burnout-Risiko und damit einhergehend für einen mittelmässigen bis schlechten Gesundheitszustand. Welche Folgen diese Tatsachen auf unsere Arbeitswelt und die Leistungsfähigkeit jeder Organisation haben, ist leicht vorzustellen.
Die Anzeichen von echtem Stress – im Gegensatz zu gesundem Stress – mit seinen verschiedenen Ausprägungen sind in vielen Unternehmen feststellbar. Sie reichen von messbaren Indikatoren wie Krankheitstagen oder Fluktuationsrate bis zu zwischenmenschlichen Problemen. Dabei sind die Kommunikation und die Umgangsformen in einer Unternehmung ein untrügliches Merkmal dafür, wie es um die zwischenmenschlichen Probleme bestellt ist. Unter starkem Stress mündet die Kommunikation in ungelöste und unausgesprochene Konflikte.
Der Umgang mit dieser Situation zeigt sich in den Unternehmen sehr unterschiedlich. Viele Unternehmen implementieren einzelne Massnahmen, die kurzfristig von Erfolg gekrönt scheinen, jedoch auf die Dauer ihre Wirkung verlieren. Konkret reichen diese Massnahmen von der Einrichtung eines Kummerkastens, über Teamanlässe bis zu verbesserten Arbeitsmitteln. Obwohl die einzelnen Massnahmen meist sinnvoll sind, fehlt die ganzheitliche Problemerfassung und somit auch das Verständnis, dass man die Themen an den Wurzeln bearbeiten muss. Die fehlende ganzheitliche Problemerfassung zeigt sich in der Folge in einem unzureichenden Verständnis für das Problem, in einer mangelnden Selbstreflektion der involvierten Personen oder in der Ablenkung vom eigentlichen Problem oder Konflikt.
Machen Sie es wie die Pflanzen!
In der Pflanzenwelt zeigen sich Stressreaktionen immer dann, wenn ein Faktor zum gesunden Gedeihen überwiegt oder zu einseitig eingesetzt wird. So steigert zum Beispiel die Stickstoffdüngung zwar das quantitative Pflanzenwachstum, führt aber bei übermässigem Einsatz zur Schwächung der Pflanze gegenüber Krankheiten oder Schädlingen und letztlich zum Verlust der Widerstandskraft.
Erwägt ein Unternehmen eine ganzheitliche Problemerfassung – und somit auch eine langfristig erfolgreiche Beseitigung des Problems – bewähren sich Pflanzensysteme als Vorbilder. Eines dieser erfolgreichen Systeme für die geschilderte Problemstellung ist die Permakultur. Dabei handelt es sich um ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau, das darauf basiert, die Pflanze als Gesamtorganismus in ihrem Umfeld zu betrachten und daraus die entsprechende Kultivierung für ein optimales Gedeihen und einen nachhaltigen Ertrag abzuleiten. Die Permakultur zeichnet sich dadurch aus, dass unabhängige, widerstandsfähige und ausgewogen verteilte Lebensräume geschaffen werden. Permakulturell gestaltete Lebensräume werden als Systeme aufgefasst, in denen das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen so miteinander kombiniert ist, dass die Systeme zeitlich unbegrenzt funktionieren. Das Ziel einer permakulturellen Planung: Die geschlossenen Stoffkreisläufe schaffen langfristig stabile Ökosysteme, die sich selbst erhalten und nur noch minimaler Eingriffe bedürfen.
Übertragen in die Arbeitswelt heisst das: Die Permakultur ist die Arbeitsorganisation und die Eingriffe sind die Handlungen der Führungspersonen. Eine für die entsprechende Unternehmung adäquate Arbeitsorganisation ist die Basis eines firmeninternen Ökosystems, in dem sich wirtschaftlich widerstandsfähige Lebensräume entwickeln. Diese Arbeitsorganisation ist eingebettet in die strategische Ausrichtung, in die Unternehmenskultur, die Prozessreifegrade, in die Personalausstattung und in die Veränderungsbereitschaft der Unternehmung. In stressgefährdeten Unternehmen fehlen diese Gesamtschau und das konsequent abgestimmte Justieren aller Stellschrauben für ein funktionierendes Unternehmenssystem.
Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme. Kombinieren Führungspersonen eine adäquate Arbeitsorganisation mit Wertschätzung und Verständnis für ihre Mitarbeitenden, so sinkt der Stresspegel der Mitarbeitenden – und einem gesunden unternehmerischen Ökosystem steht nichts im Wege. Arbeiten Sie bereits permakulturell?
«Permakulturell umgesetzte Unternehmenssysteme und daraus abgeleitete Arbeitsorganisationen lassen Führungspersonen Raum für das Wesentliche und minimieren die kurzfristigen Eingriffe zur Behebung der personellen Probleme.»
Digital Nudging – Werden wir zu Marionetten der Digitalisierung?
September 2018
Sophie Eisl, B.A. HSG Business Administration
Mit Internet und Google haben wir Zugriff auf Millionen von Webseiten. Die schnelle und einfache Verfügbarkeit von Information macht das Leben leichter, das Business schneller und bringt unseren Kopf zum Rauchen. Wo früher die Informationsbeschaffung im Zentrum stand, sind wir heute mit dem Filtern der Informationsflut gefordert. Das macht uns manipulierbar. Digital Nudging profitiert von dieser Situation.
Zum ersten Mal hat man den Begriff des Nudging im Zusammenhang mit dem Wahlkampf von Barack Obama im Jahr 2012 in den Medien gelesen. Durch einfache Befragungen der Bürger hat das Kampagnenbüro von Obama evaluiert, welche Themen Obama unbeliebt machen und sich dann auf die beliebten Themen fokussiert.
Nudges sind sanfte Stupser, die das Verhalten von Menschen sowohl offline als auch online beeinflussen sollen. Diese Stupser geschehen, ohne einen Zwang auszuüben oder Befehle und Verbote auszusprechen. Gute Nudges sind so entworfen, dass die volle Entscheidungsfreiheit gewahrt bleibt und sie vom Konsumenten ohne grossen Aufwand umgangen werden können. Nudges funktionieren, weil Menschen tagtäglich irrationale und systematische Fehler in ihren Entscheidungen machen. Nachstehend ein Beispiel zur Illustration.
Entscheiden Sie sich intuitiv für eine Antwort:
Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen CHF 1.10. Wenn der Schläger einen Franken mehr kostet als der Ball, wie viel kostet dann der Ball? (1)
Diese einfache Rechnung wird von den meisten Befragten falsch beantwortet. Warum? Weil die Befragten nach dem falschen mentalen System entschieden haben. Bei Entscheidungen wählen wir nämlich unbewusst zwischen zwei mentalen Systemen. Zum einem entscheiden wir im Alltag intuitiv und impulsiv ohne gross nachzudenken, was – wie im obigen Beispiel – zu Fehlern führen kann, zum anderen denken und handeln wir bei komplexen Entscheidungen rational und langsam. Das erste Phänomen der intuitiven und impulsiven Alltagsentscheidungen macht sich Nudging zunutze. So vertraut zum Beispiel die Werbung (offline und online) darauf, dass Menschen von emotionalen und sozialen Präferenzen getrieben sind und unsere Entschlussfreudigkeit und die zur Verfügung stehende Zeit einen grossen Effekt auf unsere täglichen Entscheidungen haben.
Digital Nudging ist die Beeinflussung der Nutzer im digitalen Kontext. Durch die Veränderung von User-Interface-Elementen soll der Nutzer im digitalen Entscheidungsumfeld in die gewünschte Richtung geleitet werden. Schon durch das Hinzufügen einer ablaufenden Sanduhr im Rahmen eines digitalen Kaufprozesses wird der Konsument dazu verleitet, den Kauf schnellstmöglich abzuschliessen und auf keinen Fall den Prozess abzubrechen, denn die Angst ist zu gross, dass der vermeintlich gute Deal nicht mehr angeboten werden könnte. Dies machen sich verschiedene Online-Anbieter, aber auch Politiker zunutze.
Digital Nudging im Alltag
Der wohl alltäglichste Digital Nudge ist der kleine rote Kreis mit weisser Nummer, der erscheint, sobald eine neue Nachricht auf dem Smartphone eingeht oder ein Update für eine App bereitsteht. Der kleine rote Punkt, in der rechten oberen Ecke des Icons, verleitet intuitiv zum Öffnen der App. Ohne darüber nachzudenken, ob man die Informationen überhaupt abrufen möchte klickt man darauf. Einfach so und ohne nachzudenken. Wir alle kennen das.
Ein möglicherweise weniger bekannter Digital Nudge ist hingegen die sogenannte Default-Einstellung, die auf unzähligen Internetseiten eingesetzt wird. Dies bedeutet, dass bei Produktkäufen oder Abonnementabschlüssen gewisse Optionen vordefiniert sind. Beispielsweise ist die Option, einen Newsletter zu erhalten, meist standardmässig aktiviert. Nur, wenn der Konsument dieses Kästchen bewusst deaktiviert, erhält er keinen Newsletter. Dieser klassische Digital Nudge wird von Konsumenten meist erst nach dem Kaufabschluss erkannt und als störend und manipulativ wahrgenommen. Unternehmen hingegen versprechen sich davon, auf einfachste Weise mit ihren Kunden in Kontakt zu bleiben und sie per E-Mail zu weiteren Käufen zu motivieren.
Auch Online-Hotelbuchungssysteme wie Booking.com beherrschen Digital Nudging in all seinen Facetten. Meldungen in roter Schrift «Sehr gefragt! In den letzten 24 Stunden 158-mal gebucht» und Aufrufe wie «Heutiges Schnäppchen» versuchen, den Nutzer zum sofortigen Kauf zu verleiten. Es wird ein Gefühl der Eile vermittelt. Zudem signalisieren rot durchgestrichene Preise und Prozentzeichen «besonders günstige Angebote».
Fazit
Digital Nudging beeinflusst unsere (Kauf-)Entscheidungen, ohne dass wir es merken. Nudging kann nicht nur für Unternehmen und Politiker Vorteile bringen, es kann auch uns Konsumenten helfen, uns in der täglichen Informationsflut zurechtzufinden. Vor allem, wenn wir uns bewusst sind, wie wir von verschiedenen Seiten «gestupst» werden, können wir achtsamer entscheiden. Für uns ist es somit von enormer Wichtigkeit, sich des möglichen Missbrauchs bewusst zu sein und im digitalen Raum aufmerksam zu handeln.
Achten Sie also bei Ihrem nächsten Online-Kauf oder Besuch einer Online-Plattform bewusst auf Elemente, die Ihre Entscheidungen beeinflussen könnten. Sie werden schnell merken, dass Sie mit Nudging-Versuchen überflutet werden.
Und wer weiss: Vielleicht können Sie durch das neue Bewusstsein Nudges sogar für sich selber gewinnbringend nutzen?
________
(1) Lösung: 5 Rappen (intuitive Antwort: 10 Rappen)
«Digital Nudging beeinflusst unsere (Kauf-)Entscheidungen, ohne dass wir es merken.»
Digitale Superstars – Die Dominanz und ihre Folgen
September 2018
David Lämmler, Dipl. Ing. FH
Alexander von Humboldt, einer der grössten Entdecker und Naturforscher des 19. Jahrhunderts, kam zum Schluss, man müsse die Erscheinung der Dinge in ihrem Zusammenhang sehen, um alles Geschaffene im Himmel und auf der Erde zu verstehen. Das gelingt uns heute eher selten. Die Gesellschaft verliert sich oft in der Kurzfristigkeit des Augenblicks und in der Seligkeit von Traumwelten. Sie nutzt die Bequemlichkeit digitaler Hilfsmittel mit der Illusion von Freiheit und Selbstverantwortung. Eine Illusion, die von den digitalen Superstars aufgebaut und in Form einer Hollywood-Show perfekt vermarktet wird, wie wir es von den inszenierten Produktlancierungen von Apple kennen. Einige Beispiele:
Der Hardware-Superstar
Jeder kennt Intel, den weltweit erfolgreichen Hersteller von Mikroprozessoren. Ein solides Unternehmen, das mit einem Marktanteil von 80 % weltweit führend in der Halbleiter-Technologie und Entwicklung ist. Namhafte Computer-Hersteller, die Mikroprozessoren benötigen, sind auf Intel angewiesen und müssen sich der Markt- und Technologiemacht dieses Unternehmens beugen.
Warum ist dieser Superstar – stellvertretend für andere Superstars – so erfolgreich? Die immensen Kosten für die Entwicklung und die Produktions-Infrastruktur können sich nur Firmen leisten, die über genügend Kapital verfügen. Kapital, das weiteren Umsatz und Gewinn für die Investition in noch komplexere Produkte und Produktionsmethoden generiert. Daraus ergibt sich ein wirtschaftlicher und technologischer Selbstläufer, der Mitbewerber in diesem Segment chancenlos lässt.
Der Betriebssystem-Superstar
Jedes digitale Gerät benötigt ein Betriebssystem. Wer im Bereich der Clients dominiert, ist unbestritten: Mit über 75 % Marktanteil schafft Microsoft ein Quasi-Monopol. Apple- oder Linux-Clients sowie einige No-Names teilen sich den verbleibenden Anteil. Die Dominanz basiert auf einem seit Langem auf dem Markt etablierten System, das kontinuierlich weiterentwickelt und konsequent vermarktet wird.
Die unangenehmen Folgen: Microsoft diktiert den Markt und gibt den Takt von neuen Produkten vor. Das spüren weltweit viele IT-Abteilungen betroffener Unternehmen: Sie beugen sich dem Microsoft-Diktat, investieren viele unproduktive Stunden in fehlerbehaftete Updates und müssen hilflos einen überforderten Microsoft-Support akzeptieren. Microsoft ist ein perfektes Beispiel für die Dominanz eines Superstars und die Ohnmacht der Benutzer: Nimm es oder lass es.
Die Dienstleistungs-Superstars
Die nicht vollzählige Auflistung von Dienstleistungs-Superstars wie Apple oder Google und in der asiatischen Welt Tencent oder Baidu ist ein weiteres Beispiel. Die Dienstleistungen in Form von Informationen, Angeboten und Technologie-Unterstützung sind beinahe unbeschränkt. Sie dringen in jeden Bereich von Staaten, Gesellschaften und Kulturen ein und beeinflussen damit weltweit die Menschen in ihrem Denken und Handeln. Die konsumierten Informationen und die daraus resultierenden Entscheidungen werden zunehmend von Algorithmen und Plattformen bestimmt, die unter der Kontrolle nicht rechenschaftspflichtiger Unternehmen oder staatlicher Organe stehen. Ein eindrückliches Beispiel sind die digitalen Reise- und Hotel-Angebote: Einmal unterwegs, werden die Vorlieben und Interessen akribisch analysiert und täglich in Form neuer Reiseziele und -Routen offeriert. Mit VIP-Vorteilen und angeblichen Rabatten ergänzt, steuern die Anbieter damit die Konsumenten über die digitale Welt zum realen Geldausgeben und Erleben. Wer dies erlaubt, ist selber schuld – oder grenzenlos naiv.
Die Superstars – und ebenso die staatliche Überwachung – schüren berechtigte Ängste. Ängste, die im täglichen Leben der Bequemlichkeit oder den Gesetzes-Vorschriften geopfert werden. Beinahe ohnmächtig beugt sich der Konsument den Diktaten dieser Superstars und gibt persönliche Daten frei – wenn auch mit einem latenten Unwohlsein. Er akzeptiert unbesehen kleingedruckte, komplizierte Vertragsbedingungen zur Nutzung der Dienstleistungs-Angebote. Ganz nach dem Motto «da kann ich eh nichts ändern». Aber dem ist nicht so: Konsumenten können Alternativen prüfen oder zumindest in Teilen auf den digitalen Luxus verzichten, ob temporär im Digital-Detox-Urlaub oder dauernd mit dem Löschen ihres Facebook-Kontos.
Mit dem stillen Einverständnis der Konsumenten werden die digitalen Superstars den fairen Wettbewerb weitgehend nach ihren Modellen gestalten und fast ungebremst weiterwachsen.
Sie führen die Gesellschaft am digitalen Gängelband durchs Leben, subtil und erfolgreich. Halten wir die Augen offen!
«Die digital Superstars – und ebenso die staatliche Überwachung – schüren berechtigte Ängste, die im täglichen Leben der Bequemlichkeit oder den Gesetzes-Vorschriften geopfert werden.»
Schon neugierig?
September 2018
Roman P. Büchler, Master of Business Management ZfU
Alle Welt schreit nach Innovation, Disruption und «sich neu erfinden». Viele Experten sind sich inzwischen einig: So weitermachen wie bisher, hilft nicht bei der vierten industriellen Revolution. Es braucht nun einen Quantensprung in der Organisationsentwicklung. Wo aber beginnen? Unser Vorschlag: Neugier wecken.
Prognosen zeigen: Der zunehmende Wettbewerbsdruck wirkt sich negativ auf den Lebenszyklus von Organisationen aus. Dabei hilft es nicht, auf Fragen von morgen Antworten von gestern zu geben. Es braucht ein neues Gedankengut. Ein Gedankengut, das Väter und Mütter längst kennen: Neugier. Die natürliche Neugier von Kindern zu wecken und gedeihen zu lassen, ist ein wesentliches Element in der Erziehung. Damit dies gelingt, müssen gewisse Voraussetzungen im Umgang mit dem Nachwuchs erfüllt sein. Und genauso braucht es im Unternehmen fünf Grundvoraussetzungen, damit Neugier gedeihen kann:
- Zuhören: Fördern und fordern Sie Neugier durch Aufmerksamkeit.
- Autonomie gewähren: Gestehen Sie den Mitarbeitenden Freiräume für ihr Wirken ein.
- Kompetenz fördern: Schaffen Sie ein lernendes Unternehmen und lassen Sie die Menschen hierarchieungebunden interagieren.
- Bezug schaffen: Zeigen Sie den Mehrwert des Einzelnen für das grosse Ganze und schaffen Sie diesbezüglich positive Gefühle.
- Anreize geben: Belohnen Sie Neugierde richtig.
Die fünf Grundvoraussetzungen
Zuhören ist hohe Schule. Viele Führungskräfte hören sich lieber selber reden, als den Mitarbeitenden zuzuhören. Hier beginnt die kulturelle Veränderung. «Management by wandering around» bedeutet, aus der Teppichetage in den Betrieb zu gehen. Schauen Sie sich an, womit die Mitarbeitenden sich tagtäglich beschäftigen. Fragen Sie nach deren Tagesärger und was die Organisation ihrer Meinung nach dagegen tun soll. Fragen Sie insbesondere nach Kundenrückmeldungen oder Kundenanliegen, die an die Mitarbeitenden herangetragen werden.
Gewähren Sie viel Autonomie beim Entwickeln und Umsetzen von Ideen. Gute Mitarbeitende brauchen Raum, damit sie sich entfalten können. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Mitarbeitende Dienst nach Vorschrift in der Organisation verrichten, zu Hause in der Garage oder im Bastelraum aber an einem innovativen neuen Konzept für ihr Hobby tüfteln? Kompetenzen sind in dem Fall offenbar vorhanden, sie können aber durch gezielte Aus- und Weiterbildung noch besser genutzt werden. Schaffen Sie einen Bezug zu einem gemeinsamen grösseren Ganzen. Zeigen Sie den Mehrwert auf, den jede/r Mitarbeitende tagtäglich zur Weiterentwicklung der Organisation beiträgt. Das motiviert. Mitarbeitende tragen diesen Spirit sofort nach innen und, viel wichtiger noch, nach aussen. Sie sind stolz auf ihre Leistungen und die Möglichkeiten, die ihnen die Organisation bietet. Glauben Sie, dies spürt der Kunde? Auf jeden Fall.
Wenn Sie diese Punkte beherzigen, brauchen Sie kaum mehr ein Anreizsystem. Wenn Sie aber dennoch Anreize schaffen wollen, dann Anreize in die folgende Richtung:
- Erweiterung der persönlichen Autonomie und der Verantwortungsbereiche
- Mitarbeit bei oder Führung von zukunftsweisenden Projekten
- Möglichkeiten, neue Mitarbeitende einzuführen oder zu entwickeln
Danach brauchen Sie nur noch eine Zutat für eine zukunftsfähige Organisation: Neugier.
Neugierige Mitarbeitende
Die aufgeführten Punkte sind eine Grundvoraussetzung für eine neue Unternehmenskultur. Sie alleine reichen aber nicht. Es braucht auch Mitarbeitende, die Fragen stellen wie:
- Warum wird das so gemacht?
- Wie funktioniert etwas, wieso funktioniert etwas nicht?
- Wo kommt es her?
- Wer hat es erfunden?
- Können wir das nicht anders tun?
- Was haben wir schon probiert?
In der Regel sind diese Menschen in der Organisation bekannt. Sie hinterfragen alles und ernten immer wieder Raunen oder sogar Missgunst aus dem Publikum. Doch Neugier ist, richtig eingesetzt, konstruktiv, nicht destruktiv. Es müssen deshalb Arbeitsumgebungen geschaffen werden, die Lust auf Neugier machen. Führungskräfte müssen eine positive Fehlerkultur zulassen und ein autonomes Umfeld schaffen. Das hilft, Mitarbeitende zur Neugier zu animieren. Der Neophobie, also der «Angst vor Neuem», muss mit guten Beispielen entgegengewirkt werden. Erst dann ist die Organisation bereit für den nötigen Quantensprung in der vierten industriellen Revolution.
Konklusion
Neugier hilft, einer Organisation die nötige Aufmerksamkeit zurückzugeben. Die Organisation wird dadurch achtsamer und erkennt Chancen, bevor sie an ihr vorbeigezogen sind. Neugierige und achtsame Mitarbeitende halten aktiv Ausschau nach Möglichkeiten und Optionen für die eigene Organisation und für Kunden. Dies bedingt aber von den Führungspersonen mehr Autonomie für die Mitarbeitenden und die Möglichkeit zu konstantem Lernen und Wachsen. Was aber noch viel wichtiger ist: Mitarbeitende müssen erkennen, was ihr persönlicher Bezug zum grossen Ganzen ist. Das macht ihre Arbeit interessanter und sorgt nebenbei für mehr Zufriedenheit im Job. Denn, wie Galileo Galilei sagte: «Die Neugier steht an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will!».
«Mitarbeitende müssen erkennen, was ihr persönlicher Bezug zum grossen Ganzen ist.»
Size matters
September 2018
Anela Fivaz, B.A. Politik-, Verwaltungswissenschaften und Soziologie / Exec. MBA
Immer, wenn ein Unternehmen reorganisiert wird, wenn neue Organisationseinheiten gebildet oder bestehende Einheiten zusammengelegt werden, stellt sich die Frage nach den Strukturen. Die Grösse der Organisationseinheiten spielt dabei meist eine wesentliche Rolle: Wie viele Mitarbeiter kann eine Person direkt führen? Braucht es Unterstrukturen wie Team- oder Gruppenleitungen? Oft wird die Teamgrösse recht sorglos nach Erfahrungswerten oder Bauchgefühl festgelegt. Die Erfahrung mag ein guter Berater sein, aber genügt das?
Führungsspanne, Leitungsgrösse oder modern «span of control» bezeichnet das Grössenverhältnis zwischen Führungsperson und direkt unterstellten Mitarbeitern. Eine grosse Führungsspanne bedeutet also, dass einer Führungsperson sehr viele Mitarbeiter direkt unterstellt sind. Ist die Spanne zu gross, besteht die Gefahr, dass die Führungsperson ihre Mitarbeiter nicht mehr sach- und fachgerecht führen und steuern kann. Indikatoren für eine zu grosse Führungsspanne sind Produktivitätsverlust, Informationsdefizit, Mitarbeiterdemotivation, «Jeder-macht,-was-er-will-Mentalität» und manchmal sogar Konflikte unter den Mitarbeitern oder zwischen Führungsperson und Mitarbeiter.
Sollte man daher lieber auf kleine Teams und Gruppen setzen? Nein, denn auch eine zu kleine Führungsspanne kann sich mitunter negativ auf das Unternehmen auswirken. Zwar steigt tendenziell die Führungsqualität, weil jede Führungsperson sich nur um wenige Mitarbeiter kümmern muss. Allerdings braucht es dann deutlich mehr Führungspersonal – (zu) hohe Personalkosten und eine zu tiefe und damit träge Hierarchie sind die Folgen. Auch der Koordinationsaufwand im Unternehmen steigt mit der Anzahl der Beteiligten im Führungskreis. Und die Mitarbeiter sind oft unzufrieden, wenn die Führungsspanne zu klein ist: Sie fühlen sich zu sehr eingeengt, kontrolliert und in ihrer Entwicklung blockiert.
Fakt ist: Die Führungsspanne hat einen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens. Es ist daher wichtig, sich nicht nur auf sein Gefühl zu verlassen. Welches ist also das richtige Verhältnis zwischen Führungsperson und der Anzahl ihr unterstellter Mitarbeiter?
In der Literatur werden verschiedene Leitungsspannen als Optimum angepriesen. Unsere Erfahrung weist in eine andere Richtung: Es gibt keine richtige oder falsche Zahl. Es ist etwas komplizierter. Deshalb haben wir ein praktisches Verfahren entwickelt, das die optimale Führungsspanne anhand weniger Fragen festlegt.
In der auf dem PDF ersichtlichen Tabelle 1 sind acht Führungsbedingungen mit jeweils fünf Ausprägungen dargestellt. Definiert man für eine bestimmte Führungsaufgabe die entsprechende Kombination, ergibt sich eine Punktzahl.
Das Verfahren basiert auf der langjährigen Führungserfahrung unserer Berater. Verschiedene in der Praxis durchgeführte Bemessungen der Führungsspanne und Weiterentwicklungen der Organisation bestätigen die Gültigkeit des Modells. Es ist einfach und schnell durchzuführen und aufgrund der Transparenz für alle Beteiligten nachvollziehbar.
Und wie sehen die Leitungsspannen in Ihrem Unternehmen aus?
«Die Führungsspanne hat einen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens. Es ist daher wichtig, sich nicht nur auf sein Gefühl zu verlassen.»
Ständiges Wachstum – zu viel des Guten?
September 2018
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH / MAS Coaching
Unsere Vorstellung von ständigem Wachstum – einem «Immer-mehr-vom-Gleichen» – in der Gesellschaft kann ungesund sein.
Konfrontiert mit Krisen unterschiedlicher Art, kennen Firmen und Regierungen vielfach nur ein Heilmittel: das ständige Wachstum. Dieses Erfolgsgeheimnis des «Immer-mehr-vom-Gleichen» soll uns von allen Problemen befreien. Um Schulden abzubauen, um auf die Erfolgsstrasse zurückzukehren, um Arbeitslosigkeit oder Deflation zu bekämpfen: Wachstum, lautet das Zauberwort.
In der Natur, genauer bei Pflanzen, werden die Auswüchse eines ständig wachsenden Systems als Geiztriebe bezeichnet. Wächst eine Pflanze ständig, ohne die Wachstumskräfte in die Samenreife zu konzentrieren, entstehen reine Wachstumstriebe bis zu Geschwülsten. Diese Wachstumstriebe oder Geschwülste sind für die Vermehrung und Weiterentwicklung der Pflanze vielfach wertlos und können im nächsten Jahr sogar die Fruchttriebe verhindern, sodass die ganze Pflanze verkümmert. Sie wird wertlos – abgesehen von ihrer Verrottung als Basis für neuen Dünger.
In der Natur ist die Diagnose des einseitigen und ständigen Wachstums schnell und einfach zu stellen – es ist von aussen an jeder Pflanze sichtbar. In unserer Gesellschaft sind wir jedoch als Teil eines Ganzen im allgegenwärtigen Wachstum eingebunden; diese Innensicht erschwert die Diagnose. Das Credo des «Immer-mehr» ist heute weitgehend gefestigt. Ein kritisches Ausbrechen und Betrachten von aussen gilt häufig als realitätsfremd. Ist aber nicht die Verkennung der Naturgesetze realitätsfremd?
In der Natur werden reine Wachstumstriebe oder Geschwülste einer Pflanze dem Verrottungsprozess zugeführt. Durch diese Verrottung werden sie einerseits zersetzt und unterstützen damit als fruchtbare Bestandteile mit anderen Stoffen in Form von Humus das Wachstum in einem natürlichen Kreislauf. Andererseits schafft die Verrottung an der Pflanze Raum für Fruchttriebe. Dieser einfache Kreislauf von Wachstum, Fruchtbildung und Verrottung ist ein Naturgesetz. Jegliches einseitige Ausrichten oder Verharren in einer Phase dieses Kreislaufes führt zu Unfruchtbarkeit. Leben basiert auf den Naturgesetzen und bedeutet, mit diesem Kreislauf in Einklang zu sein und diesen Kreislauf zuzulassen. In der Natur folgen sich die Phasen des Wachstums, der Fruchtbildung und der Degeneration resp. des natürlichen Verrottungsprozesses. Übertragen wir den «Verrottungsprozess» in den Kreislauf von Politik oder Wirtschaft, brauchen wir einen Paradigmenwechsel. Dieser beinhaltet, den konstruktiven Verrottungsprozess als wesentlichen Teil jeden Handelns anzuerkennen und ihm nicht mit der Forderung nach Wachstum um jeden Preis zu begegnen.
Dieses Naturgesetz auf Firmen und Körperschaften angewandt bedeutet: Die Therapie gegen einseitiges Wachstum fängt mit der Situationsanalyse an.
Ein untrügliches Zeichen für die Notwendigkeit einer solchen Analyse in einem Unternehmen ist beispielsweise eine hohe Regelungsdichte. Ein weiteres Indiz sind komplexe und kaum durchschaubare Strukturen. Beide Situationen sind häufige Erscheinungsbilder in der Politik und in privaten Unternehmen. Der Paradigmenwechsel liegt nun darin, die Degeneration bewusst zu fördern, zu steuern und somit Raum und fruchtbaren Boden für erneutes Gedeihen und Fruchtbildung zu schaffen. Konkret bedeutet dies: Eine jährliche Struktur- und Aufgabenüberprüfung mit einer konsequenten Ausrichtung auf Vereinfachung und qualitative Mehrwerte kommen einem natürlichen Kreislauf sehr nahe.
Das «Immer-mehr» sollte ersetzt werden durch das «Nachhaltige», «Notwendige» und «Qualitative», das gebraucht wird, um ein vom Bewusstsein geleitetes, menschenwürdiges Leben zu führen. Zudem sollte Wachstum als Teil eines Kreislaufes angesehen werden. Wachstum ist auf die Fruchtbildung ausgerichtet, und auf Wachstum folgt ganz natürlich die Degeneration. Diese Degeneration schafft Raum für neues Wachstum und neue Fruchtbildung.
Das Ziel sollte die Entfaltung der menschlichen Möglichkeiten im Geschäftsleben und in der Gesellschaft im natürlichen Kreislauf sein – also ein qualitativer Wert der guten Fruchtbildung und des Erfolgs.
Die Rede ist also von Wachstum als einer zentralen Phase in einer Abfolge mit anderen Phasen in einem Kreislauf. Nur ein solches Wachstum ist gedeihlich, nachhaltig und langfristig gewinnbringend.
«Wachstum sollte als Teil eines Kreislaufes angesehen werden.»
Systemisch – Bestehen in einer dynamischen Umwelt
September 2018
Luca Rechsteiner, B.Sc. FHO Business Administration
In einer Welt, die von Unbeständig- und Mehrdeutigkeit geprägt ist, sind Problemlösungsansätze gefragt, die so robust wie möglich gegenüber ungenauen, unvollständigen oder gar falschen Annahmen sind. Aus der Vielzahl von bekannten Methoden erfüllt die systemische Methode diese Anforderung wohl am besten.
Der Begriff «systemisch» hat seinen Ursprung in der angewandten Sozialforschung und in der neueren Systemtheorie. Die angewandte Sozialforschung geht der Frage nach, wie stark komplexe soziale Systeme, die nicht durchschaubar sind, gezielt beeinflusst werden können. Während die neuere Systemtheorie versucht, durch das Einnehmen verschiedener Perspektiven einen Zugang zu organisierter Komplexität zu finden. In der Anwendung versucht der systemische Ansatz, eine Ausgangslage oder Herausforderung als Ganzes zu betrachten und sich nicht im Detail zu verrennen. Das heisst: Man sucht den Blick aufs grosse Ganze, immer im Bewusstsein, dass alles beweglich und im Fluss ist. Dies bedarf klarer Ziele, die aber nicht zu starr ausdifferenziert sein dürfen, und einer gewissen Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Unschärfe, die Spielraum für kurzfristige Anpassungen zulässt.
Dieser Blick auf das Ganze hilft Organisationen also, mit den aktuellen Herausforderungen umzugehen. Zu diesen Herausforderungen gehört vor allem die Umwelt, die von Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägt ist. Im systemischen Management spricht man von der sogenannten VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity). Das VUCA-Modell versucht, die ganze Umwelt in ein Raster zu bringen und auf diese Weise den Rahmen zu definieren, in dem heutige Führungskräfte Entscheidungen treffen müssen.
Beim systemischen Ansatz geht man davon aus, dass das zur Problemlösung benötigte Know-how bereits in einer Organisation vorhanden ist. Deshalb treten systemische Berater beispielsweise nicht als inhaltliche Fachexperten auf, sondern als Moderatoren und Sparringpartner. Diese Herangehensweise unterscheidet sich stark von anderen Beratungen, die versuchen, auf alle Fragen eine Antwort parat zu haben. Auch die Art, wie mit betriebswirtschaftlichen Modellen gearbeitet wird, unterscheidet sich beim systemischen Ansatz vom herkömmlichen Ansatz. Die seit vielen Jahren verwendeten betriebswirtschaftlichen Modelle kommen zwar beim systemischen Ansatz zur Anwendung, doch mit dem entscheidenden Unterschied, dass sie nicht als normativ angesehen werden. Viele dieser betriebswirtschaftlichen Modelle setzen nämlich eine stabile Umwelt voraus (Ceteri-Paribus-Klausel), was in der VUCA-Welt, in der wir leben, meist nicht gegeben ist.
Am Beispiel eines Managers, der mit dem systemischen Ansatz arbeitet, kann die Vorgehensweise erklärt werden. Dieser Manager geht den Herausforderungen durch geschaffene Kommunikationsräume, wie wöchentliche Meetings oder strategische Auszeiten, auf den Grund und sucht im Dialog mit der ganzen Belegschaft nach einer Lösung. Der Dialog mit den involvierten Personen trägt dazu bei, ein umfassendes Bild der aktuellen Fragestellung oder Herausforderung zu erarbeiten.
Der systemische Ansatz hilft Organisationen, in der VUCA-Welt zu bestehen. Die etwas andere Herangehensweise befähigt eine Organisation, ihre Herausforderungen selbst zu bewältigen, ohne sich im Detail zu verrennen. Dies führt zu Ergebnissen, die exakt auf die Fragestellung dieser entsprechenden Organisation zugeschnitten sind. Organisationen können vom Einsatz des systemischen Ansatzes erwarten, dass sich Probleme gesamthaft erfassen und gemeinsam lösen lassen. Das Einnehmen verschiedener Perspektiven hilft einer Organisation, mit der immer komplexeren Umwelt umzugehen.
Der seit vielen Jahren angewendete «herkömmliche» Problemlösungsansatz hat durchaus seine Daseinsberechtigung. Schliesslich arbeiten Organisationen seit jeher erfolgreich. Der systemische Ansatz wird jedoch zunehmend wichtig. Internet und Digitalisierung haben die Welt verändert. Das Business ist schneller geworden, VUCA ist allgegenwärtig. Der Umgang mit den bestehenden betriebswirtschaftlichen Modellen und der Einsatz von systemischen Fragen durch den auf Augenhöhe agierenden Berater legen neue Erkenntnisse offen. Der systemische Ansatz bringt für Beratung und Management einen mächtigen Werkzeugkasten – und robustere, schnellere Lösungen.
«Der systemische Ansatz bringt für Beratung und Management einen mächtigen Werkzeugkasten.»
Telekom-Trends von denen man spricht. Oder doch nicht?
September 2018
Iwan Schnyder, Dipl. El.-Ing. ETH / MAS FHO BAE
Digitalisierung, ITaaS, IoT, M2M und Industrie 4.0 – dies sind die Megatrends, die heutzutage in aller Munde sind. Doch es gibt einen mindestens ebenso wichtigen Trend, von dem noch niemand spricht.
Als am 9. Januar 2007 im Silicon Valley das erste iPhone von Apple CEO Steve Jobs vorgestellt wurde, war es nicht das erste Mobiltelefon mit der Möglichkeit, im Internet zu surfen und E-Mails zu bearbeiten. Es war aber das erste Gerät mit einem vollflächigen intuitiven Touch-Display, das die neue Apple-Philosophie der verschiedenen Apps erst ermöglichte.
Heute, lediglich zehn Jahre später, verfügen alle Smartphones und Tablets über die von Apple innovierte Philosophie der grossflächigen Bildschirme und der Applikationen aus App-Stores – und die mobilen Geräte sind nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. Es wird nicht mehr nur telefoniert, sondern mittels einer riesigen Zahl von Applikationen kommuniziert, Geschäfte abgewickelt oder gar das eigene Haus oder Auto gesteuert. Jedes Unternehmen braucht eine App. Jedes Produkt braucht eine App. Gefragt sind mobile Interaktion und Geschäftsabwicklung rund um die Uhr.
Dies hat grosse Veränderungen im Geschäft und in der Gesellschaft bewirkt. Die immerwährende Verfügbarkeit der mobilen Kommunikation und des Internets hat zur fortschreitenden Digitalisierung und Virtualisierung geführt. Selbst die zwischenmenschlicheKommunikation hat sich hin zu virtuellen Diensten wie Facebook, WhatsApp, Twitter, Instagram oder Snapchat verlagert. In diesem Zuge sind verschiedene Megatrends allgegenwärtig.
Digitalisierung
Von der angelaufenen Digitalisierung versprechen sich Unternehmen und ebenso die öffentliche Hand nicht nur erhebliche Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen, sondern auch neue Funktionalitäten und Möglichkeiten. Darüber hinaus wird die Digitalisierung zu tiefgreifenden Veränderungen führen. So sagte beispielsweise Sergio Ermotti, der CEO der UBS, in einem Interview mit «Bloomberg Markets», dass er in den kommenden zehn Jahren mit einer Streichung von 30 % aller Arbeitsplätze bei der UBS rechnet. Gleiches wird wohl auch in vielen anderen Branchen eintreffen.
Cloud-Services
IT-as-a-Service (ITaaS) beinhaltet die Nutzung von Cloud-Diensten zur Auslagerung von Programmen, Daten und sogar Rechenleistung in externe, im In- und Ausland gelegene Rechenzentren. Das erlaubt, eine komplette IT-Umgebung (für einzelne Personen oder ganze Organisationen) als Dienstleistung zu beziehen und damit die eigenen Kosten zu senken. Die grossen Internetunternehmen machen uns das schon seit Jahren vor: Riesige Rechenzentren, verteilt über die Erde, erbringen die Leistungen jeden Tag.
IoT und M2M
Internet-of-Things (IoT) verfolgt das Ziel, automatisch Informationen aus der realen Welt zu erfassen, miteinander zu verknüpfen und in einem Netzwerk verfügbar zu machen. So meldet beispielsweise die Milchpackung dem Kühlschrank, dass das Haltbarkeitsdatum überschritten ist; der Kühlschrank meldet dies an die mobile App weiter, mit welcher der Hausherr seine nächsten Einkäufe tätigen wird. Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) will mittels automatisiertem Informationsaustausch zwischen Systemen und Teilsystemen wie Produktionsmaschinen, Fahrzeugen oder auch Lagerbehältern – sowohl untereinander als auch mit einer zentralen Stelle – die Effizienz und Flexibilität in der Produktion signifikant erhöhen. In Kombination mit der Digitalisierung entsteht daraus die «Industrie 4.0», die nächste industrielle Revolution.
Der vergessene Megatrend
Bei all diesen rosigen und vielversprechenden Zukunftsaussichten geht jedoch etwas vergessen: Diese Megatrends lassen die Telekommunikation und die zugrundeliegenden Telekommunikationsnetzwerke immer mehr zu einem kritischen Gut unserer Gesellschaft und Geschäftswelt werden.
Ein Gut mit einer mittlerweile vergleichbar hohen Kritikalität wie Nahrungsmittel, Strom und Wasser.
Dass so etwas Wichtiges wie die Kommunikation vergessen geht, erstaunt sehr, ist aber nicht neu, wie das VBS bereits vor einigen Jahren bei der Einführung des Führungsinformationssystems Heer (FIS HE) schmerzlich erfahren musste. So zieht Oberst Michael Kientsch in seinem Fachartikel «Das Führungsinformationssystem Heer (FIS HE) im Einsatz, aus Sicht der Miliz» folgendes Fazit: «… Es wurde eine gut funktionierende und zweckmässige Soft- und Hardware beschafft. Allerdings wurde bei der Planung und Beschaffung von FIS HE der Einfluss der Telekommunikation falsch beurteilt, respektive nicht zeitgerecht eine adäquate Lösung umgesetzt…».
Ursachen oder: Sind 99 % genug?
Es gibt heute kaum Telekomanbieter, die mittels Service Level Agreement ihren Kunden eine Verfügbarkeit der Telekommunikationsdienste garantieren. Vielmehr versteht man heute landläufig unter Verfügbarkeit, dass ein bestimmter Telekomservice überhaupt verfügbar ist. Lassen wir die Zahlen sprechen:
Eine Verfügbarkeit von 99 % gilt heute als grundlegend und normal, zumindest bei qualitativ hochwertigen ICT-Geräten und Diensten. 99 % bedeutet:
Ein Dienst darf nur während 1 % seiner Betriebszeit ausfallen. Für ein System, das 24 Stunden am Tag, an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung stehen muss, bedeutet eine Verfügbarkeit von 99 % also, dass es während 1 % des Jahres ausfallen darf. Das sind indessen immerhin jährlich 87,6 Stunden oder beinahe vier Tage. Vier Tage ohne Handy? Und bei einer sogenannten Hochverfügbarkeit von 99,9 % sprechen wir immer noch von einem maximalen Ausfall von 8,76 Stunden pro Jahr, also im schlimmsten Fall einem ganzen Arbeitstag!
Für den Umgang mit diesem Problem existieren heute drei Möglichkeiten:
1 Erhöhte Verfügbarkeit
Mobil- und Festnetze müssen künftig nicht nur aufgrund von verfügbaren Datenraten und den damit verbundenen Kosten bewertet werden. Es kommen neue Anforderungen an eine stetige Verfügbarkeit und Qualität hinzu; Kunden werden sehr gerne bereit sein, dafür mehr zu bezahlen. Einige Telekomprovider haben dies bereits erkannt: Olaf Swantee, der CEO von Sunrise, spricht denn auch vom Ziel eines «Defect Free Network».
2 Redundanzen
Der Einsatz von verschiedenen redundanten Telekomdiensten – beispielsweise eine aufeinander abgestimmte Kombination von Fest- und Mobilfunkanbindungen – erlaubt, den Ausfall eines Systems mit einem zweiten System aufzufangen oder zumindest abzumildern. Mit dieser Methodik arbeitet die Flugzeugindustrie schon seit Langem: Nur damit war es möglich, die Anzahl Flugzeugabstürze auf ein absolutes und akzeptables Minimum zu reduzieren.
3 Resilienzen
Die Geschäftsprozesse können derart ausgestaltet werden, dass sie resilient, also widerstandsfähig, gegen Ausfälle sind. Einzelne Schlüsselprozesse und Prozessschritte können so entworfen sein, dass sie auch bei einem Ausfall der Telekommunikation noch funktionieren, wenn auch mit gewissen Einschränkungen in der Performanz. So verfügen zum Beispiel Spitäler immer noch über zusätzliche auf Papier gedruckte Listen für die Medikamentenabgabe an die Patienten, sodass auch bei einem Kommunikations- oder Systemausfall eine korrekte Medikation sichergestellt ist.
Fazit
Mit den erwähnten Megatrends steht ein bunter Strauss an neuen Möglichkeiten und Chancen zur Verfügung, um Geschäftsmodelle neu und Prozesse effizienter und effektiver zu gestalten. Die dadurch zunehmende Abhängigkeit von der Telekommunikation und das damit verbundene Risiko bei deren Ausfall können jedoch mittlerweile zur substanziellen Bedrohung für eine Organisation werden.
Dagegen gibt es drei Mittel:
- Erhöhung der Verfügbarkeit der Kommunikationsdienste
- Schaffung von Redundanzen
- Schaffung von resilienten Prozessen
Mit der geeigneten Kombination dieser drei Mittel lassen sich wirkungsvolle und gleichzeitig bezahlbare unternehmensspezifische Lösungen schaffen.
«Die immerwährende Verfügbarkeit der mobilen Kommunikation und des Internets hat zur fortschreitenden Digitalisierung und Virtualisierung geführt.»
Schatten-IT als Chance zur Optimierung
März 2018
Mathias Hügi, EMBA FH IT Management
Schatten-IT entsteht immer dann, wenn IT-Ressourcen benutzt werden, welche von der IT-Abteilung nicht offiziell genehmigt wurden. Der wachsende Einsatz von Cloud-Technologien gibt der Thematik wieder starken Aufwind. Gründe für den Einsatz von entsprechenden Schatten-Komponenten sind unter anderem einer zu starren und zu langsam reagierenden IT-Abteilung zuzuweisen und zu restriktiven Sicherheitsmassnahme zuzuführen.
Die IT-Abteilung muss flexibel und agil sein. Trotzdem ist Stabilität und Sicherheit gefordert. Dieses Dilemma lässt sich mit den aktuellen Führungsformen von manchen IT Abteilungen nur schwer vereinen. Cloud-Technologien sind ein Treiber dafür, dass die Mitarbeiter selber alternative Hilfsmittel evaluieren. Die Gefahren, die bei deren Benutzung lauern, werden meist nicht wahrgenommen. Die Mitarbeiter sind sich zudem nicht bewusst, dass Sie mit dem Einsatz dieser Hilfsmittel die Corporate Governance missachten. Zusätzlich leidet die Datensicherheit stark darunter. Besonders bei Cloud Technologien weiss man oft nicht, wo die Daten gespeichert werden. Nicht zu unterschätzen ist den dadurch entstehende Know-How Verlust in der IT-Abteilung. Die Schatten-Systeme sind oft fix in den Arbeitsschritten der Abteilungen eingebunden. Bei Releasewechseln und Patches kann dies zu erheblichen Problemen führen, da die Abhängigkeiten nicht bekannt sind. Schatten-IT ist dabei auch eine Chance zur Optimierung. Dass selbst gewählte Applikationen benutzt werden, weist auch auf ein mangelndes Requirement-Engineering hin. Der Bedarf nach solchen Funktionen ist vorhanden, wird aber vom IT-Management nicht ernst genommen. Der Einsatz einer alternativen Applikationsbenutzung entsteht auch dann, wenn implementierte Sicherheitsmechanismen zu restriktiv sind und den Arbeitsprozess der Mitarbeitenden behindern oder erschweren.
Schatten-IT bietet den Benutzern auch die Chance, Einfluss auf die Prozessgestaltung und die Ausgestaltung des eigenen Arbeitsplatzes zu nehmen. Solche Faktoren können Mitarbeiter zu Höchstleistungen antreiben und wirken Produktivitätssteigernd. Die Mitarbeiter suchen sich oft den für sie besten Weg zur Erreichung ihrer geschäftlichen Aufgaben.
Ein Unternehmen muss den Überblick haben, welche Systeme fern vom Wissen der IT eingesetzt werden. Bei der Ermittlung der Schatten-Instanzen spielen die organisatorischen Rahmenbedingungen eine erhebliche Rolle. Ein gewisser Reifegrad der Unternehmensarchitektur wird dabei vorausgesetzt. Das Management muss die Architektur kennen, insbesondere die Prozesse müssen bekannt und dokumentiert sein.
Die entsprechende Erhebung kann mit technischen Mitteln oder in Form eines Prozessreview im Verbindung mit Interviews erfolgen. Sind die Systeme bekannt und wurde eine Risikobewertung vorgenommen, muss die geeignete Präventions- oder Behandlungsmethode gewählt werden. Diese sollte im Zusammenspiel mit der Firmenpolitik im Einklang sein. Eine rein technische Restriktion als Risikovermeidung wird in den meisten Fällen langfristig nicht zum Ziel führen. Die Palette an alternativen Lösungsangeboten ist gross und wächst rasant. Die Mitarbeiter müssen sensibilisiert und in den Prozess miteinbezogen werden. Nur so bieten die Schatten-Landschaften eine Chance zur Optimierung.
«Ein Unternehmen muss den Überblick haben, welche Systeme fern vom Wissen der IT eingesetzt werden.»
BSG-Geschäftsbericht 2016
Juni 2017
BSG Unternehmensberatung AG, St.Gallen
Im Zeitalter vor Internet, Facebook und Snapchat war man bei der Arbeit, wenn man im Büro physisch anwesend war und nicht gerade schlief. Heute ist Da-sein schwieriger geworden: Man darf erwarten, dass jemand nicht nur physisch anwesend ist, sondern auch mit dem Kopf bei der Sache. Wobei: War das früher eher der Fall?
Kennen Sie das? Sie präsentieren in einem Gremium Ihre Arbeit und die Hälfte der Teilnehmer ist nicht da. Genauer: Sie sind zwar pünktlich zum Sitzungsbeginn erschienen und haben das Sitzungszimmer auch nicht vorzeitig verlassen, aber mit den Gedanken sind sie anderswo. Sie beantworten E-Mails, schreiben Messages auf WhatsApp oder shoppen bei Amazon.
Von der Arbeit
Juni 2017
Felix Lämmler, Dipl. El.-Ing. FH / Exec. MBA
Die Arbeit ist ein grandioser Nährboden für Leistung, Kreativität, Anerkennung, soziale Verbundenheit und Freude. In vielen Fällen prägt sie unsere Identität. Sie birgt auch einige Herausforderungen.
Bereits vor Jahrhunderten galt die Arbeit als Option („Macht euch die Erde untertan“) oder als strafende Verpflichtung („Im Schweisse deines Angesichts sollst du dein Brot essen“). In der jüdisch-christlichen Tradition wurde jeder geachtet, der einer Arbeit nachging, selbst wenn diese als minderwertig galt. Wer es sich im Römischen Reich leisten konnte, arbeitete nicht, sondern liess arbeiten. Lenin wiederum liess sich von Paulus inspirieren:
„Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“, was postum zur sozialistischen Maxime wurde: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.“ Während bis zur Neuzeit und darüber hinaus die Arbeit als handfestes Mittel „zum Mensch werden“ propagiert wurde, überwiegt in der aktuellen Zeitgeschichte eine andere Diskussion: Im Zentrum der Arbeit stehen nicht nur ökonomische Aspekte, sondern auch weiche Faktoren wie Verbundenheit, Sinnhaftigkeit, Erfüllung und Zugehörigkeit.
Unsere Identität
Durch Arbeit erleben wir unseren Körper, unsere Sinne, Potenziale und Grenzen. Arbeit berührt Fragen der sozialen Hierarchie und Zugehörigkeit. Kurzum: Indem wir arbeiten, begegnen wir der Welt – der Umwelt, die sich laufend neu erfindet, und der Innenwelt, die uns mit uns selbst konfrontiert. Erfahrungen, Kompetenzen und die Selbstbegegnung prägen unsere Identität. Was wir durch Arbeit leisten, macht Freude, und wo wir Anerkennung und Wertschätzung gewinnen, wird Arbeit zur Resonanzerfahrung. Anerkennung und Wertschätzung bedeuten das Erleben von Erfüllung und Glück.
So viel zu den positiven Seiten des Arbeitens. Es gibt aber auch die negativen. Etwa Arbeit in prekären Arbeitsverhältnissen, ohne Verlässlichkeit, mit Ausbeutung, in andauernder Überforderung oder den Fall, dass Menschen Arbeit suchen, jedoch keine finden. Diese Gruppe mitsamt ihren Familien ist hinsichtlich Gesundheit und Lebensqualität noch schlechter gestellt als diejenigen, die unter schlechten Arbeitsbedingungen berufstätig sind.
Die Mehrheit der grossen Denker liess und lässt keinen Zweifel an der Notwendigkeit, dass der Mensch arbeitet. Immanuel Kant sah die Arbeit als „sittliche Pflicht“ und sprach sich dafür aus, schon „Kindern die Neigung zur Arbeit in der Schule zu lernen“. Auch Karl Marx sah „die ganze sogenannte Weltgeschichte als nichts anderes als die Erzeugung des Menschen durch menschliche Arbeit“. Ohne Arbeit können wir nicht leben. Arbeit kann uns gesund erhalten, aber auch krank machen.
Was lernen wir daraus?
Wir leben in einer sich laufend verändernden Welt: Die globalisierte Wirtschaft und neue Formen der Digitalisierung haben unsere Industrialisierung stark geprägt und einen permanenten Strukturwandel und die Beschleunigung des Lebens verursacht. Solche Veränderungen erzeugen eine enorme Kraft. Diese kann mit folgenden Parametern durch Arbeitgeber, Vorgesetzte, Beschäftigte und wirtschaftspolitische Massnahmen gelenkt werden:
Anerkennung:
Angemessene finanzielle Entschädigung sowie Anerkennung durch Vorgesetzte und Kollegen für die geleistete Arbeit.
Spielraum:
Keine einengenden Vorschriften. Die Mitarbeitenden sollen ihre Arbeit in der Form leisten, die ihnen am besten entspricht. Zudem sollen sie Einfluss auf die Arbeitsgeschwindigkeit ausüben können.
Work-Life-Balance:
Schaffen von Gleichgewicht zwischen Anforderungen und Bedürfnissen in allen Lebensbereichen, um die individuelle Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit zu sichern.
Arbeitsmenge:
Anpassen der Aufgabe an die Fähigkeiten. Keine Belastung ohne Erholung.
Arbeitsklima:
Gute kollegiale Beziehungen und angepasster Umgang mit Konflikten, angemessener Informationsaustausch.
Beachtung von Werten:
Arbeit, Produktionsweise und Produkte müssen für die Mitarbeitenden moralisch vertretbar sein.
Gerechtigkeit:
Gleicher Lohn und gleiche Wertschätzung für vergleichbare Arbeit. Gerechte Verteilung der Arbeit.
Die Arbeit kann eine Quelle des Glücks sein, eine schöpferische Lust und die Voraussetzung zur Selbstverwirklichung. Interventionen sind hingegen gefragt, wo Menschen in der Arbeit entwürdigt, mit sinnentleerten Arbeitsschritten beschäftigt, schlecht bezahlt oder zu seelenlosen Geschöpfen degradiert werden. Zu intervenieren gilt es zudem bei Arbeitgebern, welche die Arbeit als Mittel zur Unterdrückung missbrauchen, bei Vorgesetzten, die mit ihrem Mikromanagement jede Kreativität ihrer Mitarbeiter ersticken – und zu guter Letzt bei jedem, der sich zum Arbeitssüchtigen entwickelt und damit selbst schadet. Gegen Letzteres empfiehlt der britische Mathematiker, Philosoph und Nobelpreisträger Bertrand Russell in seinem Essay „Lob des Müssiggangs“ ein neues Denken: Nicht faulenzen, aber doch deutlich mehr für sich arbeiten, lautet seine Botschaft. Dem ist wenig anzufügen: Gezielter Müssiggang will gelernt sein – und ist eine herausfordernde Arbeit.
«Indem wir arbeiten, begegnen wir der Welt – der Umwelt, die sich laufend neu erfindet, und der Innenwelt, die uns mit uns selbst konfrontiert.»
Der CIO am Scheideweg
Mai 2017
Roman P. Büchler, Master of Business Management ZfU
Für den CIO eines mittelständischen Unternehmens ist das Spannungsfeld zwischen strategischem Erfolg und reibungslosem Tagesgeschäft grösser denn je. Um die Effizienz der Prozesse zu erhöhen, muss er sein Team und die Hard- und Software zielführend einsetzen. Gleichzeitig soll er seine Infrastruktur möglichst standardisieren, um Kosten zu optimieren. Dabei muss er rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigen, den Datenschutz einhalten und die Informationssicherheit erhöhen. Doch das ist noch nicht alles. Die wirkliche Herausforderung ist heute das strategische IT-Management. Oder anders gesagt: Die Digitalisierung soll vermehrt neue Geschäftsmodelle für das Unternehmen schaffen – und dadurch Wettbewerbsvorteile.
In den vergangenen Jahren haben IT-Organisationen ihren Fokus auf die Geschäftsunterstützung ihrer Firma verloren und sich vermehrt an der operationellen Qualität orientiert. Sie haben sich ins Rechenzentrum zurückgezogen und oft die Geschäftsprozesse vernachlässigt. Daraus erwuchsen folgende Problemfelder:
- Es fehlt an klaren strategischen Vorgaben für die IT.
- Die IT wird nicht betriebswirtschaftlich geführt, weder von der Geschäftsleitung noch vom CIO.
- Die IT ist deshalb oft betriebswirtschaftlich intransparent.
- Die IT gibt sich introvertiert und fühlt sich missverstanden.
- Es fehlt an klarer und deutlicher Kommunikation.
Damit wurde die Dienstleistung der Informatikabteilung ersetzbar durch einen x-beliebigen externen Dienstleister – und die IT zu einem Kostenblock, den es zu reduzieren gilt. Um sich zukunftsfähig zu machen, muss sich die IT öffnen. Sie muss das Unternehmen als Ganzes betrachten und Innovationen aktiv in die Geschäftsprozesse einbringen, ohne die Kosten und die Qualität aus den Augen zu verlieren. Das bedeutet für IT-Organisationen: Entweder sie richten sich völlig neu aus, insbesondere in mittelständischen Unter-nehmen, oder aber sie akzeptieren, dass sie eine ersetzbare Leistung erbringen, brillieren mit operativer Qualität und messen sich mit den grossen Outsourcern.
In diesem Spannungsfeld müssen mittelständische Unternehmen insbesondere die folgenden vier Problemfelder beseitigen:
- Das gegenseitige Verständnis zwischen Geschäftsleitung und IT fehlt.
- Man kann nicht alles machen. Eine klare Richtung und unmissverständliche Ziele sind nötig.
- Der IT fehlt es an betriebswirtschaftlichen Kompetenzen und Managementkenntnissen.
- Es mangelt an Modellen und Instrumenten für eine geordnete Führung der IT.
Diese Problemfelder führen unter anderen zum eingangs erwähnten Spannungsfeld des CIO in mittelständischen Unternehmen. Der CIO und die Geschäftsleitung sind gefordert, die Lücken zu schliessen.
Was also tun?
Am besten gehen CIO und Geschäftsleitung gemeinsam den neuen Weg. Dies funktioniert bestens, wenn der CIO auf bewährte, praxistaugliche Methoden setzt, die ihm helfen, einen gemeinsamen Nenner als Diskussionsbasis mit der Geschäftsleitung zu finden. Drei Methoden werden im Folgenden beschrieben. Sie tragen dazu bei, dass sich die Geschäftsleitung mit den strategischen IT-Themen beschäftigt – und die IT sich mit den strategischen Geschäftsthemen.
Dies sind die relevanten Instrumente:
- Die Business Model Generation, um das Geschäftsmodell und die Unternehmensstrategie abzuleiten.
- Die Schutzbedarfsanalyse, um die Verwundbarkeit der eigenen Organisation zu erkennen.
- Der IT-Reifegrad, um die IT-Organisation in ihrem Entwicklungsstadium zu beurteilen.
Mit verhältnismässig geringem Aufwand lassen sich dadurch die wichtigsten Diskussionsgrundlagen zwischen CIO und Geschäftsleitung schaffen. Natürlich kann der CIO die Methoden an die Grösse und Bedürfnisse des eigenen Unternehmens anpassen.
Das Geschäftsmodell und die Unternehmensstrategie als Ausgangspunkt
Als Ausgangsgrössen für den IT-Wegweiser dienen immer das aktuelle Geschäftsmodell und die aktuelle Unternehmensstrategie. Sind diese schriftlich formuliert und regelmässig den neuen Gegebenheiten angepasst? Grossartig! Wenn nicht, helfen klärende Gespräche mit dem Management, also mit Inhabern, Vorstandsmitgliedern, CEO und weiteren Mitgliedern der Geschäftsleitung.
Eine relativ einfache Möglichkeit, das eigene Unternehmen zu verstehen, bietet die Methode „Business Model Generation“. Aus der Business Model Canvas – der 9-Felder-Matrix zur Darstellung der Wertschöpfungskette – lassen sich die zentralen Elemente des Geschäftsmodells eines Unternehmens ermitteln. Liegen eine oder mehrere Canvas im Unternehmen vor, sind dies ideale Wegbereiter. Unter anderem lässt sich daraus ableiten, über welche Kanäle die Wertangebote an die Kundensegmente vermittelt werden. Erfolgt dies im Direktvertrieb an den Kunden, könnte ein E-Shop strategisch sein für das Unternehmen. Wird über Partnerorganisationen gearbeitet, steht eher die IT-Integration der verschiedenen Partnersysteme im Vordergrund. Werden die Produkte über eine Verkaufsabteilung vor Ort an den Kunden gebracht? Dann ist es sicher vorteilhaft, wenn die Verkäufer jederzeit online auf die aktuellen Bestände, Preismodelle oder Rabatte zugreifen können.
Solche Schwerpunkte mit der Geschäftsleitung zu diskutieren, schafft Verständnis füreinander. Und für die interne IT zeichnet sich daraus die nötige Entwicklungsrichtung ab – ein erster Schritt zur gemeinsamen Weiterentwicklung.
Mit Schutzbedarfsanalysen die Verwundbarkeit testen
Basierend auf den Erkenntnissen aus dem Geschäftsmodell und der Unternehmensstrategie kann die IT mittels Schutzbedarfsanalysen überprüfen, wie verwundbar die Kernprozesse des Unternehmens sind. Mit gezielten Fragen zum Schaden, den die fehlende IT-Unterstützung bei Prozessen verursachen kann, lassen sich die Anforderungen an die Verfügbarkeit, Datenexistenz, Vertraulichkeit und Datenintegrität systematisch ermitteln. Durch ein geeignetes Vorgehen, zum Beispiel nach der BSG-Methode2, bringt man die IT-Mitarbeitenden mit Bereichsleitern und Sachbearbeitern zusammen. Gemeinsam werden die Verwundbarkeitswerte ermittelt und dokumentiert.
Die wesentlichen Vorteile dieses Vorgehens:
- Die IT und die Geschäftsbereiche beschäftigen sich intensiv mit den geschäftlichen Herausforderungen. Sie schaffen ein gemeinsames Verständnis für die Unternehmensrisiken.
- Die Geschäftsbereiche kennen den potenziellen Schaden in der Regel besser und sorgen für realitätsnahe, begründete Verwundbarkeitswerte.
- Der IT liegen danach konkret begründete IT-Anforderungen vor.
- Die IT liefert einen wesentlichen Beitrag zur Identifikation der Unternehmensrisiken und somit zum Corporate Risk Management.
- Das Unternehmen wird nach und nach für Datenschutz und Informationssicherheit sensibilisiert, da die gemeinsam identifizierten Verwundbarkeiten die Aufmerksamkeit schärfen.
Die Schutzbedarfsanalyse ist also ein weiteres wichtiges Element, um gegenseitiges Verständnis zu schaffen.
Der IT-Reifegrad als Gradmesser für das IT-Management
Die Diagnose des IT-Reifegrads3 überprüft die Qualität der eingesetzten Managementmodelle in der IT.
Die Diagnose beinhaltet in der Regel folgen-de Aspekte:
- IT-Governance, Risk und Compliance
- IT-Service und -Prozessmanagement
- IT-Ressourcenmanagement
- IT-Projekt und -Portfoliomanagement
Mit diesen Themenbereichen lässt sich eine IT-Organisation auf Managementebene in kurzer Zeit vollumfänglich beurteilen. Anhand der Resultate werden Schwächen und Stärken der IT-Organisation ausgewiesen. Meist sind Sofortmassnahmen zu erkennen, die mit wenig Aufwand eine wesentliche Verbesserung der aktuellen Situation garantieren.
Der IT eine Richtung geben
Die drei beschriebenen Methoden garantieren eine solide Grundlage für eine solide IT-Strategie. Ob in der produzierenden Industrie, der öffentlichen Verwaltung oder im Dienstleistungssektor: Diese drei Methoden schärfen das gegenseitige Verständnis zwischen Geschäftsleitung und IT enorm. Sämtliche Entscheidungsgrundlagen für die Neuausrichtung der IT-Organisation liegen damit auf dem Tisch und erlauben die Entwicklung einer zukunftsfähigen IT-Organisation. Eigene matchentscheidende Kernkompetenzen können bestimmt werden, und die Sourcing-Strategie zeigt, wie, wo und wann externe Fachkompetenzen sinnvollerweise beigezogen werden.
Konklusion
Heute trägt die IT in allen Unternehmen entscheidend zur Umsetzung der Unternehmensstrategie bei. Innovationen im Bereich der Computertechnik haben unseren Berufsalltag in den letzten 20 Jahren massgeblich verändert. Es wäre schade, diesen steten Fluss an neuen Geschäftsmodellen und Massnahmen zur Produktivitätssteigerung unbesehen am Unternehmen vorbeifliessen zu lassen. Die Entwicklung einer griffigen IT-Strategie ist ein erprobter Weg, die Zusammenarbeit zwischen IT, Fachabteilung und Geschäftsleitung zu stärken und einen gemeinsamen Fokus zu finden.
«Heute trägt die IT in allen Unternehmen entscheidend zur Umsetzung der Unternehmensstrategie bei.»
Innovation in der Natur
Mai 2017
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH / MAS Coaching
Innovationen sind ein Dauerbrenner-Thema: Es existiert kaum ein Bereich in der Unternehmens- und Arbeitswelt, der sich mit dem Thema Innovationen nicht schon auseinandergesetzt hat. Überall werden Innovationen als der Motor für Erfolg und wirtschaftliches Wachstum betrachtet und angepriesen. Innovationen sind in einem kompetitiven Umfeld der Wettbewerbsvorteil par excellence. Um in der heutigen Zeit erfolgreich zu sein, sind deshalb sehr kurze Innovationszyklen gefragt.
Können wir hier von der Natur lernen? Wie entwickeln sich Innovationen in der Natur oder anders gefragt: kommen Innovationen in der Natur überhaupt vor? Diese Fragen können auf den ersten Blick seltsam anmuten, denn jeder kennt moderne Errungenschaften, denen die Eigenschaften diverser Organismen und damit die Natur zugrunde liegen. Als ein Beispiel sind hier die Entwicklung von Haft- und Klebstoffen angeführt. Auf den zweiten Blick wird deutlich, dass praktisch alle modernen Errungenschaften ein Kopieren bereits vorhandener und bewährter Eigenschaften der Natur und ihrer Organismen sind. Diese Fähigkeiten und Eigenschaften von natürlichen Organismen haben sich über Jahrtausende in kleinen bis grösseren Entwicklungsschritten vollzogen. Dies steht in einem krassen Gegensatz zur heutigen schnelllebigen Wirtschaft, denn trotz dieser Langsamkeit ist die Natur ein einziges Erfolgsmodell.
Das Erfolgsmodell Natur ist das innovativste und erfolgreichste System. Stetige Veränderung ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Die Veränderungen vollziehen sich nicht in schnellen, grossen Schritten, sondern ganz im Kleinen und ganz allmählich. Leben ist und bedeutet ständige Veränderung und Anpassung. Dabei zeigt sich: Nichts ist sinn-los und es ist meist unserer eigenen limitierten Auffassungsgabe zuzurechnen, dass wir die Zusammenhänge nicht erfassen.
In der stetigen und wertfreien Veränderung liegt die grösste Innovation der Natur. Wer den Lauf des eigenen Lebens beobachtet, erkennt schnell: Jegliche Entwicklung ist eine Abfolge von Veränderungen. Der Umgang mit diesen Veränderungen ist sehr persönlich und meist wertend. So führen zum Beispiel bereits kleine Abweichungen von Gewohnheiten oder die Differenz zwischen unseren Wertvorstellungen und äusseren Gegebenheiten zu Stress. Kleine, stetige Entwicklungsschritte mit einer vermeintlich tiefen Erfolgsquote sind in der Natur der Innovationsmotor. Wir Menschen dagegen suchen vielfach den schnellen und grossen Innovationsschritt und lassen die kleinen Schritte ausser Acht.
Das Erfolgsrezept der Natur lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Achtsamkeit. Achtsamkeit kann als klares und nicht-wertendes Gewahrsein dessen bezeichnet werden, was in jedem Augenblick geschieht Achtsamkeit ermöglicht uns, Körperempfindungen, Gedanken, Gefühle und alle anderen Wahrnehmungen – ob angenehm, unangenehm oder neutral – zu erfahren und so zu akzeptieren, wie sie sind. Oder anders gesagt: das Leben mit seinen ständigen Veränderungen tatsächlich zu erleben, zu gestalten und nicht zu erleiden. Dazu ist ein bewusster Schritt heraus aus dem Hamsterrad hin zu einer Aussensicht auf das eigene Leben nötig.
Stress im Alltag, Arbeit und Herausforderungen durch Krankheit, Verlust oder andere schmerzhafte Erfahrungen sind ein unvermeidbarer Teil unseres von Veränderungen geprägten Lebens. Achtsamkeit befähigt uns, auch in turbulenten Zeiten innere Ruhe, Akzeptanz und Klarheit zu finden. Durch eine offene und veränderungstolerante Orientierung gewinnen wir ein tieferes Verständnis für uns selbst und damit für unser Umfeld. Wer achtsam lebt, lernt die Funktionsweise seines Geistes und damit auch seine gewohnheitsmässigen Reaktionsweisen zu erkennen. Dadurch führt Achtsamkeit zu einer umfassenderen Sichtweise, die uns neue, sinnvolle und oft kreative Handlungsmöglichkeiten eröffnen kann. Die Schulung der Achtsamkeit ist deshalb ein einfaches, konkretes und äusserst wirksames Mittel, um Stress abzubauen und Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern – und damit letztlich innovativ zu werden. Achtsamkeit führt zum wertfreien Erkennen von Veränderungen und somit zu einem naturgemässen Umgang mit sich selber. Es ist an der Zeit, von den erfolgreichen Innovationen der Natur zu lernen – nicht nur in der Technik, sondern auch im persönlichen Leben. Natur sei Dank.
«Durch eine offene und veränderungstolerante Orientierung gewinnen wir ein tieferes Verständnis für uns selbst und damit für unser Umfeld.»
Die Digitalisierung und ihr Einfluss auf Organisationen
Mai 2017
Markus Mangiapane, MAS FHO in Business Information Management
Glaubt man den IT-Fachzeitschriften, so wird die Digitalisierung alle kommenden Herausforderungen von Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen lösen. Dass dies nicht ganz so einfach ist und auch Anpassungen an die Geschäftsmodelle und -prozesse mit sich bringt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Sicher ist: Der Druck auf die inter-ne IT-Organisation wächst. Sie muss vom «Business-Unterstützer» zum «Business-Enabler» mutieren.
Die Rolle der IT und ihr Einfluss auf die Geschäftsentwicklung wird in diesem Kontext neu definiert. Galt sie in der Vergangenheit vor allem als Kostenblock, ist die IT heute Türöffnerin für neue Kanäle, Kunden und Märkte.
Die interne IT-Organisation und die Marktentwicklung
In den vergangenen Jahren hat die interne IT-Organisation auf dem Markt zunehmend Konkurrenz erhalten: Externe IT-Dienstleister haben sich vermehrt auf Services konzentriert, die sie aus den eigenen Rechenzentren anbieten. Da die stark standardisierten Leistungen gleich mehreren Kunden zur Verfügung stehen, kommen Skaleneffekte zum Tragen und die Leistungen können günstiger und oft auch in besserer Qualität angeboten werden als von internen Stellen. Die bessere Qualität externer Anbieter lässt sich vor allem auf den wesentlich höheren Automatisierungsgrad bei der Installation, beim Nachführen der Patches und im Support zurückführen. Zudem können die Kunden den benötigten Service direkt und online konfigurieren – innert Minuten wird alles installiert und konfiguriert. Flugs steht der neue Datenbankserver mit allen vertraglich vereinbarten Betriebsleistungen, quasi ondemand, zur Verfügung. Und dies ohne Zutun des externen IT-Dienstleisters, der sich voll auf den Betrieb des neuen Services konzentrieren kann. Dasselbe gilt auch, wenn ein Service nicht mehr gebraucht wird. Online kündigen, und der Service wird zum gewünschten Zeitpunkt ausser Betrieb genommen. Nur die ganz grossen internen IT-Organisationen können diesen Service bieten. Für die Mehrzahl der KMU ist ein solches Service-Niveau im Alleingang unerreichbar.
Die externen IT-Dienstleister gehen nun einen Schritt weiter, denn auch sie müssen sich neu positionieren. Office 365 oder Skype for Business und Sharepoint Online ermöglichen komplette Services aus der Cloud. Diese Services werden nun direkt von Software-Herstellern angeboten, von Microsoft, Google, Amazon oder Adobe. Somit verändert sich das Geschäftsmodell der externen IT-Dienstleister, aber auch jenes der internen IT-Organisation. Jeder, der an dieser Wertschöpfungskette beteiligt ist, muss sich wiederholt überlegen, welchen Teil des Kuchens er abbekommen möchte. Externe IT-Dienstleister positionieren sich neuerdings als Integratoren; sie bringen Kunde und Microsoft zusammen, um aus den vorhandenen Möglichkeiten das Beste für den Kunden zu konfigurieren. Das ist aber zugleich auch ihr grösstes Handicap: Sie kennen die Kultur und die spezifischen Prozesse des Kunden nicht. Und hier liegt das wesentliche Alleinstellungsmerkmal der internen IT-Organisation.
Die Richtungsänderung im Unternehmen
Radikal ausgedrückt bedeutet das: Alle bisherigen Aufgaben der internen IT-Organisation gehören auf den Prüfstand. Aufgaben der IT, die keinen direkten Einfluss auf die Kernprozesse haben, sind – wo wirtschaftlich sinnvoll – auszulagern. Dabei handelt es sich um Standard-Leistungen, die kaum unternehmensspezifisches Know-how benötigen. Gerade diese Leistungen kann ein externer IT-Dienstleister inzwischen oft kostengünstiger zur Verfügung stellen, während sie die interne IT von ihrer neuen Kernaufgabe bloss ablenken.
Das heisst: Die interne IT hat die Gesamtverantwortung für den Betrieb und in diesem Sinne wird die Pflege der Lieferantenbeziehungen zur Schlüsselkomponente. Hierzu gehören auch die Planung der gesamten Unternehmensarchitektur, der Aufbau eines IT-Architekturmanagements und die geschäftsprozessspezifische Konfiguration der Systeme. Noch wichtiger aber sind die Unterstützung der Geschäftsbereiche beim Optimieren und Digitalisieren der Geschäftsprozesse, dem daraus resultierenden Datenmanagement und die Beratung der Fachbereiche für zukünftige IT-Lösungen und Technologien in Verbindung mit der Geschäftsentwicklung.
Diese Veränderung wirkt sich zuallererst auf den CIO aus. Sein Fokus geht weg vom Betreiben einer Applikation, eines Rechenzentrums oder eines Support-Teams. Sein Fokus ist die Pflege von Lieferantenbeziehungen: ob Vorevaluation einer Software, Einführung eines neuen ERP-Systems, Service Level Agreements oder Koordination der Geschäftsprozessoptimierung drei Jahre nach der Einführung eines neuen CRM-Systems. Grösser könnte ein Wandel kaum sein.
Resumé
Die fortschreitende Digitalisierung automatisiert die einfachen Büroarbeitsplätze weg. Die damit einhergehende Standardisierung von IT-Funktionen und -Prozessen ermöglicht deren Outsourcing. Da der Outsourcing-Partner die Prozesse von mehreren Kunden zusammenfassen kann, erbringt er dank Skaleneffekten die Leistung zu günstigeren Preisen. Entsprechend wandern über kurz oder lang die standardisierbaren Prozesse ab. Was der internen IT bleibt, sind die für das Business spezifischen Prozesse – die Kernprozesse also. Für den CIO bedeutet dies, dass seine IT-Landkarte in den nächsten fünf Jahren neu gezeichnet wird. Entweder von ihm selber oder von den Outsourcing-Partnern in ihren Offerten.
«Was der internen IT bleibt, sind die für das Business spezifischen Prozesse – die Kernprozesse also.»
Digitalisierung – wie geht es weiter?
Mai 2017
Luca Rechsteiner, B.Sc. FHO Business Administration
Die Digitalisierung gehört in die heutige Zeit wie das Auto oder das Smartphone. Dieser Artikel geht der Frage nach: Welche Folgen hat eine erfolgreiche Digitalisierung für unsere Arbeit – heute und in Zukunft?
Die Digitalisierung, nämlich Werte in Form von Universalcodes zu speichern, hat ihren Ursprung weit zurück in der Vergangenheit: in den Jahren 1829 mit der Brailleschrift und 1837 mit dem Morsecode. Der nächste Schritt war, die Produktion in den 80ern und 90ern zu digitalisieren. Roboter übernahmen Arbeitsschritte, die Menschen am Fliessband durchgeführt hatten. Wenn heute von Digitalisierung die Rede ist, sind es allerdings nicht mehr Fliessband-Jobs, die digitalisiert werden, sondern Büroarbeiten. Dort lassen sich heute verschiedene Arbeitsschritte digitalisiert abwickeln: Etwa der automatische Rechnungseingang, die Synchronisierung mit der Cloud oder das Archivieren von Dokumenten nach definierten Regeln. Auch ausserhalb des Arbeitsplatzes hat die Digitalisierung einige Veränderungen gebracht. Beispiele hierzu sind E-Books oder Apps wie Uber, ein Service, der das Taxifahren revolutioniert hat.
Die Digitalisierung wird von verschiedenen Faktoren getrieben. In erster Linie von der IT mit ihrer Infrastruktur und den Applikationen, aber auch von Arbeitsabläufen und Menschen. Damit die Digitalisierung einen Mehrwert liefert, müssen Menschen und IT, Applikationen und Prozesse wie Zahnräder in einem gut abgestimmten Getriebe ineinandergreifen. Dies stellt viele Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Denn oft sind Geschäftsprozesse noch nicht reif für die Digitalisierung. Werden sie nun gleichwohl digitalisiert, ist im Anschluss kein Mehrwert erkennbar. Geschäftsprozesse müssen also zuerst in der realen Welt einwandfrei funktionieren, ansonsten bringt ihre Aufnahme in die digitale Welt keinen Mehrwert. Und doch: Einigen Unternehmen ist die Digitalisierung bereits gelungen.
Die erfolgreiche Digitalisierung von Prozessen bringt Unternehmen und Angestellten verschiedene Vorteile: Durchlaufzeiten werden verkürzt, mühsame Abtipparbeiten verschwinden und Flüchtigkeitsfehler können vermieden werden. Trotzdem fürchten Angestellte in verschiedenen Branchen um ihre Jobs. Laut einer Studie der Oxford University gibt es in der Tat eine Vielzahl von Berufen, die in den kommenden 20 Jahren komplett durch Computer oder Roboter ersetzt werden. Dazu gehören Kassierinnen oder Kassierer im Detailhandel, kaufmännische Angestellte oder Metzgerinnen und Metzger. Das Aussterben gewisser Berufe erlebte die Arbeitswelt bereits während der Industrialisierung. Allerdings ist die Arbeitslosenquote in der Schweiz seit 1921 nicht über 5,5% und seit 2000 nicht mehr über 4,5% gestiegen. Was ist passiert?
Es wurden neue Jobs geschaffen. Diese Entwicklung lässt sich am Beispiel des Berufs Schriftsetzer einfach erklären. Der Schriftsetzer arbeitete im Buch- und Zeitungsdruck und war verantwortlich, dass die aus Blei gegossenen Buchstaben an der richtigen Stelle auf der Druckplatte standen. Diesen Beruf gibt es heute nicht mehr, denn Zeitungen und Bücher werden mit der Maschine automatisch, also ohne Zutun eines Menschen, gedruckt. Der automatische Buchdruck schuf aber auch neue Berufe. Heute braucht es Arbeitskräfte, welche Drucker herstellen, zusammensetzen und Toner wechseln. Ein weiteres Beispiel für einen Beruf, den es nicht mehr gibt, ist der Böttcher.
Der Böttcher stellte Holzgefässe zur Lagerung verschiedener Dinge her. Das bekannteste Holzgefäss ist wohl das Weinfass. Heute werden Weinfässer fast ausschliesslich maschinell hergestellt. Für den Böttcher hiess das oft, seinen Job zu verlieren. Doch es war auch eine Chance für ihn, denn es brauchte sein Know-how, um die Maschine zu entwickeln, die heute Holzfässer herstellt.
Wer die Digitalisierung mit diesen Erkenntnissen betrachtet, stellt fest, dass sie nicht nur Jobs vernichtet, sondern auch viele neue geschaffen hat. Meist haben die neu geschaffenen Jobs mit Informatik zu tun, zum Beispiel Applikationsentwickler, Programm-Manager oder Business-Analyst.
Ein weiterer Vorteil der Digitalisierung: Die IT-Systeme generieren immer mehr Daten. Deren Auswertung ist essenziell, denn diese Daten bringen einen echten Mehrwert. Dies lässt sich an einem einfachen Beispiel erklären. Wenn ein Unternehmen die Daten des Online-Shops nicht auswertet, weiss es nicht, wann die Mehrheit seiner Kunden einkauft. Ohne diese Information kann das Unternehmen nicht wissen, wann es ein Spezialangebot auf seiner Homepage platzieren soll. Somit verpasst es die Chance auf zusätzlichen Umsatz. Wie sich zeigt, ergibt sich aus fast allem, was die Digitalisierung mit sich bringt, wieder eine Arbeit für den Menschen.
Und in Zukunft? Es wird sich weisen, ob die Digitalisierung wirklich zu Jobverlusten führt. Für Jobs, die problemlos durch einen Roboter verrichtet werden können, sieht die Zukunft nicht sehr rosig aus. Denn monotones Arbeiten kann die Maschine auch, sogar noch besser. Menschen, die gewisse Kompetenzen haben, etwa vernetztes Denken oder eine hohe Sozialkompetenz, müssen indessen nicht um ihren Job bangen. Dies aus einem einfachen Grund: Beim aktuellen Stand der Dinge braucht es noch immer Menschen, die der Maschine sagen, was sie zu tun hat. Und dies wird in den nächsten zehn Jahren wohl auch so bleiben.
Wichtig für Unternehmen wie auch für Arbeitnehmer ist, sich auf die rasant fortschreitende Digitalisierung vorzubereiten. Eine Vorkehrung seitens der Unternehmen kann sein, dass sie entsprechende neue Jobs schaffen. Und Angestellte sollten mit den Entwicklungen in ihrer Branche Schritt halten und sich konsequent weiterbilden oder gegebenenfalls umschulen.
So oder so: Die Digitalisierung wird voranschreiten. Wir sollten sie als Chance sehen und nicht als Bedrohung.
«Beim aktuellen Stand der Dinge braucht es noch immer Menschen, die der Maschine sagen, was sie zu tun hat.»
Unternehmertum in der Milchproduktion: Betriebsleiter mit Kopf, Herz und Hand
Mai 2017
Josef Schmid, Dipl. Ing. Agr. ETH / Dipl. Betriebsökonom FH / MAS Coaching
Die Herausforderungen, aber auch der Handlungsbedarf in der Betriebsleitung der Milchwirtschaftsbetriebe sind gross. Josef Schmid sieht neben der Freude an Vieh und Arbeit einen weiteren Faktor als entscheidende Grundvoraussetzung: Die unternehmerische, eigenverantwortliche, offene Denkweise. Das Zusammenspiel von Kopf, Herz, und Hand bilden damit nach Schmid die drei Erfolgsfaktoren in der Betriebsführung. Im Gespräch mit der VMMO erläutert er seine Erfahrungen.
«Bauer sein ist einer der schönsten Berufe», davon ist Josef Schmid überzeugt, «auch wenn dies ein ständiges Am-Ball-bleiben bedeutet.» Jeder Unternehmer ist heutzutage täglich aufs Neue gefordert, sich selbst in Frage zu stellen, um längerfristig im Wettbewerb überleben zu können. Doch was heisst das konkret? Josef Schmid erläutert die wichtigsten Handlungsachsen.
Den heutigen Kunden kennen
Ein erfolgreiches Unternehmen muss die Bedürfnisse des Marktes und der Kunden kennen. Diese Bedürfnisse sind auch in der Landwirtschaft einem steten Wandel unterworfen. Josef Schmid erwähnt, dass auch Beratungsfirmen sich dem Marktumfeld und damit den Kundenbedürfnissen entsprechend anpassen und überwachen müssen, wer die Kunden sind. So hatte seine Beratungsfirma beispielsweise früher viele Aufträge von Textilfirmen. Die Aufträge in diesem Bereich hätten sich jedoch aufgrund des Strukturwandels im Textilbereich reduziert und so musste die Beratungsfirma ihre Strategie anpassen. «Das bedeutete sich den veränderten Kundenbedürfnissen zu stellen und neue Möglichkeiten im Markt zu erkennen», führt Schmid aus.
Den unternehmerischen Spielraum ausschöpfen
Ist die Rede vom Spielfeld der Möglichkeiten auf dem Betrieb, wird die Betriebsleitung oftmals auch mit Traditionen konfrontiert. «Traditionen sind wichtig und sehr wertvoll – in gewissen Ausprägungen können diese jedoch auch eine hemmende Wirkung auf Erneuerungen haben», erläutert Schmid. Traditionen stehen dabei nicht im Widerspruch zu Anpassungen an die heutige Zeit. Die Bodenhaftung der Bauern könne jedoch auch zu einem zu starken Angewurzeltsein führen und somit zu einer Schwäche werden, so Schmid. Einen Erfolgsfaktor der erfolgreichsten Betriebe sieht Schmid daher in deren Denkweise und Haltung: «Die erfolgreichsten Betriebsleiter könnten auch ein Unternehmen in einer anderern Branche wirtschaftlich führen.» Die Bauern wurden sehr lange vom Staat abhängig gemacht. Umso wichtiger ist es heute, sich aus dieser Abhängigkeit nach Möglichkeit zu lösen. In vielen Bereichen stehe sich die Betriebsleitung selbst im Weg. Mehr Eigenverantwortung sei gefragt. Jeder Mensch sei selbst dafür verantwortlich, worauf er sich in seinem Leben fokussiere und ob er sich dabei in einseitige Abhängigkeiten begebe, so Schmid.
«Als Betriebsleiter habe ich die Möglichkeit, meinen unternehmerischen Spielraum auszuschöpfen.»
«Es gibt kein Patentrezept, welches für alle Betriebe in der Schweiz gilt», so Schmid, «das ist in allen Sektoren gleichermassen der Fall: Jedes Unternehmen muss seinen eigenen Weg finden.» Vielmehr gelte es, nach spezifischen, an den Betriebsleiter angepassten Lösungen zu fahnden, Optionen zu entwickeln und dabei die Freiheit zu nutzen, die sich durch den Beruf ergeben.
Kopf, Herz und Hand vereinen
Josef Schmid sieht dabei die Dreieinigkeit von Kopf, Herz und Hand als strategische Erfolgsfaktoren für die Betriebsleitung. Die Hand steht für den körperlichen Einsatz. Das Herz symbolisiert die Freude: Die Freude am Vieh, die Freude an der Arbeit, welche essenziell ist für die Milchproduktion. Und zu guter Letzt steht der Kopf für das unternehmerische Denken.
«Ein Betriebsleiter braucht Kopf, Herz und Hand.»
«So fragt sich der erfolgreiche Betriebsleiter immer wieder: ‹Mache ich das Richtige und welche Alternativen gibt es?›», folgert Schmid. Als ausschlaggebend betrachtet Josef Schmid dabei, dass ein Betriebsleiter nicht nur am Vieh, sondern an einem ganzheitlich florierenden Betrieb Freude hat. Werden nur Herz und Hand eingesetzt, so bewirtschaftet ein Bauer seinen Betrieb als Angestellter. Die Betriebsleitung «chrampft» viel, hat grosse Freude am Vieh und blendet die Problematik des gesamtbetrieblichen wirtschaftlichen Erfolgs zum Teil aus. Setzen Bäuerin und Bauer jedoch auch den Kopf im Sinne von unternehmerischem Denken ein, so haben sie die Chance, zu eigenverantwortlichen, erfolgreichen Betriebsleitern zu werden. Unternehmerisches Denken bedeutet, sich verschiedene Optionen für den Betrieb zu überlegen und den Mut zu haben, seinen eigenen erfolgsversprechenden Weg konsequent zu gehen. Dabei ist entscheidend, dass echte Handlungsoptionen nur so lange getroffen werden können, als auch die Liquidität und finanzielle Reserven vorhanden sind.
Innovation im Alltag integrieren
Gemäss den Statistiken sind im Vergleich zwischen dem ersten und zweiten Sektor enorme Unterschiede in der Produktivitätsentwicklung der letzten 20 Jahre festzustellen: «Während der zweite Sektor eine Steigerung der Produktivität pro Arbeitsstunde von 56 auf 78 Franken vollziehen konnte, erreichte die Landwirtschaft gerade mal eine minime Steigerung von 15 auf 16 Franken», stellt Schmid fest. Ein Teil des grossen Unterschiedes ist sicherlich mit anderen Rahmenbedingungen und Marktverhältnissen zu erklären. Jedoch meint Schmid, dass ein Teil davon auch in der Eigenverantwortung der Betriebsleiter liege. Innovation ist ein Weg, produktiver zu werden. «Neues auszuprobieren, gehört für mich zum Unternehmertum dazu», erklärt Schmid. Dabei bedeutet Innovation nicht nur, Produkte zu entwickeln und zu erfinden. Innovationen können auch Arbeitsabläufe betreffen. Die Betriebsleitung kann sich beispielsweise die Fragen stellen: Wie kann ich ein gleiches Produkt günstiger herstellen? Könnte ich meine Tätigkeit anders machen? Produziere ich nur fürs Herz oder für den Gesamtbetrieb? Räume ich mir Zeit ein und kann ich ab und zu auch die Vogelperspektive einnehmen? Milchbäuerinnen und -bauern überlegen hier vielleicht, ob die bisherigen fünf Futterbauschnitte wirklich rentabel und die richtige Strategie für den Betrieb sind. Wie sieht es dabei mit Kosten und Mehrerlös aus? Würden vier Schnitte einen Unterschied machen? Könnte durch das neu entstandene freie Zeitfenster ein Freiraum für die strategische Arbeit geschaffen werden? Und zu guter Letzt: Passt es in meinen Betrieb?
Verbände als Spiegel nutzen
Wenn wir von Sichtweise sprechen, kommt auch dem Blickwinkel eine zentrale Rolle zu. «Verbände sind nicht nur da, um politisch zu poltern und das zu sagen, was die Bauern hören wollen», so Schmid. Die Aufgabe und Verantwortung der Verbände sieht Schmid auch in einer Spiegelfunktion.
«Verbände müssen ihren Mitgliedern den Spiegel hinhalten.»
Konkret heisst dies, sich nicht nur auf Politik und Abnehmer zu fokussieren, um zu sehen, was falsch läuft, sondern das Augenmerk auch auf die Betriebsleiter selbst zu richten: «Verbände haben die Aufgabe, ihren Mitgliedern aufzuzeigen, wo noch Handlungsbedarf besteht », folgert Schmid – das heisst, die Kräfte auch zur Aktivierung des Unternehmerpotenzials des Betriebsleiters einzusetzen. Denn eine offene, unternehmerisch geprägte Denkweise, die Orientierung am Kunden sowie ein starkes Produktivitätsbewusstsein sind Voraussetzungen für den Betriebserfolg. Und somit sind wir wieder beim zentralen Erfolgsfaktor des Milchwirtschaftsbetriebes angelangt: Der Betriebsleitung mit Kopf, Herz und Hand.
«Eine offene, unternehmerisch geprägte Denkweise, die Orientierung am Kunden sowie ein starkes Produktivitätsbewusstsein sind Voraussetzungen für den Betriebserfolg.»
Datenschutz – Was ist zu tun?
Mai 2017
Romeo Minini, lic. iur. RA, Exec. MBA HSG
Die EU-Datenschutz-Grundverordnung bringt eine Vielzahl an Neuerungen für Unternehmen – Was Sie wissen müssen! „Unternehmen verlieren besser keine Zeit, um sich für die Anforderungen der DSGVO fit zu machen.»
Einladung zur Informationsveranstaltung
EU-DSGVO – Die EU-Datenschutz-Grundverordnung bringt eine Vielzahl an Neuerungen für Unternehmen. Vor diesem Hintergrund führt die MSI AG in Kooperation mit der BSG Unternehmensberatung und der BDO Liechtenstein am 20. Oktober 2017 in Wolfurt, Östrreich, eine Informationsveranstaltung zum Thema „Datenschutz – Was ist zu tun“? durch. Nähere Informationen zum Anlass und zur Anmeldung finden Sie in untenstehendem PDF (Download) oder unter www.msi.li.
Datenschutz und Datensicherheit: ein Ansatz zur begrifflichen Klärung
Mai 2017
Romeo Minini, lic. iur. RA, Exec. MBA HSG
Sprechen Informatikspezialisten, IT-Sicherheitsfachleute und Datenschutzexperten über Datenschutz und Datensicherheit, treten oft Missverständnisse auf. Als wäre das nicht verwirrend genug, wird in der öffentlichen Verwaltung die amtliche Geheimhaltungspflicht der Angestellten im Zusammenhang mit dem Datenschutz ins Spiel gebracht. Der vorliegende Text soll zur Klärung dieser Begriffe beitragen.
Die Menschen haben sehr unterschiedliche Vorstellungen vom Datenschutz. Einigkeit herrscht einzig darüber, dass in der heutigen IT-geprägten Welt die Themen des Datenschutzes allgegenwärtig sind. Einige betrachten den Datenschutz als Abwehr gegenüber staatlichen und privaten Eingriffen in ihre Privatsphäre und glauben, dass ein wirksamer Datenschutz die Menschen vor Persönlichkeitsverletzungen schützt. Andere wiederum sehen im Datenschutz ein Instrument, den technischen Fortschritt aufzuhalten. Un-bestritten ist, dass Massnahmen zum Datenschutz einen technischen und finanziellen Aufwand verursachen.
Prinzipiell soll der Datenschutz die Grund- und insbesondere Persönlichkeitsrechte von Personen schützen, über die Verwaltungen oder private Firmen Daten gesammelt haben. In der Schweiz erhielt die Datenschutzgesetzgebung den entscheidenden Impuls denn auch aus der Politik, als es die Fichen-Affäre der 90er-Jahre rechtlich aufzuarbeiten galt. Bis dahin verfügte die Schweiz über ein sehr unvollständiges Datenschutzgesetz. Das Bundesgericht anerkannte im Zuge der europäischen Entwicklungen einzig ein Grund-recht auf informationelle Selbstbestimmung und ein Recht des Einzelnen auf Einsicht, Berichtigung und Löschung von Daten.
Im Zentrum des Datenschutzrechts steht heute der Schutz von Personendaten, namentlich von besonders schützenswerten bzw. sensitiven Personendaten. Dazu zählen beispielsweise Informationen über die Gesundheit, Massnahmen der sozialen Hilfe oder strafrechtliche Verfolgungen. Diesen Daten ist gemeinsam, dass bei einer missbräuchlichen Bearbeitung eine erhöhte Gefahr einer Persönlichkeitsverletzung besteht.
Die Sensibilisierung der Mitarbeitenden für den Datenschutz stellt eine permanente Herausforderung für die Unternehmensführung und die Datensicherheitsverantwortlichen dar. Vor allem in der öffentlichen Verwaltung können Anliegen des Datenschutzes auf taube Ohren stossen, weil Mitarbeitende in der Verwaltung regelmässig auf ihre amtliche Geheimhaltungspflicht hinweisen. Sie sind der Meinung, dass mit der Respektierung dieser Pflicht auch dem Datenschutz entsprochen wird. Dies trifft nicht immer zu. Die Geheimhaltungspflicht hat die Tätigkeit und das Verhalten der Verwaltung gegenüber der Öffentlichkeit oder dem einzelnen Bürger im Blickfeld und ist gegenüber dem Datenschutz abzugrenzen. Selbst wenn die Geheimhaltungspflicht respektiert wird, kann die verwaltungsinterne Datenbearbeitung gegen den Datenschutz verstossen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Angestellte Personendaten aus verschiedenen Verwaltungsbereichen wie Steuern, Sozialleistungen, Einwohnerkontrolle usw. ohne gesetzliche Grundlage austauschen. Dann besteht die Verletzung des Datenschutzes nicht in der eigentlichen Fallbearbeitung. Vielmehr wird mit dem verwaltungsinternen Datenaustausch gegen Grundprinzipien des Datenschutzes wie Rechtmässigkeit, Zweckbindung, Verhältnismässigkeit oder Richtigkeit der Datenbearbeitung verstossen. Erfolgt ein Datenaustausch über Personen oder sensitive Daten in einem Umfang und Masse, die für die konkrete Fallbearbeitung weder notwendig noch zweckmässig sind, besteht eine Verletzung nach Datenschutzgesetz. Sobald jedoch die Daten anonymisiert zwischen den Verwaltungsstellen ausgetauscht werden, liegt ein datenschutzkonformes Verhalten vor.
Die Datenschutzgesetzgebung verlangt im Zusammenhang mit der Datensicherheit, dass die Personendaten durch technische und organisatorische Massnahmen in geeigneter und zweckmässiger Weise vor einem unbefugten Bearbeiten zu schützen sind. Es gilt zu gewährleisten, dass die Daten nicht in falsche Hände geraten, unzulässig abgeändert, zerstört oder in missbräuchlicher Weise verwendet werden. Zudem müssen die Daten auch in der Zukunft bestimmungsgemäss bearbeitet werden können.
Bei der Festlegung der konkreten Massnahmen sind anerkannte internationale Normen und Richtlinien zu beachten. Die Massnahmen sind vor allem auf die folgenden Schutzziele auszurichten:
- Vertraulichkeit: Dieses Schutzziel beinhaltet, dass Daten nicht unrechtmässig zur Kenntnis gelangen dürfen. Somit ist sicherzustellen, dass nur berechtigte Personen die Daten einsehen können.
- Integrität: Darunter wird die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Daten verstanden.
- Verfügbarkeit: Daten müssen zur Verfügung stehen, wenn sie ordentlicherweise gebraucht werden.
- Authentizität und Nachvollziehbarkeit: Die Datenbearbeitung ist einer Person zuzuordnen. Die Nachvollziehbarkeit setzt voraus, dass Datenveränderungen sowohl erkannt als auch bis zum Urheber nachverfolgt werden können. Zusätzlich ist der Inhalt der Veränderung zu erfassen.
Diese Ziele sind durch technische und organisatorische Massnahmen zu erfüllen. Bei den technischen Massnahmen werden Mittel der Technik verwendet, die periodisch dem aktuellen Stand anzupassen sind. Zu den organisatorischen Massnahmen zählen Vorschriften, Richtlinien, Benutzerweisungen usw. In diesen Benutzerweisungen werden beispielsweise Zuständigkeiten, Arbeitsabläufe oder – im Zusammenhang mit der Dokumentation – die Datenaufbewahrung und Datenarchivierung geregelt.
Die Massnahmen der Datensicherheit sind zudem so auszugestalten, dass die in der Datenschutzgesetzgebung verankerten Prinzipien wirksam und nachhaltig unterstützt werden. Beispielsweise sollen die Zugriffsrechte von Mitarbeitenden so definiert werden, dass sie nur diejenigen Daten bearbeiten können, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind. Stehen technische und organisatorische Massnahmen zur Auswahl, sind die technischen Massnahmen den organisatorischen vorzuziehen. Die technischen Massnahmen können den gewünschten Sicherheitserfolg unmittelbar herbeiführen. Demgegenüber setzt die Anwendung von organisatorischen Massnahmen stets Zwischenschritte wie etwa den Erlass von Weisungen voraus, bevor die angestrebten Ziele erreicht werden können.
Damit zeigt sich die enge Verknüpfung zwischen Datenschutz und Datensicherheit. Die Massnahmen zur Datensicherheit tragen wesentlich zur Gewährleistung des Datenschutzes bei und richten sich nach dem Schutzbedarf der zu schützenden Personendaten. Bei der Festlegung des Schutzbedarfs stellt sich stets die Frage, welche Auswirkungen die missbräuchliche Verwendung von Personendaten für die betroffene Person hat. Entsteht im Falle einer missbräuchlichen Verwendung von Personendaten und, damit verbunden, einer Datenschutzverletzung eine erhebliche Beeinträchtigung der betroffenen Person in ihrer gesellschaftlichen Stellung oder in ihren wirtschaftlichen Verhältnissen, besteht ein hoher Schutzbedarf. Dieser ist bei besonders schützenswerten oder sensitiven Personendaten regelmässig gegeben.
Fazit
Gilt es in privaten Unternehmen oder in der öffentlichen Verwaltung konkrete Datensicherheitsmassnahmen zu bestimmen, müssen sich die verantwortlichen Stellen in einem ersten Schritt Klarheit über die begrifflichen Grundlagen schaffen. Danach sind die Massnahmen festzulegen, welche die angestrebten Schutzziele optimal erreichen und dem geforderten Schutzbedarf entsprechen. Treten bei der Auswahl der zweckmässigen und verhältnismässigen Schutzmassnahmen Meinungsverschiedenheiten auf, was in der Praxis häufig der Fall ist, sollten die Fachpersonen zusammen mit den Datenschutz- und Sicherheitsverantwortlichen auf konsensualem Weg nach Lösungen suchen. Eine vorgängige begriffliche Klärung der technischen und rechtlichen Grundlagen bildet die notwendige und unerlässliche Grundlage. Die vorliegenden knappen Ausführungen mögen dazu einen Beitrag leisten.
«Die Sensibilisierung der Mitarbeitenden für den Datenschutz stellt eine permanente Herausforderung für die Unternehmensführung und die Datensicherheitsverantwortlichen dar.»
Schulden – Fluch oder Segen?
Mai 2017
Maurus Fässler, M.A. HSG Banking & Finance
Beinahe jeder von uns wird im Laufe seines Lebens mit Schulden konfrontiert – sei es eine Hypothek für den Hauskauf, ein Unternehmenskredit für die Finanzierung von Projekten oder die Ausgabe von Staatsanleihen an Gläubiger. Verbindlichkeiten sind ein wichtiges Element unseres Wirtschaftssystems.
Bei der Betrachtung von Verbindlichkeiten gilt es immer auch, die Art des Schuldners zu berücksichtigen. Privatpersonen nehmen Schulden primär auf, um ihre Liquidität sicherzustellen. Mit dem geliehenen Geld stehen flüssige Mittel für die Begleichung von Verbindlichkeiten wie Zinsrückzahlungen oder Rechnungen oder für die Finanzierung neuer Vorhaben wie ein Fahrzeug- oder Hauskauf zur Verfügung. Dabei können sich private Schulden bei der Aufnahme einer Hypothek auf ein Mehrfaches des persönlichen Jahressalärs belaufen.
Ausreichend flüssige Mittel sind auch für Unternehmen und Staaten wichtig. Bei beiden kommen Kennzahlen als „Gesundheitscheck“ zum Einsatz. Eine dieser Kennzahlen ist das Verhältnis der Verbindlichkeiten zum Jahresumsatz. Während sich einige Industrieunternehmen zu 30-40% im Verhältnis zu ihrem Umsatz verschulden, weisen Grosskonzerne im Dienstleistungsbereich Werte von bis zu 130% auf. Dieser Unterschied der expliziten Verschuldung im Verhältnis zum Umsatzvolumen ist ebenfalls bei Staaten sichtbar. Obwohl im Jahr 2015 die Schweiz (46%) und Kanada (86%) deutlich unterschiedliche Staatsschuldenquoten1 aufwiesen, erhielten beide Staaten von den renommiertesten drei Ratingagenturen Beurteilung bezüglich ihrer Kreditwürdigkeit. Weil bei diesen drei einflussreichen, in New York situierten Agenturen bezüglich der Bonitätsberechnung grosse Intransparenz herrscht, wird bei der Notenvergabe oft politisches Kalkül vermutet. Spätestens seit der Griechenlandkrise ist jedoch hinsichtlich Bonität klar: Ein zu starkes Ansteigen des jährlichen Defizits und der damit verbundenen Verschuldungsquote (2009: 126%; 2013: 175%) kann schnell zur Zahlungsunfähigkeit führen.
Die Beispiele machen deutlich: Verbindlichkeiten können sich hinsichtlich Einsatzzweck und Schuldner stark unterscheiden. Allein davon lässt sich aber weder ein generelles noch typenabhängiges Niveau einer „gesunden“ Verschuldung ableiten.
Wann sind Schulden gut? Keynesianismus vs. Österreichische Schule
Die Frage nach dem Sinn von Schulden ist durch unterschiedliche Ansichten geprägt und wurde vor allem auf makroökonomischer Ebene, also auf Ebene der Nationalstaaten, kritisch diskutiert. Zu den beiden wichtigsten Strömungen dieser Debatte zählen der Keynesianismus und die Österreichische Schule der Nationalökonomie.
Die Lehre des John Maynard Keynes beruht auf der Ansicht, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage für die Beschäftigung und folglich für die Produktion verantwortlich ist. Da diese Nachfrage stark schwanken kann, muss – nach Keynes – der Staat in schlechten Zeiten die Nachfrage mit Staatsausgaben ausgleichen und damit die Beschäftigung erhalten. So darf der Staat in schlechten Zeiten Schulden aufnehmen und sie in Zeiten der Hochkonjunktur wieder zurückzahlen. Die Erhöhung der Ausgaben durch die Aufnahme von Schulden kann nach Keynes die Planungssicherheit und die Flexibilität erhöhen, weil keine Liquiditätsengpässe entstehen.
Im Gegensatz zum Keynesianismus vertritt die Österreichische Schule eine andere Lehrmeinung. Die Lehre geht vom subjektiven Grundsatz der Ökonomie aus. Der Nutzen des Wirtschaftens ist demnach die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse. Ludwig von Mises zeigte anhand des Nutzens von Geld, dass die Geldnachfrage von der Kaufkraft des Geldes in der Vergangenheit abhängt. Um das zu verstehen, müssen wir ein paar Jahre zurück in die Geldgeschichte: In den Anfängen wurde der Wert des Geldes durch seinen Warenwert bestimmt, d.h. durch den jeweiligen Gold- oder Silberanteil einer Münze. Dies änderte sich mit der Geldschöpfung durch Zentral- und Geschäftsbanken, die nur noch einen Teil der ausgegebenen Kredite als Reserve halten mussten. Die so kreierte Geldmenge aus dem Nichts (ex nihilo) durch das Drucken von Fiatgeld führt gemäss der Österreichischen Schule zu einem zyklischen und unkontrollierten Geldwachstum und einem verzerrten Preissystem. Nach der Österreichischen Lehre sollte die Ausgabe von Krediten nur erlaubt sein, wenn diese durch erwirtschaftetes Vermögen zu 100% gedeckt sind. Wird dieser Mechanismus ausgehebelt und werden darüber hinaus noch Zinsen auf nicht erarbeitetes Geld gezahlt, wachsen die Schulden schneller als die Wirtschaft. Irgendwann kommt es zu einem Wendepunkt, an dem die Wirtschaftsleistung nicht mehr ausreicht, um die Zinsen zu bedienen.
Dies führt unweigerlich zum Platzen der Verschuldungsblase mit einer Neuordnung des Wirtschaftssystems. Folglich sind Schulden gemäss der Österreichischen Schule nur dann gut, wenn diese bei einem Gläubiger aufgenommen werden, der den ausgegebenen Kredit bereits selbst erwirtschaftet hat und nicht den Kredit ex nihilo erschafft.
Schuldenpolitik in der Praxis
Wer die letzten Wirtschaftskrisen mit der Dotcom-Blase (2000) und der Wirtschafts- und Finanzkrise (2007/08) beobachtet hat, weiss, dass die überwiegende Mehrheit der Ökonomen in den entscheidenden Institutionen – Finanzministeramt der involvierten Nationalstaaten, Nationalbanken, Internationaler Währungsfonds, Weltbank oder führen-de Wirtschaftsuniversitäten – der Lehre Keynes folgen. Die Besetzung der entscheidenden Posten durch die Politik ist kein Zufall. Der Keynesianismus gibt Entscheidungsträgern und Politikern die Legitimation, nicht gedeckte Schulden aufzunehmen und so das Wirtschaftswachstum auf Pump zu erhöhen. Eine erfolgreiche Legislatur bemisst sich schliesslich in vielen Ländern hauptsächlich am Wohlstand.
Viele Staaten haben als Folge der Wirtschaftskrise umfassende Konjunkturpakete geschnürt und innerhalb weniger Jahre die Staatsverschuldung massiv gesteigert. Beispielsweise ist die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten von Amerika ab 2007 innerhalb von sieben Jahren von 64% (2007) auf 105% (2014) des Bruttoinlandprodukts gestiegen. Die heutige prozentuale Staatsverschuldung der USA ist vergleichbar mit derjenigen Griechenlands vor der Finanz- und Wirtschaftskrise. Im Gegensatz zum Mittelmeerstaat profitieren die Vereinigten Staaten von einer grösseren Währungsnachfrage, da der Dollar die weltweit bedeutendste Leitwährung ist. So ist in den USA auch knapp zehn Jahre nach der letzten Krise die gemäss Keynesianismus vorgesehene Rückzahlung der Staatsausgaben noch immer fällig. Verfolgt man zudem die einzelnen Budgetvoranschläge der Staaten, so scheint keine Kehrtwende in Sicht. Ob der Keynesianismus oder die Österreichische Schule Recht behalten, wird sich weisen. Bereits heute ist klar, dass aufgrund der Interessenlage der Politik die beiden Lehrmeinungen kaum zu einer gemeinsamen verschmelzen werden.
Fazit
Eine wesentliche Erkenntnis ist: Schulden per se müssen nicht schlecht sein. Schulden oder Verbindlichkeiten können jedem Individuum, Unternehmen und jeder Institution von grossem Nutzen sein, indem kurzfristig genügend liquide Mittel für die Finanzierung grosser Vorhaben bereitstehen. Ob eine Schuld für gut oder schlecht befunden wird, hängt vom entsprechenden Finanzierungszweck ab. Handelt es sich um eine nachhaltige Investition, die über mehrere Jahre einen nachweisbaren Mehrwert stiftet, kann die Verbindlichkeit auch wieder beglichen werden. Aber: Staaten und Privatpersonen sollten sich nicht übermässig verschulden, um den eigenen Konsum zu erhalten oder sogar zu steigern. Dem Einzelnen, der Wirtschaft und den Staaten ist mehr geholfen, wenn sie nutzenstiftende Vorhaben finanzieren. Somit ist auch zukünftig der sorgfältige Umgang mit Geld und den vorhandenen Ressourcen von grösster Wichtigkeit.
«Ob eine Schuld für gut oder schlecht befunden wird, hängt vom entsprechenden Finanzierungszweck ab.»
Risikomanagement: Büchse der Pandora oder Schatztruhe?
Mai 2017
Iwan Schnyder, Dipl. El.-Ing. ETH / MAS FHO BAE
Für viele Unternehmen ist das Risikomanagement ein notwendiges Übel, wenn nicht sogar eine Büchse der Pandora: Wird diese Büchse geöffnet, entsteigen ihr administrative Albträume und viele kleine und grosse Papiermonster. Das muss nicht sein, wie dieser kurze Erfahrungsbericht zeigt.
Wieso hat Risikomanagement ein solch schlechtes Image? Meistens betreibt ein Unternehmen Risikomanagement, weil es von Gesetzes wegen dazu verpflichtet ist, ganz nach dem Motto „Hauptsache, wir können ein Papier mit der Überschrift Risikomanagement vorweisen; was genau drinsteht, ist egal“. So werden eilig alle erdenkbaren Risiken quer durch das Unternehmen zusammengetragen, scheinbar sinnvolle Massnahmen definiert, das Ganze zu Papier gebracht und auditkonform dokumentiert. Das Ergebnis: Auftrag ausgeführt, Nutzen gleich null. „Bringt eh nichts.“, heisst es. Und so gesehen, stimmt das auch.
Es gibt jedoch Unternehmen, die dem Risikomanagement den Stellenwert einräumen, den es verdient. Einige davon durften wir in der letzten Zeit begleiten. Unsere standardisierte Vorgehensweise brachte sowohl für diese Unternehmen als auch für die BSG immer wieder die gleichen drei Erkenntnisse. Sie werden im Folgenden beschrieben.
Wie verwundbar ist das Unternehmen?
Die Geschäftsleitung unseres Modell-KMU bewertete zuerst die Exposition des Unternehmens bezüglich der Risiken und bestimmte so seine Verwundbarkeit. Dazu wurden verschiedene Szenarien betrachtet und deren Auswirkungen abgeschätzt. Eines dieser Szenarien lautete: Was passiert, wenn die internen Produktionskennzahlen nicht korrekt sind? Nach kurzer Diskussion zeigte sich: Das wäre nicht gut. Zu tiefe Produktionskosten führen unter Umständen dazu, dass Produkte unter ihrem Preis verkauft werden, ja selbst grundlegend falsche Entscheide bei der Produktportfolio-Strategie sind denkbar. Bei starkem Wettbewerbsdruck sind solche Fehlentscheide fatal. Daraus resultiert die erste Erkenntnis:
Der Risikodialog fördert Zusammenhänge und Konsequenzen zutage, die dem Unternehmen gar nicht bewusst sind. Risikomanagement verbessert also das Wissen über die kritischen und relevanten Zusammenhänge im Unternehmen und macht sie für das Management sichtbar.
Soll-Ist-Vergleich
In Zusammenarbeit mit den Abteilungsleitern wurde danach ein umfassendes Risikoaudit über alle operativen Bereiche hinweg durchgeführt. Dabei konfrontierten wir das Unternehmen mit einem Katalog von über 300 Fragen aus unserem Risikokatalog und prüften, wie es mit diesen Risiken umgeht. Auch beim Unternehmen in unserem Beispiel konnten Risiken identifiziert werden, die bisher verborgen waren. Unter anderem zeigte sich, dass Teile vom Firmenareal ungenügend gegen Zutritt durch Dritte und Vandalismus gesichert sind. Ebenso kam hervor, dass das Gäste-WLAN nicht den geltenden Sicherheitsbestimmungen entspricht. Zwei Risiken, die – wenn sie eintreten – das Unternehmen hart treffen können. Das führt uns zur zweiten Erkenntnis:
Es kommen neue, bisher nicht identifizierte, aber dennoch relevante Risiken zum Vorschein. Das Aufdecken dieser Risiken ist in erster Linie dem umfangreichen Risikokatalog zu verdanken, der für das systematische Risikoaudit zur Anwendung kommt, und in zweiter Linie sicherlich auch der externen Sicht und der Praxiserfahrung der BSG-Berater.
Risikobericht
Bei der Auswertung wurden die identifizierten Risiken respektive der Umgang mit diesen Risiken in Relation zur ermittelten Exposition und Verwundbarkeit gebracht. Denn Risiken sind nur dann von Bedeutung, wenn ihre Auswirkungen auf das Unternehmen tatsächlich relevant sind. Der Bericht hilft also, die Massnahmen auf die wesentlichen Punkte zu fokussieren. Erfahrungsgemäss werden während dieses Prozesses auch Bereiche und Prozesse im Unternehmen identifiziert, die problembehaftet sind, oder in denen Schnittstellen nicht so funktionieren, wie sie sollten. Des Weiteren zeigen sich Bereiche und Prozesse mit Optimierungspotenzial. So zeigte sich im vorliegenden Fall, dass beim Umgang mit den Produktionskennzahlen tatsächlich Handlungsbedarf besteht: Die Kennzahlen wurden bis dato manuell abgelesen, handschriftlich auf die Auftragspapiere übertragen und für die Nachkalkulation wiederum manuell in das System eingepflegt – also ein ineffizienter, fehleranfälliger und langsamer Prozess. Zudem wurde festgestellt, dass der Ausschuss und auch die Ausschussteile nirgends erfasst sind. Das führt schliesslich zur dritten Erkenntnis:
Im hektischen Geschäftsalltag geht gerne einmal etwas unter. Die systematische Risikoanalyse erlaubt eine neue Sicht auf die Dinge und deckt Schwachstellen bei Prozessen oder Schnittstellen auf.
Fazit
Wirkungsvolles Risikomanagement heisst: Erstens, die Exposition verstehen, zweitens, im Risikodialog die eigene Verwundbarkeit erkennen und drittens, aus den ersten beiden Schritten die richtigen Massnahmen ableiten und umsetzen.
«Wirkungsvolles Risikomanagement heisst die Exposition verstehen und im Risikodialog die eigene Verwundbarkeit erkennen.»
Der Hey-Joe-Effekt – verdeckte Kosten in der Informatik
Mai 2017
Anela Fivaz, B.A. Politik-, Verwaltungswissenschaften und Soziologie / Exec. MBA
Der Kostendruck in der IT ist in allen Unternehmen spürbar. Die Folge: gleichbleibende oder gar abnehmende Budgets – und das bei der Forderung nach immer mehr Funktionen. Automatisierung, Zentralisierung und Prozessoptimierung sind hier die bekannten Stossrichtungen. Wer aber in der Informatik Kosten senken will, muss seine Kosten erst kennen. Das ist nicht immer der Fall. Die indirekten Kosten sind nämlich schwer zu erheben und wenig transparent. Sie werden in der Regel in keinem Controlling berücksichtigt und daher oft vergessen oder einfach nicht beachtet. Mit fatalen Folgen.
Die Gesamtkosten der Informatik werden im TCO-Modell (Total Cost of Ownership) in einen direkten und indirekten Bereich eingeteilt. Die direkten Kosten können klar beziffert werden. Es handelt sich hierbei um Kosten für Hard- und Software, Personal, Räume etc. Zu den indirekten Kosten hingegen zählen unter anderem die Unproduktivität der Mitarbeiter aufgrund von Systemausfällen oder IT-Problemen. Interessant ist, dass die direkten Kosten bestenfalls 50% der Gesamtkosten ausmachen. Die andere Hälfte der Kosten entsteht tatsächlich durch die Unproduktivität der Mitarbeiter. Heisst das, dass die bekannten, direkten Kosten verdoppelt werden müssen? Ja, unvorstellbar, aber wahr.
Am Beispiel des Hey-Joe-Effekts wird erläutert, wie es zu diesen hohen Kosten kommt, warum diese nicht transparent sind und vor allen Dingen: Wie man ihnen entgegenwirken kann.
Der Hey-Joe-Effekt
Die Situation kennt jeder: Die Informatik funktioniert nicht, wie sie soll. Ein Schreiben sollte dringend zur Post, doch mit der Formatierung und dem Druck des Textes klappt es einfach nicht. IT-Probleme treten immer dann auf, wenn man sie am wenigsten braucht. Naturgemäss bitten Mitarbeiter zuerst einmal ihre Kollegen um Hilfe. Dabei rückt der Wirtschaftlichkeitsaspekt oftmals in den Hintergrund: Ein Mitarbeiter, der seinem Kollegen beim Lösen eines IT-Problems hilft, arbeitet in dieser Zeit nicht an seiner Arbeit. Und auch der andere Kollege, der ein paar Minuten später um Hilfe gebeten wird, lässt seine eigene Arbeit ruhen. Diese Art von Betreuung „auf dem kleinen Dienstweg“ wird als Hey-Joe-Support bezeichnet und ist eine besonders teure Art von informeller Hilfe unter Kollegen, denn falls Joe die Antwort nicht sofort weiss, werden weitere Joes in die Diskussion miteinbezogen.
„Man muss sich gegenseitig helfen, das ist ein Naturgesetz!“
Jean de la Fontaine
Naturgemäss sind Unternehmen betriebswirtschaftlich orientiert und daran interessiert, die Kosten zu reduzieren und unnötige Kosten zu eliminieren. Bei der IT liegt der Fokus heute nur auf den direkten Kosten. Dabei ist im Bereich der indirekten Kosten mindestens genauso viel Einsparpotenzial vorhanden, wenn nicht mehr. Im Grunde geht es darum, dem Hey-Joe-Effekt zu begegnen und den Produktivitätsausfall bei den Mitarbeitern zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Da Mitarbeiter aber sehr unterschiedliche Wissensstände, Fähigkeiten und Fertigkeiten haben, ist dies mitunter ein schwieriges Unterfangen. Denn: Besonders im IT-Umfeld, wo wir es mit einer kurzen Halbwertszeit des Wissens bei stetig steigender Komplexität zu tun haben, ist es zentral, IT-Wissen zu gewinnen, zu vermitteln und einfach nur zu bewahren.
Dazu haben sich aus unserer Erfahrung – abhängig von Situation und Themenstellung – nachfolgende Ansätze besonders bewährt:
- fachspezifische externe Schulungen (z.B. Finanzprogramm, sonstige Fachapplikationen), insbesondere bei Produkterweiterungen, Release-Wechseln, neuen Prozessen oder allgemein bei Neuanstellungen von Mitarbeitern
- innerbetriebliches Schulungsprogramm für Mitarbeiter (z.B. für MS-Office-Produkte), abhängig vom Stellenanforderungsprofil auf freiwilliger Basis oder als Pflichtschulung zur Stärkung der Fachkenntnisse
- Multiplikatoren bzw. Key-User in den Fachabteilungen, z.B. für Hardwareprobleme oder als erste Ansprechpartner für komplexe Fachapplikationen oder wenig verwendete Prozesse
- zentrale EDV-Hotline/User-Help-Desk (UHD), 1st-, 2nd- und 3rd-Level-Support: Ein User-Help-Desk ist die zentrale Anlaufstelle für alle Serviceanfragen innerhalb einer Organisation. Oftmals wird in diesem Zusammenhang der Begriff SPOC (Single Point of Contact) genannt. Wichtig ist hier, dass der 1st-Level-Support auch zeitnah Unterstützung leisten kann.
Welche Organisationsform des Supportprozesses für ein Unternehmen Sinn macht, hängt von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise von der Grösse des Unternehmens, der Diversifikation der Fachanwendungen und der örtlichen, respektive räumlichen Gegebenheiten.
Als ideale Kombination hat sich ein Zusammenspiel von Multiplikatoren (1st-Level-Support) und User-Help-Desk (2nd-Level-Support) erwiesen. Hierbei müssen aber die Zuständigkeitsabgrenzungen und insbesondere die Abläufe – wann ist welche Ebene zu beteiligen? – dezidiert betrachtet und bewertet werden. Auch der Einsatz von wenig beliebten Ticket-Systemen kann unter bestimmten Voraussetzungen eine effiziente und strukturierte Problembehebung unterstützen. Welches Instrument und welche Kombination sich für eine Organisation eignen, lässt sich am besten durch eine Bestandsaufnahme (vorhandene IT-Infrastruktur, Diversifikation der Fachverfahren, Wissensstand der Mitarbeiter etc.) und eine prozessuale Betrachtung der Arbeitsabläufe feststellen.
Gleichwohl, welche Art von Problemlösungsprozess gewählt wird, gilt: Es ist wichtig, dass die Supportprozesse definiert und kommuniziert sind. Andernfalls führen sie zu sehr viel Aufwand und verunsichern die Mitarbeiter. Und immer, wenn Mitarbeiter unsicher sind, muss Joe ran. Mit einer kleinen Umfrage bei Ihren Mitarbeitern können Sie die aktuelle Ausprägung der Hey-Joe-Nutzung ermitteln. Die Umfrage sollte von Zeit zu Zeit wiederholt werden, um festzustellen, ob und inwieweit Massnahmen greifen und wie gut Ihr formeller IT-Support funktioniert.
Grundsätzlich soll das Hey-Joe-Prinzip nicht gänzlich eingedämmt, sondern vielmehr unternehmensseitig bewusst gesteuert werden.
Einander zu helfen und Probleme gemeinsam zu lösen, ist nämlich wichtig und auch richtig. Allerdings hilft es, die üblichen Joes, also die Mitarbeiter, die gerne als erste Ansprechperson kontaktiert werden, speziell weiterzuentwickeln und zu schulen. Somit werden mit dem Einsatz geeigneter Instrumente die Vorteile von Teamarbeit mit Effizienz kombiniert und die Kosten für den Hey-Joe insgesamt reduziert. Im Idealfall wenden sich die Mitarbeiter bei kleinen Problemen direkt an Joe, bei grösseren wird sofort der formelle IT-Support kontaktiert. Oftmals lässt sich der Problemumfang zu Beginn des Lösungsprozesses noch nicht absehen. Hier gilt es, die Mitarbeiter zu sensibilisieren, dass sie beispielsweise nach einem ersten erfolglosen Lösungsversuch von Joe direkt auf den formalen IT-Support zugehen.
«Ein Mitarbeiter, der seinem Kollegen beim Lösen eines IT-Problems hilft, arbeitet in dieser Zeit nicht an seiner Arbeit.»